März 2015

City Church goes LGBT

Vor einigen Tagen gab die Leiterschaft der „City Church San Francisco“ (CCSF) bekannt, dass sie ihre ablehnende Einstellung gegenüber dem LGBT-konformen Lebensstil korrigiert. In Zukunft werde von Mitgliedern mit LGBT-Orientierung keine sexuelle Abstinenz mehr erwartet, da diese Erwartung dem Evangelium von Jesus Christus widerspreche.

Obwohl Kenner der Szene rund um den kulturrelevanten Gemeindebau nicht völlig überrascht sein dürften, birgt dieser Richtungswechsel eine gewisse Sprengkraft. Die CCSF bekennt sich einerseits zum historischen Christentum und zur Theologie drei bedeutender reformierter Bekenntnisschriften, nämlich dem Heidelberger Katechismus, dem Helvetischen Glaubensbekenntnis und der Dordrechter Lehrregel. Ihre Entstehung geht außerdem auf Inspirationen zurück, die die Gründer in den 90er-Jahren der renommierten „Redeemer Presbyterian Church“ in New York City unter Tim Keller entnommen haben. Außerdem ist die Gemeinde missionarisch ausgerichtet und in verschiedene Gemeindegründungsprojekte involviert. Dass sie sich jetzt die Sexualethik der „progressiven Evangelikalen“ zu eigen macht, wird  Auftakt weiterer Diskussionen über den kulturattraktiven Gemeindebau sein.

Ich empfehle die gewiss provokative Analyse von Owen Strachan, der sich übrigens auch allgemeiner zum progressiven Evangelikalismus geäußert hat. Ergänzend dazu vier kurze Gedankenanstöße aus dem Bauch heraus:

(1) San Francisco an der Westküste ist so etwas wie die Hauptstadt der Schwulenbewegung. Die Stadt mit ihrem inoffiziellen Symbol der Regenbogenfahne wurde zum Inbegriff der Gegenkultur. Der „Meinungsdruck“, dem dort Andersdenkende ausgesetzt sind, ist besonders groß (freilich ist die Stadt eben auch so etwas wie ein Trendsetter).

(2) Der Schwenk der CCSF hat nichts mit der theologischen Position von Tim Keller zu tun. Der Leiter der „Redeemer Presbyterian Church“ in Manhatten (!) hat seine Sichtweise mehrfach eindeutig zum Ausdruck gebracht, erst kürzlich wieder in der Besprechung zweier Bücher zum Thema.

(3) Die Erklärung der CCSF weist eklatante theologische Schwächen auf. Ich gehe mal davon aus, dass dazu in den nächsten Wochen allerlei geschrieben wird. Hinweisen möchte ich kurz auf das in Stellung gebrachte Argument, Christen sollten nicht über andere Christen richten. Es gibt ein falsches und ein unerlässliches Richten. So verwerflich ein hochmütiger Richtgeist ist, das Urteilen auf der Grundlage des biblischen Wortes ist nicht nur Auftrag, sondern Notwendigkeit der Kirche. Wir sollen allerdings nicht über das Wort Gottes Recht sprechen, sondern unter dem Wort Gottes. Das „Helvetische Bekenntnis“, auf das sich die CCSF unter anderem gründet, gebietet beispielsweise das Prüfen mit der größten Sorgfalt und Klugheit aus dem Wort Gottes. Es ist Kennzeichen der wahren Kirche, dass sie alles nach der Vorschrift des Wortes Gottes tut und alles, „was ihm widerstreitet, von sich weist und Christus als einziges Haupt anerkennt“ (Artikel 29). Gerade das Richten auf der Grundlage subjektiver Meinung, das meiner Erfahrung nach all jene selbstverständlich praktizieren, die das Richten verbieten wollen, ist ein Fallstrick.

(4) Schnell Klarheit schaffen! Je länger man in der Schule oder auf dem Arbeitsplatz damit wartet, sich zu Christus zu bekennen, desto schwerer fällt es. Das Beste ist es, so schnell als möglich unverkrampft Einblick in die eigenen Glaubensüberzeugungen zu geben. Gemeindegründungsprojekte sind gut beraten, ganz ähnlich in den wichtigen Fragen der Lehre und Ethik von Anfang an Transparenz herzustellen. Das Warten macht es nicht einfacher. Im Gegenteil, der Anpassungsdruck, dem gerade kulturattraktive Gemeindeprojekte ausgesetzt sind, macht es schwerer.

Chroniken von Narnia

Die Chroniken von Narnia sind wahrscheinlich das in den letzten Jahrzehnten am heftigsten angefeindete Stück Kinderliteratur. Nicht nur einzelne Interessensgruppen attackieren die Bücher für ihre dezidiert christliche Moral, auch selbst literarisch im Christentum verwurzelte Schriftsteller wie etwa die Harry Potter Autorin JK Rowling kommen über die Art, wie C.S. Lewis mit Susan Pevensie umgeht, nicht hinweg. Das Blog SonntagsGesellschaft liefert eine „unapologetische“ Verteidigung der Narniachroniken:

Dass die Chroniken letztendlich nicht vielmehr seien, als die in eine Welt voller Fabelwesen transponierte Bibel habe ich so mehr als einmal vernommen. Davon ausgehend, dass Propaganda für egal welche Denkrichtung selten Grundlage guter Literatur sein kann, nicht gerade eine Ermutigung, sich endlich einmal in Lewis Werk einzuarbeiten.

Zuletzt allerdings kam ich dann günstig an die Hörbücher und musste im Verlauf des Zuhörens den Großteil meiner Vorurteile über Bord werfen.

Tatsächlich sind die meisten der sieben Narnia-Bücher gute, auch überdurchschnittlich gut geschriebene, Kinderbücher. Ja, natürlich haben Sie Ihre predigenden Elemente, etwa wenn wir in Prinz Caspian akzeptieren sollen, es sei richtiger einem kleinen Kind und den Anweisungen eines nur von diesem zu sehenden Löwen zu folgen, als dem von den anderen und ebenfalls Narnia verpflichteten Kindern und den Regeln des Narnia von The Lion, the Witch and the Wardrobe. Aber das ist nicht halb so übel wie der Jargon der Eigentlichkeit und der Zivilisationshass die zum Beispiel das viel gelobte Momo beschwört. Man lese dazu den herrlich bissigen Verriss in der Bahamas.

Vor allem aber: Meist herrscht bei Lewis das Primat der Literatur, Moral wird durch Darstellung vermittelt, nicht durch plumpe Propaganda, und das wiederum hebt ihn schon deutlich über die meisten Kinderbuchautoren. Erinnert sei an Philip Pullman oder an Dumbledores Monologe in Harry Potter.

Hier mehr: sonntagsgesellschaft.wordpress.com.

 

„Kinder am Ende des Lebens“

Leben und Leiden oder der Tod auf Verlangen: In Belgien erlaubt ein Gesetz seit vergangenem Jahr aktive Sterbehilfe auch bei unheilbar kranken Kindern und Jugendlichen. Ein Vorbild für Deutschland, wo Sterbehilfe noch ein Tabu-Thema ist? Was macht ein Leben überhaupt aus? Welches Leiden ist unerträglich? Wäre der Tod etwa für schwerstbehinderte Kinder nicht die humanere Lösung?

Karla Krause geht diesen Fragen nach im neuen ARD radiofeature „Kinder am Ende des Lebens – Ein Feature über Palliativmedizin und Sterbehilfe“. Sie spricht mit Ärzten aus beiden Ländern und besucht Kinder und deren Eltern in einem Berliner Kinderhospiz und zu Hause.

Im Kinderhospiz spricht Karla Krause auch mit Osagie. Er leidet an einer unheilbaren Erbkrankheit. Osagie liebt das Leben. Selbst wenn er wie in Belgien das Recht auf Sterbehilfe hätte, würde er sich gegen diesen Schritt entscheiden: „Ich will lieber das Leben haben, anstatt nichts zu haben. Ich würde das nie so machen, ich würde mich immer entscheiden zu leben.“

Zu hören ist das neue ARD radiofeature ab Mittwoch, 25. März 2015, in sieben Wort- und Kulturwellen der ARD und im Internet unter www.radiofeature.ard.de.

Sendetermine:

  • SWR 2 Mittwoch, 25. März 2015, 22:05 Uhr
  • BR 2 Samstag, 28 März 2015, 13:05 Uhr
  • SR 2 Samstag, 28. März 2015, 17:05 Uhr
  • Nordwestradio (RB) Sonntag, 29. März 2015, 16:05 Uhr
  • NDR info Sonntag, 29. März 2015, 11:05 Uhr
  • WDR 5 Sonntag, 29. März 2015, 11:05 Uhr
  • hr2-kultur Sonntag, 29. Januar 2015, 18:05 Uhr

Gewalt im Namen Gottes?

Hier noch kurz der Hinweis auf zwei apologetische Veranstaltungen:

  • Heute Abend spricht Dr. Christian Hofreiter (Direktor von Ravi Zacharias Ministries Deutschland) in der FEG München-Mitte um 19.30 Uhr über das Thema: „Gewalt im Namen Gottes. Intoleranz der Religionen“.
  • Morgen, am 21. März, gibt es von 10.00 bis 17.00 Uhr am MBS-Studienzentrum in Bielefeld eine Vorlesung zu dem Thema: „Die Strafe liegt auf ihm …“: Das „stellvertretende Sühneopfer“.

Zum Inhalt der Veranstaltung in Bielefeld:

„Keine Begriffe des theologischen Wortschatzes rund um das Kreuz haben mehr Kritik hervorgerufen, als ‚Genugtuung‘ und ‚Stellvertretung‘“, schrieb John Stott 1986 in seinem vielleicht wichtigsten Buch: Das Kreuz. Die Sühnetat von Jesus Christus ist einerseits biblisch so vielfältig und profund bezeugt, dass sie mit Recht zum Herz des christlichen Glaubens gezählt wird, andererseits musste Josef Blank bereits 1986 feststellen: „Wahrscheinlich begegnet heute keine Lehre des Christentums größeren Schwierigkeiten als die traditionelle Lehre, daß uns Jesus Christus durch seinen stellvertretenden Sühnetod am Kreuz von unseren Sünden erlöst hat.“Dass Gott sich in der Person seines Sohnes stellvertretend für die gefallene Menschheit hingibt und Tod und Fluch als Strafe für die Sünden der Menschen trug und sie so mit Gott dem Vater versöhnte, ist ein schon sehr früh beschriebenes Verständnis des Kreuzestodes. Der Rationalismus der Aufklärung hat allerdings einen radikalen Bruch mit der Vorstellung eines stellvertretenden Opfers ausgelöst. Durch die „aufgeklärten“ Weichenstellungen haben sich in der Neuzeit humanisierende Sühnetheologien durchgesetzt und das biblische Sühneverständnis weitgehend an den Rand gedrängt. Dieses Seminar zeichnet die Entwicklung nach und will dazu beitragen, die verschiedenen biblischen Deutungen für das Geschehen auf Golgatha besser zu verstehen. Die Botschaft, dass Jesus Christus für uns Menschen eine vollkommene Sühne erwirkt hat, wird dabei hervorgehoben und durch exegetische Studien begründet.

Ausserdem nochmals der Hinweis auf die Vorlesung mit Peter O’Brien, ebenfalls am 21. März in München.

E21-Konferenz mit Greg Gilbert

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Greg Gilbert ist Hauptpastor der Third Avenue Baptist Church in Louisville (Kentucky, USA). Er hat verschiedene Bücher geschrieben, darunter das auch in deutscher Sprache erschienene Buch Was ist das Evangelium?. Im April 2015 wird er der Hauptredner der E21-Konferenz sein.

Hier ein Blick auf das Programm: Flyerv2_web.pdfAnmeldungen sind ab sofort möglich! Hier: www.evangelium21.net.

Kommt das bioethische Armageddon?

Gentechnik, wir müssen reden: Die Biomediziner sind sich selbst nicht mehr geheuer. Nach den ersten Manipulationen an Keimbahn-Zellen steht fest, dass Menschenzüchtung keine reine Hypothese mehr ist. Die Gentechniker schaffen Fakten. Durchgesickert ist, dass „chinesische Forscher ihre Keimbahn-Experimente an menschlichen Zellen längst beendet und die Manuskripte ihrer Arbeit zur Begutachtung auf den Schreibtischen anderer Wissenschaftler liegen“.

Joachim Müller-Jung schreibt für die FAZ:

Das, was in der Biomedizin in diesen Tagen geschieht, könnte man kaum treffender beschreiben als Hans Magnus Enzensberger: Er diagnostizierte, allerdings schon vor vierzehn Jahren, eine „manische Phase“ in den Lebenswissenschaften. Die Resultate dieser nicht abreißen wollenden Phase der unerschütterlichen Fortschrittsbesessenheit sind mit den Klonier- und Stammzelldebatten und mit dem Streit um die Embryonenselektion in der Petrischale immer wieder neu zutage gefördert worden. Was nur wenige dabei wirklich kümmerte: Die Auseinandersetzungen wurden am Ende meistens in einem sonderbar abgebrühten psychologischen Setting geführt, in dem die letzte Barriere, die von Jürgen Habermas ins Spiel gebrachte „Gefahr der Menschenzüchtung“, als fernes Szenario, ja als reine Hypothese, behandelt wurde. Fern der Wirklichkeit also. Wir können heute sagen: Diese Phase des Visionierens und apokalyptischen Herumspekulierens ist einer für viele sicher nun beklemmenden Gewissheit gewichen. Denn die Wissenschaft hat inzwischen Fakten geschaffen. Die gentechnische Manipulation der menschlichen Keimbahn ist in einer Weise Wirklichkeit geworden, die nun endgültig auch die hellsichtigsten Geister der vergangenen Debatte überraschen dürfte.

Mehr: www.faz.net.

Stephen Westerholm über die Neue Paulusperspektive

Das 2014 in einer ausführlichen Rezension vorgestellte Buch Justification reconsidered von Stephen Westerholm ist inzwischen in einer deutschen Übersetzung erschienen:

UnknownDer deutsche Verlag schreibt über das Buch:

Rechtfertigung allein aus Glauben – das ist nicht nur die zentrale Erkenntnis der Reformation, sondern das A und O des Evangeliums. Und gerade diese entscheidende Lehre von der persönlichen Rechtfertigung des Sünders durch den Glauben an Jesus wird in jüngster Zeit massiv angegriffen. Theologen wie N.T. Wright, E.P. Sanders, James G.D. Dunn und Douglas A. Campbell üben mit ihrer „Neuen Paulusperspektive“ immer mehr Einfluss aus und werden bereitwillig angenommen. An theologischen Ausbildungsstätten versteht man den Begriff der Rechtfertigung plötzlich ganz anders und meint, bibeltreue  Christen hätten Paulus jahrhundertelang falsch verstanden. Der Paulus-Experte Stephen Westerholm untersucht die Argumente der Neuen Paulusperspektive und prüft sie anhand der Bibel. Seine gründliche Studie hilft uns, die biblische Lehre der Rechtfertigung besser zu verstehen und gegen unbiblische Auffassungen zu verteidigen. Weil dieses Buch eine so herrliche Wahrheit des Evangeliums klar herausstellt, ist es nicht nur eine Pflichtlektüre, sondern auch ein Genuss.

Greg Gilbert im Gespräch

Der Hauptredner der diesjährigen E21-Konferenz, Greg Gilbert, spricht hier gemeinsam mit Kevin DeYoung über das Thema „Was ist der Auftrag der Kirche?“. Kevin DeYoung hat übrigens für die E21-Konferenz im Jahr 2016 zugesagt.

Noch sind Anmeldungen für die Konferenz im April 2015 möglich!

D.A. Carson: Das Evangelium

Kürzlich hat der Neutestamentler D.A. Carson in Themelios das Evangelium erklärt, also gesagt, was das Evangelium ist und was es nicht ist. Hier ein Interview, in dem er ebenfalls über das Wesen des Evangeliums spricht:

Vorträge von D.A. Carson mit deutscher Übersetzung können auf der Internetseite von Evangelium21 abgerufen werden: www.evangelium21.net.

Der neue Sündenbegriff

Michael Herbst zitiert in seiner Seelsorgelehre bei Marianne Gronemeyer einen spätmodernen Sündenbegriff (Michael Herbst, Beziehungsweise  2012, S. 569):

„Ich werde an meinem einzigen Leben schuldig, wenn ich nicht ein Optimum an persönlicher Erfüllung erreiche.“

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