Der erneute Einmarsch der Türkei und mit ihr verbundener islamistischer Milizen in Syrien ist mit ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen, insbesondere der Vertreibung von Kurden, Christen und Jesiden im türkischen Nachbarland verbunden. Fast unbemerkt „reinigt“ die Regierung Erdoğan aber auch das türkische Inland von Christen und anderen Minderheiten. Ausweisungen und Einreiseverbote für engagierte Christen nehmen ein immer größeres Ausmaß an, berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM).
Seit Beginn 2019 sind bereits insgesamt 25 Personen ausgewiesen worden, die inoffiziell als Bedrohung für die nationale Sicherheit dargestellt werden. Hinzu kommen Ehepartner und weitere Familienangehörige, so dass allein in diesem Jahr bereits 60 bis 70 Personen Opfer dieser Politik geworden sind. Die Opfer sind Ausländer, die sich zum Teil bereits vor Jahrzehnten in der Türkei niedergelassen hatten und die in ihren türkischen Gemeinden als besonders aktiv gelten. Sie stammen aus Deutschland, Großbritannien, Finnland, USA, Neuseeland, Kanada und Australien. Die meisten Betroffenen erfuhren von ihrer Ausweisung bei einer Ausreise aus dem Land, manche auch erst bei der Wiedereinreise.
„Die Religionsfreiheit einschließlich des Rechts auf Mission wird in der türkischen Gesetzgebung garantiert. Eine Ausweisung von missionarisch aktiven Gläubigen ist rechtswidrig. Die Anschuldigung, die Betroffenen seien eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit, ist lächerlich und empörend“, erklärt Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM.
Die Ausgewiesenen sind in der Türkei integriert. Die allermeisten lebten und arbeiteten im Großraum Istanbul, Ankara und Izmir. Sie haben dort Familien und Beruf, besitzen Häuser oder haben Kinder in Ausbildung. Sie haben sich nie etwas zu Schulden kommen lassen, sind teilweise sogar Arbeitgeber für Einheimische. Die Ausgewiesenen erhalten gleichzeitig ein Einreiseverbot. Die türkische Regierung gibt keine schriftliche Erklärung ab, warum die Betroffenen plötzlich eine Bedrohung darstellen und ihnen der Code „N-82“ oder „G-82“ zugeordnet wird, der faktisch als Einreiseverbot wirkt. Etliche ausgewiesene Christen haben gegen diese Anordnung der Behörden Klage eingereicht.
Dazu IGFM-Sprecher Lessenthin: „Es ist notwendig, dass Vertreter der Bundesregierung diese Gerichtsverfahren, die ihr allesamt bekannt sind, beobachten und dafür Vertreter der Botschaften und Konsulate zu den Gerichtsverhandlungen entsenden. Das Auswärtige Amt sollte von der türkischen Regierung Erklärungen fordern, weshalb der Code N-82 oder G-82 angewendet wird.“
Die Serie der Ausweisungen begann im Juli 2017 und hat 2019 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. Es gibt bei diesen ausgewiesenen Personen keine Gemeinsamkeiten, außer der, dass sie alle protestantische Christen sind, die aktiv im Gemeindeleben stehen oder/und evangelistisch tätig sind.