John Sott: Liebe und Gehorsam gehören zusammen

John Stott sagt über 1Joh 5,2–3: „Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer“ (The Letters of John: An Introduction and Commentary, 1988, S. 173):

Denn die Liebe zum himmlischen Vater ist so sicher und unausweichlich mit der Liebe zu seinen Kindern auf der Erde verbunden, dass Johannes fortfahren kann: „Daran erkennen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben: indem wir Gott lieben“. Es ist ebenso unmöglich, die Kinder Gottes (als solche) zu lieben, ohne Gott zu lieben, wie es unmöglich ist, Gott zu lieben, ohne seine Kinder zu lieben (4,20–21). Eine familiäre Beziehung verbindet die beiden Lieben.

Die Liebe zu Gott hat eine zweite unausweichliche Konsequenz, nämlich den Gehorsam. Wenn wir Gott wirklich lieben, lieben wir nicht nur seine Kinder, sondern wir finden uns auch in der Lage wieder, seine Gebote auszuführen“. In Vers 3 geht Johannes noch weiter. Die Verbindung zwischen den beiden ist so unerbittlich, dass die Liebe zu Gott, die in einem Sinne in den Gehorsam mündet, in einem anderen Sinne mit ihm identifiziert werden kann. Die Liebe zu Gott ist nicht so sehr eine emotionale Erfahrung als vielmehr eine moralische Verpflichtung. In der Tat ist agapē, ob sie nun Gott oder den Menschen gilt, immer praktisch und aktiv. Die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern drückt sich „mit Taten und in der Wahrheit“ aus, insbesondere im aufopfernden Dienst (3,17–18); die Liebe zu Gott in der Ausführung seiner Gebote. Jesus sagte dasselbe über die Bedeutung der Liebe zu sich selbst (Johannes 14,15.21).

Es sollte uns auch nicht schwer fallen, unsere Liebe durch unseren Gehorsam auszudrücken, denn seine Gebote sind nicht beschwerlich oder „lästig“ (…). Die pingeligen Vorschriften der Schriftgelehrten und Pharisäer waren „schwere Lasten, die schwer zu tragen waren“ (Mt 23,4; vgl. Lk 11,46), aber das Joch Jesu ist leicht und seine Last leicht (Mt 11,30). Gottes Wille ist „gut, wohlgefällig und vollkommen“ (Röm 12,2). Es ist der Wille eines allwissenden, allliebenden Vaters, der unser höchstes Wohl anstrebt.

Wie geht Säkularisierung?

In der FAZ „duellierten“ sich Friedrich Wilhelm Graf und Detlef Pollack in Sachen Säkulariserungthese. Friedrich Wilhelm Graf ist als Vertreter der liberalen Theologie (Mitglied der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft) mit den Untersuchungen der neuesten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (siehe dazu hier) nicht ganz zufrieden (vgl. Friedrich Wilhelm Graf, „Wie viele Gesichter hat Christus?“, FAZ vom 19.04.202, Nr. 92, S. 11). Es gebe methodische Mängel und überhaupt sollten wir die Umfragen nicht überbewerten. Denn (ebd.): 

Theologen wie Soziologen neigen oft dazu, selbst bei schwacher empirischer Grundlage starke Deutungen zu verkünden. Aber Glaubenswelten gehen in der vermeintlichen Alternative von „Wiederkehr der Götter“ und „Säkularisierung“ nicht auf. Die Lage in Berlin ist anders als die in Frankfurt oder Freiburg. Deshalb scheinen analytische Demut und Behutsamkeit geboten. Vieles verstehen wir nicht oder nur sehr unvollkommen. In der Loffeld-Debatte haben französische Geistliche darauf hingewiesen, dass die Generation Z in den letzten beiden Jahren die Messen am Aschermittwoch gestürmt habe. Gerade im musikalischen Christentum, das in der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung absurderweise keinerlei Rolle spielte, lässt sich nur wenig Erosion beobachten. Samstag für Samstag ist die Berliner Hohenzollernkirche mittags zum „Noon Song“ mit einem diversen Publikum dicht gefüllt. Karten für die zahlreichen Aufführungen von Johannes- und Matthäuspassion sind in München ausverkauft. Am Karfreitag findet im höchst weltlichen „Bergson Kunstkraftwerk“ ein Passionskonzert statt. Vielleicht ist „Säkularisierung“ doch weniger klar, weil vielschichtiger und komplizierter, als viele theologische wie soziologische Religionsdeuter derzeit meinen. Sich die Grenzen des eigenen Deutenkönnens einzugestehen, mag nicht die schlechteste epistemologische Tugend sein.

Anders sieht das der Theologe und Soziologe Detlef Pollack. In „Warum so hilflos? Religionssoziologie ist weiter, als es Friedrich Wilhelm Graf für möglichg hält“ (FAZ vom 07.05.2025, Nr. 105, S. 12) wirf er Graf vor, mit einem zu weiten Religionsbegriff zu operieren. Wenn man, wie Graf, das Weihnachtschristentum, Passionsrituale oder fluide Spiritualität einrechne, lasse sich die Lage zwar positiver deuten. Das täusche aber darüber hinweg, dass es um den Gottesglauben alles andere als gut bestellt sei. 

Heute … ist der Gottesglaube zu einer Option unter anderen geworden, die man wählen kann oder auch nicht und für die sich viele nicht mehr entscheiden. Für den Zeitabschnitt, für den repräsentative Umfragen vorliegen, lässt sich der Bedeutungsrückgang des Gottesglaubens empirisch gut nachvollziehen. 1949, zum Zeitpunkt der Gründung der Bundesrepublik, gaben 88 Prozent der Bundesbürger an, an Gott zu glauben, 78 Prozent ohne Vorbehalte und weitere zehn Prozent gemäß eigener, nichtkirchlicher Vorstellungen. Heute bekennen sich in Westdeutschland noch etwa 50 Prozent zum Glauben an Gott oder ein höheres Wesen, etwa 20 Prozent sagen, sie wüssten nicht, was sie glauben sollen, und 30 Prozent lehnen den Transzendenzglauben ausdrücklich ab. Mehr als 50 Prozent erklären, ihnen seien religiöse Fragen egal.

Diese Entwicklung ist bekannt.

Pollack macht jedoch interessanter Weise noch auf einen Prozess aufmerksam, über den weniger gesprochen wird. Es geht – mit meinen Worten ausgedrückt – um Folgendes: Indem die Vertreter der liberalen Theologie die Augen vor der dramatischen Entwicklung verschließen, verhindern sie ein Umdenken in den Kirchen. Da, wo keine Krise ist, braucht man auch nicht über die Ursachen und Richtungswechsel nachzudenken. Anstatt das Sterben der Kirchengemeinden auch mit der Kraftlosigkeit der liberalen Theologie in Verbindung zu bringen und eine andere Richtung einzuschlagen, werden die Prozesse der Entkirchlichung kleingeredet. 

Im O-Ton klingt das so: 

Es ist an der Zeit, dass die führenden Vertreter der liberalen Theologie die Befunde der empirischen Analysen zur Kenntnis nehmen. Das wäre auch deswegen wichtig, weil die Immunisierungsstrategie der liberalen Theologie das kirchliche Handeln alleinlässt. Die religionssoziologisch diagnostizierten Krisenprobleme, die nicht nur die Kirche, sondern auch den Glauben und die Religion in allen ihren Dimensionen betreffen, sind in der kirchlichen Praxis längst angekommen. Die liberale Theologie hat so in den letzten Jahren nicht ohne Erfolg an ihrer eigenen handlungspraktischen Irrelevanz gearbeitet.

Der Kritik Grafs an der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung ist eine gewisse Tragik nicht abzusprechen, falls man die Säkularisierungstendenzen wie ich mit Bedauern beobachtet. Die von einem überlegenen Standpunkt aus proklamierten Urteile bleiben weit hinter dem erreichten Stand der religionssoziologischen Diskussion zurück. Graf kennt weder die neuere religionssoziologische Literatur, noch scheint er überhaupt die Studie, die er zerreißt, gelesen zu haben. Stattdessen bedient er sich veralteter Argumentationsmuster, mit denen die Religionssoziologie seit Jahrzehnten umgeht.

Sein Text ist damit nicht nur ein Zeugnis theologischer Realitätsverweigerung, sondern auch eine Manifestation der aporetischen Situation, in die sich die liberale Theologie gebracht hat. Sie meint, mit historisierenden Einordnungen, begriffstechnischen Manövern und methodologischen Blindflügen ihre Sache retten zu können. Aber sie zeigt damit nur ihre argumentative Hilflosigkeit und wird so selbst zu einem Ausdruck dessen, was sie bekämpft: zu einem Symptom der Säkularisierung.

Frank Hinkelmann: „Mit dem Glauben an den Sühnetod Jesu steht und fällt sehr viel“

Prof. Frank Hinkelmann, Rektor des Martin Bucer Seminars, sprach mit dem Medienmagazin PRO über evangelikale Baustellen und das Anliegen von Jesus25:

Im freikirchlichen und evangelikalen Bereich werden Glaubensgrundlagen zunehmend hinterfragt. Welche sind das?

In Teilen des freikirchlichen und pietistischen Bereichs werden theologische Grundüberzeugungen wie der Sühnetod Jesu, seine leibliche Auferstehung und anderes in Frage gestellt. Damit ist vor allem die sogenannte postevangelikale Bewegung gemeint. Um Menschen in unserer postmodernen Gesellschaft erreichen zu können, meinen sie, dass man den Glauben in manchen Bereichen erst mal dekonstruieren muss; dass man fragen muss, was Sünde eigentlich heute meint. Statt die Antworten dazu in der Heiligen Schrift selbst zu finden, ziehen sie das gesellschaftliche Verständnis dafür heran.

Wir von der Initiative „Jesus25“ sind der Überzeugung, dass es gute Gründe gibt, an den traditionellen christlichen Werten, die uns übrigens auch mit den anderen christlichen Konfessionen verbinden, festzuhalten. Diese Diskussionen im deutschsprachigen Kontext sind vor allem ein westeuropäisches Phänomen. In weiten Teilen Europas, geschweige denn in der Welt, steht das zumindest innerhalb der evangelikalen Bewegung nicht zur Debatte.

Wie definieren Sie „evangelikal“ theologisch?

Es ist ein ganz klares Festhalten an der Autorität der Heiligen Schrift. Der Sühnetod Jesu, sein stellvertretender Opfertod am Kreuz, ist für die evangelikale Bewegung immer konstituierend gewesen.Es ist drittens eine Betonung von Wiedergeburt und Bekehrung. Viertens Jüngerschaft und Nachfolge, das schließt Mission und Evangelisation mit ein. Und ich würde auch sagen, dass dieses Wissen um eine konfessionsübergreifende Gemeinschaft von Gläubigen dazu gehört, die gleichzeitig aber auch Teil einer örtlichen Gemeinde sind.

Mehr: www.pro-medienmagazin.de. Zur Eröffnung eines MBS-Studienzentrums in Dresden siehe hier.

Carl Trueman: Die Entweihung des Menschen

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Vor über achtzig Jahren hielt C.S. Lewis eine Reihe von Vorlesungen, aus denen später sein Werk Die Abschaffung des Menschen hervorging. Mitten im Zweiten Weltkrieg erkannte Lewis darin das zentrale Problem der Moderne: Der Welt war der Sinn und die Bedeutung wahren Menschseins abhandengekommen.

Diesen Gedanken greift Carl R. Trueman in seinem Essay Die Entweihung des Menschen auf und führt ihn weiter.Er zeigt darin, dass die Abschaffung des Menschen heute um eine weitere Dimension ergänzt werden muss: die Entweihung des Menschen. Sie manifestiert sich im Kampf gegen die Autorität des Körpers – insbesondere gegen seine Geschlechtlichkeit und Sterblichkeit – und prägt maßgeblich das Selbstverständnis unserer Zeit.

Die Entweihung des Menschen kann hier bestellt oder heruntergeladen werden: www.evangelium21.net.

Freiheitsverständnis und Freiheitsorientierung der jungen Generation

Die rot-grüne Bildung- und Medienpolitik zeigt Wirkung: Unter jungen Menschen gibt es eine Sehnsucht nach einem starken Staat. Die FAZ schreibt über die Allensbach-Studie „Freiheitsverständnis und Freiheitsorientierung der jungen Generation“:

Dass die freie Marktwirtschaft ein hohes Maß an Freiheit bietet, darüber scheinen sich junge Leute einig zu sein. Wenn es jedoch um die Frage geht, wo sie selbst gerne leben würden, wiegen die Vorzüge eines paternalistischen Staates stärker. So könnte man die Ergebnisse einer Allensbach-Studie zusammenfassen, die nun unter dem Titel „Freiheitsverständnis und Freiheitsorientierung der jungen Generation“ vom liberalen Prometheus-Institut veröffentlicht worden ist. Die Daten, die der Studie zugrunde liegen, stammen zwar noch aus dem September 2024, nehmen rückblickend jedoch die FDP-Wahlflaute vorweg.

Folgt man den Sechzehn- bis Neunundzwanzigjährigen, ist auf die unsichtbare Hand des Marktes kein Verlass mehr. Zumindest dann nicht, wenn es um Klima- und Umweltschutz, die Versorgung mit schadstofffreien Lebensmitteln oder die Förderung kultureller Einrichtungen geht. Dass derlei Belange in die Pflicht des Staates fallen, darüber ist sich die junge Generation einiger als die Gesamtbevölkerung, wie der Vergleich zwischen den Alterskohorten in der repräsentativen Umfrage zeigt: Für 85 Prozent der Jugend ist die Regierung für den Klimaschutz verantwortlich, gegenüber 80 Prozent in der Gesamtbevölkerung.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Deutsche Kirchentage – wo der Geist fehlt und der Event regiert

Der Kirchentag 2025 in Hannover zeigt, warum die Gläubigen in Scharen aus der Kirche austreten. Veranstaltungen wie „BDSM und Christsein“ oder „Die Bibel queer gelesen“ sind nicht mutig – sondern Ausdruck zeitgeistiger Anbiederung. Kein Wunder, dass Ersatzreligionen blühen, meint Harald Martenstein:

Mutig wäre es heute zum Beispiel, Frauen zum Kirchentag einzuladen, die der Lebensrechtsbewegung angehören und Abtreibungen ablehnen. Sie berufen sich immerhin häufig auf die Bibel.

Egal, was man davon hält: Aus christlicher Sicht sollte auch jemand, der für einen Embryo ähnliche Rechte fordert, wie Wespen sie bei uns haben, immer noch als ein menschliches Wesen gelten, mit dem ein Gespräch zulässig ist.

Die Gläubigen laufen der Kirche aus dem gleichen Grund davon, aus dem die sogenannten kleinen Leute der SPD davonlaufen. Ihr Bedürfnis nach Respekt oder, bei den Gläubigen, das Bedürfnis nach Spiritualität wird nicht ausreichend gestillt.

Die Ersatzreligionen blühen ja, man denke nur an die Klimareligion mit ihrer Weltuntergangserzählung, mit Heiligen, Sündenkatalogen und Bußritualen. Als die evangelische Kirche anfing, ganz im Hier und Jetzt zu leben, als NGO unter NGOs, hat sie ihre Trumpfkarten aus der Hand gegeben, etwa die innige Jenseitshoffnung und die Nächstenliebe, die nicht an politische Bedingungen geknüpft ist.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

England & Schottand: Keine Transgender mehr im Frauenfußball

Nach dem jüngsten Urteil des Obersten Gerichtshofs zur Definition des Begriffs „Frau“ werden Frauen in England und Schottland nicht mehr gezwungen sein, gegen Männer zu spielen, die sich als weiblich identifizieren. Der englische Fußballverband kündigte an, dass ab dem 1. Juni nur noch biologische Frauen in Frauenspielen eingesetzt werden dürfen. In Schottland soll mit Beginn der Saison 2025/26 eine neue Regelung für Wettbewerbsspiele eingeführt werden. Derzeit können Männer in beiden Ländern auf Einzelfallbasis, d.h. nach Senkung des Testosteronspiegels, im Frauenfußball mitspielen.

Eine gute Entscheidung! Hoffen wir, dass sie standhält, auch wenn eine ehemalige transsexuelle Richterin plant, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Berufung zu gehen.

Mehr hier und hier.

Pressefreiheit weltweit unter Druck

Die Lage der Pressefreiheit ist laut Reporter ohne Grenzen weltweit so kritisch wie nie zuvor. In ihrer aktuellen Rangliste der Pressefreiheit stuft die Organisation Deutschland auf Platz 11 von insgesamt 180 Staaten ein.

Die FAZ schreibt:

Die Lage der Pressefreiheit habe einen „historischen Tiefstand“ erreicht, schreibt die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) zur Veröffentlichung ihrer „Rangliste der Pressefreiheit“ 2025. In 90 von 180 beobachteten Ländern sei die Situation für Journalisten „schwierig“ oder „sehr ernst“. Dafür seien eine fragile Sicherheitslage, Autoritarismus und ökonomischer Druck verantwortlich.

„Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt nun in Staaten, in denen wir die Lage der Pressefreiheit als sehr ernst einstufen“, sagte die RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Autokraten ist unabhängiger Journalismus ein Dorn im Auge. Das wirkt sich auch auf ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit aus. Wenn Medien finanziell ausgetrocknet werden, wer deckt dann Falschinformationen, Desinformation und Propaganda auf? Neben unserem täglichen Kampf für die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten setzen wir uns deshalb auch für eine Stärkung der wirtschaftlichen Grundlagen des Journalismus ein.“

In 160 von 180 Ländern können Medien kaum nachhaltig wirtschaften. In 46 Staaten konzentriere sich Medienbesitz in den Händen weniger Eigentümer. In Russland zum Beispiel werde die Medienlandschaft entweder vom Kreml oder von Kreml-nahen Oligarchen kontrolliert.

In der Liste liegt Norwegen auf Platz eins, gefolgt von Estland, den Niederlanden, Schweden, Finnland und Dänemark. Deutschland fiel um einen Rang zurück auf Platz elf. 

Mehr: www.faz.net.

Gendertheorie statt Heilsbotschaft

Nathan Giwerzew berichtet vom Ev. Kirchentag in Hannover:

Die Amtskirchen verlieren jährlich Hunderttausende Mitglieder, Konfessionslose stellen inzwischen in Deutschland die relative Mehrheit. Doch darüber wird die Grünen-Politikerin und Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund an diesem Mittwoch wohl nicht sprechen, wenn sie mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier den 39. Deutschen Evangelischen Kirchentag eröffnet. Denn die fünf Tage dauernde protestantische Grossveranstaltung in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover steht unter dem optimistischen Motto «mutig, stark, beherzt» – ein abgewandeltes Zitat aus dem Korintherbrief des Apostels Paulus.

Das Programm des Kirchentags ist ein Sammelsurium identitätspolitischer Ideen, die links der Mitte Blüten treiben. So soll es etwa auf einem Podium um das Thema «Queer in der Klimakrise» gehen, in einem anderen um «gendersensible Liturgie». In einem Workshop soll es «BIPoC/PoC-Kindern» erleichtert werden, sich «mutig und stark» zu fühlen.

Was sich hinter dem sperrigen Akronym verbirgt, wird sodann erklärt. Das Angebot richte sich «ausschliesslich an Black, Indigenous und Kinder of Color», ist im Programmheft zu lesen – also nur an nichtweisse Kinder. Mit dem Universalismus der christlichen Heilsbotschaft hat das nichts zu tun, mit sozialpädagogischen Trends und postkolonialer Theorie umso mehr.

Mehr: www.nzz.ch.

Slavoj Žižek und der christliche Atheismus

Der Philosoph und Psychoanalytiker Slavoj Žižek meint, Papst Franziskus könne man auch als Atheist verehren, denn er stünde für ein Verständnis von Liebe, dass auch für Menschen zugänglich sei, die nicht an Gott glauben. Er schreibt:

„In Anlehnung an die bahnbrechende Idee von Pater Raffaele Nogaro über die dringende Notwendigkeit, Christus selbst zu befreien, schlage ich vor, dass Christus als verschwindender Vermittler in jeder echten Liebe wirkt – er ist immer anwesend, wenn es Liebe zwischen Menschen gibt: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich unter ihnen“ (Matthäus 18,20). Christus ist also weder Subjekt noch Objekt der Liebe, er ist die Liebe selbst: „Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht, denn Gott ist die Liebe“ (Johannes 4,8): „Jesus hat das erste Gebot des alten Gesetzes ‚Du sollst deinen Gott, den Meister, lieben‘ (Deuteronomium 6,5) durch ein Gebot ersetzt, das als unmittelbaren Empfänger der Liebe nicht Gott, sondern den Nächsten nennt.“ Nogaro zitierte in unserem Gespräch Dietrich Bonhoeffer, der zum Schluss in diese Richtung geht: „Ein Christ ist nicht ein religiöser Mensch, sondern einfach ein Mensch, ‚ein Wesen für andere‘, wie Jesus.“

Aber von welcher Art der Liebe sprechen wir hier? Im Dialog zwischen Jesus und Petrus in Johannes 21,9 werden zwei verschiedene Wörter für „Liebe“ verwendet: agapaô (die Verbform des Substantivs agape) und phileô (die Verbform des Substantivs philia). Der Dialog läuft folgendermaßen ab: Jesus fragte: „Agapâis du mich?“ Petrus antwortete: „Ich phileô dich.“ Jesus fragte: „Agapâis du mich?“ Petrus antwortete: „Ich phileô dich.“ Jesus fragte: „Phileis du mich?“ Petrus antwortete: „Ich phileô dich.“ Ich stimme mit denjenigen überein, die behaupten, dass diese Änderung des fraglichen Verbs auf die gnädige Herablassung Jesu auf jene Ebene hinweist, auf der Petrus an diesem Punkt bereit war, zu antworten. Philia ist die Liebe zu einem anderen Menschen, in Abwesenheit Christi als verschwindendem Vermittler.

Genau genommen gibt es in der Heiligen Schrift vier Begriffe für die Liebe: Eros (sexuelle Liebe), Storge (elterliche, familiäre Liebe), Philia (ungeschlechtliche Zuneigung/Freundschaft) und Agape (die bedingungslose Liebe, die Menschen vereint, die ihr Leben einer Sache widmen). Auf der Ebene der Agape spielen Gefühle (sexuell oder nicht) keine Rolle mehr, was bleibt, ist einfach der Heilige Geist, eine egalitäre Gemeinschaft von Kameraden, die sich einer Sache verschrieben haben.“

Ich habe gerade nicht die Zeit, um detailliert auf diese Aussagen einzugehen. Aber es fallen auf Anhieb vier Dinge auf, die ich zumindest erwähnen möchte:

Erstens wird deutlich, dass Slavoj Žižek als Psychoanalytiker irgendwie von Erich Fromm beeinflusst ist, einem Vertreter der Frankfurter Schule. Fromm hat sinngemäß das biblische „Gott ist die Liebe“ (1Joh 4,8) umgekehrt und humanistisch-transzendent gedeutet: Da wo Liebe ist, ist Gott. Der Glaube an einen Gott ist der Glaube an das höchste in uns selbst. (vgl. Die Kunst des Liebens u. Psychoanalyse und Religion).

Zweitens übernimmt Slavoj Žižek, so wie viele Prediger auch, die semantische Unterscheidung zwischen agapaô und phileô (vgl. Nygren). Demnach beziehe sich agapaô immer auf eine höhere oder göttliche Liebe und phileô auf eine sinnlichere oder horizontale Liebe. Das gilt als widerlegt. So schrieb beispielsweise D.A. Carson (Die komplexe Lehre von der Liebe Gottes, 2022S. 29, [#ad]):

Selbst innerhalb des griechischen Alten Testaments ist es keineswegs eindeutig, dass sich die Wortgruppe agapaô immer auf eine „höhere“ oder edlere oder weniger emotionale Form der Liebe bezieht. Zum Beispiel vergewaltigt Amnon in 2.Sam 13 (LXX) seine Halbschwester Tamar inzestuös. Er „liebt“ sie, wird uns gesagt. Seine Tat ist ein bösartiger Akt, offensichtlich sexuell, emotional und gewalttätig – und sowohl agapaô als auch phileô werden verwendet.

Damit ist ist auch widerlegt, dass es im Spektrum von Agape keine Leidenschaft gibt.

Drittens kommt, anders als Žižek es oben behauptet, der Begriff érōs in der Bibel (streng genommen) nicht vor, auch wenn dort natürlich auch auf die leidenschaftliche und erotische Liebe bezug genommen wird. Zu finden ist érōs lediglich in der LXX (also der griechischen Übersetzung des hebräischen AT) in Spr 7,18 u. Spr 24,51.

Viertens empfehle ich im Blick auf die religionslose Interpretation des Christseins bei Bonnhoeffer die Untersuchung Widerstand und Versuchung: Als Bonhoeffers Theologie die Fassung verlor (2022, [#ad]). Frisch deutet den erstrebten und in Widerstand und Ergebung dokumentierten Versuch eines religionsfreien Glaubens bei Bonhoeffer als Anfechtung. Frisch im O-Ton: „Man kann nicht dem metaphysischen Gott den Laufpass geben und sich zugleich von guten Mächten wunderbar geborgen in diesem Gott wiederfinden“ (S. 59, siehe die Buchbesprechung hier: RalfFrisch_Bonhoeffer.pdf).

Die postmoderne Vereinnahmung von James K.A. Smith

Wer bisher daran gezweifelt hat, dass sich James K.A. Smith (Calvin University, USA) für die Anliegen der LGBTQ+-Lobby geöffnet hat, ist in den letzten Wochen eines Bessere belehrt worden. Smith hat einen knappen, aber klaren Brief veröffentlicht, in dem er fordert, dass seine Hochschule sich von der kirchlichen Denomination, der sie angehört, trennt. Der Grund: Die Denomination, die Christian Reformed Church of North America, sei in Fragen der Sexualethik enger geworden und lasse die wünschenswerte Vielfalt nicht mehr zu, die eine zukunftsfähige Hochschule benötige, um anschlussfähig zu sein.

Wer mehr darüber wissen möchte, sollte den Kommentar von Stephen McAlpine lesen: James K.A. Smith „sagte uns, dass man ist, was man liebt. Und er sagte, dass das, was man liebt, durch das geprägt wird, was man tut. … Unsere Sehnsüchte formen uns zu Handlungen, die wiederum unsere Sehnsüchte verankern, die unsere Handlungen verstärken. … An diesem Punkt wird Smith in seine eigene Schlinge hineingezogen.“

Im Unterschied zu Stephen McAlpine bin ich von der Entwicklung nicht überrascht. Da sich James K.A. Smith schon vor vielen Jahren dem Postmodernismus verschrieben hat (vgl. sein Who’s Afraid of Postmodernism: Taking Derrida, Lyotard, and Foucault to Church, 2006), war es nur eine Frage der Zeit, bis das, was er liebt, auch seine Ethik prägt.

Falls jemand mehr darüber wissen möchte, kann er sich durch die Abhandlung Warum das Christentum für François Lyotard eine Emanzipationserzählung informieren.

Der Sozialismus kehrt zurück

In vielen westlichen Ländern vollzieht sich eine Entwicklung, die schleichend und weitgehend unbemerkt geschieht: die Rückkehr des Sozialismus. Damit ist nicht die vollständige Verstaatlichung von Unternehmen und Fabrikanlagen gemeint, wie sie Karl Marx forderte. Soweit sind wir noch nicht. Aber die völlige Gleichheit und soziale Gerechtigkeit werden zunehmend über die persönliche Freiheit gestellt. Die „Gesellschaft“, was auch immer das ist, soll die Probleme lösen. 

Wie kommt es zu dieser Rainessance? Morten Freidel schreibt in der NZZ:

Ein Grund ist, dass die Kargheit und die Grausamkeit sozialistischer Staaten in Vergessenheit geraten. Die Millionen Toten, die Stalin und Mao auf dem Gewissen haben, werden zu einer abstrakten Kennziffer. Die Schrecken des Sozialismus verblassen, seine Verheissungen erstrahlen dafür in den leuchtendsten Farben. Das erklärt seinen Aufstieg aber nur teilweise.

Der eigentliche Grund liegt tiefer: Viele Menschen haben vergessen, was Freiheit wirklich bedeutet. Das liberale Prometheus-Institut fragte junge Deutsche vor wenigen Tagen in einer repräsentativen Umfrage, wie sie dazu stehen. Auf den ersten Blick war ihnen die Freiheit besonders wichtig. Aber dieser Eindruck täuscht.

Was junge Leute unter Freiheit verstehen, hat damit nur bedingt etwas zu tun. Sie sahen darin vor allem die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, zum Beispiel zu reisen. Seltener hingegen die Abwesenheit von Zwang und Verantwortung für das eigene Handeln. Mit anderen Worten: Viele junge Menschen lehnen die Zumutungen der Freiheit ab. Sie wollen frei sein, aber nicht für ihre Entscheidungen haften. Nur ist eine Freiheit ohne Haftung keine. Sie führt direkt in die Vormundschaft des Staates.

Mehr: www.nzz.ch.

Mehr aus ein Zellhaufen

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Mit dem Abschlussbericht der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission „Reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ ist die Debatte um das Thema Abtreibung wieder hochaktuell und medial präsent. Das Buch Mehr aus ein Zellhaufen von Sabina M.M. Scherer ist daher zur rechten Zeit erschienen. Es bietet dem Leser eine strukturierte Übersicht über populäre Positionen und Argumente in dieser oft hochemotionalen Auseinandersetzung. Die Autorin spannt einen weiten Bogen und behandelt ein breites Spektrum an Themen, die in dieser Debatte eine Rolle spielen.

Johannes Gonser hat das Buch gelesen und rezensiert: 

Das Buch von Sabina Scherer ist ein konsequent praxisorientierter Beitrag zur Debatte um den Schwangerschaftsabbruch und kann hier auf ganzer Linie überzeugen. Ihre Einwände gegen die ausgefeilten philosophischen Argumente für ein Recht auf Abtreibung sind meiner Einschätzung nach jedoch nicht immer folgerichtig und stehen teilweise auch in Spannung zur mutmaßlich eigenen Überzeugung. Vielleicht ist es beabsichtigt, aber an einigen Stellen hätte ich mir von der Autorin auch eine klarere eigene Positionierung gewünscht. Scherer lässt bspw. die Frage offen, ob zur Wahrung der Würde einer Frau nach einer Vergewaltigung eine Abtreibung als Option bestehen sollte. In Anbetracht der ansonsten im Buch vorgetragenen Argumentation dürfte dies jedoch kaum zu rechtfertigen sein.

In den meisten Gesprächen werden die von mir geäußerten Bedenken jedoch vermutlich nicht zum Tragen kommen und daher kann ich diesem Werk nur eine weite Verbreitung wünschen. Außer dem Buch Genug geschwiegen! Schwierigen Abtreibungsfragen selbstsicher begegnen ist mir jedenfalls keine Publikation im deutschsprachigen Raum bekannt, welche vor allem junge Menschen in einer leicht verständlichen Sprache einen Leitfaden für einen wertschätzenden und konstruktiven Dialog in der Abtreibungsfrage an die Hand geben möchte. Wer sich daher in dieser Weise in den Diskurs einbringen möchte, findet hier sehr empfehlenswerte Hilfestellungen.

 

England: Nur biologische Frauen sind Frauen

Wer ist eine Frau im Sinne des Gleichstellungsgesetzes? Diese Frage hat jetzt der Oberste Gerichtshof Großbritanniens entschieden. Die Antwort gefällt Gruppen wie Amnesty International überhaupt nicht. Die Autorin J.K. Rowling, die die Kläger auch finanziell unterstützt hatte, begrüßte hingegen das Urteil. Es ist ein Sieg des gesunden Menschenverstandes. 

DIE WELT berichtet: 

Wenn es um die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen geht, zählt in Großbritannien das biologische und nicht das soziale Geschlecht. Das hat das oberste Gericht des Landes entschieden.

Wie die Richter des Supreme Courts in London einstimmig feststellten, zielt das britische Gleichstellungsgesetz (2010 Equalities Act) in erster Linie auf den Schutz biologischer Frauen. Das bedeute jedoch nicht, dass Transfrauen nicht auch indirekt davon profitierten, betonte der Vorsitzende Richter Patrick Hodge.

„Die Definition von Geschlecht im Gleichstellungsgesetz von 2010 stellt klar, dass das Konzept von Geschlecht binär ist, eine Person ist entweder eine Frau oder ein Mann“, hieß es in dem Urteil. Regelungen zum Schutz von Frauen schließen demnach per Definition Männer aus.

Mehr: www.welt.de.

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