Pascal über Götzendienst

Blaise Pascal schrieb 1648 gemeinsam mit seiner Schwester Jacqueline an Gilbert Périer (Briefe I: Die privaten Briefe, Berlin: Matthes & Seitz, 2015, S. 42-43):

Daher sieht man, dass man ihnen in der Finsternis der Welt durch eine übermächtige Verblendung folgt, sich an sie bindet und aus ihnen den Endzweck seiner Begierden macht, was man nicht tun kann, ohne einen Frevel zu begehen, denn nur Gott darf der Endzweck sein, wie auch er allein der wahre Ursprung ist. So groß nämlich die Ähnlichkeit der erschaffenen Natur mit ihrem Schöpfer sein mag, selbst wenn die geringsten Dinge und die kleinsten und niedrigsten Teile der Welt wenigstens durch ihre Einheit jene vollkommene Einheit darstellen, die nur in Gott besteht, darf man ihnen rechtmäßig nicht die höchste Achtung entgegenbringen, denn in den Augen Gottes und der Menschen ist nichts so abscheulich wie der Götzendienst, weil man mit ihm dem Geschöpf jene Ehre erweist, die man allein dem Schöpfer schuldet. Die Heilige Schrift spricht oft von der Vergeltung, die Gott an solchen Frevlern geübt hat, und das erste Gebot, das alle anderen enthält, verbietet vor allem, seine Bilder anzubeten. Aber da er weitaus eifriger auf unsere Liebe als auf unsere Achtung bedacht ist, erweist sich deutlich, dass für ihn kein Frevel schimpflicher und abscheulicher ist, als wenn man die Geschöpfe über alles liebt, obwohl sie ihn abbilden.

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4 Kommentare
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Tim-Christian
9 Jahre zuvor

Ron, weißt Du zufällig, wie Pascal zur Marien- und Heiligenverehrung stand? Ich meine mal gelesen zu haben, dass er sich im Sinne des Jansenismus gegen eine übertriebene Marienfrömmigkeit ausgesprochen hat, könnte mir aber vorstellen, dass er mit den Fürsprache-Gebeten im Messkanon keine Probleme hatte. Oder war er da gänzlich kritisch?

LG

Florian
9 Jahre zuvor

Aber was ist denn die Bedeutung von „Geschöpf über alles lieben“ oder etwas zum „Endzweck seiner Begierden“ zu machen? Ich versteh den Textausschnitt nicht wirklich.
Fängt Götzendienst dann an, wenn man ganz bewusst seine Endzwecke in der Begierde sieht? Bei vielen Dingen, die man begehrt kann man sich nämlich auch immer sagen: „das mache ich jetzt für mich, aber sich selber zu pflegen ist ja auch meine Pflicht vor Gott.“ Wie sieht das Pascal?

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