Augustinus

Misstraut der Gnade Gottes nicht

Auf Lebensquellen.de habe ich wieder einmal ein sehr schönes Zitat gefunden. Diesmal eine Paränese von Augustinus:

Ich habe eine große Sünde gesündigt und bin mir vieler Vergehen bewußt; aber ich verzweifle nicht, weil, wo die Vergehungen übergeflossen, auch die Gnade überfließt. Wer an der Vergebung der Sünde verzweifelt, leugnet, daß Gott barmherzig ist; ein großes Unrecht tut er Gott, weil er seiner Gnade mißtraut. So viel an ihm ist, leugnet er die Liebe, Wahrheit und Macht Gottes; meine ganze Hoffnung aber ruhet in der Liebe der Annahme, in der Wahrheit der Verheißung und in der Macht der Erlösung.

Der letzte Manichäist

Der letzte Manichäist ist ein vor rund hundert Jahren gestorbener Chinese gewesen, meint Siegfried Richter von der Arbeitsstelle für Manichäismus-Forschung an der Universität Münster in einem DLF-Beitrag über die Religion des Manichäismus.

Der Beitrag führt unterhaltsam in die Mysterienreligion ein, der auch Augustinus vor seiner Bekehrung zugeneigt war (seine Abkehr begründet er in De vera religione). Da heute kaum noch jemand weiß, was hinter der gnostischen Bewegung des Manichäismus steckt, möchte ich den Beitrag empfehlen. Übertrieben wird allerdings am Ende der Darstellung, wenn dem Kirchenvater und seinen Kollegen die grausame Verfolgung der Manichäer vorgehalten wird.

Die junge christliche Kirche hält den Manichäismus für brandgefährlich und verfolgt ihn mit allen Mitteln. Es gibt viele polemische Schriften gegen die Manichäer. Darin verunglimpfen einflussreiche christliche Theologen sie als moralisch verkommen und bezeichnen die manichäische Religion als Irrlehre …

Augustinus hat vor allem mit dem Wort gegen die Manichäer gekämpft. Ein schönes Beispiel ist sein Versuch, den Freund Honoratus in der Schrift De utilitate credendi für den christlichen Glauben zu gewinnen.  Der Bischof hatte nämlich Honoratus während seiner Studienzeit in den Manichäismus eingeführt. Inzwischen Christ, hörte er davon, dass Honoratus öffentlich gegen das Christentum polemisierte. So versuchte er seinen Freund davon zu überzeugen, dass der Manichäismus irrt und das Christentum wahr ist. Augustinus war also nicht von Machtambitionen getrieben, sondern von seiner Liebe zur Wahrheit. Neigt jemand freilich zum Wahrheitspluralismus, kann es so etwas wie „Irrlehre“ gar nicht mehr geben, muss also die Berufung auf Wahrheit Machtkalkül sein.

Hier der Beitrag:

 

Thomas Freibott hat 1996 eine Arbeit über „Augustinus und der Manichäismus: Eine Untersuchung anhand einiger seiner Schriften“ verfasst, die hier heruntergeladen werden kann: augustinus_manichaeismus.pdf.

Augustinus über das Gebet

NewImageTim Keller schreibt in Beten (Gießen: Brunnen Verlag, 2016, S. 96–97):

Anicia Faltonia Proba (gest. 432) war eine römische Adlige, die Christin war und die sowohl Augustinus kannte, den größten Theologen der Alten Kirche, als auch Johannes Chrysostomos, den größten unter den alten Predigern. Uns sind zwei Briefe des Augustinus an Proba erhalten und der erste (sein Brief Nr. 130) ist die einzige seiner Schriften, die ausschließlich dem Thema „Gebet“ gewidmet ist. Proba hatte Augustinus um seinen Rat gebeten, weil sie Angst hatte, nicht richtig zu beten. Augustinus antwortete ihr mit einer kurzen, praktischen Anleitung zum Beten.

Augustinus’ erste Regel ist, dass der, der wissen will, um was und wie er beten soll, zunächst einmal eine bestimmte Art Mensch werden muss: „Aus Liebe zu diesem wahren Leben musst du dich also in dieser Welt als trostlos betrachten, so groß auch der Wohlstand sein mag, in dem du dich befindest.“ Dem Beter müssen die Schuppen von den inneren Augen fallen und er muss sich darüber klar werden, dass alle Schätze dieses Lebens ihm niemals den bleibenden Frieden, das Glück und den Trost bringen können, die es allein in Christus gibt. Wem dies nicht klar ist, dessen Beten ist gefährdet.

Hier wendet Augustinus eines der Grundprinzipien seiner Theologie auf das Beten an: Wir müssen erkennen, dass die Rangfolge der Dinge, die uns lieb sind, durcheinander geraten ist. Dinge, die wir erst an dritter oder vierter Stelle lieben sollten, haben sich auf den ersten Platz in unserem Herzen vorgeschoben. Eigentlich sollten wir Gott über alles lieben — doch in der Realität achten wir ihn zwar, aber seine Gunst und Gegenwart ist uns nicht so existenziell wichtig wie unser Bankkonto, Erfolg, Status, der nächste Urlaub oder das Glück in der Liebe. Solange uns nicht wenigstens bewusst wird, wie schief unser Herz hier liegt und wie sehr dies unser ganzes Leben prägt, werden unsere Gebete ein Teil unseres Problems sein und nicht seine Lösung. Wenn z.B. das, was uns in unserem Leben Frieden und Geborgenheit gibt, vor allem unsere finanzielle Absicherung ist, dann werden wir, wenn der Crash droht oder es keine Zinsen mehr gibt, zu Gott um Hilfe rufen, aber diese Gebete werden nicht viel mehr sein

Beten lernen als ein „Grübeln in Gottes Richtung“ und nach dem „Amen“ werden wir uns noch mehr Sorgen machen als vorher. Ein solches Beten wird uns keine Kraft geben; es wird nicht unser Herz heilen, indem es unsere Blickrichtung korrigiert und uns Gott als den wahren Anker unseres Lebens zeigt, bei dem wir Ruhe finden.

Augustinus fährt fort. Wenn ich also dieses Fundament gelegt habe — wenn ich begriffen habe, wie es um mein Herz steht und dass ich ohne Christus „trostlos“ bin -, dann kann ich anfangen zu beten. Aber um was soll ich beten? Ich kann mir vorstellen, dass Augustinus etwas ge-schmunzelt hat, als er Proba anwies, um das zu beten, worum jeder betet: „Bete um ein glückseliges Leben!“Aber wie bekomme ich denn ein glückseliges Leben?

Wenn ich Augustinus’ erste Grundregel (s. o.) verstanden habe, dann ist mir klar, dass alle Freuden, Annehmlichkeiten und Belohnungen dieses irdischen Lebens nur flüchtig und vorübergehend sind und meinem Herzen keine wirkliche Erfüllung geben können. Und Augustinus zitiert das gewaltige Gebet in Psalm 27,4: „Eines habe ich vom Herrn erbeten, das ist mein tiefster Wunsch: alle Tage meines Lebens im Haus des Herrn zu wohnen, um die Freundlichkeit des Herrn zu sehen …“ (NGÜ).

Augustinus: Vom Wert der Familie

In dem bemerkenswerten Vortrag „Der Gottesstaat Augustins – Maßgabe für heutige Staaten“ (in: Christof Müller (Hg.), Kampf oder Dialog?, Echter 2015, S. 548-558, hier: S. 557) sagt Ludwig Schick:

Im Gottesstaat wird auch auf die Familie hingewiesen. Der erste und wichtigste Ort der Entfaltung des Menschenseins ist die Familie. Sie fördert die Menschenwürde, richtet auf Gott hin aus, vermittelt Religion, ist Ort des Kennenlernens und Einübens der Tugenden (cf. ciu. 19,16). Augustinus nennt auch bereits „die menschliche Familie den Anfang oder ein Teilchen des staatlichen Gemeinwesens“ (ib.). Augustinus würde heute sicher fordern, dass die Familie viel mehr Gewicht in der Gesellschaft hat, vom Staat gefördert wird und den ersten und vorzüglichsten Platz bei allen Entscheidungen hat.

Gott, Christ und Welt

Augustinus schreibt im Gottesstaat (civ XV, c, 7):

Die Guten gebrauchen die Welt, um Gott zu „genießen“, die Bösen aber umgekehrt, um die Welt zu „genießen“, wollen sie Gott gebrauchen.

Gesetz und Gnade

Aurelius Augustinus, Geist und Buchstabe, 13,22:

Es ist also so: Gott spricht im Gesetz der Werke: Tu, was ich befehle; im Gesetz des Glaubens sprechen wir: Gib, was du befiehlst. Das Gesetz befiehlt, um zu fordern, was nur der Glaube vollbringen kann; wenn also einer den Befehl hört, aber noch nicht die Kraft zur Erfüllung hat, wisse er, worum er zu bitten hat; vermag er aber das Gesetz zu erfüllen und im Gehorsam zu leben, so soll er auch wissen, wer ihm die Kraft dazu gibt. „Wir haben ja nicht den Geist dieser Welt empfangen“ (I Kor 2,12), sagt dieser unbeirrbare Verteidiger der Gnade, „sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir erkennen, was von Gott an Gnade uns gegeben ist“.

Warum unser Herz unruhig ist

In seiner Interpretation des „Unruhig ist unser Herz“ greift Walter Andreas Euler auf die Psalmenauslegung und das Buch De Trinitate des Kirchenvaters Augustinus zurück und fasst die Phänomenologie der Unruhe so zusammen (M. Fiedrowicz (Hg.), Unruhig ist unser Herz: Interpretationen zu Augustins Confessiones, 2004, S. 12).:

In seiner Auslegung der Psalmen stellt der Kirchenvater fest, dass unzählige Wünsche in den Herzen der Menschen wohnen. Der eine will Geld, der zweite Besitztümer, der dritte ein großes Haus, der vierte eine Frau, der fünfte eine herausgehobene berufliche Stellung, der sechste gesellschaftliches Ansehen usw. Augustinus stellt sich diesen Fragen nicht abstrakt, sondern wir wissen aus den Confessiones, dass er (zusammen mit seinen Eltern) solche Wünsche lange Zeit, vielleicht mehr als andere, teilte und sie sein Lebensmotor waren. Die Gier des Menschen, so weiß Augustin aus eigener Erfahrung, ist unersättlich. Sie wächst sogar, je mehr der Mensch bekommt und je mehr Wünsche sich erfüllen. Darin zeigt sich, dass die Sehnsucht des Menschen prinzipiell durch nichts Endliches, durch nichts Sterbliches befriedigt werden kann, weil sich die Wünsche immer als größer als die Möglichkeiten ihrer Erfüllung erweisen und weil etwas Endliches, Vergängliches der unendlichen Sehnsucht des Menschen augenscheinlich nicht entsprechen kann. Jeder Mensch will glücklich sein und die Sehnsucht nach Glück motiviert all seine Taten, die bösen eingeschlossen. Mancher allerdings, so stellt Augustin im zehnten Buch der „Bekenntnisse“ fest, begnüge sich aus Bequemlichkeit faktisch mit dem „kleinen“ Glück der irdischen Befriedigungen und verfehle so das große, das eigentliche Glück des seligen, des ewigen Lebens bei Gott. Gleichwohl gilt, dass alle Menschen zumindest prinzipiell glückselig sein wollen, und, so heißt es in De Trinitate, „sie wollen zweifelsohne nicht, dass ihr Glück aufgebraucht wird oder zugrunde geht. Nun können sie aber nur, wenn sie leben, glücklich sein. Also wollen sie nicht, dass ihr Leben zugrunde geht. Unsterblich also wollen alle sein, die wahrhaft glücklich sind oder es zu sein begehren. Nicht aber lebt glücklich, wem nicht zur Verfügung steht, was er will. In keiner Weise wird also das Leben wahrhaft glücklich sein können, wenn es nicht immerwährend ist.“

Augustinus

Am Freitag wird 20:15 Uhr nochmals der Film „Augustinus“ ausgestrahlt. Auf dem Sender 3sat laufen beide Teile hintereinander:

Hippo Regius im Jahr 430 nach Christus: Seit Monaten wird die Stadt von den Vandalen belagert. Der Papst hat ein Schiff geschickt, mit dem der siebzigjährige Augustinus Hippo verlassen könnte. Ungeachtet des Drängens seiner Nichte Lucilla beschließt er jedoch, an der Seite seiner Mitbürger auszuharren.- Der zweiteilige, aufwendig produzierte Fernsehfilm erzählt die Lebensgeschichte des vor 1.700 Jahren in Thagaste geboren Philosophen

Mehr: www.3sat.de.

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