Calvinismus

Reformierte Theologie

Das Herman Bavinck-Archiv

Der Nachlass von Herman Bavinck (1854–1921) wurde in den 1950er Jahren der Freien Universität von Amsterdam (Niedelande) vermacht. Die Papiere sind inzwischen durch eine Kooperation zwischen dem Historischen Dokumentationszentrum für den niederländischen Protestantismus und dem Forschungsinstitut für Neo-Calvinismus (NRI) an der Theologischen Hochschule Kampen digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht worden.

Das Archiv enthält mehr als 900 Briefe an und von Herman Bavinck, Dokumente über sein persönliches Leben und seine Familie, Tagebücher, und Dokumente, die mit Bavincks öffentlicher Rolle als Pastor, Journalist, Politiker, Professor, Kirchenleiter und Autor zusammenhängen: Manuskripte, Notizbücher, Vorträge, Unterrichtsmitschriften.

Hier geht es zum Archiv: sources.neocalvinism.org.

Vor 100 Jahren starb Herman Bavinck

Mit freundlicher Genehmigung darf ich hier einen Artikel wiedergeben, den Dr. Jan Gerrit Beuker für die Zeitschrift Der Grenzbote verfasst hat (Nr. 5, 30. Mai 2021, S. 47–48):

Vor 100 Jahren starb Herman Bavinck

Herman Bavinck (1854 – 1921) ist der älteste Sohn von Jan Bavinck (1826 – 1909), der aus Bentheim stammte. Jan Bavinck war von 1848 bis 1853 der erste altreformierte Pastor, anfangs für die gesamte Niedergrafschaft, 1849 nur für Wilsum und Uelsen und 1850 bis 1853 nur für Uelsen. Von Uelsen aus wurde Jan Bavinck Dozent an der Theologischen Schule in Ruinerwold/Hoogeveen, wo er schon in seiner Studienzeit wie auch später in Uelsen angehende Theologen unterwiesen hatte.Eine Ernennung als Professor an der 1854 neu gegründeten Theologischen Schule in Kampen lehnte er ab. Er ließ über diese Entscheidung das Los den Ausschlag geben. Er arbeitete von 1853 bis 1857 zusätzlich als Pastor in Hoogeveen und von 1857 bis 1862 in Bunschoten. Nach zehn Jahren als Pastorin Almkerk-Nieuwendijk (1862 bis 1873) betreute er von 1873 bis 1903 die Gemeinde Kampen. Gleichzeitig gehörte er viele Jahrzehnte zur Leitung der Theologischen Schule Kampen. Jan Bavinck starb am 28. November 1909 in Amsterdam. WeitereInformationen über Jan Bavinck sind derBiografie zu entnehmen, die im Internet abrufbar ist: biografien/Biogr-Bavink-J-.pdf.

Sein Sohn Herman studierte 1873 in Kampen und 1874 bis 1880 in Leiden, wo er sein Studium mit der Promotion abschloss.1881/82 war er kurz Pastor in Franeker, 1882 wurde er Dozent an der Schule in Kampen, 1902 übernahm er einen Lehrstuhl an der Freien Universität (VU) in Amsterdam. Seine vierbändige Dogmatik ist in verschiedene Sprachen übersetzt, eine deutsche Übersetzung wird seit vielen Jahren vorbereitet. Seine Ethik ist vor kurzem in den Niederlanden neu erschienen.

Sein Buch Christliche Weltanschauung wurde 2007 in deutscher Sprache neu herausgegeben. Herman Bavinck schreibt darin über Fragen der Philosophie: Wie verhalten sich Denken und Sein und wie Sein und Werden zueinander? Oder: Welche Normen gibt es für rechtes Handeln? Bavinck meint, allein der christliche Glaube gibt befriedigende Antworten. Die englische Übersetzung war 2020 die Nummer eins der Amazon-Bestsellerliste für christliche theologische Literatur in den USA und in England. Allein vier verschiedene dicke Bücheraus den Jahren 1921, 1966, 2010 und 2020 beschreiben das Leben und die Wirkung von Herman Bavinck.

Die letzte Biografie von James Eglinton (Jg. 1982) zählt 2021 schon drei Auflagen und erscheint gerade in Chinesisch und Koreanisch. Die Monatsschrift „Protestants Nederland“ widmet Herman Bavinck die gesamte Nummer vom Februar 2021 mit etwa 60 Seiten. Autoren aus Korea, England, den USA und natürlich auch den Niederlanden würdigen seine Weitsicht. Er schrieb neben Dogmatik und Ethik auch über Pädagogik, Psychologie und Philosophie. Man nennt ihn wohl einmal einen „calvinistischen Alleskönner“.

Herman Bavinck versuchte im Dialog mit Abraham Kuyper, den christlichen Glauben und die moderne Welt miteinander ins Gespräch zu bringen. Er behielt die pietistische Einstellung seines Elternhauses, für die Wiedergeburt und Bekehrung wichtige Themen waren und wo man Gottes Willen mit dem Los erforschte und bestimmte Bibeltexte „bekam“, die einen Menschen versicherten, Gottes Kind zu sein. Diese abgeschiedene Frömmigkeit verband Bavinck schon in seinem Studium und dann auch lebenslang mit den Fragen der modernen Welt. Es war übrigens 1874 „unerhört“, dass der Sohn eines altreformierten Pastors nicht in Kampen, sondern in Leiden Theologie studierte. Bavinck wollte mehr als nur das eigene Seelenheil, das viele Altreformierte bekümmerte. Er wollte in einem guten Sinn die Welt mit dem christlichen Glauben gewinnen. Wenn Jesus Herr der ganzen Welt ist, dann ist unser ganzes Leben von ihm geprägt und nicht nur unsere Frömmigkeit oder unsere Gottesdienste.

In den USA, Korea, Asien oder auch Schottland ist Bavinck heute bekannter als in Mitteleuropa. Bavinck ruft dort bis heute auf, die Welt mit dem christlichen Glauben zu durchdringen. Es würde Europa gut tun, seine Stimme neu zu hören.

Dr. Gerrit Jan Beuker, Neuenhaus

VD: UN

Die Sekte der „Calviner“

41cNA6OeA8LAbraham Kuyper sagte in seiner Vorlesung über den Calvinismus (Calvinismus: Die Stone Lectures von 1898, 2021, S. 25–26):

Am häufigsten wird der Name Calvinist heutzutage noch angewandt als Bezeichnung für eine Sekte, nicht in protestantischen, aber in römischen Ländern, besonders in Ungarn und Frankreich. In Ungarn zählt die reformierte Kirche noch zweieinhalb Millionen Seelen, die von römischer Seite und in der jüdischen Presse beständig mit dem nicht offiziellen Namen „Calviner“ gebrandmarkt werden, ein nicht gerade liebenswürdig gemeinter Name, der auf die Glieder der reformierten Kirche dort auch dann angewandt wird, wenn sie die letzte Sympathie für den Glauben ihrer Väter bereits vollständig abgeschüttelt haben. Und auf dieselbe Erscheinung stößt man in Frankreich, vor allem in Südfrankreich, wo „Calvinistes“ ebenso und stärker noch ein Brandmal für Sektierer ist, wobei niemand mehr fragt, was der Gebrandmarkte persönlich glaubt oder bekennt, das vielmehr einem jeden aufgedrückt wird, der sich der „eglise reformee“ angeschlossen hat, auch wenn er Atheist geworden ist. Georges Thiebaud [1855–1915], bekannt durch seinen Antisemitismus, hat zugleich den Anticalvinismus wieder ins Leben gerufen, und bis in die Dreyfus-Affäre [1894ff.] hinein hat man „Juden und Calvinisten“ als die zwei antinationalen Mächte der Macht des „esprit gaulois“ gegenübergestellt. Dieser Gebrauch von „Calvinist“ als Sektenname stammt von den römischen Polemikern, die von Anfang an gewohnt waren, die in ihren Augen gefährlichste Form des Protestantismus unter dieser gehässigen Bezeichnung zu bekämpfen. Für die Kenntnis und Würdigung des Calvinismus dagegen ist diese erste Bedeutung des Namens „Calvinist“ nicht von der mindesten Bedeutung, da sie rein formal und äußerlich ist, ohne Rücksicht auf irgendein geistliches Bekenntnis.

Die Klarheit der Schrift bei Johannes Calvin

Alexandre Ganoczy und Stefan Scheld schreiben über die Klarheit der Schrift bei Johannes Calvin (Die Hermeneutik Calvins: geistesgeschichtliche Voraussetzungen und Grundzüge, 1983, S. 96–98):

Weil die Schrift durchsichtig, hell und klar ist, kann es keinen Zweifel an ihrer Wahrheit geben. Die ganze Schrift durchzieht nämlich im Grunde nur ein einziger Skopus bzw. Sinn: Jesus Christus. Das Alte Testament verheißt ihn; im Neuen Testament tritt er direkt in Erscheinung. Dies ist auch der Grund, warum Calvin übereinstimmend mit Bucer sagen kann, die Offenbarung Gottes im Alten und Neuen Bund sei in ihrem Wesen identisch. An der Einfachheit, Deutlichkeit und Klarheit der Epiphanie Gottes zu zweifeln, würde somit dem gesamten Duktus der Wortoffenbarung im Alten und Neuen Bund widersprechen. Gott hat sich in seinem Wort, das er den Urvätern und Propheten mitteilte und das er in Jesus Christus unüberbietbar und unüberhörbar ausspricht, in die Niederungen menschlichen Fleisches begeben. Er paßt sich unserem Verständnisvermögen an und handelt wie ein guter Pädagoge. Um allen Menschen einen Zugang zu seinem Wort zu verschaffen, äußert er sich sowohl in kunstvoller und gehobener Sprache als auch in einfacher und schlichter Rede.

Entsprechend bunt ist das Erscheinungsbild der biblischen Autoren. David, Salomon und Jesaja können als Dichterfürsten gelten, und auch Paulus und Lukas zeichnen sich durch Bildung aus, während sowohl die Propheten Amos, Jeremia, Sacharja als auch die Apostel Petrus, Johannes und Matthäus einfache Menschen waren.

Es kann daher nur ein Vorwand für mangelnde Verständnisbereitschaft sein, wenn behauptet wird, die Schrift sei dunkel oder ein Labyrinth. Calvin gibt zwar zu, daß es einige unklare Stellen in der Schrift gibt, aber diese sollen doch nicht dazu veranlassen, das Wort Gottes pauschal der Unklarheit zu bezichtigen. Gott spricht nämlich niemals ohne Grund und Zweck und enthüllt zu seiner Zeit den Sinn seiner Rede, wenn seine Worte im Herzen bewahrt werden.

Schrift und Vernunft bei Johannes Calvin

Die katholischen Calvin-Kenner Alexandre Ganoczy und Stefan Scheld schreiben über das Verhältnis von Schrift und Vernunft bei Johannes Calvin (Die Hermeneutik Calvins: geistesgeschichtliche Voraussetzungen und Grundzüge, 1983, S. 95):

Die Überzeugung, daß die Schrift in sich selbst wahr ist und keiner besonderen kirchlichen Approbation bedarf, drängt sich Calvin allerdings auch von einer Seite her auf, die nicht unmittelbar von der übernatürlichen Bestätigung durch das innere Geistzeugnis abhängt. Es gibt auch Vemunftgründe, die die unbezweifelbare Autorität der Schrift eindrucksvoll stützen. Calvin spricht hier ausdrücklich nicht von Beweisen, wohl aber von Hilfsmitteln, die den Glauben an das Wort Gottes in der Schrift nicht unvernünftig erscheinen lassen. Solche Hilfsmittel sind für ihn die innere Ordnung, Konvenienz, Eloquenz und das hohe Alter der Schrift sowie die Beobachtung, daß sich Verheißungen der Schrift erfüllt haben. Den Glauben kann man auf diese Gründe allein zwar nicht stützen, aber es ist doch bemerkenswert, wie Calvin Geistzeugnis und Vernunft nicht etwa in ein dialektisch-antithetisches Verhältnis zueinander setzt, sondern eine Konvenienz beider annimmt, die der Sicherheit des Glaubens zugute kommt. Wir werden dieser Struktur theologischen Denkens, die darin besteht, Gnade und Glaube als das Grundlegende zu betrachten, das Natürliche aber zur Unterstützung beizuziehen, noch öfter begegnen. Dieser Denkansatz erscheint katholisch und hinsichtlich Anselms Prinzip „fides quaerens intellec-tum“ auch traditionsgemäß, obgleich auffällt, daß Calvin sowohl das Geistzeugnis als auch die Vernunft zunächst nicht an eine bestimmte Kirchlichkeit zurückbindet. Dies hängt mit dem Bestreben des Reformators zusammen, wie seine Mitreformatoren und manche spätmittelalterlichen Schrifttheologen Schrift und Kirche zunächst zu trennen, um dann von der Schrift her kritisch gegen die Mißstände kirchlicher Lehre und Praxis vorzugehen. Legitim ist dies für Calvin, weil die Schrift und das mit ihr verbundene Geistzeugnis ihre Glaubwürdigkeit in sich selbst tragen, und die Vernunftgründe für die Schriftautorität nicht von kirchlichen Urteilen abhängen.

Mattson und Eglinton reden über Bavinck

51yRUcNPOiLWenn zwei ausgewiesene Bavinck-Experten wie Brian Mattson und James Eglinton sich unterhalten, lohnt es sich, mal „reinzuhören“. Evangelium21 hat ihr Gespräch in die deutsche Sprache übersetzt.

Wie wahr und hilfreich, was Eglinton hier über Bavincks späte überkonfessionelle Apologetik sagt:

In meiner Biografie wird dieser Wandel auf eine Gesinnungsänderung um 1900 zurückgeführt, das Jahr, in dem der deutsche Atheist und Philosoph Friedrich Nietzsche verstarb. Zu Lebzeiten war Nietzsche in den Niederlanden relativ unbekannt. Aus dem wenigen, was Bavinck damals über ihn schrieb, kann gefolgert werden, dass er kaum mehr als die Titel seiner Bücher gelesen, Nietzsche aber nicht studiert hatte. Nach seinem Tod wuchs Nietzsches Bekanntheit jedoch in den Niederlanden enorm. Neben Nietzsches offener Abscheu gegen Jesus (aufgrund seiner freiwilligen Schwäche und dienenden Haltung) war seine revolutionärste Idee, dass wir, wenn „Gott tot ist“, nicht zur Einhaltung der moralischen Werte des Theismus verpflichtet sind. Aus diesem Grund hatte diese neue Ausrichtung des Atheismus das Potential für drastische moralische Folgen.

Angesichts der plötzlichen Popularität Nietzsches nach seinem Tod realisierte Bavinck, dass die Verteidigung des Neo-Calvinismus allein nicht ausreicht, da die Anhänger Nietzsches jede Form des Christentums verabscheuten – sowohl liberal als auch orthodox – und dem Christentum an sich ein Ende bereiten wollten. In der Biografie beschreibe ich Bavincks Erkenntnis so, dass Nietzsche nicht mit einer Gartenschere zu dem Baum des Christentums gekommen war, sondern mit einer Axt. Für Nietzsche musste das ganze Ding weg, nicht nur einige Äste. Und damit standen Bavinck und seine theologischen Rivalen vor einer gemeinsamen existenziellen Bedrohung. In diesem Kontext begann Bavinck neben seiner ungebrochenen Unterstützung des Neo-Calvinismus, das Christentum allgemeiner zu verteidigen. Die Art, wie er die Balance hält zwischen seiner Förderung des Christentums allgemein und dem Festhalten an eigenen Traditionen, erinnert an C.S. Lewis’ Pardon, ich bin Christ oder als jüngeres Beispiel Tim Keller.

Welche Relevanz hat dieser Gesinnungswandel für uns heute? Wir leben immer noch in Nietzsches Schatten. Die westliche Kultur ist unersättlich hungrig nach Macht, getrieben von der Suche nach Vorherrschaft, verachtet das Schwache und Verletzliche und hat eine moralische Vorstellungskraft (wie Nietzsche selbst), die eher an Pontius Pilatus als an Jesus erinnert. Um dies zu verstehen und darauf reagieren zu können, brauchen wir gute Ressourcen. In den letzten zwanzig Jahren im Leben Bavincks war Nietzsche wahrscheinlich sein häufigster Opponent. Wir würden davon profitieren, hier von Bavinck zu lernen.

Mehr hier: www.evangelium21.net.

Der vergessene Wegbereiter der „Neuen Calvinisten“

Wenn du Kenner der Evangelikalen danach fragst, wer in den 70er und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts den reformierten Flügel dieser großen Bewegung geprägt hat, wirst du Namen wie J.I. Packer, Martyn Lloyd-Jones, John Stott, Francis Schaeffer, R.C. Sproul oder James Montgomery Boice hören. Ihre Predigten, Vorträge und Bücher konnten eine beachtliche Wirkung entfalten und werden heute noch gern gelesen. Von David F. Wells haben – besonders in Europa – nur sehr wenige etwas gehört. Es wird also Zeit, dass Sarah Eekhoff Zylstras Artikel über diesen beeindrucken Mann in der deutschen Sprache erscheint. Vielen Dank an die Mitarbeiter von Evangelium21 für die Übertragungsarbeit!

Wells Buch No Place for Truth kann ich herzlich empfehlen. Wells beschreibt dort ein sich wandelndes Wahrheitsverständnis der Frommen in den Vereinigten Staaten. Dazu schreibt Sarah Eekhoff Zylstra:

Amerikaner begannen damit, Medikamente, Selbsthilfebücher und Therapeuten zu suchen, um mit dieser Scham fertig zu werden. Und Christen, die dieselben öffentlichen Schulen besuchten und dieselben Fernsehprogramme sahen, waren dieser Veränderung gegenüber nicht immun.

Anstatt das Leben an der Bibel auszurichten, begannen Christen, sich an ihren Gefühlen, Gedanken und Erfahrungen zu orientieren, wofür sie dann entsprechende Bibelstellen heraussuchten. Pastoren fokussierten sich nicht mehr darauf, biblische Lehre zu studieren und zu erklären, sondern begannen, den Menschen zu helfen, sich in ihrem Leben zurechtzufinden. Die Gemeinden gaben schwierigere Lehren zugunsten von besucherfreundlichem Marketing auf. Die Emerging Church interpretierte Anbetung, Evangelisation und was es bedeutet, Pastor zu sein, um.

Zunehmend verlagerte sich auch der Unterricht in den theologischen Seminaren von systematischer Theologie oder hebräischer Exegese zu Kursen wie „Geistliches Wachstum“ oder zu Themen wie Theologie und die Künste. Christliche Buchläden, die einst vor Theologiebüchern strotzten, tauschten diese langsam gegen weniger ernsthafte Bücher aus, bevor sie selbst diese gegen Poster und Potpourri eintauschten, bemerkte der Präsident des Southern Baptist Theological Seminary, Al Mohler.

„Wenn man seinen geistlichen Dienst beginnt, sind diese Einsichten, wie das Evangelium auf die Gemeinschaft und die Kultur einwirkt, sehr wichtig“, sagt Pastor Chris Castaldo, der kurz nach dem Erscheinen von No Place am Moody Bible Institute und anschließend bei Wells am Gordon-Conwell studierte. „Wells war eine der Stimmen, die das auf eine Art und Weise angesprochen haben, die durchdacht und klar war. Er hatte keine Angst, Dinge zu benennen und zu sagen: ‚Das ist so nicht richtig‘“.

Wells geht in No Place nicht so sehr auf die Lösung ein, was bei einigen Lesern Kritik hervorgerufen hat. Der Grund hierfür war aber schlicht, dass er noch nicht fertig war (No Place wurde zu einer Reihe ausgebaut) und weil er dachte, die Antwort sei selbstverständlich: Kehre zurück zum Evangelium. Lebe ein gottzentriertes, durch die Gnade und das Opfer Christi bestimmtes Leben.

Mehr: www.evangelium21.net.

Fünf Mythen über Johannes Calvin

Wie vielen anderen überragenden Personen der Kirchengeschichte, so erging und ergeht es auch dem französischen Reformator Johannes Calvin: Die Erinnerung an ihn ist durch verschiedene Verzerrungen entstellt worden, so dass man in Summe von modernen Legenden, die allerdings gern verbreitet werden, sprechen kann.

So ist Stefan Zweigs bis heute nachgedrucktes Buch Castellio gegen Calvin oder Ein Gewissen gegen Gewalt eine in weiten Teilen erfundene Polemik. Zweig behauptet darin etwa: „Alle, die Calvin auch nur den geringsten Widerstand geleistet haben, werden hingerichtet, soweit sie nicht rechtzeitig aus Genf geflohen sind. Eine einzige Nacht, und es gibt in Genf keine andere Partei mehr als die calvinistische “ (S. 160).

Nun war Calvin sicherlich nicht zimperlich, wenn es darum ging, gegen theologische Gegner zu kämpfen. Aber was Zweig hier schreibt, ist völliger Quatsch (Nebenbemerkung: Ich muss bei der Kritik von Stefan Zweig maßvoll formulieren, da meine Frau eine große Liebhaberin seiner Schriften ist ;-). 

Wolfgang Huber urteilt zutreffend

Die Assoziation ist deutlich; und schnell ist aus dem reformatorischen Genf Calvins das Nazideutschland Adolf Hitlers geworden. Dabei ist dies historisch völlig unzutreffend: Die diktatorische Position, die Zweig Calvin zuschreibt, hatte dieser nie inne. Calvin war nicht der von Zweig dargestellte Diktator und das Genf seiner Zeit nicht eine frühere Version der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Hier haben Zweig und die, die seiner Interpretation gefolgt sind, Calvin Unrecht getan.

Professor Michael Haykin hat einige Irrtümer in seinem Artikel „Fünf Mythen über Johannes Calvin“ besprochen. Darin heißt es: 

Calvin konnte sicherlich in seinen Verbalattacken gegen die, die aus seiner Sicht Häretiker waren, und gegen seine theologischen Kontrahenten bissig sein. Aber es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass er üblicherweise danach trachtete, sie zu töten. Männer wie Jérôme-Hermès Bolsec (gest. 1584) und Sebastian Castellio (1515–1563), die sich in Genf theologische Gefechte mit Calvin lieferten, wurden aus der Stadt verbannt. In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich, sich bewusst zu machen, dass die meisten christlichen Persönlichkeiten des 16. Jhdts. – ob nun Protestanten oder Katholiken – Häresie nicht einfach nur als einen merkwürdigen intellektuellen Sonderweg betrachteten, sondern als durchdrungen vom „Stigma moralischer Verderbnis“ – und entsprechend musste Ketzerei aus dem Gemeinwesen entfernt werden, bevor sie die ganze Gesellschaft in Mitleidenschaft zog. Wenn die Genfer Stadtoberen Servet hätten leben lassen, nachdem er nun einmal erkannt und in der Stadt festgenommen worden war, dann wäre das von den Gegnern der Reformation – insbesondere der katholischen Kirche – als Beweis gewertet worden, dass die Reformatoren ebensolche Häretiker waren, da sie diese Häresie tolerierten.

Mit folgenden Legenden beschäftigt sich der Baptist Michael Haykin:

  1. Calvin ließ Michael Servet hinrichten.
  2. Der Tyrann Calvin übte in der Hauptzeit seines Wirkens in Genf von 1541 bis 1564 in der Stadt eine Gulag-ähnliche Herrschaft aus.
  3. Calvins Theologie lässt sich mit dem Akronym TULIP zusammenfassen.
  4. Calvins monergistische Soteriologie bringt eine Tendenz zum Antinomismus mit sich.
  5. Calvin hatte kein Interesse an Mission.

Mehr: www.evangelium21.net.

Warum Pastoren B.B. Warfield lesen sollten

Fred Zaspel hat für das Magazin CREDO kurz begründet, warum Pastoren B.B. Warfield lesen sollten.

Fazit: 

Ich habe viel von vielen Männern gelernt, und ich habe andere Theologen, die zu meiner „Lieblingskategorie“ gehören. Aber ich habe niemanden kennengelernt, der Kopf und Herz bei christlichen Amtsträger besser prägt. Wenn man Warfield breit und tief liest, kann man nicht anders, als Geist [von Old Princeton] einzufangen.

Deshalb sollten sich Pastoren mit B.B. Warfield beschäftigen.

Ein guter Einstieg ist Zaspels Buch: The Theology of B. B. Warfield: A Systematic Summary.

Die Aufgabe der Exegese bei Calvin

Marjus Lange von Ravensburg fasst in seiner Dissertation Augustinus totus noster (Göttingen, 1990, S. 122) Calvins Exegeseverständnis wie folgt zusammen:

Obwohl nur der Heilige Geist allein nach freier Wahl ein wirkliches Verstehen des Wortes für den Menschen zu bewirken und die Schrift als Gottes Wort pro me zu bezeugen vermag, so bleibt doch auch schon die vorfindliche Schrift selber das deutlich sichtbare und klare Gestalt gewordene Wort Gottes. Dieses als solches zugänglich zu machen, es aufzuschließen und zu übersetzen, ja seine ,äußere intelligentia‘ zu bewirken, ist Aufgabe sowohl der Pastoren als auch in besonderem Maße der Doktoren. Offenkundig findet demnach bei Calvin ein zweifaches Verständnis der Schrift Verwendung, eine ,intelligentia externa‘ und ,interna‘. Indem aber die ,Worte‘ der Schrift und die „mens scriptoris scripturae“ auf möglichst klare und durchsichtige Weise verdeutlicht werden, erschließen sich die an einen alttestamentlichen oder neutestamentlichen Zeugen ergangenen und für diesen Zeugen verständlichen Worte Gottes. Exegese ist deshalb nach Calvin ,Verständnishilfe‘, „bonne aide pour entendre“, der an die „ministri verbi Dei“ ergangenen Worte Gottes. Dies erklärt Calvins z.T. leidenschaftliches Interesse an dem in die jeweilige historische Situation hineindiktierten äußeren Wort und dessen genauer Erfassung.

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