Vor 100 Jahren starb Herman Bavinck

Mit freundlicher Genehmigung darf ich hier einen Artikel wiedergeben, den Dr. Jan Gerrit Beuker für die Zeitschrift Der Grenzbote verfasst hat (Nr. 5, 30. Mai 2021, S. 47–48):

Vor 100 Jahren starb Herman Bavinck

Herman Bavinck (1854 – 1921) ist der älteste Sohn von Jan Bavinck (1826 – 1909), der aus Bentheim stammte. Jan Bavinck war von 1848 bis 1853 der erste altreformierte Pastor, anfangs für die gesamte Niedergrafschaft, 1849 nur für Wilsum und Uelsen und 1850 bis 1853 nur für Uelsen. Von Uelsen aus wurde Jan Bavinck Dozent an der Theologischen Schule in Ruinerwold/Hoogeveen, wo er schon in seiner Studienzeit wie auch später in Uelsen angehende Theologen unterwiesen hatte.Eine Ernennung als Professor an der 1854 neu gegründeten Theologischen Schule in Kampen lehnte er ab. Er ließ über diese Entscheidung das Los den Ausschlag geben. Er arbeitete von 1853 bis 1857 zusätzlich als Pastor in Hoogeveen und von 1857 bis 1862 in Bunschoten. Nach zehn Jahren als Pastorin Almkerk-Nieuwendijk (1862 bis 1873) betreute er von 1873 bis 1903 die Gemeinde Kampen. Gleichzeitig gehörte er viele Jahrzehnte zur Leitung der Theologischen Schule Kampen. Jan Bavinck starb am 28. November 1909 in Amsterdam. WeitereInformationen über Jan Bavinck sind derBiografie zu entnehmen, die im Internet abrufbar ist: biografien/Biogr-Bavink-J-.pdf.

Sein Sohn Herman studierte 1873 in Kampen und 1874 bis 1880 in Leiden, wo er sein Studium mit der Promotion abschloss.1881/82 war er kurz Pastor in Franeker, 1882 wurde er Dozent an der Schule in Kampen, 1902 übernahm er einen Lehrstuhl an der Freien Universität (VU) in Amsterdam. Seine vierbändige Dogmatik ist in verschiedene Sprachen übersetzt, eine deutsche Übersetzung wird seit vielen Jahren vorbereitet. Seine Ethik ist vor kurzem in den Niederlanden neu erschienen.

Sein Buch Christliche Weltanschauung wurde 2007 in deutscher Sprache neu herausgegeben. Herman Bavinck schreibt darin über Fragen der Philosophie: Wie verhalten sich Denken und Sein und wie Sein und Werden zueinander? Oder: Welche Normen gibt es für rechtes Handeln? Bavinck meint, allein der christliche Glaube gibt befriedigende Antworten. Die englische Übersetzung war 2020 die Nummer eins der Amazon-Bestsellerliste für christliche theologische Literatur in den USA und in England. Allein vier verschiedene dicke Bücheraus den Jahren 1921, 1966, 2010 und 2020 beschreiben das Leben und die Wirkung von Herman Bavinck.

Die letzte Biografie von James Eglinton (Jg. 1982) zählt 2021 schon drei Auflagen und erscheint gerade in Chinesisch und Koreanisch. Die Monatsschrift „Protestants Nederland“ widmet Herman Bavinck die gesamte Nummer vom Februar 2021 mit etwa 60 Seiten. Autoren aus Korea, England, den USA und natürlich auch den Niederlanden würdigen seine Weitsicht. Er schrieb neben Dogmatik und Ethik auch über Pädagogik, Psychologie und Philosophie. Man nennt ihn wohl einmal einen „calvinistischen Alleskönner“.

Herman Bavinck versuchte im Dialog mit Abraham Kuyper, den christlichen Glauben und die moderne Welt miteinander ins Gespräch zu bringen. Er behielt die pietistische Einstellung seines Elternhauses, für die Wiedergeburt und Bekehrung wichtige Themen waren und wo man Gottes Willen mit dem Los erforschte und bestimmte Bibeltexte „bekam“, die einen Menschen versicherten, Gottes Kind zu sein. Diese abgeschiedene Frömmigkeit verband Bavinck schon in seinem Studium und dann auch lebenslang mit den Fragen der modernen Welt. Es war übrigens 1874 „unerhört“, dass der Sohn eines altreformierten Pastors nicht in Kampen, sondern in Leiden Theologie studierte. Bavinck wollte mehr als nur das eigene Seelenheil, das viele Altreformierte bekümmerte. Er wollte in einem guten Sinn die Welt mit dem christlichen Glauben gewinnen. Wenn Jesus Herr der ganzen Welt ist, dann ist unser ganzes Leben von ihm geprägt und nicht nur unsere Frömmigkeit oder unsere Gottesdienste.

In den USA, Korea, Asien oder auch Schottland ist Bavinck heute bekannter als in Mitteleuropa. Bavinck ruft dort bis heute auf, die Welt mit dem christlichen Glauben zu durchdringen. Es würde Europa gut tun, seine Stimme neu zu hören.

Dr. Gerrit Jan Beuker, Neuenhaus

VD: UN

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Theophil Isegrim
3 Jahre zuvor

„Bavinck ruft dort bis heute auf, die Welt mit dem christlichen Glauben zu durchdringen. Es würde Europa gut tun, seine Stimme neu zu hören.“

Dem kann ich mich nur anschließen. Das ist auch ein Gebetsanliegen von mir, daß Jesus wieder groß gemacht wird in Deutschland. Damit die Menschen zu Christus und dem Frieden finden. Viele lehnen Gott ab und wissen nicht, was sie ablehnen, dabei kann nur er die innersten Sehnsüchte erfüllen.
Aber, ich denke auch, wir bibeltreuen Christen sind doch etwas zu lau. An der Liebe soll man uns erkennen. Ob man uns daran erkennt? Und leider sind wir zu zersplittert. Die einen leben nur die Bibelstellen, die ihnen gefallen, andere meinen in ihrer Gesetzlichkeit etwas darzustellen. Doch es gibt auch bibeltreue Gemeinden, die auf einem guten Weg sind. Auch einige Bewegungen wie Netzwerk Bibel und Bekenntnis, Evangelium21 finde ich richtig gut.

Ich bin gespannt, ob sich hier noch etwas tut.

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