Begründung des Glaubens

Ben Graber hat eine feine Rezension zum Buch:

  • Herman Ridderbos, Begründung des Glaubens: Heilsgeschichte und Heilige Schrift, Verbum Medien, 2025

verfasst. Darin schreibt er:

Mitten in meiner Uni-Zeit erschien Dan Browns Thriller The Da Vinci Code (2004 in deutscher Übersetzung als Sakrileg herausgebracht) und wurde gleich ein Bestseller. Sein Erfolg löste in den Medien eine Welle von Begeisterung für kirchengeschichtliche Verschwörungstheorien aus. Nach diesen Thesen sei die frühe Kirche theologisch sehr vielfältig und inklusiv verschiedenster Glaubensrichtungen gewesen. Leider habe Kaiser Konstantin eigenmächtig durch die Einberufung des Konzils zu Nicäa im 4. Jahrhundert die Theologie und den Kanon der Kirche standardisiert und alternative Formen des Christentums unterdrückt.

Historisch gesehen sind solche Thesen reinster Quatsch, aber die Fragen, die sie aufwerfen, sind für moderne Menschen nachvollziehbar. Wie, durch wen und in wessen Interesse hat sich die Kirche eigentlich auf diese statt auf jene Bibelbücher geeinigt?

Die Verschwörungstheorien damals zielten in der Regel besonders auf die römisch-katholische Kirche, die als Institution tatsächlich die Autorität beansprucht, zu bestimmen, was als echte christliche Lehre gilt und welche Schriften in die Bibel gehören. Für Katholiken ist das Vertrauen in die Kirche die logische Voraussetzung für das Vertrauen in die Bibel.

Bei Protestanten verhält es sich anders: Es ist die Bibel, die den Maßstab bietet, nach dem die Lehre der Kirche zu bewerten ist, keinesfalls andersherum. Das bringt jedoch andere Schwierigkeiten mit sich. Man kann die Glaubwürdigkeit und Motivation des römischen Lehramts zwar hinterfragen, doch wenigstens ist die Fragestellung klar, ob die Kirche recht hatte, als sie alternative Lehren und deren Schriften in vergangenen Jahrhunderten verwarf. Aber auf welcher Basis können sich Protestanten überhaupt zu einem festen biblischen Kanon bekennen?

Diese Problemstellung ist nicht neu. Als der niederländische Theologe Herman Ridderbos sein Buch Begründung des Glaubens: Heilsgeschichte und Heilige Schrift 1955 veröffentlichte, sprach man schon seit Jahren von einer „Krise des Kanons der Kirche“ (S. 29–30). Die historische Bibelkritik hatte damals bereits seit fast 200 Jahren den normativen Charakter des Kanons bestritten und seine Anerkennung als das Ergebnis von „Kampf … menschliche[r] Strategie und … kirchliche[r] Politik“ abgeschrieben (S. 30). Sollte man die Autorität der Bibel in der Moderne dann einfach verwerfen? Oder sollte die Kirche besser versuchen, eine Botschaft zu verkündigen, die durch die Komplexität von historischer und wissenschaftlicher Forschung unantastbar bleibt?

Mehr: www.evangelium21.net.

Vorträge der E21-Hauptkonferenz 2025 online

 

Die Vorträge der E21-Hauptkonferenz 2025 sind inzwischen online abrufbar unter: www.evangelium21.net. Ein gute Möglichkeit, um die Beiträge zum Thema „Heiliger Geist“ nachzuhören oder zu vertiefen. 

Die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Konferenz wird übrigens von einem verhältnismäßig kleinen Team verantwortet. Dazu gehören Techniker, ITler, Konferenzmanager,  Bürokräfte, Marketing-Leute usw. Viele arbeiten ehrenamtlich für das Netzwerk. Auch in diesem Jahr haben zudem Mitarbeiter der Arche-Gemeinde in Hamburg das Event mit großer Dienstbereitschaft unterstützt. All den Verantwortlichen und Helfern sei Dank für ihren Einsatz! 

Mit Linda Damerau, der Eventmanagerin von Evangelium21, konnte ich zum Abschluss der Konferenz kurz über das sprechen, was hinter den Kulissen passiert ist:

Linda, du warst die Eventmanagerin für diese Konferenz in Hamburg, die nun zu Ende gegangen ist. Wie zufrieden bist du mit dem Ablauf?

Im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden. Bei jeder Konferenz gibt es im Hintergrund immer wieder kleine Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Aber das ist uns gut gelungen, und daher ist es insgesamt eine sehr runde Sache geworden.

Gab es für dich Überraschungen?

Überrascht hat mich vor allem, dass sich so viele kurzfristig angemeldet haben. Bis drei Wochen vor der Konferenz hatten sich erst 800 Leute angemeldet, schlussendlich waren es ungefähr 1.100.

Gab es für dich ein persönliches Highlight?

Von den Vorträgen habe ich nicht so viel mitbekommen. Aber für mich war es ein Highlight, durch die Halle und das Foyer zu laufen und immer wieder zu sehen, wie sich die Leute gegenseitig ermutigten. Ich sah Freude in den Gesichtern. Es war toll zu sehen, wie wertvoll diese Begegnungen für die Teilnehmer waren. Das war mein persönliches Highlight.

Nun könnte man ja denken, für dich ist die Konferenz zu Ende. Aber jetzt muss hier aufgeräumt werden und nächste Woche starten die Vorbereitungen für die Konferenz 2026. Hast du Wünsche im Hinblick auf die Hauptkonferenz im nächsten Jahr?

Ja, natürlich. Wir werden uns wieder Ziele setzen und die gesamte Konferenz auswerten, um auch in den kleinen Dingen besser zu werden. Ich denke, wir werden den Anmeldeprozess verbessern und Wege finden, damit sich die Leute rechtzeitig anmelden. Denn nur so können wir vernünftig planen. Aber im Grunde ist mein Wunsch einfach: Wir sollten wieder neue Leute erreichen, die zur Konferenz kommen und sich ermutigen lassen. So kann das gesamte Netzwerk wachsen.

Vielen Dank für das Gespräch! 

John Stott: Mein Schlüsselvers der Bergpredigt

John Stott (Die Botschaft der Bergpredigt, 2010, S. 13):

Für mich findet sich der Schlüsselvers der Bergpredigt in 6,8: „Macht es nicht wie sie.“ [Neue Genfer, Luther. „Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen.] Das erinnert uns unmittelbar an Gottes Wort an Israel in früheren Tagen: „Tut nicht nach der Weise des Landes Ägypten“ (3Mose 18,3) – derselbe Ruf, anders zu sein, der durch die ganze Bergpredigt weiter entfaltet wird. Ihr Charakter soll gänzlich verschieden sein von dem, den die Welt bewundert, wie wir an den Seligpreisungen sehen werden. Wie Lichter sollen sie in der Dunkelheit scheinen. Ihre Gerechtigkeit soll über die der Pharisäer und Schriftgelehrten hinausgehen, im ethischen Verhalten wie auch in der religiösen Hingabe, während ihre Liebe größer und ihr Bestrebungen edler sind als die ihrer heidnischen Nachbarn. Es gibt keinen einzigen Abschnitt in der Bergpredigt, in dem dieser Kontrast zwischen christlichen und nicht christlichen Maßstäben nicht beleuchtet wird. Dieses Thema durchzieht und eint die ganze Bergpredigt, alles andere ist eine Variation davon. 

N.T. Wright: Ist ein Schwangerschaftsabbruch jemals gerechtfertigt?

Mike Bird hat N.T. Wright in dieser Folge von „Aks NT Wright anything“ eine Frage aus Deutschland vorgelegt:

Als Christin wurde ich darauf hingewiesen, dass Abtreibung unabhängig vom Stadium der Schwangerschaft eine Sünde ist, weil sie gegen das fünfte Gebot verstößt: Du sollst nicht morden.

Die Antwort von N.T. Wright dürfte einige überraschen, oder – so war es bei mir – erschüttern. Was Wright über Luzifer und seine finsteren Mächte sagt, dürfte Lesern seiner Bücher hingegen bekannt sein. Wright deutet Satan und seine Diener nicht als personale Wesen, sondern als Mächte, die manchmal personalisiert erscheinen. 

Hier: 

 

Die Wirkungen der elterlichen Bildschirmzeit

Welche Auswirkungen hat die elterliche Handynutzung in Anwesenheit der Kinder? Empirische Studien, an denen fast 15.000 Kinder aus zehn Ländern teilgenommen haben, geben eine klare Antwort: Die Effekte sind verheerend – und dauerhaft. DIE WELT berichtet: 

Die Ergebnisse sind eindeutig: Elterliche Bildschirmzeit hat negative Effekte auf die kognitive Entwicklung, allen voran bei der Sprache, und auf das soziale Verhalten der Kinder und führt zu einer geringeren Bindung zwischen Eltern und Kind sowie zu vermehrten Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern. Der (regelmäßige) elterliche Blick auf das Handy führt die Aufmerksamkeit weg vom Kind, unterbricht, verlangsamt oder verhindert sogar im schlimmsten Fall die Eltern-Kind-Interaktion und hat einen Bindungsverlust zur Folge. Zudem sind die Kinder einer Vorbildwirkung der Eltern ausgesetzt, die das eigene Verhalten negativ prägt. Mentale Stimulation, soziale Resonanz und Selbstwirksamkeit fehlen dann dem Kind und hinterlassen auf Dauer schädliche Spuren in der Persönlichkeitsentfaltung.

Mit diesen Ergebnissen wird nicht nur die Erziehungsverantwortung der Eltern deutlich, die auch in Artikel 6 des Grundgesetzes im Wortlaut als Pflicht verankert ist, sondern auch eine Schieflage in der aktuellen Debatte, die vor allem die Kinder selbst an den Pranger stellt: Die Gen Z oder Gen Alpha, wie sie genannt wird, sei abgelenkt, überfordert, gestresst, körperlich in einem miserablen Zustand und nicht in der Lage, sich zu konzentrieren. So richtig all das ist, die Ursache liegt aber nicht nur bei den Kindern. Denn die Kinder sind immer Kinder ihrer Zeit. Sie können vielfach nicht anders, weil sie abhängig vom Erziehungsverständnis ihrer Familien und der Gesellschaft sind.

Hier ist aktuell zu beobachten, dass es offensichtlich die Eltern immer schlechter hinbekommen, ihre Kinder auf den Bildungsweg zu unterstützen, geschweige denn auf die Herausforderungen der Zeit vorzubereiten. Denn häufig ist es das Verhalten der Eltern selbst, dass Erziehungsprozesse nicht nur verhindert, sondern sogar den Bildungsprozess der eigenen Kinder schädigt.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Evangelisierung im Fußballstadion

Christliche Fußballer, die sich öffentlich zu ihrem Glauben bekennen, werden gerade von einer windigen oder sogar verlogenen Presse abgestraft. Die Tagesschau warf ihnen vor, Mission zu betreiben:

„Es wird als göttlicher Auftrag aufgefasst, Menschen zum ‚richtigen Glauben‘ zu bekehren, um so viele Seelen wie möglich zu erlösen“, sagt Freudenberg. Ansonsten drohten große Qualen für Sündiger. „Deswegen sehen Evangelikale es als Lebensaufgabe an, nicht nur die eigene Seele durch die Bekehrung zu retten, sondern auch andere für diesen Glauben zu gewinnen.

Ob den Verantwortlichen beim ÖRR aufgefallen ist, dass auch sie warnen und missionieren? Noch fragwürdiger ist ein Videobeitrag, den die ARD über die sozialen Medien verbtreitet. Ein dort kommunizierter Vorwurf: „Manche Fußballprofis leben ihr Glauben ganz offen“. Oh, wie schlimm! Die allseits geforderte Coming-out-Culture gilt also nicht für Christen, die ihre Identität „in Christus“ ernst nehmen? Oder wie soll ich das verstehen? 

Da ist es ermutigend, dass DIE TAGESPOST sich der hochbezahlten Schwarmintelligenz entgegenstellt und Folgendes schreibt: 

Es ist müßig, an dieser Stelle auf das profunde Missverständnis hinzuweisen, dass dem Bild von Religion als einzig und allein im stillen Kämmerlein zu betreibender Privatsache entspricht. Vielmehr darf man sich freuen, dass jungen erfolgreichen Fußballern das, wovon ihr Herz überfließt, wichtiger ist als die strategische Anpassung an die Erwartungen der Öffentlichkeit. Klar, Fußball war vor der Ära der Regenbogen-Armbinden auch deshalb mal so entspannend, weil es einfach einmal nicht um Politik ging – und agnostische Zuschauer mögen Glaubensbekenntnisse in gleicher Weise ärgern, wie den politisch dissidenten Zuschauer die plakative Zurschaustellung politischer Korrektheit. Hinzu kommt: vermutlich werden viele, die sich jetzt über Doué freuen, weniger Glücksgefühle erfahren haben, als sich der deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger mit der auch bei Islamisten beliebten Geste des „Tauhid-Fingers“ zum Islam bekannte.

Und doch darf man als Christ ruhig so parteiisch sein, Doué, Felix Nmecha, Yemisi Ogunleye oder andere Sportler mit christlichem Bekennermut mit ungeteilter Freude und Dankbarkeit zu begegnen. Schließlich entspricht ihre Haltung schlicht dem Missionsbefehl Christi. Einige weitere Aspekte machen Mut: Offensichtlich schaffen im Spitzensport auch stark religiöse Menschen unterschiedlicher Religionen, als Team zusammenzuwirken. Dass migrationsbedingte Diversität jedenfalls auch christlich-religiöse Potentiale mit sich bringt, mag ein Allgemeinplatz sein, ist aber trotzdem schön.

Mehr: www.die-tagespost.de.

Bürgerkrieg der Ideen

Die Professorin Sheila Jasanoff ist Wissenschaftssoziologin an der Harvard-Universität (USA). Sie spürt dort den Druck, der von der Trump-Regierung ausgeübt wird (vgl. hier). Doch in einem Interview, das DIE ZEIT mit ihr geführt hat, wird deutlich, wie differenziert sie die Entwicklungen beurteilt. Die Wurzeln für die Spaltung der Gesellschaft lägen tiefer als das gemeinhin kommuniziert werde. Ein paar Auszüge aus dem Gespräch zeigen, dass die fehlende Fähigkeit, zwischen Fakten, ihren Deutungen sowie den politischen Anwendungen zu unterscheiden, für die Polarisierungen mitverantwortlich ist (DIE ZEIT, Nr. 23, 28.05.2025, S. 31):

Die liberale Erzählung und ihr Verhältnis zur Wahrheit sind unglaubwürdig geworden. Der Liberalismus in Amerika gründet auf der Überzeugung, dass Fakten von der Wissenschaft objektiv definiert werden können und dass, sobald alle Menschen Zugang zu denselben Fakten haben, Rationalität und Eigeninteresse sie dazu bringen werden, das zu tun, was im Interesse aller ist. Aber wenn Menschen eine Reihe an Behauptungen über die Welt glauben sollen, aus denen politische Handlungen abgeleitet werden, müssen sie im Einklang mit der Realität stehen, die die Menschen erleben. Sie müssen überzeugen. Das war zunehmend nicht mehr der Fall.

Besonders deutlich wurde es in den Reaktionen auf die Klima- und Covid-Politik. Wissenschaftler bewerten ein Problem als katastrophal, und Politiker beschließen deshalb, dass wir unsere Lebensweise ändern müssen, und zwar ohne Diskussion – das war für viele Menschen nicht nachvollziehbar. Nicht weil sie nicht anerkennen, dass eine Pandemie schädlich ist oder der Klimawandel existiert. Studien zeigen, dass die amerikanische Öffentlichkeit insgesamt mehr und mehr von der Realität des Klimawandels überzeugt ist. Die Menschen glauben nicht unbedingt, dass sie persönlich davon betroffen sind, und ganz sicher nicht, dass sie dafür verantwortlich sind. Aber immerhin erkennen sie an, dass er existiert. Was sie jedoch nicht anerkennen, ist die Behauptung der Liberalen, dass es nur eine richtige politische Antwort auf diese Probleme geben kann. Deshalb entscheidet sich die Mehrheit in diesem Land mittlerweile dafür, alle politischen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken würden, abzulehnen.

Die Wissenschaftsgemeinschaft war leider nie wirklich bereit, zu reflektieren, dass sich aus Forschungsergebnissen keine bindenden Handlungsempfehlungen ergeben. Man hat ignoriert, dass die Entscheidungen, die in ihrem Namen getroffen wurden, nicht für alle Menschen gleich tragbar waren. Dass etwa Arbeiter aus den Kohlekraftwerken in den USA im Rahmen der Klimawende ihre Jobs verlieren werden oder Landwirte in Frankreich und Deutschland plötzlich mit steigenden Dieselpreisen zu kämpfen haben. Die Wissenschaft, so schien es, hilft nicht allen Menschen im gleichen Maße. Dabei soll sie ja den Fortschritt der ganzen Gesellschaft antreiben. Und so ist das Gefühl gewachsen, dass es eine unheilige Allianz zwischen Macht und Wissen gibt.

Während des ersten Covid-Sommers habe ich eines der wenigen Einführungsseminare in Präsenz an der Kennedy School hier auf dem Campus gegeben, damit die Studierenden sich wenigstens kurz von Mensch zu Mensch begegnen. Angesichts der damaligen Situation dachte ich, es sei interessant, mit ihnen zu diskutieren, wie die Politik mit der Unsicherheit umgehen soll. Wir lasen unterschiedliche Artikel, die zeigten, dass es in bestimmten Fragen keinen Konsens gab, welche Maßnahmen die richtigen seien, etwa ab wie viel Jahren Kinder eine Maske tragen müssten. Es wurde deutlich, dass die Entscheidungen recht willkürlich und von Ort zu Ort unterschiedlich getroffen wurden. Aber die Studierenden hatten keinerlei Interesse daran, den Prozess der politischen Entscheidungsfindung zu diskutieren. Sie wollten über Coronaleugner sprechen, aber sie wollten nicht erörtern, wie man unter unsicheren Bedingungen eine begründete Entscheidung trifft. Das empfand ich als sehr bezeichnend.

 

 

USA: Wenn Forschungsberichte mit KI erstellt werden

Wenn sogar Regierungen ihre Berichte mit Künstlicher Intelligenz erstellen, sagt das etwas über die Behördenmitarbeiter aus. Doch es kommt noch etwas hinzu: Die Ergebnisse sind erfunden. Der Bericht unter der Leitung von Robert F. Kennedy Jr., dem Sekretär für Gesundheit und Humandienste, sollte die Gründe für den Rückgang der Lebenserwartung der Amerikaner aufzeigen. Wie sich nun herausstellt, wurde der Bericht mit KI erstellt und wertlos.

Die Zeitung THE WASHINGTON POST berichtet: 

Einige der Zitate, die die Wissenschaft im weitreichenden „MAHA-Bericht“ des Weißen Hauses untermauern, scheinen mit Hilfe künstlicher Intelligenz erstellt worden zu sein, was zu zahlreichen verstümmelten wissenschaftlichen Verweisen und erfundenen Studien führt, so KI-Experten am Donnerstag.

Von den 522 Fußnoten zu wissenschaftlichen Untersuchungen in einer ersten Version des Berichts, die der Washington Post zugesandt wurde, tauchen mindestens 37 mehrfach auf, wie eine Überprüfung des Berichts durch The Post ergab. Andere Zitate enthalten den falschen Autor, und mehrere Studien, die in dem umfangreichen Gesundheitsbericht zitiert werden, existieren überhaupt nicht, worüber das Online-Nachrichtenportal NOTUS am Donnerstagmorgen zuerst berichtete.

Einige Verweise enthalten „oaicite“ in den URLs – ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Forschung mit Hilfe künstlicher Intelligenz gesammelt wurde. Das Vorhandensein von „oaicite“ ist ein Zeichen dafür, dass OpenAI, ein US-amerikanisches Unternehmen für künstliche Intelligenz, verwendet wurde. Ein häufiges Merkmal von KI-Chatbots wie ChatGPT sind ungewöhnlich sich wiederholende Inhalte, die nicht menschlich klingen oder ungenau sind, sowie die Tendenz, Studien oder Antworten zu „halluzinieren“, die sinnvoll erscheinen, aber nicht real sind.

Mehr: www.washingtonpost.com.

Frankreich: Recht auf selbstbestimmtes Sterben

Frankreichs Präsident Macron begrüßt die gestrige Abstimmung in der Nationalversammlung für die aktive Sterbehilfe als „wichtigen Schritt“. Die FAZ berichtet:

Die französische Nationalversammlung hat am Dienstag in erster Lesung ein Gesetz zum „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ gebilligt. 504 Abgeordnete gaben ihre Stimme ab, 305 sprachen sich für, 199 gegen die Reform aus. Kurz zuvor hatten die Abgeordneten bereits einstimmig ein Gesetz angenommen, mit dem die Palliativpflege gestärkt werden soll – wegen der Bedenken mancher Abgeordneter war das ursprünglich als Einheit geplante Gesetz in zwei unterteilt worden.

Beide Gesetze werden nun dem Senat zur Prüfung übergeben. Präsident Emmanuel Macron begrüßte die Beschlüsse der Nationalversammlung als „wichtigen Schritt“. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Haltungen zu dem Thema und der damit verbundenen Zweifel und Hoffnungen öffne sich „nach und nach der Weg der Brüderlichkeit, den ich mir gewünscht habe“, schrieb er auf der Plattform X.

Gegner der Sterbehilfe können sich in Zukunft strafbar machen, ähnlich wie bereits Abtreibungsgegner:

Die Abgeordneten haben sich zudem darauf verständigt, medizinische Einrichtungen zu schützen, an denen Sterbehilfe angeboten wird. So enthält das Gesetz einen neuen Straftatbestand, sollte es zu Drohungen oder Einschüchterungen gegenüber Patienten oder medizinischem Fachpersonal kommen. Derartige Behinderungen der Sterbehilfe sollen mit bis zu zwei Jahren Haft und Geldstrafen bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Als Vorbild gilt das Recht auf Abtreibung. Abtreibungsgegner machen sich strafbar, wenn sie Ärzte und medizinische Einrichtungen daran hindern, Abtreibungen vorzunehmen.

Mehr: www.faz.net.

Zur Debatte um Geschlechtsdysphorie

Alexander Korte klärt über Mythen in der Trans-Debatte auf und kritisiert eine affirmative Wunscherfüllungsmedizin (vgl. Das Geschlecht als Gefühl). Lange Zeit war er mit dieser Position allein, doch inzwischen hat ein Umschwung eingesetzt.

Zitat aus einem Artikel von Thomas Thiel:

In den zurückliegenden Jahren ist die Meinung, ein Mensch könne kraft seiner Worte von einem Geschlecht zum anderen wechseln, in manchen Ländern zum Gesetz geworden, ja fast zu einer Art Glaubensbekenntnis, gegen das nur gegen Entrichtung hoher Strafgelder verstoßen werden kann. Wer den Glauben nicht teilte, wurde von Aktivisten mit Hass verfolgt. So kam es, dass sich manche Feministin, die lange gegen patri archale Rollenbilder gekämpft hatte, plötzlich als Rechtsradikale gebrandmarkt sah und dass wissenschaftliche Differenzierung in einer besonders bei Kindern und Jugendlichen entscheidenden Frage verloren ging: Ist der Wunsch nach einem anderen Geschlecht dauerhaft oder vorübergehend?

Diese Frage stellt sich immer drängender angesichts eines sprunghaften Anstiegs von Minderjährigen, die sich in ihrem Körper unwohl fühlen. Einer der Ersten, die in Deutschland auf diese Entwicklung hinwiesen, ist der Kinder- und Jugendpsychiater Alexander Korte. Weil davon anders als früher besonders Mädchen betroffen sind, vermutete er, dass der Anstieg auch kulturelle Gründe habe wie digitalen Narzissmus, medi zinisch-technisches Machbarkeitsdenken, ökonomische Verfügbarkeitsdoktrinen oder Kulturtheorien, die das Flüs sige und Hybride feiern. Korte, der seine Position jetzt in einem Buch zusammengefasst hat, sieht dagegen vor allem Sehn sucht nach Festem und Rigiden, die Rückkehr zu fixen Geschlechtern unter neuen, identitären Vorzeichen.

In medizinischer Hinsicht gilt seine Kritik dem transaffirmativen Ansatz, nach dem der Wunsch des Kindes nicht hinterfragt werden darf. Im Hintergrund steht die Annahme, es gebe ein dem Körper widersprechendes wahres Geschlecht, dessen physisches Subs trat nur noch nicht gefunden sei. Die kindliche Entwicklung wird nicht als offener Prozess begriffen, der je nach Sozialisation verschiedene Ausgänge nehmen kann, bemängelt Korte, sondern als determiniertes Programm, das notfalls mit Medikamenten und Operation zu vollenden sei. Der transaffirmative Ansatz bringt Ärzte in Verlegenheit, denn er hält sie dazu an, gegen das ethische Prinzip der Schadensvermeidung zu verstoßen, wenn sie der Meinung sind, dass der kindliche oder jugendliche Patient die Folgen seines Wunsches nicht überblicken kann.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Die Evangelium21-Konferenz 2025

Dankbar und ermutigt blicke ich auf die E21-Hauptkonferenz 2025 zurück. Idea fasst einige Beiträge zum Thema „Heiliger Geist“ zusammen: 

Der Theologieprofessor Philipp Bartholomä von der Freien Theologischen Hochschule (FTH) in Gießen sprach über den Heiligen Geist als Helfer. Jesus habe seinen Nachfolgern von Anfang an vor Augen geführt, dass ihr Weg steinig sein werde. Aber er habe sie nicht allein gelassen, sondern ihnen mit dem Heiligen Geist einen mächtigen Helfer verheißen. 

„Wenn wir verzweifelt fragen, ob Gott irgendwann genug von uns hat, dann versichert uns der Helfer“, so Bartholomä, „dass unser Fürsprecher Jesus nie aufhören wird, für uns einzutreten“. Nicht allein die kognitive Beschäftigung mit Wahrheiten verändere die Christen, sondern das Wirken des Heiligen Geistes dabei. 

Der Theologe ermutigte die Teilnehmer der Konferenz dazu, ihre Schwachheit anzunehmen. „Der Heilige Geist geht keinen Weg mit uns ohne Wunden, Brüche und Verletzungen“, so Bartholomä. Er schaffe Schönheit aus Zerbruch: „Der Wohnraum des Heiligen Geistes ist unsere Schwachheit, die er durch seine Anwesenheit veredelt.“

Der Leiter des Seminars für biblische Theologie in Beatenberg (im Schweizer Kanton Bern), Felix Äschlimann, sprach über das Leben des US-Erweckungspredigers Jonathan Edwards (1703–1758) und seine Theologie des Heiligen Geistes. Äschlimann hob dabei hervor, dass die besonderen Phänomene wie Angst- und Freudenschreie, Zuckungen oder Ohnmachtsanfälle, die Edwards bei Erweckungsveranstaltungen erlebte, nichts über die Echtheit des Glaubens aussagten. „Für Edwards zählten nicht die ekstatischen Erlebnisse und nicht einmal die unzähligen Bekehrten als Zeichen echter Hingabe. Es war vielmehr die Treue zu Gott“, sagte Äschlimann. Der vom Geist erfüllte Glaube sei daran zu erkennen, dass er sich im Leben bewähre.

Mehr hier: www.idea.de.

Die Studenten glauben zum Teil alles

Zu viele Studenten seien an den Hochschulen fehl am Platz, sagt Michael Sommer, Geschichtsprofessor an der Uni Oldenburg. Schon das Lesen von mittelschweren Texten bereite einem Großteil Schwierigkeiten. Er warnt vor einer „Gesellschaft von strukturellen Analphabeten“.

Zitat: 

Die Gründe sind vielfältig und ziehen sich meiner Beobachtung nach durch die ganze Lernbiografie. Das fängt bei den Elternhäusern an, in denen im frühkindlichen Bereich oftmals nicht mehr vorgelesen wird. Wo es kaum Bücher gibt, wo Texte kaum eine Rolle spielen. Später in den Schulen gibt es dann als Feedback sinngemäß vor allem: Ja, ihr seid super, mit euch ist nichts falsch. Und dann ist es auch die Gesellschaft, die leistungsorientiertes Verhalten unter Generalverdacht stellt: Wer gut ist, wer sich streckt und viel arbeitet, der ist ein Streber. Die anderen Faktoren lassen sich auch international beobachten, aber diese Leistungsfeindlichkeit ist ein deutscher Spezialfall. In fast allen Ländern sind die Leistungsstarken die ‚Cool Kids‘. Bei uns sind an den Schulen die Leistungsschwachen und Faulen die ‚Cool Kids‘.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Alasdair MacIntyre (1929–2025)

Der schottisch-amerikanische Philosoph trug wesentlich zur heutigen Wiederentdeckung einer zielgerichteten Ethik bei. DIE TAGESPOST erinnert an seine Leistungen: 

MacIntyre, der 1929 in Glasgow geboren wurde und während der Great Depression in England aufwuchs, beschäftigte sich während seines Studiums der klassischen Philologie und Philosophie zunächst mit dem Marxismus und trat für kurze Zeit sogar der Kommunistischen Partei Großbritanniens bei. Seine philosophische Kritik an den Gräueln des Stalinismus und das Studium klassischer Autoren wie Aristoteles und Thomas von Aquin führten ihn jedoch dazu, seine Positionen anzupassen.

Im Jahr 1969 zog es MacIntyre als Hochschullehrer in die USA, wo er sich vom Marxismus distanzierte und begann, für ein aristotelisch-thomistisches Verständnis von Ethik und Politik zu argumentieren. In den 1980er Jahren konvertierte er schließlich zum Katholizismus. Der Lebensweg MacIntyres weist so, gerade in Hinblick auf die prägende Kraft der Philosophie, Parallelen zur Biografie einer anderen großen Philosophin und Konvertitin des 20. Jahrhunderts auf – Edith Stein, deren frühem Denkweg der schottisch-amerikanische Philosoph 2005 ein eigenes Buch gewidmet hat.

Das wohl bekannteste und einflussreichste Werk MacIntyres ist After Virtue (deutsch: Der Verlust der Tugend) aus dem Jahr 1981. Es beginnt mit der Diagnose, dass unser Reden über moralische Fragen – sowohl im Alltag als auch in der Philosophie – heute mit Begriffen operiert, die einem philosophischen Denkrahmen entstammen, der spätestens seit dem Zeitalter der Aufklärung verloren gegangen ist. Das zeige sich daran, so MacIntyre, dass moralische Debatten in den meisten Fällen rational nicht abschließend entschieden werden könnten, da jeder moralische Standpunkt letztendlich auf einer subjektiven Festlegung zu beruhen scheint.

Der Einfluss MacIntyres reicht jedoch weit über den Bereich der akademischen Philosophie hinaus. Besonders der Gedanke, dass Moral in sozialen Praktiken und Gemeinschaften als Teil konkreter Traditionen gelebt wird, hat in christlichen Kreisen durchaus Widerhall gefunden. So ruft MacIntyre selbst am Schluss von After Virtue dazu auf, Formen von Gemeinschaft zu schaffen, in denen heute ein Verständnis moralischer und intellektueller Tugenden kultiviert und weitergegeben werden könne.

Die Bedeutung Alasdair MacIntyres wird übrigend von Carl Trueman in dem Buch Der Siegeszug des modernen Selbst herausgearbeitet.

Hier mehr: www.die-tagespost.de.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner