Was ist das besondere am neutestamentlichen Segen? Ulrich Heckel schreibt in seiner exegetischen Gesamtdarstellung des biblischen Segensbegriffs (Der Segen im Neuen Testament, 2022, 237–238):
Die wichtigste Neuerung ist im eschatologischen Gesamtzusammenhang die christologische Zentrierung, die in den neutestamentlichen Schriften bei allen Unterschieden eine grundlegende Gemeinsamkeit ausmacht.
Schon der herkömmliche Segensgruß εὐλογημένος (s.u. 3.1) wird stets auf Jesus bezogen. Durch diese Konzentration wird er nicht nur zum Gesegneten schlechthin, sondern zugleich als der einzigartige Segensbringer hingestellt. In den Evangelien ist die Kindersegnung in Mk 10,16 die einzige Stelle, in der der irdische Jesus segnet. Bei Lukas bleibt das Segnen für die Zeit nach der Auferstehung vorbehalten (Lk 24,50f) und bildet in der Petrusrede (Apg 3,26) den heilvollen Zweck seiner göttlichen Sendung (vgl. 28,28).
Beim Argumentieren tritt die christologische Konzentration am stärksten bei Paulus hervor. Er redet nicht nur vom „Segen Christi“ (Röm 15,29), sondern verbindet den Erntesegen in 2. Kor 9,5–15 mit dem von der Christologie geprägten Begriff der Gnade (V 8). In Gal 3,6–4,7 sieht er die SegensverheiBung an Abraham (3,6–9) in Christus als dem einen Nachkommen erfüllt (3,16), durch dessen stellvertretenden Fluchtod der Segen auf die Heiden übergegangen ist (3,13f). So versteht Paulus den Segen durch seine christologische Interpretation der Abrahamsverheißung inhaltlich ganz von der Heilsbedeutung des Todes Jesu her.
Ohne einen expliziten christologischen Bezug begegnet der Segensbegriff nur im Hebräerbrief. Doch geht es schon im Ackergleichnis (Hebr 6,7) eigentlich um das Heil, das von Christus hervorgebracht wurde. Vor allem beruht dieser Segen durch die Melchisedek-Typologie auf der unvergleichlichen Überlegenheit des einmaligen Selbstopfers des Hohepriesters Jesus (7,1.6f). Daher kann er als für das Eschaton verheißenes Heilsgut in 11,20f; 12,17 (vgl. 6,12ff) keinen anderen Grund haben als den Tod und die Auferstehung Jesu, wie der „Segens“-Wunsch am Briefende bestätigt (13,20f).
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