Vor 50 Jahren starb der Schriftsteller und Philosoph Albert Camus (1913–1960) bei einem Autounfall. Sein Werk ist aktueller denn je und liefert Antworten auf die Fragen unserer Zeit. Der Rheinische Merkur schreibt dazu:
Camus bleibt präsent: Als der linke Antikommunist, der Parteien verabscheute, als Atheist Gott respektierte und die Würde des Einzelnen über politische Interessen stellte, war das genaue Gegenteil eines Fanatikers. Wissbegierde und Ehrlichkeit, Mut und Konsequenz, die Auflehnung gegen ein sich Abfinden, das alles sind Tugenden, die unsere Zeit mehr als nötig hat.
Was kaum jemand weiß und deshalb weniger präsent ist, erzählte mir vor einigen Jahren John Warwick Montgomery (Quelle liegt mir vor):
Ich lernte vor nicht all zu langer Zeit von einem inzwischen pensionierten Pastor einer Kirche in Paris, dass Albert Camus sich dort im Monat seines tragischen Todes bei einem Autounfall taufen lassen wollte. Camus hatte den Bankrott der humanistischen Existenzphilosophie miterlebt und, wie viele andere intelligente Seelen über die Jahrhunderte hinweg, kein Problem damit, den Evangeliums-Narrativen zu vertrauen.
Anmerkung vom 09.01.2010: In einer ersten Ausgabe des Beitrags schrieb ich, dass Camus sich taufen ließ. Das war ein Irrtum. Camus wollte sich kurz vor seinem Unfall taufen lassen. Der Pastor der Kirche, die Camus gelegentlich besuchte, hat jedoch die Taufe verweigert, weil Camus ausdrücklich eine private Taufe wünschte. Mehr dazu in den Kommentaren.
Hallo Ron,
wünsche dir ein gesegnetes neues Jahr.
Die Quelle würde mich sehr interessieren, wäre es möglich sie zu bekommen?
Liebe Grüße,
tobias
Sehr interessant zu wissen, dass Albert Camus sich taufen liess.
@Tobias: Ich habe die Infos von JW Montgomery und hoffe, dass seine kurzen Notizen dazu noch in diesem Jahr veröffentlicht werden (im Rahmen eines größeren Buchprojektes von JWM). Die Quellen gehen wohl zurück auf einen gewissen Howard Mumma, der nach dem Krieg Pastor eine amerikanischen Kirche in Paris war und sich mit Camus anfreundete. Mumma selbst hat Camus‘ Wunsch nach einer privaten Taufe m.W. abgelehnt. Wie es dann zur Taufe kam, ist mir nicht klar. Ich muss da nachforschen. Ich zitiere hier Fragmente seiner Erinnerungen (in denen er meist Camus zitiert, aus: Albert Camus and the Minister, published by Paraclete Press, 2000): „After all, one of the basic teachings that I learned from Sartre is that man is alone. We are solitary centers of the universe. Perhaps we ourselves are the only ones who have ever asked the great questions of life. Perhaps, since Nazism, we are also the ones who have loved and lost and who are, therefore, fearful… Weiterlesen »
@Tobas: Mea culpa! Ich habe JW Montgomery eben nochmals befragt. Ich hatte ihn falsch verstanden. Er teilte mit, dass sich Camus sich taufen lassen wollte. Mumma hat dies allerdings verweigert, da nach seinem Verständnis die Taufe immer ein öffentliches Bekenntnis ist. Eine öffentliche Taufe wollte Camus nicht, da er ein riesiges „Theater“ befürchtete.
Vielen Dank für Dein Rückfragen, dass mich zur historisch-kritischen Prüfung zwang. 😉
Liebe Grüße, Ron
[…] […]
@Ron: Vielen Dank für deine Mühe. Es interessiert mich auch deshalb, da Camus in meiner Biographie sehr wichtig war.
[…] und vor seinem tragischen Unfalltod die Taufe erbat (die ihm allerdings verwehrt wurde, siehe dazu hier), hat mich das sehr gefreut. Wer weiß, vielleicht hat Camus am Ende seines kurzen Lebens seine […]