Die nachfolgende Rezension zu dem Buch:
- Lisa Nienhaus. Die Weltverbesserer: 66 Große Denker, die unser Leben verändern. München: Carl Hanser Verlag. 2015. ISBN: 978-3-446-44308-2. 256 S., 17,90 €
erschien zuerst in Glauben & Denken heute (2/2015, Nr. 16, S. 61):
Die Weltverbesserer
Die großen Fragen des Lebens sind in den Augen vieler Menschen Fragen der Wirtschaft. Ökonomen erklären nicht nur, wie die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen entsteht und gedeckt werden kann oder warum es Arbeit, Kapital, Preise und Steuern gibt. Sie sagen auch manchmal Krisen voraus oder zetteln revolutionäre Umbrüche an. Große Wirtschaftsdenker wollen eben die Welt nicht nur deuten, sondern sie auch – wenigstens ein bisschen – verbessern.
Lisa Nienhaus, Wirtschaftsredakteurin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, trifft regelmäßig einflussreiche Ökonomen und hat sich nun dafür entschieden, ein Buch über 66 große Denker der Wirtschaft herauszugeben. Für das Buch Die Weltverbesserer hat sie ein buntes Autorenkollegium zusammengestellt. Darunter sind renommierte Wissenschaftler oder Politiker, die meisten Beiträge stammen allerdings von Redakteuren der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bzw. der Sonntagszeitung.
Die im Buch vorgestellten Weltverbesserer haben – so der Anspruch der Herausgeberin – „mindestens eine bahnbrechende Idee gehabt“ (S. 13). Im Mittelpunkt steht, „was die Forscher und Denker uns heutzutage noch zu sagen haben, bei welchen aktuellen Schwierigkeiten sie uns helfen“ (S. 13).
Das Spektrum der vorgestellten Ökonomen ist entsprechend weit. Wir finden Vertreter des Ego-Kapitalismus wie Adam Smith (S. 31–33) oder Ayn Rand (S. 221–223). Auf der anderen Seite werden Antikapitalisten wie Karl Marx (S. 78–81) oder Rosa Luxemburg (S. 157–160) vorgestellt. Der Leser begegnet jedoch auch Leuten, mit denen er wahrscheinlich nicht rechnet. So wird erklärt, weshalb sich Charles Dickens (S. 135–138) als radikalen Liberalen sah oder der Chinese Wu Jinglian (S. 224–227) den Ruf hat, ein „Mister Marktwirtschaft“ zu sein. Sogar Platon (S. 129–131) oder der islamische Gelehrte Ibn Khaldun (S. 203–205) kommen zu ihrem Recht. In Michail Bakunins (S. 242–244) Utopie des kollektivistischen Anarchismus wird ebenfalls eingeführt. Dass es, wie Gregor von Wollwitz meint, Querverbindungen von Bakunin hin zum nordamerikanischen Libertinismus gibt, darf man freilich anders sehen.
Die Beiträge, jeweils drei bis vier Seiten lang, sind schnörkellos und gut verständlich geschrieben. Die inhaltliche Qualität schwankt. Während beispielsweise Karen Horn in ihrem Beitrag über Friedrich August von Hayek (S. 57–59) auf knappem Raum seine Kernüberzeugungen sachlich herausstellt, nutzt Sahra Wagenknecht ihren Eintrag zu Ludwig Erhard (S. 161–164) dazu, um ihre Kritik an den Großkonzernen und dem Sozialabbau loszuwerden. Erhard erscheint da nur als Sprungbrett.
Alles in allem ist das Buch über Weltverbesserer jedoch empfehlenswert. Durch die kurzweiligen und gut verständlichen Artikel lernt man unterschiedlichste Sichtweisen auf die Welt der Wirtschaft kennen. Das regt dazu an, einschlägige Literatur aufzuschlagen, um den Stoff zu vertiefen. Die Leser werden bei der Lektüre freilich bemerken, dass die Wirtschaft auf viele großen Fragen des Lebens keine Antworten geben kann. Das ist auch gut so.
Danke Ron! Sind auch Distributionisten (Chesterton, Belloc) dabei oder bleibt die deutsche Blindheit für diese Richtung bestehen?
Diese Blindheit bleibt bestehen.
Liebe Grüße, Ron
Sahra Wagenknecht über Ludwig Erhard?
Mehr Abneigung gegen Erhard hätte Lisa Nienhaus wohl nicht zum Ausdruck bringen können als durch diese sehr missglückte Wahl.
Das ist wie wenn man eine hungrige Ziege abstellt, ein paar schöne Blumen zu bewachen.