Hani Nazeer, 28 Jahre, ein Schulsozialarbeiter und koptisch-christlicher Blogger aus dem oberägyptischen Qena, ist am 9. November in einen Hungerstreik getreten. Nach Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) befindet er sich seit über einem Jahr ohne Anklage in Haft. Mit dem Hungerstreik will der Blogger seine Haftentlassung oder aber ein formelle Anklage erzwingen. Seine bisherigen Ersuchen wurden ohne Begründung durch das Innenministerium zurückgewiesen. Nazeer ist Autor des Blogs »Karz El Hob«, in dem er sowohl die aggressive Islamisierung als auch die politischen Einflussnahmen der orthoxen Kirchenführung kritisiert hat. Dadurch brachte er sowohl islamische Autoritäten als auch die Hierarchie der koptisch-orthodoxen Kirche gegen sich auf. Nach Auffassung der IGFM hat sich der Blogger keines Deliktes schuldig gemacht, sondern ist aus rein politischen Gründen in Haft, weil er religiöse Autoritäten verärgert hat.
Der Blogger ist am 3. Oktober 2008 von der ägyptischen Staatssicherheit verhaftet worden. Nazeer hatte eine Verhaftung bereits befürchtet und war untergetaucht. Daraufhin verhaftete die Staatssicherheit Familienangehörige Nazeers und drohte damit, sie so lange gefangen zu halten, bis sich Nazeer stellen würde. Er stellte sich umgehend der Polizei und wird seither im Burj Al-Arab Gefängnis ohne Angabe von Gründen festgehalten. Alle Anträge seines Anwalts Rawa Ahamad, entweder ein Verfahren zu eröffnen oder ihn freizulassen, sind von den Behörden ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen worden.
Sein Anwalt berichtete, dass der Blogger im Gefängnis zu zum Teil gewalttätigen Schwerverbrechern in eine Zelle gesperrt worden ist. Angehörige des Gefängnispersonals hätten ihn unter Druck gesetzt, zum Islam überzutreten. Ihm soll auch die Entlassung in Aussicht gestellt worden sein, wenn er Muslim würde.
Nach der Ermordung Präsidenten Anwar Sadat im Jahr 1981 wurde in Ägypten der Ausnahmezustand ausgerufen. Auf dieser Grundlage sind bis heute Teile der verfassungsmäßigen Rechte außer Kraft gesetzt, internationale Menschenrechtsabkommen werden von der Regierung ignoriert. Gamel Eid, der Direktor des arabischen Netzwerkes für Menschenrechtsinformationen, schätzt, dass annähernd 14.000 Menschen mit Berufung auf die Notstandsgesetzgebung verhaftet worden sind. Erst im Mai 2008 wurde der »Ausnahmezustand« um zwei weitere Jahre verlängert.
Mamdouh Naklah, ägyptischer Anwalt und Bürgerrechtsaktivist, erläuterte, dass die Unterdrückung und Einschüchterung der koptischen Christen in Ägypten auch durch Polizeioffiziere erfolge: „Sie geben den Islamisten grünes Licht und schützen sie. Und sie geben ihnen das Gefühl, das sie immun gegen Strafverfolgung sind.“