Emerging Church

Warum Brian McLaren am Ramadan teilnimmt

Brian McLaren, Vaterfigur der Emerging Church-Bewegung, wird in diesem Jahr zusammen mit einigen anderen Christen am Ramadan teilnehmen. Er zitiert auf seiner Internetseite dazu aus einer gemeinsamen Erklärung:

Our main purpose for participating will be our own spiritual growth, health, learning, and maturity, but we also hope that our experience will inspire others to pray and work for peace and the common good, together with people of other faith traditions. May God bless all people, and teach us to love God and love one another, and so fulfill our calling as human beings.

Ich weiß nicht, ob gläubige Muslime das wirklich so gut finden. Der Ramadan ist eine Vorschrift für (geistig reife) Muslime, denen in Sure 2,183 befohlen wird: »Ihr, die ihr glaubt, euch ist das Fasten vorgeschrieben wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch waren, damit ihr vielleicht gottesfürchtig werdet.«

Das Fest des Fastenbrechens ist damit eines der beiden islamischen Hauptfeste (Idul-Fitr und Idul-Adha) und hat für unsere muslimischen Freunde ungefähr die gleiche Bedeutung wie Weihnachten für Christen. Das Fasten im Ramadan ist eine unmittelbare Angelegenheit zwischen dem Einzelnen und seinem Schöpfer, also ein Gottesdienst. Die Seele des Fastenden wird nach muslimischem Glauben dabei gereinigt und geläutert und seine Beziehung zu Gott und seinen Mitmenschen gefestigt. Sehr wichtig ist bei diesem Fest, dass ein Gläubiger nicht heuchelt, also irgend etwas vorspielt.

Während Muslime sehr wohl den Respekt vor den heiligen Festen anderer Religionen kennen, feiern sie selbst keine religiösen Feste anderer Religionen. Die aktive Teilnahme an solch einem Fest kann für sie nur Heuchelei oder Apostasie bedeuten. So wie sie nicht darüber begeistert sind, wenn ein Muslime an christlichen Festen teilnimmt, wird es sie nicht beeindrucken, wenn ein Christ den Anweisungen der Sunna zu folgen versucht. Sie vermissen die Authentizität. Ich auch.

Brian McLaren und seine Orthodoxie

51eWdgByKyL._SL160_.jpgDas Buch A Generous Orthodoxy (dt. etwa »Eine weitherzige Orthodoxie«) ist bisher das gehaltvollste Werk von Brian McLaren. Phyllis Tickle rückt es in ihrem Geleitwort in die Nähe der 95 Thesen von Martin Luther. So wie der deutsche Reformator dem Europa des 16. Jahrhunderts einen Spiegel vorgehalten habe, so übernehme McLaren diese Aufgabe im 21. Jahrhundert. Die Emerging Church könne das nordamerikanische Christentum ähnlich verändern, wie der Protestantismus das europäische Christentum reformiert habe.

Ich habe vor zwei Jahren das Buch gelesen und eine Rezension geschrieben, die nun hier herunter geladen werden kann: mbstexte126.pdf.

P.S.  Phyllis Tickle wurde übrigens kürzlich von Rob Bell eingeladen und hat in der Mars Hill Bible Church eine aufschlussreiche Predigt gehalten. Sie sagte unter anderem:

Ich möchte sicher sein, dass das, was ich sage, auch das ist, was ihr hört. In dieser Zeit mit solchen Sachen wie die zunehmende Globalisierung, den Medien und dem Informationsaustausch, hören wir mehr und mehr über die Tatsache, dass alle Religionen gleich sind, dass alle Religionen an denselben Ort führen. Wir hören, dass alle Religionen sich sehr ähnlich sind und dass sie wahrscheinlich alle zu dem gleichen Gott sprechen. Sie unterscheiden sich voneinander einfach nur durch ihre unterschiedlichen kulturellen Kontexte.

Das Evangelium, wie Rob Bell es sieht

CT hat heute ein Interview mit Rob Bell veröffentlicht, indem dieser sich – ich finde zutreffend – als Anhänger eines radikalen Mystizismus präsentiert. Auf die Frage: »How would you present this gospel [gemeint ist das christliche Evangelium] on Twitter?« weiß er präzise zu antworten:

I would say that history is headed somewhere. The thousands of little ways in which you are tempted to believe that hope might actually be a legitimate response to the insanity of the world actually can be trusted. And the Christian story is that a tomb is empty, and a movement has actually begun that has been present in a sense all along in creation. And all those times when your cynicism was at odds with an impulse within you that said that this little thing might be about something bigger—those tiny little slivers may in fact be connected to something really, really big.

Da fühlt man sich doch gleich wichtiger. Hier sein ›großes Ding‹ im Volltext: www.christianitytoday.com.

Was bedeutet Ostern für Marcus Borg?

Der Neutestamentler Marcus Borg ist ein einflussreicher Impulsgeber für die Emerging Church-Bewegung und tourt gelegentlich zusammen mit Brian McLaren und Diana Butler Bass durch Nordamerika, um neu aufkommende Formen progressiven Christseins vorzustellen (siehe hier). Als Mitglied des Jesus-Seminars und als Buchautor hat der Panentheist Borg in den eher liberalen Theologenkreisen einen großen Namen, wird allerdings auch von protestantischen und katholischen Laien gern gelesen (Wie sonst könnte man mit theologischen Büchern Bestsellerauflagen erzielen, wenn man kein Papst ist?).

Was denkt Marcus Borg eigentlich über Jesu Sterben am Kreuz?

N.T. Wright, der zusammen mit seinem Freund Borg ein Buch herausgegeben hat, verblüffte im Jahr 2006 in einem Interview mit The Australien die Öffentlichkeit mit der Bemerkung:

Marcus Borg glaubt tatsächlich nicht, dass Jesus Christus leiblich vom Tod auferstanden ist. Ich kenne Marcus gut. Er liebt Jesus und glaubt leidenschaftlich an ihn. Die philosophische und kulturelle Welt, in der er groß geworden ist, hat es ihm sehr sehr schwer gemacht, an die leibliche Auferstehung zu glauben.

Wenn Borg schon nicht an die leibliche Auferstehung glaubt, sollten wir uns einige Minuten Zeit dafür nehmen, herauszufinden, was für ihn der Tod von Jesus Christus bedeutet. Warum glaubt Borg so leidenschaftlich an Jesus?

Lesen Sie weiter: marcusborg.pdf.

Why We’re Not Emergent

DeYoung+-+URC-MSU+Website+-+2009+-+01-07.JPGKevin DeYoung, Pastor an der »University Reformed Church« und Co-Autor des Buches Why We’re Not Emergent, hat einen eigenen Blog eröffnet: www.revkevindeyoung.com.

Das Buch von Kevin DeYoung und Ted Kluck gehört zu den den Top 10 beim Christianity Today Book-Award 2009. Christianity Today schreibt dazu:

WWNE - Small Cover - Moody.jpgDeYoung and Kluck use Scripture carefully and even mix in some humor in this thoughtful critique. They also manage to express what is attractive about the emerging movement in a way an older generation can understand!

Die Literaturangaben zum Buch:

Einkaufsmöglichkeit

VD: JT

Queermergent

Queermergent ist ein Wortspiel, das die Begriffe ›queer‹ und ›emergent‹ miteinander kombiniert. Queermergent steht für ein wachsendes Netzwerk von Christen, die ›emergent‹ und ›LGBTQ‹ zugleich leben möchten (LGBTQ bedeutet: Homosexuelle (G = gay), Lesben (L = lesbian), Bisexuelle (B = bisexual), Transgender-Leute bzw. Transsexuelle (T = transgender/transsexual) sowie Queer-Leute (Q = queer).

Auf einer neuen Internetpräsenz der amerikanischen ›Community‹ heißt es zum Selbstverständnis:

Queermergent ist ein Ort für Leute, die sich als LGBTQ verstehen und einen Platz suchen, an dem sie vernünftig über die Dinge diskutieren können, die die LGBTG-Glaubensgemeinschaft des 21. Jahrhunderts im postmodernen, emergenten/Emerging Church Kontext anbelangen. Queermergent ist außerdem ein Raum für Leute, die selbst nicht zur LGBTQ-Gemeinschaft gehören, diese aber besser verstehen wollen … Queermergent versucht für ALLE Leute offen zu sein, auch für Heterosexuelle.

Hier geht es zur Internetseite: queermergent.wordpress.com.

Schleiermachers erfahrungstheologische Begründung des Glaubens

schleiermacherGary L.W. Johnson behauptet in seiner Einführung zu dem kürzlich vorgestellten Buch Reforming or Conforming? (Crossway, 2008, ›Introduction‹, S. 15–26), dass zahlreiche post-evangelikale Theologen den erfahrungstheologischen Ansatz Friedrich Schleiermachers aufgenommen haben.

Ich stimme dieser Analyse teilweise zu und stelle zum besseren Verständnis dieses Ansatzes hier einen Auszug aus der Vorlesung über »Apologetik« ein:

Friedrich Schleiermacher (1768–1834)

Die erfahrungstheologische Begründung des Glaubens

Friedrich Schleiermacher (1768–1834) lässt sich bei seinem Versuch, den christlichen Glauben erfahrungstheologisch zu begründen, von apologetischen Interessen leiten. Er stand vor der Aufgabe, nach der von Kant ausgelösten Wende das Christentum auf neue Weise zu begründen. Sein Ansatz wurde von zahlreichen liberalen Theologen, wie z.B. Ritschl (1822–1889), Harnack (1851–1930) oder Troeltsch (1865–1923) – mehr oder weniger – übernommen.

41tpk-gim-l_sl160_Während offenbarungskritische oder konservative Theologen bisher gleichermaßen an der Vorstellung festhielten, der Glaube setze sich aus bestimmten Lehraussagen zusammen, knüpfte der späte Schleiermacher in seinem dogmatischen Hauptwerk Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhang dargestellt (1. Aufl. 1821/22 u. 2. Aufl. 1830/31) an seine sprachlich besonders demonstrativ in der zweiten Auflage der Reden entwickelte Religionstheorie an. Demnach ist der Glaube wesentlich keine Sache des Verstandes, sondern des Gefühls.

Für Schleiermacher steht das fromme Selbstbewusstsein des Menschen, jenes »Bewusstsein schlechthinniger Abhängigkeit« im Zentrum seiner Theologie. Die Glaubenslehre beruht nach Schleiermacher auf zweierlei, »einmal auf dem Bestreben die Erregung des christlich frommen Gemüthes in Lehre darzustellen, und dann auf dem Bestreben, was als Lehre ausgedrückt ist, in genauen Zusammenhang zu bringen«. An die Stelle der Heiligen Schrift tritt das Erleben des Gläubigen. »Der Mensch war das Subjekt seiner Theologie, Gott das Prädikat.« Jan Rohls schreibt dazu:

Gott ist uns also im Gefühl auf eine ursprüngliche Weise gegeben, so daß das schlechthinnige Abhängigkeitsgefühl nicht erst sekundär aus einem Wissen von Gott entsteht. Das Bewußtsein unserer selbst als in Beziehung zu Gott stehend ist daher ein unmittelbares Selbstbewußtsein, nämlich das Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit, das das sich selbst gleiche Wesen der Frömmigkeit ausmacht. Und Gott bedeutet zunächst nur dasjenige, was in diesem Gefühl als das mitbestimmende Woher unseres Soseins mitgesetzt ist.

Während bisher Frömmigkeit verstanden wurde als eine subjektive Reaktion auf objektive Lehrinhalte, dreht Schleiermacher die Ordnung um und setzt beim Gemüt an. Die Menschen verstehen die Welt, in der sie leben, durch den Einsatz ihrer Phantasie oder Intuition besser als durch Wissen. Die Glaubensdogmen sind nicht Ursprung, sondern Folge der Glaubenserfahrung. Sätze des Glaubens sind Ausdruck des frommen Gefühls.

Da sich das religiöse Bewusstsein in jedem Menschen findet, also auch bei Gläubigen anderer Religionen, findet man bei Schleiermacher die traditionelle Spannung zwischen dem Christentum und anderen Glaubenssystemen nicht mehr. Religionen werden also auf ihr Entwicklungsstadium befragt, da sie die notwendige Entfaltung des religiösen Bewusstseins spiegeln. Da alle drei monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum und Islam) derselben höchsten Entwicklungsstufe der Frömmigkeit angehören, können sie sich nur durch ihre Art der Frömmigkeit unterscheiden. Im Christentum kommt nach Schleiermacher die Frömmigkeit zu ihrer »reifsten Erfüllung«.

Auf diese Weise gelang Schleiermacher die intellektuelle Verteidigung des christlichen Glaubens in einem vom kantianischem Spinozismus geprägten Denkklima. Mit Karl Barth können wir sagen:

Das Christentum wird so interpretiert, daß es in dieser Interpretation, in dem als maßgebend vorausgesetzten Denken der Zeitgenossen ohne durch irgendwelche Kanten anzuecken, Raum bekommt. Ob die Leser diesen Raum beziehen, ob sie die ihnen vorgelegte anstoßfreie Darstellung des Christentums als ihren eigenen Gedanken nach- und mitdenken können und wollen, diese Frage bleibt natürlich offen. Aber das Christentum wird ihnen in einer solchen Gestalt bereitgestellt, daß ein grundsätzliches Hindernis gegen solches Beziehen dieses Raumes … nicht mehr bestehen kann.

Freilich war der Preis für diese »Anpassung« sehr hoch, denn seine evangelische Glaubenslehre war durch damals konsensfähige philosophische Voraussetzungen vereinnahmt worden. Schleiermacher hat – und auch hier können wir uns dem Verdacht des Schweizers Karl Barth anschließen, »die Umdeutung der Theologie in ein Stück allgemeiner Geisteswissenschaft vollzogen«. Schleiermacher verneint eine Autorität jenseits der Glaubenserfahrung, ob nun die der Heiligen Schrift oder die von Bekenntnissen. Zurecht hat er erkannt, dass bloßes intellektuelles Fürwahrhalten von Dogmen kein Glaube ist. Aber er ist so weit gegangen, dass er den Glauben auf die Subjektivität reduzierte.

– – –

Der Text kann (inklusive der Literaturangaben und Anmerkungen) hier als PDF-Datei herunter geladen werden: schleiermacher.pdf.

Reform oder Anpassung?

51ikM39cjgL._SL160_.jpgDer Crossway Verlag hat im Herbst 2008 ein Buch über die post-konservativen Evangelikalen und die Emerging Church herausgegeben, dass ich empfehlen kann:

Besonders spannend finde ich den Aufsatz »No Easy Task: John R. Franke and the Charakter of Theology« von Paul Helm. Helm zeigt die Defizite der theologische Methode Franke’s deutlich auf und plädiert für das Ideal der Objektivität in der Theologie, auch wenn es derzeit in einigen Kreise populär ist, (objektiv) die Subjektivität aller Erkenntnis zu behaupten.

rtemagicc_einkaufenkl_06.gif

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner