Der schwer erkrankte Religionskritiker Christopher Hitchens (Der Herr ist kein Hirte: Wie Religion die Welt vergiftet) hat am 18. November 2010 mit dem christlichen Gelehrten William Dembski (The End of Christianity: Finding a Good God in an Evil World) über die Frage diskutiert: Existiert ein guter Gott?
Hier der Mitschnitt der Diskussion (ca. 2:18 Stunden):
Ohne Fideist zu sein, habe ich den Sinn von Apologetik noch nie recht verstanden. Ich mag mir das Video daher gar nicht zu Ende ansehen. Auch nicht nach der Lektüre von „Faith has its Reasons“ von Kenneth Boa (ein doch recht umfangreiches Werk) und einiger anderer Apologeten verstehe ich den Sinn von Apologetik nicht. Ich halte das Problem eindeutig (!) nicht für ein epistemologisches, sondern für ein moralisches Problem (Röm. 1,18). Und auch wenn Greg Bahnsen Spr. 25,4-5 anführt (Antworte dem Toren nicht nach seiner Torheit, daß du ihm nicht gleich werdest. Antworte aber dem Toren nach seiner Torheit, daß er sich nicht weise dünke), sehe ich nicht, welchen Sinn Apologetik haben sollte! Ich habe es oft (oder sollte ich besser sagen: immer) erlebt, dass sich Christen auf unsinnige Diskussionen zur Existenz Gottes eingelassen haben, samt allem, was dazugehört. Seit wann sind die Christen denn beweispflichtig? Kaum dreht der Christ den Spieß nämlich um, versagt sein Gegenüber unheimlich schnell in… Weiterlesen »
Apologetik heißt ja nicht, Gott etwa beweisen zu wollen; woher weißt Du, dass Diskussionen mit Ungläubigen „immer…unsinnig“ wären? Ich habe das jedenfalls nicht so erlebt. Und was heißt ´den Spieß umkehren´?
Es scheint mir vielmehr sinnvoll, manche Positionen, Thesen oder Argumente von Ungläubigen auf ihre inhaltliche oder logische Evidenz zu prüfen und ggfs. auch im öffentlichen Diskurs zu zeigen, dass man auch anders denken oder argumentieren, also mit Mitteln der Vernunft für den Glauben einstehen kann.
Lieber Ernst! Ich verstehe Dein Anliegen. Ob Du aber auch meine Frage verstanden hast (zumindest hast Du mich nicht richtig zitiert)? Um einen Gottesbeweis geht es mir nicht. Wer den braucht, versteht nicht, nach was er verlangt. Das ist intellektuelle Spiegelfechterei, die in den seltensten Fällen fruchtet, dafür aber für Verdruss „sorgt“. Ich sagte ja: Ich bin kein Fideist (wenngleich mir einige Argumente dieser Position durchaus einleuchten). Daher bin ich nicht gegen die Vernunft. Mit Deiner letzten Aussage kann ich nicht viel anfangen; sie ist mir zu wenig aussagekräftig, mithin zu vorsichtig formuliert. Ich kann ihr weder zustimmen noch ihr widersprechen; kurz: ich verstehe nicht, wogegen oder wofür sich das Argument richtet… Man findet im Netz so einige Videodiskussionen zwischen Theisten und Atheisten. Sie sind allesamt anregend, interessant, aber wohin führen sie? Zu was sind sie gut? Was bezwecken sie? Worauf zielen sie ab? Die meisten (wohlgemerkt: nicht alle) Christen machen sich in der Diskussion mit Ungläubigen auf diesem Gebiet… Weiterlesen »
Zumal die Apologetik biblisch robust bezeugt ist. Natürlich gibt es eine Menge apologetische Fallen. Aber eben auch einen Auftrag.
Liebe Grüße, Ron
Ja, aber bestimmt nicht in dieser Form, sondern, wie Prof. Krabbendam so schön gezeigt hat, immer mit dem Aufruf, ja, mit der Aufforderung zur Umkehr (wie es am Beispiel Paulus sichtbar wird). Meine Frage war auch nicht als Kritik gemeint, sondern als Anreiz, meinen Horizont zu erweitern… 😉
Liebe Grüße, Schandor
@Schandor: Ich behandle das in der Vorlesung unter „Grenzen der Apologetik“. Die fiducia, also das Gottvertrauen bzw. der persönliche Glaube, wird von der Apo. nicht erfasst. Glaube ist Gabe Gottes. Dennoch ist die denkerische Durchdringung des Stoffes wichtig.
Ich gebe Dir recht: bei vielen Debatten kommt das völlig zu kurz. Ausserdem wird oft nur der Gott der Philosophen aber nicht der Gott Abrahams gesucht.
Liebe Grüße, Ron
Ich hatte mir die Debatte in Stücken live angeschaut (und anhand von dem nicht wirklich Lust, mir auch noch den Rest anzuschauen). Was ich sah war Dembskis Eingangsstatement und einen Teil von dem Hitchens. Leider scheint Dembski bezüglich seiner Evolutionskritik noch immer nichts dazugelernt zu haben, das tut wirklich weh. Dass er trotzdem nicht so schlecht dastand, hat er nur dem Umstand zu verdanken, dass Hitchens selbst nicht wirklich Ahnung von der Materie hat. Gegen Ende soll’s wohl besser geworden sein, hat ein Freund von mir gesagt. Wie dem auch sei: Ich frage mich ein wenig nach dem Sinn solcher Veranstaltungen: Will man den eigenen Leuten jemanden vorführen, um sie im Glauben zu stärken, oder geht es darum, Atheisten ins Nachdenken zu bringen? Letzteres kann man bei diesen evolutionsbiologischen Fehlgriffen wohl nicht erwarten. Vor allem frage ich mich dann jedoch, was das hier soll: „I was at the event, and found it awkward at times. The worship time at the… Weiterlesen »
@Christoph: Ich verstehe Dich gut. 😉
Liebe Grüße, Ron
@ schandor
Dann sind wir uns bei den „Gottesbeweisen“ ja einig –
Dass man ´vernünftig´ über Dinge reden oder auch streiten kann oder muss, ist hingegen nicht banal. Für mich macht es eben einen wichtigen Grundzug der Apologetik aus, sich in diesem Sinne mit anderen über bestimmte Fragen auseinanderzusetzen: Die Zuverlässigkeit biblischer Berichte etwa, auch über Fragen der Ethik oder darüber, was es heißt, dass Gott Mensch wird. Eben nicht im Sinne einer persönlichen Glaubenssausage, sondern eines rationalen Diskurses.
(Was Du zum brasiliansichen Meinungsfreiheit-MAnifest geschrieben hast, ist eigentlich auch apologetisch.)
DAss manche Christen dabei nicht gerade angemessen vorgehen oder argumentieren, mag stimmen, ist allerdings kein stichhaltiges Argument, wie ich finde.
@Ernst:
Wir SIND uns einig. Manchmal muss man halt ein wenig reden. Die Zuverlässigkeit biblischer Berichte ist eine Glaubensfrage, denn wenn sich die Apologetik daran macht, dies zu tun, erreicht sie maximal hohe oder höchste Wahrscheinlichkeit, nicht aber Sicherheit (R. C. Sproul, Warwick Montgomery und viele andere Evidentialisten mag diese Wahrscheinlichkeit genügen, mir wäre sie zu wenig, egal wie hoch sie auch wäre). In dieser Frage brauche ich Sicherheit. Da brauche ich aber in diesem Fall nicht das äußerliche Zeugnis, sondern das innerliche genügt mir. Selbst die Frage nach dem korrekten Grundtext zur Bibel ist beileibe keine archäologische oder paläographische Angelegenheit, sondern eine Glaubensfrage (weshalb auch jede Bibelgesellschaft selbst entscheidet, was Heilige Schrift ist und was nicht).
Für rationalen Diskurs bin ich immer. Das mit dem nichtstichhaltigen Argument stimmt natürlich.
Liebe Grüße
Schandor
Wenn ich behaupte, daß es ein Einhorn gibt muss ich es beweisen können um Andere davon überzeugen zu können. Die Beweispflicht ist nun mal nicht anders herum. Es wäre unsinnig, beweisen zu wollen, daß es keine Einhörner gibt.
Und die These von Dempski, Athesiten müssten an die Evolution glauben, Evolution gibt es nicht, also gibt es einen Gott, scheint mir ein wenig weit hergeholt.
Erstmal müssen Atheisten erstmal an gar nichts glauben (auch nicht an Götter, das ist der Sinn von Atheismus), zum Anderen gibt es unzählige Beweise, daß Menschen sich Götter schaffen und keinen Einzigen andersherum.
Glaube sollte Privatangelegenheit sein und sich ansonsten aus der Gesellschaft heraushalten. Das Problem ist, daß sich religiöse Organisationen aus finanziellen und machtpolitischen Gründen in die Gesellschaft einmischen obwohl sie dafür keine bewiesene Legitimation oder Berechtigung haben.
Einhörner gibt es ja (wenngleich nur in der Phantasie, in Märchenbüchern und -filmen etc). Um die Existenz zu streiten ist völlig umsonst, ein völlig leeres Unterfangen. Was die These von Dempski betrifft, stimme ich Dir zu: So zu argumentieren wie die christlichen Apologeten tun, macht nicht nur die Apologeten lächerlich, sondern auch das Christentum. Ein beweisbarer Gott ist ein glatter Unsinn, abgesehen davon, dass es blasphemisch ist, was diese Kapazunder aber in ihrer ganzen Gelehrtheit übersehen. Und ja: Atheisten müssen gar nichts glauben; seit wann soll das Christentum denn Zwang sein? Und ja: Menschen schaffen sich unzählige Götter, und mir scheint, dass sie sich auch den einen Gott, um den sie da diskutieren, selbst geschaffen; ich jedenfalls glaube, dass er ganz anders ist. In letzterer Hinsicht muss ich Dir entschieden widersprechen, denn wenn jeder das tut, was ihm recht dünkt, steht am Ende immer und ausnahmslos die Anarchie, der bellum omnia contra omnes. Wenn sich religiöse Organisationen (und du wirfst… Weiterlesen »