Wege zur Liebe?

Der zweite Band der sogenannten Transformativen Ethik von Thorsten Dietz und Tobias Faix ist soeben unter dem Titel „Wege zur Liebe“ erschienen. Es geht darin – und damit ist schon der Begriff „Liebe“ zeitgeistig gefüllt – um Sexualität.

Nachdem ich die Buchbesprechung von Ulrich Parzany gelesen habe, musste ich schmunzelnd an eine Rezension von Friedrich Schleiermacher aus dem Jahre 1799 denken. Der wagte es, tatsächlich über Immanuel Kants Anthropologie zu sagen, dass diese vortrefflich als „Negation aller Anthropologie“ zu lesen sei. Ich glaube, wir sollten die Transformative Ethik als die Negation aller biblischen Ethik lesen (wenn wir sie denn überhaupt lesen).

Ulrich Parzany schreibt:

Das Bild von Karte und Gebiet ist für die Autoren in ihren ethischen Überlegungen leitend. Die Bibel ist die alte Landkarte. Unsere heutige Welt ist das Gebiet. Die Wege, die in der alten Karte eingezeichnet sind, gibt es leider heute nicht mehr. Wege, die wir durchs heutige Gebiet suchen, kann man in der veralteten Karte nicht finden. Also spielen die Gebote Gottes keine maßgebende Rolle. Gebotsethik ist für die Autoren etwas ganz Schlimmes. Keine Spur von Nachdenken darüber, dass und wie Jesus die Gebote Gottes in der Bergpredigt oder in Johannes 15,10 („Wenn ihr meine Gebote haltet, bleibt ihr in meiner Liebe“) oder im Gespräch mit dem reichen jungen Mann (Mat 19,16-19) bestätigt.

Die Autoren orientieren sich dagegen an Judith Butler, deren Gender-Ideologie sie heftig verteidigen, und anderen Ratgebern, die fast jedes sexuelle Verhalten rechtfertigen oder empfehlen. Vorehelich, außerehelich, hetero, homo, queer, polyamorös.

Welche Rolle spielt die Bibel in diesem Buch? Ihre Aussagen werden von den Autoren auf die Prinzipien Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit geschrumpft. Diese Prinzipien werden, wenn die Autoren es für nötig halten, auch kritisch gegen konkrete biblische Aussagen angewandt. Unter Berufung auf das Liebesgebot werden in der kirchlichen Argumentation ja schon länger konkrete Gebote Gottes für ungültig erklärt. Gegen den Gebrauch der Bibel als Wort Gottes und Maßstab für Glauben und Leben wird in diesem Buch durchgehend polemisiert.

Was schon im ersten Band behauptet wurde, wird im zweiten konsequent ausgeführt: Die neuzeitlichen Transformationen in Verständnis und Verhalten hinsichtlich Gender und Sexualität werden als Wirken Gottes in der Geschichte bewertet. Ihnen wird quasi eine Offenbarungsqualität zugesprochen. Sie werden deshalb als maßgebend angesehen.

Die Selbstbestimmung des Menschen ist Grunddogma für sexuelles Verhalten. Der wichtigste ethische Maßstab ist Einvernehmlichkeit. Wenn die gewährleistet ist, kann auch Polyamorie positiv bewertet werden. Die Auffassung, sexuelle Intimität sei der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau vorbehalten, wird als Zumutung abgelehnt. Nach Auffassung der Autoren ist die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare christlich geboten, ihre Ablehnung nicht akzeptabel.

Mehr: www.bibelundbekenntnis.de.

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5 Kommentare
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FrankS
23 Stunden zuvor

Ich begegnete Herrn Dietz vor vielen Jahren im Bodelschwing Haus. Seine Vorträge waren klasse und ich habe viel von ihm gelernt. Er blieb mir als eloquenter und sehr belesener Bruder im Herrn in Erinnerung. Jemand, den man sich zumindest theologisch als Vorbild nehmen konnte.

Eloquent und belesen scheint Herr Dietz noch immer zu sein. Das mit dem Vorbild, zumindest mit positiver und konstruktiver Zielrichtung, hat sich geändert. Herrn Dietz wird das nicht interressieren, da er mich sicher nicht wahrgenommen hat. Am Leib Christi hängen wir als Glieder jedoch zusammen, weshalb mich die theologisch-destruktive Entwicklung von Bruder Dietz nicht kalt lässt.

Udo
17 Stunden zuvor

Leute wie Thorsten Dietz und Tobias Faix sollten einfach einmal ehrlich sagen, dass sie Vertreter einer neuen Religion sind, die mit den Grundlagen des Urchristentums und den Bekenntnissen der frühen Kirche nur noch wenig zu tun hat. Sie sind die Verkündiger einer neuen Ethik, einer neuen Christologie, einer neuen Soteriologie, um einmal ein paar wichtige Bereiche zu nennen. Mit ihren Überzeugungen wollen sie Kirche und Glauben dominieren und mit hohem Sendungsbewusstsein am Ende gegensätzliche Meinungen aus der Kirche drängen.

ali
7 Stunden zuvor

Der Herr Jesus bezeichnete die Verführung als eines der wichtigsten Endzeitzeichen vor Seinem Kommen in Herrlichkeit. Es ist das einzige Zeichen, das dreimal in Matthäus 24 wiederholt wird (Mt 24,4.5.11.23–26).
In 2. Thessalonicher 2,3 schreibt der Apostel Paulus denen, die meinten, das Kommen des Herrn wäre schon geschehen: «Niemand soll euch irreführen in irgendeiner Weise, denn es muss unbedingt zuerst der Abfall kommen und der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens offenbart werden». An anderer Stelle meint Paulus: «Der Geist aber sagt deutlich, dass in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen und verführerischen Geistern und Lehren der Dämonen anhangen werden» (1.Tim 4,1). Oder: «Sehet zu, ihr Brüder, dass nicht jemand von euch ein böses, ungläubiges Herz habe, im Abfall begriffen von dem lebendigen Gott» (Hebr 3,12). Und in 2. Timotheus 4,4, im Kontext von Warnungen über die Endzeit, erklärt Paulus: «und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zuwenden.“

Schandor
1 Stunde zuvor

@ali

Deine Einschätzung ist recht.
Nur daß die nt.lichen Schreiber all das von Dir zitierte für ihre Zeit erwartet haben und nicht für unsere (vgl. Hebr 10,37)

Jan Malcolm
5 Minuten zuvor

Eines muss man diesen Theologen lassen: Das ist Reformation einfach nur konsequent zu Ende gedacht. Genau das war in der 500 Jahre alten Wurzel schon angelegt und kommt jetzt zum Vorschein: Wer den Priesterzölibat aufgibt, kommt am Ende genau dort heraus. Allerdings ist diese Boomer-Theologie (und auch ihr Novus Ordo) schon wieder aus der Zeit gefallen. Die jungen Männer Amerikas zieht es in die orthodoxen Messen, weil ihnen der evangelikal-industrielle mittlerweile Komplex zu feminisiert ist. In „konservativen“ Freikirchen voller alternder Weiber zu Schlager, Rock & Pop schunkeln – das hält kein Mann lange aus. Die Jahrgänge 1969 und 1971 im Christlichen Verein Junger Männer mögen sich noch jung und progressiv fühlen, aber sie sind altes Eisen ohne nennenswerten Nachwuchs. Und schon zu Zeiten der Hebräer bestimmte der reproduktive Erfolg die Fortschreibung der eigenen Religion. An die in deutscher Sprache verfasste „Transformative Ethik“ wird sich in 100 Jahren kein Mensch mehr erinnern. Lesen wird sie schon heute keiner mehr, wer nicht… Weiterlesen »

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