Ethik der Ehrfurcht

Der Theologe Werner Neuer (Theologisches Seminar St. Chrischona) fordert angesichts der lebensfeindlichen Rechtspraxis in vielen demokratischen Staaten eine Ethik der Ehrfurcht:

In der neueren christlichen Ethik ist es üblich geworden, das ethische Handeln einer möglichst umfassenden Reflexion zu unterziehen und auf diese Weise möglichst stichhaltig zu begründen. Dieses Bemühen ist in keiner Weise zu beanstanden und ist unverzichtbarer Bestandteil jeder wissenschaftlichen christlichen Ethik. Dabei droht jedoch ein Wesensmerkmal der christlichen Ethik in den Hintergrund zu treten, das ihr unverzichtbar eigen ist und nie preisgegeben werden darf: Die Tatsache nämlich, dass der christlichen Ethik Gottes Wille und Gebot zugrunde liegen. Gottes Wille und Gebot aber sind unbedingt verpflichtend und zielen auf den Gehorsam des Menschen. Das göttliche »Du sollst« hat kategorischen Charakter und kann nicht im Sinne eines bloßen »Du darfst« gedeutet oder gar dadurch ersetzt werden. Die heute auch im Raum der Kirche häufige Leichtfertigkeit, mit der klare Gebote Gottes relativiert oder sogar gebrochen werden, zeigt, dass die Ehrfurcht vor dem unbedingt zu respektierenden und zu befolgenden Willen Gottes vielfach geschwunden ist – wie überhaupt das Wissen um den gebietenden und uns gesamthaft verpflichtenden Gott weithin dem anthropozentrischen Gedanken der letztlichen Autonomie und Verantwortlichkeit des Menschen gewichen ist. Es liegt auf der Hand, dass die Folgen dieser fehlenden Ehrfurcht nirgendwo verheerender sind als im Bereich der Lebensethik, weil hier das Leben selbst als das fundamentale kreatürliche Gut des Menschen auf dem Spiel steht.

Hier das vollständige Referat: www.gemeindenetzwerk.org.

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