Heute, am 500. Geburtstag von Johannes Calvin, sitze ich gar nicht so weit weg von Genf in der wunderschönen Schweiz und diskutiere mit Kollegen und Freunden über Rechtfertigung und Heiligung.
Obwohl wir, was das Kirchenjahr anbetrifft, derzeit kein Weihnachten feiern, will ich im Gedenken an den großen Theologen ein wunderschönes Zitat einstellen. Calvin schrieb im Alter von 26:
Denn als alles zerrüttet war, als unsere Sünden eine trennende Wolke zwischen uns und unserem Gott aufgetürmt hatten, wer hätte da zu Ihm gelangen können (Jes 59,2)? Etwa ein Mensch? Aber alle erschraken ja mit ihrem Stammvater Adam beim Anblicke des Herrn (1 Mo 3,8). Oder ein Engel? Aber auch sie bedurften eines Hauptes, in welchem sie mit ihrem Gott in Zusammenhang stehen (Eph 1,20.21; Kol 1,16). Was nun? Verloren wäre alles gewesen, hätte nicht die Majestät Gottes selbst sich bereitgefunden, zu uns herabzusteigen, da hinaufzusteigen eben uns die Kräfte versagten. So ist denn Gottes Sohn uns zum Immanuel geworden, das ist »Gott mit uns« (Jes 7,14).
Johannes Calvin wäre heute 500 geworden…
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Calvin und die Verfolgung Andersgläubiger Während Calvins Wirken in Genf kam es immer wieder zu Ausweisungen oder sogar Hinrichtungen von Andersgläubigen. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, welchen persönlichen Anteil Calvin an diesen Verfolgungen hatte, seit seinen Lebzeiten Gegenstand heftigster Kontroversen. Seine Verteidiger weisen darauf hin, dass Calvin keinem der Entscheidungsgremien angehörte, das diese Urteile fällte. Darüber hinaus sind eigene Stellungnahmen von Calvin erhalten, in denen er davon Zeugnis ablegt, sich um Milderung von Strafen bemüht zu haben. Seine Ankläger, wie Stefan Zweig in seinem Buch Castellio gegen Calvin, verweisen dagegen auf erhaltene Ratsprotokolle und Predigtabschriften, die davon Zeugnis ablegen, dass Calvin, der immer wieder bei Sitzungen der verschiedenen mit den Urteilen befassten Ratsgremien gehört wurde, sich in Wort und Schrift persönlich vehement für Verfolgung und Verurteilung Andersgläubiger einsetzte und bei seinen Sonntagspredigten Ratsmitgliedern den Kirchenbann androhte, falls sie nicht in seinem Sinne stimmten. Beim bekanntesten Opfer, dem von Calvin nach seiner Entdeckung an die weltliche Obrigkeit ausgelieferten Wissenschaftler und… Weiterlesen »
@Michael: Das Calvinbild leidet besonders in der deutschsprachigen Welt noch immer an Verzerrungen und bewussten Falschdarstellungen. Robert L. Reymond benennt in seinem Buch John Calvin: His Life and Influence, Christian Focus die wichtigsten verheerenden Calvinbiografien der Geschichte von Bolsec bis Stefan Zweig, die allesamt nicht auf Forschung beruhten, sondern billige Polemik lieferten (vgl. Einleitung von Th. Schirrmacher in der Institutio von 1536). 1577 erschien als erste dieser Art eine Biografie Calvins von dessen persönlichem Feind Jérome-Hermès Bolsec. Der Karmelit wurde zunächst Protestant, stritt dann mit Calvin über die Prädestinationslehre und kehrte dann zur katholischen Kirche zurück. Er schilderte Calvin als arrogant, grausam und dumm und behauptet, Calvin sei bisexuell gewesen und habe viele wechselnde sexuelle Beziehungen gehabt. Der scharfzüngige französische Religionskritiker Voltaire schoss sich auf Calvin schärfer ein, als auf die zeitgenössische katholische Kirche seines Landes. Calvin wurdezum Inbegriff alles Bösen im Protestantismus und Christentum. Stefan Zweigs bis heute nachgedrucktes Buch von 1936 Castellio gegen Calvin oder Ein Gewissen gegen… Weiterlesen »
Als Lektüre empfehle ich „Studien über Johannes Calvin. Die Urteile katholischer und protestantischer Historiker im 19. Jahrhundert über den Reformator“ von Adolph Zahn: http://www.licht-und-recht.de/Zahn/Studien_ueber_Johannes_Calvin.pdf
Viele Grüße,
Andreas
@Andreas: Ein unschätzbar wertvoller Hinweis!
Liebe Grüße, Ron