Feuilleton

Feuilleton & Kunst

Was wir von Francis Schaeffer für die Gegenwart lernen können

Am Donnerstag, den 25. September 2025, bin ich in Zürich. Es gibt ein Seminar über Francis Schaeffer und seine Apologetik.

Francis August Schaeffer (1912–1984) zählt zu den bedeutendsten christlichen Apologeten des 20. Jahrhunderts. Durch seine Bücher (z. B. Gott ist keine Illusion, Wie sollen wir denn leben? oder Preisgabe der Vernunft), Vorträge und das 1955 gegründete Schweizer Studienzentrum L’Abri (dt. Zufluchtsort) wurden er und seine Frau Edith weltweit bekannt und halfen unzählbar vielen Menschen, ihren Glauben zu festigen sowie intellektuell verantwortbar und kulturrelevant zu bezeugen. In diesem Seminar wird sein Leben sowie seine apologetische Arbeitsweise vorgestellt. Beleuchtet wird jedoch ebenfalls der weniger bekannte Francis Schaeffer, z. B. seine Sicht auf das geistliche Leben, seine Kritik der Mediengläubigkeit oder des Hypercalvinismus.

Gasthörer sind herzlich willkommen.

Mehr Infos hier: 2025-09-25-MBS-Studientag.pdf.

Schweigen, wo es laut sein müsste

Fast die gesamte deutsche Filmbranche ignoriere den neuen Fünf-Punkte-Plan gegen Antisemitismus, kritisiert Produzent Martin Moszkowicz. Obwohl Sensibilität gegenüber Minderheiten verlangt werde, nehme er bei Angriffen auf Juden ein „irritierendes Schweigen“ wahr.

In der FAZ schreibt er (19.09.2025, Nr. 218, S. 15):

Natürlich stehen viele deutsche Juden hinter Israel und seinem Existenzrecht. Doch wie in Israel selbst gibt es auch hier eine große Bandbreite politischer Positionen – von linken Regierungskritikern bis hin zu ultraorthodoxen Gruppen, die dem Staat Israel distanziert oder ablehnend gegenüberstehen. Antisemitismus aber macht diese Unterschiede irrelevant. Er trifft nicht „die israelische Regierung“. Er trifft Menschen. Juden. Unabhängig davon, wie sie politisch denken. Wer antisemitische Angriffe relativiert, weil sie angeblich „nur Israel“ gelten, verkennt diese Realität – und macht sich mitschuldig.

Der Fünf-Punkte-Plan endet mit einem Satz, der nicht deutlicher sein könnte: „Verantwortung zeigt sich nicht in Absichtserklärungen – sondern in Taten.“ Die erste, einfachste Tat wäre das Unterzeichnen. Jede Hochschule, jeder Berufsverband, jeder Sender, jede Produktionsfirma könnte es noch heute tun. Dass dies bislang nicht geschieht, verweist auf ein tiefgreifendes Problem. Eine Branche, die sonst lautstark Diversität und gesellschaftliche Verantwortung fordert, schweigt, wenn es um den Schutz jüdischen Lebens geht. Illouz liefert dafür eine bittere Erklärung: Es ist bequemer, sich im selbstgerechten moralischen Diskurs einzurichten, als sich offen und unmissverständlich gegen den ältesten Hass der Welt zu stellen.

Ezra Workshop mit Andrew Sach in Wetzlar

WhatsApp Image 2025-06-24 at 18.04.50.

Am 23-25.10.25 findet der sogenannte Ezra Workshop mit Andrew Sach in Wetzlar statt. Die Organisatoren laden mit folgenden Worten dazu herzlich ein:

Wir wollen dich ausrüsten, Gottes Wort tiefer zu verstehen und treu weiterzugeben. Aber wie gelingt uns das bei den Geschichten des Alten Testaments? In unserem Workshop wollen wir uns dieses Jahr mit Elia und Elisa beschäftigen.

Unser Ziel ist es, euch Werkzeuge an die Hand zu geben, um alttestamentliche Erzähltexte bibeltheologisch einzuordnen und sie verständlich und mit dem Evangelium im Zentrum weiterzugeben.

Der Ezra Workshop ist für Vollzeit-, Teilzeit- und Freizeitprediger gedacht, sowie für alle, die in ihrem Verständnis von Gottes Wort wachsen und es regelmäßig in Andachten, Bibelarbeiten oder Ähnlichem weitergeben wollen.

Der Referent Andrew Sach ist übrigens Autor des sehr hilfreichen Buches Tiefer graben: Werkzeuge, um den Schatz der Bibel zu heben, das dabei hilft, das Bibelstudium spannender und ertragreicher zu gestalten. Das Buch ist im Betanien Verlag erschienen. 

Mehr Informationen zur Veranstaltung hier: ezraworkshop.de.

Martyn Lloyd-Jones – ein reformierter Prediger

Philip Eveson beschreibt in seiner hochinteresssanten Studie „Der Heilige Geist in der Lehre und Erfahrung von D. Martyn Lloyd-Jones“ die reformierten Glaubensüberzeugungen von Martyn Lloyd-Jones (Baptised With Heavenly Power: The Holy Spirit in the Teaching and Experience of D. Martyn Lloyd-Jones, 2025, S. 23–24):

Obwohl Lloyd-Jones kein Freund von Etiketten war, gehörte seine theologische Position eindeutig zu jener Richtung des Protestantismus, die als calvinistisch oder „reformiert” bekannt ist. Er bezeichnete sich selbst selten als Calvinisten und vermied solche Begriffe bewusst auf der Kanzel. Selbst bei Konferenzvorträgen zögerte er oft, Menschen als Calvinisten zu bezeichnen, und erklärte einmal: „Ich mag diese Etiketten nicht, aber da sie verwendet werden, muss ich sie auch verwenden.”

Für ihn waren Calvinisten „Paulinisten”. Bedeutete das, dass es ihm peinlich war, solche Begriffe zu verwenden, oder dass er ein widerwilliger Calvinist war? Keineswegs! In seiner Rede vor der Jahresversammlung der Evangelical Library im Jahr 1963 bezog er sich mehrfach auf die reformierte Theologie. Angesichts des damals wachsenden Interesses an den Gaben des Heiligen Geistes war er besorgt, dass zwar einige Pfingstler „in ihrer Unzufriedenheit in Richtung reformierte Theologie blicken“, viele in den älteren Konfessionen jedoch „auf diese pfingstlerische Lehre“ und ihre unbiblischen ökumenischen Verbindungen schauen, anstatt auf die reformierte Lehre. Er war dankbar für diejenigen, die mit der Oberflächlichkeit des Lebens ihrer Kirchen unzufrieden waren und sich „direkt der reformierten Theologie und der Lehre, für die wir stehen, zuwandten”. Nur zehn Jahre vor seinem Tod erklärte Lloyd-Jones in einer Ansprache vor einer Konferenz der International Fellowship of Evangelical Students (IFES) unmissverständlich: „Ich bin Calvinist.”

Christopher Nolan und der Apostel Paulus im Dialog

Christopher Nolans Filme als Regisseur haben an den Kinokassen fast fünf Milliarden US-Dollar eingespielt. Zugleich sind seine Filme aber alles andere als flach, sondern zählen als philosophisch, kulturell und ästhetisch bedeutsam. 

Dass es in dem Filmen nicht nur um Zeit, sondern auch um Liebe, Hoffnung und Glaube geht, stellt EJ Davila in seinem Aufsatz „Liebe, Hoffnung und Glaube: Christopher Nolan und der Apostel Paulus im Dialog“ heraus. Dabei wird erkennbar, dass die Tugendtheologie des Heidenapostels eine vertikale Tiefe enthält, die Nolan nicht kennt.

Hier ein Auszug: 

Wenn wir jemanden bitten würden, Nolans Filmographie mit einem einzigen Wort zusammenzufassen, wäre „Zeit“ wahrscheinlich die Antwort, spielt sie doch in mehreren seiner größten Filme eine zentrale Rolle. Die nichtlineare Erzählweise von Memento pendelt zwischen Zukunft und Vergangenheit, bevor sie in der Mitte der Geschichte ankommt. Inception führt uns in einen Traum in einem Traum innerhalb eines Traumes, wobei jede Traumebene eine andere Temporalität innehat. Interstellar thematisiert die Relativität der Zeit und das transzendente Wesen von Liebe (und Schwerkraft). Dunkirk verknüpft drei unterschiedliche Zeitachsen miteinander. Tenet führt das Konzept der umgekehrten Entropie ein, wodurch die Figuren miteinander interagieren können, während sie sich vorwärts und rückwärts durch die Zeit bewegen.

Auch wenn Zeit das offensichtlichste Thema sein mag, das Nolans Filme miteinander verbindet, teilen seine drei jüngsten Filme – Interstellar (2014), Dunkirk (2017) und Tenet (2020) – einen weiteren Schwerpunkt, nämlich die thematische Auseinandersetzung mit drei christlichen Tugenden: Liebe, Hoffnung und Glaube. In dieser informellen Trilogie präsentiert Nolan (der römisch-katholisch erzogen wurde) eine säkularisierte Version dieser christlichen Tugenden und passt sie einer Kultur an, die zunehmend weniger christlich und theistisch ist. Das Ergebnis sind drei Erzählungen, in denen die Menschheit Gott ersetzt und sowohl zum Geber als auch Empfänger der untersuchten Tugenden umfunktioniert wird. Nolans Neukonfiguration macht seine Filme einem breiteren Publikum schmackhafter, droht aber auch, genau diese Darstellung von Tugend und Menschlichkeit zu untergraben. Im Folgenden untersuche ich die drei genannten Filme im Dialog mit dem Apostel Paulus. Wie deutlich werden wird, entbehrt Nolans humanistische Vision von Liebe, Hoffnung und Glaube einer kohärenten theologischen Grundlage, weshalb sie auch keine überzeugende Darstellung dieser drei herausragenden Tugenden bieten kann.

Mehr: www.evangelium21.net.

Interview mit Tim Challies

Im Zusammenhang mit meinen Überlegungen bzgl. TheoBlog.de hat mich ein Leser auf ein Interview verwiesen, welches Tim Challies kürzlich gegeben haben. Ich habe mir Teile des Interviews angehört und sehr davon profitiert. Von Minute 29 bis 57 geht es um das Bloggen, Soziale Medien, Podcasting und den neuen Substack-Trend. Die Einsichten können für Leute, die bloggen oder in den Sozialen Medien aktiv sind, sehr hilfreich sein. Auch sonst werden Themen angesprochen, die Leser interessieren dürften (z.B. der Umgang mit digitalen Büchern ab 1:37). 

Hier das vollständige Gespräch: 

VD: DV

Zerhächseltes Lesen

Maryanne Wolf beschreibt in ihrem Buch Schnelles Lesen, langsames Lesen unter anderem die Transformation unserer Lesegewohnheiten. Da wir immer mehr Informationen verarbeiten müssen, fällt es uns immer schwerer, Texte ohne Unterbrechungen zu lesen und die Inhalte in einen Zusammenhang zu bringen. Sie spricht davon, dass wir die Informationen „zerhächselt“ aufnehmen (2019, S. 97–98):

Wie viel wir lesen ist eine Geschichte mit offenem Ende. Vor nicht allzu langer Zeit wurde am Global Information Industry Center der University of California in San Diego eine großangelegte Studie durchgeführt, mit der die Menge an Information erfasst werden sollte, die wir tagtäglich aufnehmen, und man kam zu dem Schluss, dass der Durchschnittsbürger sich täglich mit 34 Gigabyte, verteilt auf verschiedene Geräte, konfrontiert sieht. Das entspricht im Prinzip ungefähr 100 000 Wörtern pro Tag. Als man einen der Mitautoren der Studie, Roger Bohn, in einem Interview bat, etwas dazu zu sagen, gab er zur Antwort: „Ich glaube, eines ist klar: Unsere Aufmerksamkeit wird in immer kürzere Intervalle zerhäckselt, und das ist vermutlich nicht gut für das Entwickeln tiefschürfender Gedanken.“

The Spirit of Truth: Takeaways from the Evangelium 21 Conference in Hamburg

The Gospel Coalition berichtet über die E21-Konferenz zum Thema „Heiliger Geist, die im Mai 2025 in Hamburg stattgefunden hat:

Since the summer of 2011, Evangelium 21 („Gospel 21”) has promoted biblically rooted church ministry in German-speaking Europe. At this summer’s meeting in Hamburg, two things stood out.

The first distinct feature was the theme: „The Spirit of Truth” (John 14:17). For a ministry committed to spiritual and church renewal in post-Christian Europe, challenges and discouragements abound.

The theme could have been a problem—our leaders and speakers hold different views on the continuation of the Spirit’s gifts. Yet, rather than avoid the topic, the conference provided a godly model of uniting on biblical essentials while dialoguing with humility and charity on the areas of disagreement. And a deeper study on the Holy Spirit’s person and work offered great hope for persevering in gospel ministry, reminding us that the power for spiritual revitalization lies with our sovereign God.

The second distinction: This was the first main conference that didn’t include a well-known guest speaker from the United States or the United Kingdom. Nonetheless, 1,100 attendees packed the room and another 2,000 joined on the live stream. I think it was one of the best E21 conferences yet. It’s certainly great to benefit from the gospel ministries of renowned preachers and authors. But the depth and clarity of the talks from ministers throughout German-speaking lands displayed encouraging fruits of God’s work over recent years to multiply laborers for the gospel harvest in Europe.

Mehr: www.thegospelcoalition.org.

Deutsche Bibeldrucke vor Luther

Bern Kollmann schreibt über deutsche Bibelausgaben vor Luthers Septembertestament 1522 (Martin Luthers Bibel, 2021, S. 47, siehe auch hier):

Der Buchdruck ermöglichte nicht nur eine Herstellung der Vulgata in höheren Stückzahlen, sondern trug auch zur raschen Verbreitung deutscher Bibeln bei. Vor allem das zahlungskräftige städtische Bürgertum hatte ein starkes Verlangen danach, zur persönlichen geistlichen Erbauung eine Bibel in der Umgangssprache zu besitzen. Die Aussage von Johannes Aurifaber aus dem Jahr 1566, die Bibel habe voller Staub unter der Bank gelegen, bis Luther sie hervorzog und mit seiner Übersetzung allen Menschen in verständlicher Sprache zugänglich machte, ist eine Übertreibung. Vor dem Erscheinen von Luthers Septembertestament 1522 sind 14 hochdeutsche und vier niederdeutsche Druckausgaben der Bibel belegt. Die Zentren des hochdeutschen Bibeldrucks waren Straßburg, Augsburg und Nürnberg. Im Jahr 1466 brachte Johannes Mentelin in Straßburg die erste gedruckte Bibel in deutscher Sprache auf den Markt. 

Aufstieg und Fall des Journalisten Claas Relotius

Der SPIEGEL-Reporter Claas Relotius fesselte jahrelang die Leser mit seinen außergewöhnlichen Reportagen und bekam dafür zahlreiche renommierte Preise. Allein in den Jahren 2012 bis 2018 erhielt er 19 journalistische Auszeichnungen. Das amerikanische Forbes-Magazin zählte ihn zu den herausragenden europäischen Autoren unter 30 Jahren.

Im Herbst 2018 wurde dann entdeckt, dass Relotius seine Reportagen im großen Umfang frei erfunden hatte. Dieser Medienskandal erschütterte den Journalismus bis ins Mark. Wie konnte es passieren, dass ein Autor über viele Jahre Geschichten kolportiert und dafür von Kollegen, renommierten Redaktionen und Preisgebern bewundert wird? 

Die Geschichte wird in der Dokumentation „Erfundene Wahrheit – die Relotius Affäre“ analysiert und aufgearbeitet. Und es lohnt sich, sich das mal anzuschauen. Deutlich wird, wie schnell der erzählerische Journalismus Traumwelten entwirft. Deutlich wird auch, dass es Journalisten mit einer „Liebe zur Wahrheit“ gibt; diese aber allerlei Widerstände zu ertragen haben. 

Der Film kann derzeit bei Amazon-Prime gestreamt werden: www.amazon.de.

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner