Die Neukirchener Verlagsgesellschaft veröffentlicht zum Calvinjahr 2009 eine Reihe interessanter Bücher. Auch das seit langem vergriffene Hauptwerk von Johannes Calvin, die Institutio Christianae Religionis, wird anlässlich des Jubiläums in der Übersetzung von Otto Weber neu aufgelegt. Nicht nur jüngere Leser werden sich darüber freuen, dass das Buch diesmal in lateinischer Schrift besonders leserfreundlich gesetzt wird.
Wer nicht warten (und Geld sparen) möchte, kann die vom Verlag RVB soeben herausgegebene erste Auflage der Institutio von 1536 erwerben. Diese kürzeste Auflage erschien erst 1887 in deutscher Sprache in der Übersetzung von Bernhard Spiess. Für die Neuauflage wurde die Übersetzung von Spiess von Mitarbeitern und Studenten des Martin Bucer Seminars sprachlich und orthographisch modernisiert. Zudem wurden die Abkürzungen und Verweise gleichgeschaltet, die biblischen Belegstellen überprüft und neue Zwischenüberschriften zur schnelleren Orientierung eingefügt.
Das Buch kann hier bestellt werden: www.amazon.de. Außerdem gibt es eine kleine Leseprobe: calvin_leseprobe1.pdf.
Bei der Leseprobe erscheint leider die Fehlermeldung, dass eine bestimmte eingebettete Schriftart nicht entnommen werden könne und außer den Überschriften gibt’s nur schwarze Punkte…
@Jörg: Ich habe die Schriften in die PDF-Datei eingebettet, es sollte also jetzt funktionieren.
Liebe Grüße, Ron
Gibt es einen inhaltlichen Unterschied zwischen der ersten Auflage und den später erschienenen Ausgaben? – also auch zwischen der RVB- und der NVG-Ausgabe?
Hi Daniel, die Frage ist gut, die Antwort nicht so einfach. Ich antworte mit einem Zitat aus der Einleitung von Thomas Schirrmacher: »Gemessen an dem späteren Monumentalwerk von 1559 nimmt sich die Ausgabe von 1536 eher bescheiden aus. Doch auch wenn Calvin in vielen Details später – vor allem aufgrund seiner fortlaufenden Bibelstudien – zu Korrekturen und Ergänzungen kommt, bleibt sowohl der Grundaufbau erhalten, als auch die grundsätzliche Ausrichtung. Viele durch die letzte Ausgabe im Laufe der Geschichte bekannte Aussagen finden sich bereits in der Ausgabe von 1536. Peter Barthetwa ist der Meinung, dass die von ihm genau untersuchte Eschatologie der Institutio von 1536 »in nuce« die der letzten Ausgabe von 1559 ist. Gibt es wirkliche inhaltliche Unterschiede zwischen der Institutio von 1536 und den späteren Ausgaben, besonders der letzten von 1559? Viele Calvinforscher haben das verneint. Alfons Fischer etwa schließt sich Peter Barth und T. F. Torrance an, dass die Ausgabe von 1536 im Kern bereits alles enthält, was… Weiterlesen »
Danke für die ausführliche Antwort. Ich hoffe, dass viele Leute hilfreiche Impulse von Calvin bekommen werden…
Echt unglaublich dass es so lange gedauert hat, bis eine benutzerfreundliche Version für moderne Leser veröffentlicht wurde. Unglaublich, weil diese Schrift so bedeutend wichtig ist.
1536 und 1559 sind zwei verschiedene Bücher mit unterschiedlichen Absichten und Adressaten. Erstere Schrift ist eine katechetische Schrift, zweitere eine Dogmatik fürs Studium.
Es stimmt wohl, dass Calvin in den verschiedenen Editinen der Institutio jeweils (fast) immer nur hinzugefügt hat und nicht gestrichen, d.h. fast die komplette 1536 Ausgabe ist in der 1559 an unterschiedlichen Stellen aufgenommen worden, oft wortwörtlich.
Doch man sollte trotzdem nicht die 1536 Ausgabe als „Kurzversion“ der 1559 Ausgabe verstehen, da wie gesagt Zielsetzung und Publikum ein ganz anderes waren.
Theologisch, das stimmt auch, hat sich vom frühen zum späten Calvin recht wenig geändert. Aber viele zentrale theologische Themen („topoi“ oder „loci“) sind in der 1536 Ausgabe einfach nicht behandelt.