Martin Grünholz: Fremde neue Welt

Martin Grünholz hat für Evangelium21 das Buch Fremde neue Welt von Carl Trueman gelesen. Fazit:

Wenn man das Buch von Carl R. Trueman ohne die Einleitung und das Schlusskapitel lesen würde, hätte man lediglich eine deprimierende Entwicklungsgeschichte vor Augen, die Christen in eine Verzweiflung treiben und zur Science-Fiktion Flucht antreten lassen könnte. Doch gerade eine solche kulturpessimistische Perspektive will Trueman nicht geben. Im Gegenteil! Er möchte wachrütteln, erklären und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es dringend geboten ist, dass Christen ihre Identität als Kinder Gottes stärken, unabhängig von gesellschaftlichen Wertmaßstäben und gemeinsam ein überzeugendes Alternativmodell anbieten, welches Gott ehrt und ein sichtbares Abbild eines erlösten Volkes Gottes ist.

Das Buch Fremde neue Welt ist daher, wenn auch leicht verständlich, keineswegs leichte Kost. Die Beschäftigung damit als Einzelner und gerade der Austausch innerhalb von christlichen Gemeinden wird (hoffentlich) eine heilsame Wirkung erzielen.

Mehr: www.evangelium21.net.

Geistliches Wachstum in Christus

Joshua Ganz hat für Logos das Buch Tiefer von Dane Ortlund rezensiert: 

In den nächsten sechs Kapiteln bespricht Ortlund die Themen, die uns dabei helfen, in Christus zu wachsen. Wir wachsen als Christen, weil wir seine Liebe fortwährend erfahren (Kapitel 4). Wir wachsen als Christen, weil wir aus der Rechtfertigung leben, die wir seit der Entscheidung für Christus als Gepäck mit uns tragen (Kapitel 5). Im 6. Kapitel behandelt Ortlund die christliche Gemeinschaft – was sie einst war und wie wir sie manchmal falsch leben. Er betont darin die Authentizität und Ehrlichkeit, die wir mithilfe der Buße (Sündenbekenntnis) eigentlich leben sollten.

Wachstum geschieht darüber hinaus sogar dort, wo wir leiden (Kapitel 7). Falls Sie z. B. auch schon mal eine nahestehende Person verloren haben, wissen Sie vermutlich bereits, wie Leiden uns helfen kann, in und durch Christus zu wachsen. Diesen Schritt wünscht man sich zwar nicht, er gehört jedoch zu einem vollumfänglichen Bild von Wachstum dazu. Im 8. Kapitel erklärt Ortlund mit einer Metapher das Wesen der christlichen Spiritualität: Für einen christlichen Organismus ist das Einatmen (Bibellesen) und das Ausatmen (Beten) notwendig und existenziell wie für unseren Körper auch. Im letzten Kapitel vertieft der Autor das Wesen des Heiligen Geistes, der dritten Person der Dreieinigkeit. „Die Liebe des Himmels“, so schreibt er, „erfahren wir durch den in uns wohnenden Geist“ (Ortlund, S. 171ff.).

Schließlich verändert uns der Heilige Geist. Er offenbart uns, wie wunderbar Christus ist. Er stellt Jesus in den Mittelpunkt und unterstützt uns dabei, Gott mit Freude zu gehorchen. Dass Jesus im Mittelpunkt steht, ist sogleich auch die wichtigste Erkenntnis des Buches.

Mehr: deutsch.logos.com.

Die Lehre vom Zweifel

Michael Polany bläst hier in das gleich Horn wie Alvin Plantinga (Personales Wissen: Auf dem Weg zu einer postkritischen Philosophie, 2023, S. 445–446):

Mein Entschluss, meine Grundüberzeugungen mit philosophischen Mitteln zu bekunden, muss erst noch in ganzheitlicher Form dargelegt werden. Doch zunächst müssen wir uns von einem Vorurteil befreien, das sonst die Moral unseres ganzen Unterfangens untergräbt.

Während der gesamten kritischen Periode der Philosophie galt es als selbstverständlich, dass die Bejahung unbewiesener Überzeugungen die bequeme Straße in Richtung Finsternis darstellt, während man sich der Wahrheit auf dem geraden und engen Pfad des Zweifels nähert. Es wurde die Warnung ausgesprochen, dass uns seit frühester Kindheit eine Vielzahl unbewiesener Überzeugungen eingeflößt worden sei. Religiöse Dogmen, die Autorität der antiken Denker, die Lehren der Scholastiker, die Sprüche der Kinderstube – sie alle formten zusammen ein Korpus von Überlieferungen, die wir nur deshalb zu akzeptieren geneigt seien, weil diese Überzeugungen vorher schon von anderen vertreten worden waren, die wollten, dass wir sie auch unsererseits übernähmen. Wir wurden dazu angehalten, uns gegen den Druck dieser traditionsgebundenen Indoktrinierung zu wehren, indem wir das Prinzip des philosophischen Zweifels dagegen in Stellung brächten. Descartes erklärte, der universelle Zweifel solle seinen Geist von allen Meinungen säubern, die bloß auf Treu und Glauben angenommen worden waren, um ihn der fest in der Vernunft wurzelnden Erkenntnis zu öffnen. In seinen strikteren Formulierungen verbietet uns das Prinzip des Zweifels, überhaupt etwas glauben zu wollen, und es verlangt, dass wir den Geist lieber leer lassen sollen, als zu gestatten, dass Überzeugungen von ihm Besitz ergreifen, die nicht unwiderleglich sind. In der Mathematik, sagt Kant, gibt es keinen Platz für bloßes Meinen, sondern nur für echtes Wissen: »man muss wissen, oder sich alles Urteilens enthalten.«

Die Methode des Zweifels ist eine logische Folge des Objektivismus. Sie verlässt sich darauf, dass die Ausmerzung aller willensgebundenen Komponenten des Glaubens einen Wissensrest übrig lässt, der zur Gänze von objektiven Belegen bestimmt wird. Auf diese Methode hat sich das kritische Denken uneingeschränkt verlassen, um Irrtümer zu vermeiden und die Wahrheit zu erhärten.

Nun möchte ich keineswegs behaupten, dass diese Methode während der Periode des kritischen Denkens immer oder überhaupt irgendwann einmal in strenger Form angewandt worden ist (das ist ja nach meiner Überzeugung unmöglich). Vielmehr möchte ich bloß sagen, dass man sich emphatisch zu ihrer Anwendung bekannt hat, während man sich nur unauffällig und nebenbei dafür ausgesprochen hat, sie zu lockern. Zugegeben, Hume war in dieser Hinsicht ziemlich freimütig. An den Stellen, wo er den Schlussfolgerungen der eigenen Skepsis nicht aufrichtig Folge leisten zu können meinte, beschloss er unverhohlen, sie beiseitezuschieben. Dennoch unterließ auch er es einzuräumen, dass er damit seine eigenen persönlichen Überzeugungen zum Ausdruck brachte. Ebenso wenig hat er sein Recht in Anspruch genommen und seine Pflicht angenommen, sich zu diesen Überzeugungen zu bekennen, sobald dies darauf hinauslief, Zweifel zu ersticken und die strikte Objektivität fallenzulassen. Seine Abweichungen von der Skepsis blieben streng genommen inoffiziell und gehörten nicht in expliziter Form zu seiner Philosophie. Kant hingegen nahm diesen Widerspruch ernst. Er unternahm die übermenschliche Anstrengung, sich der durch Humes Erkenntniskritik sichtbar gewordenen Situation zu stellen, ohne eine Lockerung des Zweifelsprinzips zuzulassen. Im Hinblick auf diese Schwierigkeiten schreibt Kant: »Der Keim der Anfechtungen, der in der Natur der Menschenvernunft liegt, muß ausgerottet werden; wie können wir ihn aber ausrotten, wenn wir ihm nicht Freiheit, ja selbst Nahrung geben, Kraut auszuschießen, um sich dadurch zu entdecken, und es nachher mit der Wurzel zu vertilgen? Sinnet demnach selbst auf Einwütfe, auf die noch kein Gegner gefallen ist, und leihet ihm sogar Waffen, oder räumt ihm den günstigsten Platz ein, den er sich nur wünschen kann. Es ist hiebei gar nichts zu furchten, wohl aber zu hoffen, nämlich, daß ihr euch einen in alle Zukunft niemals mehr anzufechtenden Besitz verschaffen werdet.«

Schon seit Langem hat sich gezeigt, dass Kants Hoffnungen auf ein unbestreitbares Reich der Vernunft zu hoch gegriffen sind. Aber die Leidenschaft des Zweifelns ist auch heute noch spürbar.

Michael Polany: Personales Wissen – endlich in deutscher Sprache

Endlich ist das Buch Personales Wissen: Auf dem Weg zu einer postkritischen Philosophie von Michael Polany in deutscher Sprache erschienen. Der renommierte Übersetzer philosophischer Werke, Joachim Schulte, hat es für den Suhrkamp Verlag glanzvoll übertragen. Rebekka Ladewig hat das Projekt geleitet und das Buch mit einem Nachwort und Register versehen. Der Verlag schreibt über das Buch:

In seinem zum Klassiker gewordenen Buch Personales Wissen von 1958 legt Michael Polanyi das Augenmerk auf die personengebundenen Elemente wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse – auf Erfahrung und Vorwissen, Geschicklichkeit und Können. Mit dieser Intervention leuchtet er den blinden Fleck einer am Objektivitätsideal ausgerichteten Wissenschaftslogik aus, nämlich den verkörperten, vergesellschafteten Forscher selbst. Als „personales“ und in der Folge als „implizites Wissen“ konzeptualisiert, ist sein epistemologischer Ansatz zu einem der wichtigsten Beiträge der gegenwärtigen Wissenschaftsforschung avanciert. Polanyis Hauptwerk liegt nun erstmals in deutscher Übersetzung vor.

Hier die ersten drei Absätze aus dem Vorwort von 

In der vorliegenden Untersuchung geht es vor allem um das Wesen die Rechtfertigung der wissenschaftlichen Erkenntnis. Doch Überlegungen zur wissenschaftlichen Erkenntnis führen darüber dahinaus zu einem weiten Bereich außerwissenschaftlicher Fragen.

Zunächst lehne ich das Ideal der wissenschaftlichen Distantanz ab. Dabei ist dieses Ideal in den exakten Wissenschaften vielleicht harmlos, denn faktisch wird ihm dort von den Wissenschaften keine Beachtung geschenkt. Doch wie wir sehen werden, in der Biologie, der Psychologie und der Soziologie einen destruktiven Einfluss aus und verfälscht unsere ganze Einstellung in einem weit über den Bereich der Wissenschaft hinausgehenden Maß. Ich möchte, ganz allgemein gesprochen, ein alternatives Ideal Wissen aufstellen.

Daher rühren die große Reichweite dieses Buchs sowie die Prägüng des neuen Ausdrucks, den ich zur Formulierung des Titels „personales Wissen“. Vielleicht hat es den Anschein, diese Wörter widersprächen einander, denn wahres Wissen gilt unabhängig, allgemein begründet, objektiv. Aber der Widerspruch lässt sich auflösen, indem wir unsere Vorstellung vom Wissen und Erkennen modifizieren.

Culture Shift

Paul Bruderer beschreibt für „Daniel Option“, wie auf ihn innerhalb der evangelikalen Szene Druck in Sachen Sexualethik ausgeübt wurde: 

Ab 2014 traten die Forderungen immer häufiger und lauter an mich heran, gewisse Verhaltensweisen (z.B. ausgelebte Homosexualität oder sexuelle Intimität vor und ausserhalb der Ehe) grundsätzlich gutzuheissen, solange diese einvernehmlich unter Erwachsenen gelebt werden. Was mir bisher als ein respektvoller und willkommen heissender Umgang mit diesen Menschen schien, wurde nun immer mehr als etwas bezeichnet, das gegen diese Menschen gerichtet ist. Sogar als etwas Aggressives. Ich hätte eine aggressive Theologie, meinten einige. Die Forderung kam immer direkter und fordernder, meine Meinung grundlegend zu ändern.

Ich vergesse nicht, wie ein guter Freund von mir mich direkt und scharf konfrontierte: «Paul, wir haben als Christen unsere Meinung geändert in Bezug auf die Sklavenfrage und in der Frauenfrage. Wir werden (dieses Wort betonte er deutlich) unsere Meinung auch in der Frage ausgelebter Homosexualität ändern!»

Der Ball war bei mir. Ich hatte Hausaufgaben zu tun und nahm mir 2 Jahre Zeit. Inzwischen waren diese Fragen an der Basis meiner Kirchgemeinde angekommen. Ich bin meiner Gemeinde dankbar, dass sie mir die nötige Zeit gab, nochmals über die Bücher zu gehen. Und über die Bücher gehen musste ich tatsächlich! Ich war schon über 10 Jahre Pastor und Lehrer. Ich musste mir aber nochmals fast von Null auf überlegen, was die Bibel eigentlich ist und wie dieses Jahrtausend alte Buch, das in einer anderen Kultur geschrieben wurde, sich auf unsere Zeit übertragen lässt. Ich habe in dieser Zeit auch viel mit Menschen gesprochen, die persönlich mit diesen Themen und Fragestellungen leben.

Ich habe die Frage ernsthaft an mich herangelassen: Könnte es sein, dass wir als Christen während 2000 Jahre gleichgeschlechtlich empfindenden Menschen zu Unrecht abverlangt haben, ihre sexuelle Präferenz nicht auszuleben? Haben wir ihnen 2000 Jahre lang Unrecht getan? Progressiv-Liberale, die mich heute kennen, werden mir nicht glauben, dass ich diese Frage wirklich an mich herangelassen habe. Ich kann es ihnen nicht beweisen. Ich hoffe, sie glauben es mir. Es war mir eine Not, hier Gottes Wege zu finden, denn ich weiss, dass seine Wege für den Menschen gut sind. Ich will den Menschen auf jeden Fall dienen, aber nach Gottes Art und Weise.

Nach den 2 Jahren kam ich aus diesem Prozess heraus mit der Erkenntnis, dass die Sklaven- und Frauenfrage keineswegs dieselben sind wie die Frage, ob Homosexuelle ihre Präferenz mit Gottes Segen ausleben können. Nur der Neo-Marxismus unserer Zeit wirft alle drei Gruppen in einen Topf: alle drei werden der grossen Kategorie von unterdrückten Minderheiten zugeordnet. Sie unterscheiden sich lediglich im Mass an sogenannter Intersektionalität. Aber der Neo-Marxismus hat wenig Unterscheidungsvermögen und den einzelnen Menschen sieht er schon gar nicht!

Mehr: danieloption.ch.

Apologetik in einer Zeit der Verzweiflung

Um im 21. Jahrhundert apologetisch erfolgreich zu arbeiten, ist es wichtig, dass Wesen der modernen Verzweiflung zu verstehen. Gavin Ortlund schreibt:

Als Apologeten in einem Zeitalter der Entzauberung und Verzweiflung müssen wir das Evangelium in seiner ganzen Tragweite auf die tiefsten Sehnsüchte und Nöte moderner Herzen anwenden. Und noch grundlegender müssen wir Gott selbst als die Antwort auf die moderne Verzweiflung erkennen. Augustinus lehrte, Gott sei die einzige ultimative Quelle der Ruhe und Erfüllung für das Herz des Menschen. Gott ist für die moderne Verzweiflung das, was die Nahrung für den Hunger ist. Nur in Beziehung mit ihm steigen wir auf aus den trockenen und alles Leben erstickenden Löchern. Genau deshalb ist die Vergebung der Sünden eine solch gute Nachricht – sie bringt uns in Gemeinschaft mit Gott selbst. Aber in der modernen Welt können wir wie in Apostelgeschichte 17 nicht mehr voraussetzen, dass die Zuhörer diese Punkte miteinander verbinden können.

Das Evangelium in einem Zeitalter der Verzweiflung zu predigen, wird daher Geduld und eine langfristige Perspektive erfordern. Evangelisation wird sehr oft ein längerer und chaotischerer Prozess sein. Denke wieder an Mark aus dem Werk des C.S. Lewis: Erst nachdem er in seiner Gefängniszelle dem „Normalen“ begegnet, ist er in der Lage, auf Christus zu reagieren. Lewis‘ eigene Bekehrung ist ähnlich verlaufen. Er vergleicht seine Reise zum Theismus damit, eine lange, langsame Schachpartie zu verlieren. Und es dauerte sogar zwei weitere Jahre nach seiner Hinwendung zum Theismus im Jahr 1929, bis er im Jahr 1931 Christ wurde. „Dass Christus für eure Sünden gestorben ist“, war eine Botschaft, von der Lewis zwischen 1925 und 1927 noch nicht glaubte, er würde sie brauchen. Genauso wenig ist sie der Ort, an dem wir bei vielen unserer Freunde, Arbeitskollegen, Familienmitglieder und Nachbarn anfangen können.

Wir müssen daher die enorme Größe der vor uns liegenden Aufgabe annehmen. Zur Apologetik in einem Zeitalter der Verzweiflung gehört der Versuch, anderen dabei zu helfen, ein Gespür für Gott zu erwecken, ein Gespür für Ewigkeit und Herrlichkeit. Wir winken Menschen aus den trockenen und alles Leben erstickenden Orten heraus. Wir sagen ihnen das, was Paulus gesagt hat: „Was ihr nun, ohne es zu kennen, verehrt, das verkündige ich euch“ (Apg 17,23). Wir werden unterwegs jeden einzelnen Moment vom Geist abhängig sein müssen.

Mehr: www.evangelium21.net.

Unis als Zentren der Indoktrination

Der Postkolonialismus führt aktuelle Probleme auf frühere Machtverhältnisse zurück – mit dem „weißen Mann“ und dem Westen als Feindbild. Diese Ideologie wird inzwischen an vielen Hochschulen gelehrt und setzt Andersdenkende unter Druck. Die Führungskräfte an den Unis sind oft Teil des Problems.

Arnd Diringer, Juraprofessor an der Hochschule Ludwigsburg, schreibt:

Postkolonialismus wird auch an deutschen Hochschulen gelehrt. Ob das als Wissenschaft angesehen werden kann, ist indes fraglich. Das Bundesverfassungsgericht hat die grundrechtlich geschützte Wissenschaftsfreiheit zwar stets in einem sehr weiten Sinn verstanden. Es hat betont, dass auch Mindermeinungen sowie Forschungsansätze und -ergebnisse, die sich im Nachhinein als irrig oder fehlgeleitet erweisen, durch Art. 5 Absatz 3 des Grundgesetzes geschützt sind. Wie Professor Bernhard Kempen im Beckschen Online-Kommentar zum Grundgesetz ausführt, genügt es aber nicht, wenn „vorgefassten Meinungen oder Einschätzungen lediglich der Anschein wissenschaftlicher Rationalität“ verliehen werden soll. Nicht geschützt sind „Tätigkeiten mit fixierter gesellschaftspolitischer oder ideologischer Zielsetzung oder Handlungsanweisung, politische Agitation und politische Indoktrination“.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Themelios 48.3 online

Themelios 48.3 ist erschienen. Der Inhalt:

  • EDITORIAL: Dealing with Criticism: Lessons from Nehemiah (Brian J. Tabb)
  • STRANGE TIMES: Skin in the Game? (Daniel Strange)
  • Geerhardus Vos: His Biblical-Theological Method and a Biblical Theology of Gender (Andreas J. Köstenberger)
  • The Lamblike Servant: The Function of John’s Use of the OT for Understanding Jesus’s Death (David V. Christensen)
  • The Greco-Roman Background to „Fighting the Good Fight” in the Pastoral Epistles and the Spiritual Life of the Christian (G. K. Beale)
  • Postmillennialism: A Biblical Critique (Jeremy Sexton)
  • Beacons from the Spire: Evangelical Theology and History in Oxford’s University Church (Jason G. Duesing)
  • Cultural Mandate and the Image of God: Human Vocation under Creation, Fall, and Redemption
  • (N. Gray Sutanto)
  • Is the One God of the Old Testament and Judaism Exactly the Same God as the Trinitarian God—Father, Son, and Holy Spirit – of the New Testament and Christian Creeds? (John Jefferson Davis)
  • Do Companies Have Social Responsibilities? (Gary J. Cundill)
  • A Biblical Framework for Deciding Workplace Moments of Conscience (Jonathan D. Christman)
  • Pentecost: Not Really Our Story Afterall? A Reply to Ekaputra Tupamahu (Robert P. Menzies)
  • Book Reviews

Hier gibt es die Ausgabe als PDF-Datei oder für Logos: www.thegospelcoalition.org.

Biologin Marie-Luise Vollbrecht erringt Sieg gegen Humboldt-Universität

Die Biologin Vollbrecht wird von Trans-Aktivisten angefeindet, weil sie auf zwei biologischen Geschlechtern besteht. Auch ihre Universität äusserte sich abschätzig (vgl. zur Debatte auch hier). Zu Unrecht, wie jetzt ein Berliner Gericht feststellte. Oliver Maksan schreibt: 

Vollbrecht war ins Visier der Aktivisten geraten, weil sie Anfang Juni zusammen mit anderen Wissenschaftern einen Meinungsbeitrag in der Zeitung «Die Welt» veröffentlicht hatte. Darin warfen die Autoren dem öffentlichrechtlichen Rundfunk vor, Minderjährige im Sinne der Trans-Ideologie zu indoktrinieren. In der Folge kritisierte der Queer-Beauftragte der Bundesregierung die Autoren scharf. Sie hätten ein Pamphlet des Hasses gegen transgeschlechtliche Menschen verfasst. Auch Zeitung und Verlag distanzierten sich von dem Beitrag.

Angesichts der Kritik sagte die Universität den Vortrag mit Berufung auf Sicherheitsbedenken ab. In einer Pressemitteilung distanzierte sie sich zudem von Vollbrecht. Die Universität habe sich in ihrem Leitbild dem «wechselseitigen Respekt vor dem/der Anderen» verpflichtet. Wörtlich hiess es in der Stellungnahme: «Die Meinungen, die Frau Vollbrecht in einem ‹Welt›-Artikel am 1. Juni 2022 vertreten hat, stehen nicht im Einklang mit dem Leitbild der HU und den von ihr vertretenen Werten.»

Das Berliner Verwaltungsgericht untersagte nun, diesen Satz zu verbreiten. Zur Begründung führten die Richter aus, dass der mit der Stellungnahme der staatlichen Universität einhergehende Grundrechtseingriff rechtswidrig sei. «Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verbietet es grundsätzlich dem unmittelbar an die Grundrechte gebundenen Staat, sich ohne rechtfertigenden Grund herabsetzend über einen Bürger zu äussern, etwa eine von diesem vertretene Meinung abschätzig zu kommentieren.»

Mehr: www.nzz.ch.

Transgeschlechtlichkeit als Privileg

Schon bald soll sich jeder Deutsche sein Geschlecht frei aussuchen können. Das Familienministerium will aber noch mehr: bezahlte künstliche Befruchtung für homosexuelle Paare und Männer, die sich als Mutter ausgeben dürfen. Beatrice Achterberg beschreibt für die NZZ, wie die Grünen ihre ideologischen Ansätze rechtlich fixieren wollen:

Denn wenn es nach dem Queer-Beauftragten der Bundesregierung Sven Lehmann geht, sollen nicht nur erwachsene Transpersonen, sondern auch Kinder und Jugendliche künftig geschlechtsangleichende Operationen vollständig von der Krankenkasse bezahlt bekommen – gesetzlich verankert.

Das widerspricht zwar dem Anliegen der Queer-Bewegung, Transsexualität nicht länger als psychische Krankheit zu behandeln, treibt aber die ideologiegesteuerte Agenda von Grünen wie Sven Lehmann und Familienministerin Lisa Paus weiter voran: Transgeschlechtlichkeit, so selten sie auch ist, soll nicht lediglich gesellschaftlich akzeptiert werden, sondern staatlich festgeschriebene Vorzugsbehandlung geniessen.

Anders ist es nicht zu erklären, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen nur in den wenigsten Fällen die Kosten für Brillen und nur in manchen Fällen die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung beim Frauenarzt übernehmen – aber demnächst die Brustamputation für junge Mädchen bezahlen sollen, die sich im falschen Körper glauben.

Wie bei allen Ideologen werden Worte dabei Mittel zum Zweck. Lehmann sprach beispielsweise bei einer nichtöffentlichen Gesprächsrunde Anfang Dezember über «gender-affirming care». Zu Deutsch etwa: «geschlechtsbestärkende Pflege». Die Gesundheitsversorgung müsse sich endlich an Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen orientieren, die «nicht ‹cis› oder hetero» seien, sagte der Grünen-Politiker.

Mehr: www.nzz.ch.

J.I. Packer: Das zweite Gebot

J.I. Packer (Gott erkennen, 2005, S. 43):

Wenn wir uns klarmachen, daß Bilder und Abbilder Gottes unsere Gedanken beeinflussen, wird uns auch im weiteren klar, wohin das Verbot im zweiten Gebot zielt. Ebenso, wie es uns verbietet, irgendwelche Gottesbilder in Metall zu gießen, verbietet es uns auch, irgendwelche geistigen Abbilder zu erträumen. Uns ein Bild von Gott im Kopf zurechtzubauen, kann ein ebenso klarer Bruch des zweiten Gebots sein, als ob wir uns ein Bild handwerklich zurechtzimmerten. Wie oft hören wir solche Sachen: „Ich stelle mir Gott meist vor als den großen Architekten (oder den großen Mathematiker, oder den großen Künstler).“ — „Ich stelle mir Gott nicht als den Richter vor — lieber denke ich einfach an den Vater.“ Erfahrungsgemäß wissen wir, daß solche Äußerungen oft die Einleitung sind und daß dann im weiteren irgendeine Aussage der Bibel in Zweifel gezogen wird. Es muß deutlich und in allem Ernst gesagt werden, daß derjenige, der sich die Freiheit nimmt, über Gott „nach seiner Fasson“ zu denken, das zweite Gebot bricht. 

Gott und die letzten Ursprünge

Stephen Meyer (Die Wiederentdeckung Gottes, 2023, S. 348):

Seit die Expansion des Universums entdeckt und die Urknalltheorie formuliert wurde, haben Kosmologen, Astronomen und Physiker geahnt, dass ein ultimativer Anfang tief greifende theologische Implikationen hat. Die Titel einiger populärer Bücher namhafter Physiker – zum Beispiel God and the Astronomers („Gott und die Astronomen“), Cosmos and Creator („Kosmos und Schöpfer“) und The Science of God („Die Wissenschaft von Gott“) – spiegeln dies wider. In dem Maße, in dem alternative kosmologische Theorien (wie die Steady-State-Theorie oder die Theorie des oszillierenden Universums) nach und nach daran gescheitert sind, die relevanten astronomischen Beobachtungen zu erklären, haben sich Wissenschaftler und Philosophen zunehmend mit diesen Implikationen auseinandergesetzt. Doch viele Theologen, die durch die lange intellektuelle Dominanz des wissenschaftlichen Materialismus und die Geschichte gescheiterter Gottesbeweise in die Defensive gedrängt wurden, wollen nicht so recht in Betracht ziehen, dass wissenschaftliche Belege Implikationen haben könnten, die den theistischen Glauben unterstützen. Um einen unhaltbaren und übertriebenen Rationalismus zu vermeiden, haben viele den Fideismus angenommen -eine religiöse Erkenntnistheorie, die die Hinlänglichkeit des Glaubens ohne Vernunft oder Belege bekräftigt – oder den „Glauben im Glauben allein“.

Doch angesichts der Entwicklungen in der Wissenschaftsphilosophie, die zeigen, wie Belege eine Hypothese überzeugend unterstützen können, ohne sie absolut beweisen zu müssen, und angesichts der zunehmenden Befunde, die darauf hindeuten, dass das Universum einen Anfang hatte, scheint diese defensive intellektuelle Haltung nun unnötig. Die Entdeckung, dass das Universum einen Anfang hatte, ermöglicht es uns nicht nur, wissenschaftliche und theologische Überzeugungen über den ultimativen Ursprung in Einklang zu bringen. Sie bietet auch eine starke erkenntnistheoretische Unterstützung für den Theismus. Die wissenschaftlichen Belege und theoretischen Entwicklungen, die auf einen Anfang des Universums hindeuten, haben dazu beigetragen, die Gotteshypothese wiederzubeleben.

Das Gerücht über die Juden

Boris Schumatsky ist in Moskau aufgewachsen und lebt als Schriftsteller und Publizist in Berlin. Er hat für die NZZ ein Essay verfasst, indem er berschreibt, wie er den Antisemitismus von Stalin, Judith Butler, Greta Thunberg oder Malcolm Ohanwe wahrnimmt.

Theodor Adorno nennt den Antisemitismus „das Gerücht über die Juden“, denn er ist mehr als nur Hass gegen Fremde, sondern ein Narrativ, eine Erzählung aus Worten, die töten. Diese Erzählung ist endlos, hier nur eine Kostprobe davon, was ich nach dem Massaker höre:

Ich höre Judith Butler. Sie hatte schon 2006 die Hamas und den Hizbullah zu einem „Teil der progressiven Linken“ erklärt. Heute sagt sie in einem Interview mit „Democracy Now“, es handle sich um keine Terroristen, sondern um „bewaffneten Widerstand“. Das ist inhuman, aber nicht antisemitisch. Butler sagt, Israels Krieg gegen die Hamas sei ein Genozid, auch wenn er anders aussehe als der Holocaust. Israel töte gezielt Menschen, die einer „rassischen“ Gruppe angehörten. Die Zivilisten in Gaza werden von israelischen Bomben getötet, von der Hamas als Schutzschilde benutzt und von Butler rhetorisch missbraucht, um das Gerücht zu verbreiten: Die blutrünstigen Israeli seien die Nazis von heute. Das ist die alte Ritualmordlegende, nur modernisiert, das ist Antisemitismus.

Ich lese Malcolm Ohanwe. Der deutsche Fernsehmann schreibt, das Massaker sei die Antwort auf die „masslose und willkürliche Gewalt“ der Israeli. Das ist keine neue Logik, schon die Shoah wurde oft als Reaktion auf den „jüdischen Bolschewismus“ bezeichnet und damit entschuldigt. Ohanwe steht in der alten Tradition, die Juden für ihr Leid verantwortlich zu machen. Das ist Antisemitismus.

Ich sehe, wie Greta Thunberg in einem Post eine proisraelische Weltverschwörung der Medien unterstellt und für einen Account wirbt, der Israel des Genozids in Gaza beschuldigt. Vielen ist in Thunbergs Posting eine Stoff-Krake aufgefallen, der Code für jüdische Weltregierung. Die Aktivistin sagt, sie habe das nicht gewusst, und vielleicht wusste sie auch nicht, welche antisemitischen Quellen sie Millionen ihrer Fans empfahl. Aber was sie weiss oder nicht weiss, ist irrelevant, es zählt, was sie tut. Shares sind Taten, „dog whistles“, die versteckten Codes, sind Taten, und all das ist Antisemitismus.

Mehr hier: www.nzz.ch.

Die Gegenwart Christi im Alten Testament

Überlegungen zur Frage nach der Präexistenz Christi und seiner Gegenwart im Alten Testament werden heute selten angestellt. Selbst in der evangelikalen Literatur der letzten Jahrzehnte gibt es dazu oft eigenartiges Schweigen. Der Alttestamentler Benjamin Kilchör (STH) bezieht Stellung und schreibt:

Gerade im Rahmen einer Hermeneutik, die verneint, dass Christus im Alten Testament anwesend ist – im besten Falle vielleicht anwesend in der Ankün­digung des Abwesenden – besteht im christlichen Kontext die Gefahr, das Alte Testament nur als Sprungbrett ins Neue Testament zu benutzen, als Verstehenshintergrund für das Neue Testament, vielleicht sogar als Negativfolie, vor welcher das Neue Testament umso heller leuchtet. Wenn wir aber sehen, dass Christus im Alten Testament ebenso gegenwär­tig ist wie im Neuen (nicht in derselben Weise, nämlich nicht im Fleische, wohl aber vermittelt durch denselben Geist), wenn wir darum vom Christus­ ereignis des Neuen Testaments ins Alte zurückkehren und Christus selbst als das Wort und die Herrlichkeit Gottes erblicken, die im Alten Testament, ins Geheimnis gehüllt, erscheint, dann müssen wir nicht ständig aus dem Alten Testament ins Neue springen, sondern können Christus aus dem Alten Testa­ ment selbst verkündigen. Wenn wir also das Alte Testament auslegen, nicht nur mit einem histori­schen Interesse, sondern als Gottes eigenes Wort für die christliche Gemeinde, dann können wir durchaus die Dynamik, die sich im Text selbst findet, her­ ausarbeiten, ohne nach einem christologischen „Plus“ zu suchen. 

Der Aufsatz„Hermeneutische Überlegungen zur Gegenwart Christi im Alten Testament“ (Biblisch erneuerte Theologie, 2019, S. 31–52) kann hier heruntergeladen werden: BeTh2019-Kilchoer.pdf.

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