Überall im Land stehen Gotteshäuser leer. Die Kirchen müssen sich von tausenden Gebäuden trennen. Judith Lembke schreibt für die FAS (30.05.2021, Nr. 21, S. 56):
Gerade mal etwas mehr als die Hälfte der Deutschen ist Kirchenmitglied – Tendenz stark fallend. Forscher der Universität Freiburg sagen voraus, dass die beiden großen Kirchen im Jahr 2060 nur noch etwa 23 Millionen Mitglieder haben werden. Schon heute besuchen etwa zehn Prozent der Katholiken und nur knapp fünf Prozent der Protestanten sonntags den Gottesdienst. Neben anderen Folgen dieser Entwicklung ist eine besonders offensichtlich: Viele Kirchen werden kaum noch genutzt oder stehen ganz leer.
Diese Leere wird in Zukunft noch deutlich mehr Gebäude treffen. „Etwa ein Drittel der Kirchengebäude wird 2060 nicht mehr gebraucht“, sagt Thomas Erne. Der Theologe ist Direktor des Instituts für Kirchenbau an der Universität Marburg, und für ihn steht fest, dass sich die Kirche von vielen Gotteshäusern trennen muss. Sie ließen sich mit sinkenden Einnahmen schlicht nicht mehr finanzieren. Erne treibt daher die Frage um, wie die Kirche diese Schrumpfung möglichst klug gestaltet, ohne dabei allzu viele Menschen vor den Kopf zu stoßen.
Was aus den Kirchen wird, illustriert der Artikel ebenfalls: Kindergärten, Kletterhallen, Studentenwohnungen usw.
Mein Rat an lebendige und wachsende Freikirchen: Kauft Euch ein leerstehendes Kirchengebäude. So werden aus den Häusern keine Moscheen, Kletterhallen oder Banken.
Wo nimmst du diesen Rat am Schluss her? Ich sehe nicht, wo Jesus je für eine „Rettung“ von Gebäuden argumentieren würde. Und wenn ich die Apostelgeschichte lese, dann sehe ich eher das Gegenteil und würde jeder lebendigen Gemeinde dazu raten, ihre Kräfte nicht in Gebäude zu binden, sondern in das Training von Menschen zu investieren. Und ich würde stattdessen raten, das NT und das Konzept von Gemeinde als „Leib Christi“ nochmal genau zu studieren, um falsche Vorstellungen von „Gemeinde“ (braucht Gebäude, Hauptamtlichen etc.) loszuwerden und wieder zurück zu Gottes Plan von Multiplikation von Jüngern und Gemeinden zu finden.
Samuel, Du hast Recht. Einerseits. Andererseits: Wenn Du mal durch Brandenburg und manche Ostländer fährst, durch die Dörfer, dann ist der typische historische Dorfkern dergestalt, dass sich die zentrale Dorfstraße spaltet, links und rechts sind die Häuser, auf der Freifläche in der Mitte der zumeist historische Kirchenbau. Ich finde das eine tolle Symbolik: in der Mitte des Dorfes die Kirche, in der Jesus Christus verkündigt wurde – lange Jahre, Jahrhunderte. Und es würde mir mißfallen, wenn im Ortszentrum nunmehr eine andere Religion verkündet würde, oder eben etwas rein Weltliches stattfinden würde. Als ehrenamtlicher Organist bin ich Sonntags an hiesigen Dorfkirchen tätig, die stammen teilweise noch aus vorreformatorischer Zeit, in einer wird ein Abendmahlskelch aus 1400quetsch verwendet, der Taufstein ist ebenso alt. Und auch wenn der Gottesdienstbesuch schwach ist und nur zu besonderen Gelegenheiten das Gebäude voll ist: es mag sein, dass sich manch einer daran erinnert, dass hier um die 20 Generationen wesentliche Meilensteine ihres Lebens erlebt haben, Taufe, Hochzeit,… Weiterlesen »
Nichts gegen schöne Gemeindegebäude und Kirchen, so lange darin eine lebendige Gemeinde lebt (wie das Ron auch schreibt), die auch verantwortungsvoll mit ihren materiellen Mitteln umgeht. Wenn dann aber statt Geld für Mission, Unterstützung für verfolgte Christen und die eigenen Kernaufgaben wie Lehre, Evangelisation und Seelsorge zu viel in die laufenden Gebäudekosten, in Zinsen und Tilgung fließen, gerät das ganze in eine Schieflage. Besonders interessant ist es, wenn eine Gemeinde dann mehr für ihre versiegelten Parkplatzflächen zahlt als für Spenden für unsere verfolgten Brüder und Schwestern. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie sehr unsere Gemeinden an ihren Gebäuden hängen. In der Untergrundkirche hat man sich auch oft im Wald getroffen. Bei uns lässt man den Gottesdienst lieber ausfallen oder ersetzt ihn durch digitale Konserven. HERR erbarme dich über uns.
@Samuel
Ich kann Dir nur Recht geben und will so ergänzen:
Wie viele Gemeinden haben sich massiv verschuldet und Schulden sind immer auch Abhängigkeiten. Andere meinen ohne eigenes Gebäude keine richtige Gemeinde sein zu können.
Ausserdem zeigt Corona und auch die Unterdrückung von Christen weltweit (was uns auch mal blühen könnte), welche Schwierigkeiten es in Gemeinden gibt, die fast nur auf Gemeindegebäude setzen und wo es keine beziehungsorinetierte Struktur „hin und her in den Häusern“ gibt.
Ich denke wir sollten mehr vom Hauskirchenmodell lernen, was große Treffen unter Christen bewusst einschliesst. Oder von Modellen lernen, wo z.B. Adventisten und Christen anderer Konfessionen Gebäude gemeinsam nutzen. Und warum muß der Hauptgottesdienst immer sonntags 9.30 Uhr sein. Wenn es wo sinnvoll ist montags um 17.30 Uhr, warum nicht?
@Udo: Ja, da ist was dran. Ich finde es furchtbar, wenn Gottesdienste wegen der Auflagen ausfallen. Gute Hygienekonzepte lassen sich mit der Freude am Gottesdienst verbinden, auch wenn manche Einschränkungen schmerzen. Ich hoffe auf schnelle Lockerungen.
Was aber auch klar ist, Corona bringt Dinge ans Licht, die schon vorher im Argen lagen.
Liebe Grüße, Ron
@Stephan: Du hast es ja schon festgestellt, dass sich das nicht biblisch begründen lässt. Ja, alte Kirchengebäude sind kulturell interessant. Orgeln sind beeindruckende Instrumente (hab ich auch mal gelernt). Aber mit dem Auftrag von Jesus, Menschen zu seinen Jüngern zu machen, hat das alles sehr wenig zu tun. Die Form predigt auch lauter als der Inhalt: wenn ich ein Kirchengebäude habe und vorne der Hauptamtliche eine Predigt hält, während die anderen in den Reihen zuhören und auch nur er Abendmahl und Taufe durchführt – dann kann der Predigtinhalt eine noch so korrekte Abhandlung zum „Priestertum aller Gläubigen“ sein, die Form spricht das Gegenteil. Gehorsam gegenüber Jesus sieht anders aus. Die wesentliche Äußerung von Jesus zum Thema Gebäude ist wohl „Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.“ (Joh 2,19) Der Alte Bund mit Stiftshütte und Tempel ist vorbei. Jetzt gibt es den Leib Christi, lebendige Steine – Menschen, die vom Heiligen Geist geführt zusammen arbeiten. Viel… Weiterlesen »