Kirchengeschichte

Illustrierter Atlas zur Geschichte des Christentums

51WxPuO9ZdL SX392 BO1 204 203 200Der Buchhinweis erschien zuerst in Glauben und Denken heute (1/2020, S. 83):

Tim Dowley ist Historiker und Autor von Der Atlas zur Reformation in Europa (siehe dazu die Rezension in Glauben und Denken heute, 2/2016, S. 40–41) sowie anderer Nachschlagewerke über die Bibel und Religion. 2019 ist sein Illustrierter Atlas zur Geschichte des Christentums auch in deutscher Sprache erschienen. Dieser Atlas veranschaulicht die Anfänge, das Wachstum und die weltweite Ausbreitung und Entwicklung des Christentums. Der christliche Glaube breitete sich schnell vom römisch besetzten Palästina über die Mittelmeerregion bis nach Europa und später fast weltweit aus. Dabei musste sich die christliche Kirche vielen intellektuellen und politischen Herausforderungen stellen. Wichtige Ereignisse, Länder und Städte sind bei der Zusammenstellung des Werkes berücksichtigt worden. Die Reformation in Europa spielt nur eine kleine Rolle, da sich Der Atlas zur Reformation in Europa ausführlich mit dieser Epoche befasst. Wie dieser Atlas enthält auch das hier vorgestellte Buch eine Zeittafel, die die geschilderten Ereignisse kontextualisiert. Es beginnt mit den Reisen der Apostel und schließt mit einer Karte zum weltweiten Christentum heute. Die Karten sind der Erwartung entsprechend sehr ästhetisch und übersichtlich gestaltet. Besonders fasziniert haben mich die Karten zur Alten Kirche. Der Ausdruck alte Kirche, frühe Kirche oder manchmal auch Frühchristentum bezeichnet die ersten Jahrhunderte der Kirchengeschichte bis ungefähr 500 nach Christus. Die Karte 5 zum Thema „Konstantin der Große und die christliche Kirche“ (S. 26–27) zeigt etwa die beim Konzil von Nicäa vertretenen Kirchen und die vom Konzil anerkannten Bischofssitze. Die Karte 6 über die „Ausbreitung des Arianismus“ (S. 30–31) macht beeindruckend anschaulich, wie weit der Arianismus verbreitet war. Der Arianismus geht auf den Presbyter Arius (ca. 260–327 n. Chr.) zurück. Seine Anhänger betrachteten die im Bekenntnis von Nicäa (325 n. Chr.) behauptete Wesensgleichheit von Vater und Sohn als Irrlehre, da der Sohn Gottes bei seiner Kreuzigung „leiden musste – was ein allmächtiger Gott aber nicht kann“ (S. 30). Doch auch andere Karten, etwa die zur Erweckungsbewegung des „Great Awakening“ und „Second Great Awakening“ in der amerikanischen Kolonialzeit (Karte 42 u. 43, S. 116–119) finde ich sehr hilfreich, da sie die Ereignisse bemerkenswert visualisieren.

Der Illustrierte Atlas zur Geschichte des Christentums ist insgesamt hervorragend gelungen. Ich empfehle das Buch allen, die sich für Kirchengeschichte interessieren. Der Band eignet sich, wie schon der Atlas zur Reformation in Europa, auch als Geschenk für Freunde, die sich für die Geschichte des Christentums interessieren.

Überarbeitung: Bibliothek der Kirchenväter online

Das Departement für Patristik und Kirchengeschichte der Université Fribourg hat vor vielen Jahren damit begonnen, die sogenannte „Bibliothek der Kirchenväter“ (BKV) zu digitalisieren. Die Internetseite ist über die Jahre für die Freunde der Alten Kirche eine Fundgruppe geworden. 

Die Seite ist inzwischen unter der Leitung von Dr. Gregor Emmenegger überarbeitet worden und fällt deutlich leserfreundlicher aus. Das Stöbern ist so viel leichter.

Hier der Link auf die neu gestaltete Seite: bkv.unifr.ch

Heinrich Bullinger: Architekt der Reformation

Hanniel Strebel und ich haben vor einigen Jahren den Reformator Heinrich Bullinger entdeckt und schätzen gelernt. Im Sommer 2019 hat Hanniel in Aidlingen einen einführenden Vortrag zu dem Reformator gehalten. Ausgehend von der These, dass Bullinger eigenständig zur Reformation fand, erläutert er einige große Ereignisse und gibt Einblick in die immensen Produktivität Bullingers. Die Leistungen in seiner 44-jährigen Zeit als Antistes der Zürcher Kirche sind so enorm, dass noch immer an der Erschließung seines Werkes gearbeitet wird. 

Freundlicherweise wurde E21 der Mitschnitt zur Verfügung gestellt und so kann der Vortrag dort nachgehört werden: www.evangelium21.net.

Der Prediger von Buchenwald

„Den Namen dürft ihr nicht vergessen, Paul Schneider ist unser erster Märtyrer“, so warnte Dietrich Bonhoeffer eindringlich, als er erfuhr, dass sein Amtsbruder im KZ Buchenwald zu Tode gekommen ist (Bonhoeffer selbst wurde am 9. April vor 72 Jahren im KZ Flossenbürg ermordet).

Die Nazis haben Paul Schneider am 27. November 1937 in das neu errichtete KZ Buchenwald gebracht. Als er bei einem Appell anlässlich des Führergeburtstages am 20. April 1938 den Hitlergruß verweigerte, wurde er mit Stockschlägen bestraft und in eine Einzelzelle des Bunkergebäudes gesperrt. Trotz schwerster Misshandlungen durch Martin Sommer, den Henker von Buchenwald, unterließ er es nicht, aus seinem Gefängnis heraus das Evangelium zu verkündigen. Über ein Jahr wurde der „Prediger von Buchenwald“ in der Einzelzelle gefangen gehalten. Am 18. Juli 1939 hat ihn nach Berichten des Arztschreibers Walter Poller der Lagerarzt Erwin Ding-Schuler durch eine starke Überdosis eines Herzmedikaments ermordet.

IMG 0995Am letzten Wochenende besuchte ich die Gedenkstätte Buchenwald und fand in der Zelle, die an Paul Schneider erinnert, einen Vers aus 2. Korintherbrief 5,20: „So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“

Nehmen wir uns zu Herzen, was Schneider in einem aus dem Konzentrationslager geschmuggelten Brief geschrieben hat:

Ich vergnüge mich mit Gottes Wort und Liedern, außer dem fast täglichen Reinemachen der Zellen, der Schlaf decken und Matratzen und dem Spazierengehen im Gefängnishof (eine halbe Stunde). So kann ich geistliche Schätze sammeln für neuen Dienst und ist die Zeit auch für mich nicht vergebens. Ich hoffe, sie ist auch für die Gemeinden nicht vergebens; dass doch viele möchten ihre geistliche Trägheit und Verantwortungsscheu überwinden! Dass Gott uns allen auch einen Geist der Buße schenken wolle und den Willen zu einem zuchtvollen Gemeindeleben mitten in dem abgöttischen Geschlecht unserer Tage! Wie vieles habe ich noch versäumt und hätte besser vorbereitet sein müssen für den nun eingetretenen und doch so lange vorausgeahnten Fall!

Das Zitat stammt aus dem Buch:

EKD beschließt Absage an die Judenmission

Dürfen Christen unter Juden missionieren?  Das Das Zentralkomitee der Katholiken hat sich dagegen ausgesprochen. Auch der Vatikan hat ein Dokument herausgebracht, in dem die katholische Kirche ausdrücklich auf jeden Versuch, Juden zum Christentum zu bekehren, verzichtet. Es heißt dort z.B.: „Aus dem christlichen Bekenntnis, dass es nur einen Heilsweg geben kann, folgt aber in keiner Weise, dass die Juden von Gottes Heil ausgeschlossen wären, weil sie nicht an Jesus Christus als den Messias Israels und den Sohn Gottes glauben.“ Pater Norbert Hofmann erläuterte das Dokument mit den Worten: „Dieses Dokument bringt insofern auch neue Perspektiven, als es sagt: Die Juden sind gerettet, ohne an Jesus Christus als den Sohn Gottes und den Messias Israels zu glauben. Und das liegt im Heilsratschluss Gottes, das zu bewerkstelligen“ (vgl. hier).

Am 9. November hat die EKD-Synode nachgezogen und auf dem Weg zum Reformationsjubiläum beschlossen, Juden nicht mehr zu missionieren. In einer Pressemitteilung heißt es:

Am heutigen 9. November hat sich die EKD-Synode einstimmig gegen die Missionierung von Juden ausgesprochen. Damit knüpft sie an die Erklärung zu Luthers Antijudaismus aus dem vergangenen Jahr an, in der sie sich von Luthers Schmähungen gegenüber den Juden distanziert hatte.

„Wir bekräftigen: Die Erwählung der Kirche ist nicht an die Stelle der Erwählung des Volkes Israel getreten. Gott steht in Treue zu seinem Volk“, heißt es in der heute verabschiedeten Erklärung. „Christen sind – ungeachtet ihrer Sendung in die Welt – nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen. Alle Bemühungen, Juden zum Religionswechsel zu bewegen, widersprechen dem Bekenntnis zur Treue Gottes und der Erwählung Israels.“

„Mit der heutigen Kundgebung gehen wir einen weiteren Schritt auf dem Weg der Einkehr und Umkehr in unserem Verhältnis zu den Juden“, erläuterte die Präses der Synode der EKD, Irmgard Schwaetzer. „Sie ist ein wichtiger Beitrag dafür, dass die Geste der Schuldanerkennung und Verantwortungsübernahme gegenüber unseren jüdischen Geschwistern Substanz hat, die für die Eröffnungsveranstaltung der Woche der Brüderlichkeit 2017 in Frankfurt geplant ist.“

Die heutige „Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes“ zeichnet einen Weg nach, der mit der Synode 1950 in Berlin-Weißensee begann. Diese hatte die theologische Einsicht in die bleibende Erwählung Israels festgehalten.

EKD-Vizepräses Klaus Eberl stellte auf der Synode den Entwurf der „Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes“ vor und geht auf ihren Entstehungsprozess ein.

Die „Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes“ gibt es hier. Einblicke in die theologische Begründung und in die geführte Diskussion sind auf der Internetseite  www.evangelisch.de zu finden. Waldemar hat einige Bibelstellen aufgeführt, die zeigen, dass der Apostel Paulus in die Synagogen gegangen ist, um seinen jüdischen Geschwistern das Evangelium zu verkündigen: www.jesus24.de. Eine überwiegend positive Deutung der Erklärung durch den Pietisten Steffen Kern wurde bei PRO veröffentlicht: www.pro-medienmagazin.de.

Digitalisierung der Vatikanbibliothek

Es ist ein historisches Projekt. Den Abschluss der Digitalisierung der Vatikanische Bibliothek werden wir wahrscheinlich nicht mehr erleben, da es bei bisheriger Taktung noch mehr als 100 Jahre dauern würde, sämtliche Dokumente ins Internet zu bringen. Schade, dass ausgerechnet dem Vatican das Geld dafür fehlt, die Frequenz zu erhöhen. Da kommen sicher noch Schätze und Überraschungen ans Licht.

Das Unterfangen, die Apostolische Bibliothek des Vatikans zu digitalisieren, wird die spektakulärste Sammlung alter Bücher der Welt zugänglich machen. Die 1451 gegründete Bibliothek des Papstes hütet Schätze wie die als Vatikanischer Vergil bekannte 1600 Jahre alte Kopie der „Aeneis“ oder das älteste gebundene Heft des Lukas-Evangeliums sowie Seiten von Dantes Göttlicher Komödie, illustriert von Botticelli. Seit einigen Jahren laufen verschiedene Modernisierungsprojekte für die ehrwürdige Bibliothek, darunter eine Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg.

Der 53-Jährige koordiniert das Team, das die Wälzer Seite für Seite scannen und online der Welt zugänglich machen soll. 50 Leute, darunter Experten aus Japan, arbeiten an dem Projekt, das NTT selbst mit 18 Millionen Euro finanziert. „Wenn Geld keine Rolle spielen würde, könnten wir den Einsatz spielend auf das Fünffache ausweiten“, erzählt Massari. „Aber darüber hinaus würden wir wahrscheinlich nicht genug Experten mit den passenden Fähigkeiten finden.“

Vatikan-Archivare legen fest, welche Dokumente zuerst kommen und welche von der Digitalisierung ausgenommen werden, weil selbst das Öffnen die brüchigen Stücke zerstören könnte. Dann präparieren Restauratoren die Handschrift für den Scan im Labor. Der Scan selbst benötigt zwischen 60 bis 90 Sekunden pro Seite. Danach prüft laut Massari ein Tutor, ob die Details stimmen: Ist die Farbwiedergabe gut? Sind Seiten falsch herum oder gar vergessen worden? Sind alle Randnotizen, die Gelehrte vor Hunderten von Jahren hinterließen, abgebildet? Bei diesem Aufwand kann die Digitalisierung eines Manuskriptes eine Woche in Anspruch nehmen. Oder einen Monat.

Nach einer erneuten Prüfung durch Restauratoren wandert das Original anschließend zurück ins Archiv – idealerweise für immer. Wenn die Online-Bilder eine Top-Qualität lieferten, gebe es „nahezu null Bedarf“, die sensiblen Werke je wieder anzufassen, sagt Massari. Ein enormer Gewinn für Wissenschaftler weltweit – und auch für interessierte Laien, sofern sie denn mit handschriftlichem mittelalterlichen Latein oder Griechisch etwas anfangen können.

Mehr: www.n-tv.de.

Evangelikale in Deutschland ringen um Kurs

In der evangelikalen Bewegung in Deutschland gibt es Streit über die zukünftige Ausrichtung – zwischen konservativer Linie und vorsichtiger Öffnung, unter anderem bei so sensiblen Feldern wie der gleichgeschlechtlichen Ehe. Wohin steuern die Evangelikalen in Deutschland?

Der DLF hat sich mit Gisa Bauer (Kirchenhistorikerin und Autorin des Buches (Habilitationsschrift): Evangelikale Bewegung und evangelische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, V & R, 2013) über die Diskussionen innerhalb der Evangelikalen Bewegung unterhalten. Dass die jüngeren Probleme eigentlich schon alt sind und seit mindestens zehn Jahren kursieren, sehe ich auch so. Des Pudels Kern, nämlich die Probleme einer postmodernen Hermeneutik, kamen freilich nicht zur Sprache.

Hier:

 

 

J.I. Packer verliert Sehkraft und beendet Dienst

J.I. Packer wird demnächst 90 Jahre alt. Eine Augenkrankheit hindert ihn daran, zu lesen und zu schreiben. Er wird sich deshalb aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückziehen.

Unglücklich ist er aber nicht. Er erfreut sich an der Gemeinschaft mit Gott und er freut sich, dass diese Gemeinschaft bald noch intensiver werden wird.

In einem Interview, dass er vor einigen Tagen gegeben hat, sprach er noch einmal über die bedeutsame Stellung der Puritaner in der der Kirchengeschichte:

Going back to the centrality of the church, I suppose the Puritans are instrumental in bringing back our attention to the church.

The Puritans were churchly to their finger tips. They were intensely individuals. They made as much of Christian individuality as any community of believer have ever done, I think. But they were churchly. It was all for the building up the church as the body of Christ and as the goal of all of God’s purposes of grace. I still think we need to learn—learn it for the first time, perhaps.

The great thing, which the Puritans saw as central, is communion with God, which they understood as communion with the Father, the Son, and the Holy Spirit. They weren’t marked by the imbalance that you so often see even among Puritans supporters in these days—I mean people focusing on Christ to the exclusion of the Spirit, or on the Spirit to the exclusion of Christ. The Puritans, I think, were wonderfully balanced. Their published work expresses it and is very maturing. There is the same relation to the goal of godliness as proper coaching and physical training is to producing a player for role that he is called to play.

Hier das vollständige Interview: www.thegospelcoalition.org.

 

David Precht: „Luther war ein widerlicher Geselle“

Wenn ein Pop-Philosoph über die Entstehung des Christentums und die Reformation schreibt, klingt das so:

Aber ich zeige in meinem Buch ja auch, wie das Christentum entstanden ist. Erstaunlich eigentlich, denn es hatte zuvor schon so viel Klügeres gegeben. Die Philosophie war schon auf einem viel höheren Niveau als das, was dann kam. Das Christentum war ein enormer kultureller Rückschritt.

Das Christentum entwickelte den personellen Gottesbezug, das hat die Menschen extrem angesprochen. Und man durfte alle töten, die nicht an Gott glaubten. Bei den Juden war das anders. Es gab ja andere Götter neben Jahwe, die waren aber schwächer. Im Christentum gibt es nur den einen Gott, und wer nicht an den glaubt, der hat sein Leben verwirkt. Die Radikalität der Frühchristen findet man heute wieder bei denen, die sich für den IS rekrutieren lassen. Glücklicherweise hat sich das Christentum dann weiterentwickelt.

[Luther] war ein widerlicher Geselle, ein Verbrecher an der Menschheit. Den haben wir noch nicht richtig aufgearbeitet. Wir gehen mit Luther um, als sei er ein „Heiliger“ der evangelischen Kirche. Er war aber ein für die damalige Zeit untypisch aggressiver Antisemit, Frauen verachtend bis ins Mark und vom Denken her völlig mittelalterlich. Teufel war sein Lieblingswort. Die Gesellschaft war sehr viel weiter.

Grober Unfug! Da aber davon auszugehen ist, dass David Precht seine Eingebungen mit erhabenen Gesten medial üppig auftischen wird (ich sehe ihn schon vor meinem Auge in zahlreichen Talkrunden sitzend), werden sie ihre Wirkung gleichwohl entfalten.

Hier das gesamte Interview: www.abendzeitung-muenchen.de.

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