Oft sind es Kinder, die heute den Mittelpunkt der Familie bilden. Aber Prinzen und Prinzessinnen brauchen Aufmerksamkeit, lassen sich wenig sagen und kosten viel Energie. Die Anzeichen mehren sich, dass ein Wunderland mit Königskindern und beruflich eingespannten Eltern besonders in den Städten mehr Kraft einfordert, als Eltern aufbringen können. Erschöpft, verzweifelt: Magazine für Eltern sprechen immer offener von dem Kraftakt, Kinder zu haben.
Es lohnt sich, den FAZ-Artikel über neue Trends in den Familienmagazinen zu lesen (Hervorgehbung von mir).
Radikaler als „Brigitte Mom“ aber greift niemand diese Stimmung auf. Reisereportagen heißen hier „Einer heult immer“ und die Redaktionsleiterin beschreibt den für sie perfekten Urlaub so: Sie bringt die Kinder in die Kita, lässt sie vom Vater abholen und taucht drei Tage lang in der eigenen Stadt ab, wo sie sich ein Hotelzimmer nimmt, in den „alten Lieblingscafés“ sitzt und mal richtig ausschläft. „Brigitte Mom“, wie „Balance“ und „Woman“ ein Ableger der Frauenzeitschrift „Brigitte“, war im vergangenen Herbst zunächst als „one-shot“ einmalig erschienen. Nachdem innerhalb weniger Wochen 70000 Exemplare verkauft waren, entschied man bei Gruner+Jahr, das Magazin solle regelmäßig erscheinen; Anfang Mai kam die zweite Ausgabe heraus. In der Titelgeschichte geht es um „die geheimen Muttergefühle“ – das sind dem Artikel zufolge „Langeweile, Hass, Erschöpfung, Verzweiflung, Aggression, Widerwillen, Hysterie, Neid, Überdruss“. Ein ganzes Magazin lässt sich offenbar mit dem Trend bestreiten, Stress und Überforderung offen zu thematisieren. Erziehungstipps oder Reportagen über Einzelschicksale – etwa ein Leben mit behindertem Kind – fehlen. In einer Pressemitteilung des Verlags heißt es, man wolle in „Brigitte Mom“ auch künftig auf solche „problemorientierten Ratgeber“ vollständig verzichten. Statt individuelle Schwierigkeiten von Kindern – Schulversagen, Ängste, Krankheiten – in den Blick zu nehmen, wie es Elternmagazine traditionell taten, ist jetzt das bloße Vorhandensein von Familie das Problem.
Hier der vollständige Artikel: www.faz.net.
Gedanken eines Greenhorns: Diese Probleme haben viele Ursachen. Der egoistische Wunsch Dinks („Double income no kids“-Pärchen; siehe Artikel) zu bleiben, ein scheinbar fehlendes Lebenskonzept – auch Glauben genannt, dass man den Kindern einerseits vermitteln kann und das einen andererseits selbst erfüllt, die daraus resultierende „Abhängigkeit“ von meinen Kindern (!), die meinem Leben doch gefälligst einen Sinn geben sollen, usw. Mein Augenmerk – es gibt noch mehr zu sagen – gilt jedoch einem anderen Punkt, über dem mich beim Lesen die Schadenfreude doch etwas gepackt hat: die Erziehung dieser kleinen Engel – oder wie Ron sie nennt, „Prinzen“ – des 21. Jahrhunderts. Wie oft habe ich in Artikeln und Kommentaren die arrogante Meinung gehört, dass man seine Kinder heute (im 21. Jhd.) doch nicht mehr züchtigen brauche. Wer seine Kinder züchtige, heißt es da, erweise sich vor allem als hilflos, außerdem bösartig und geradezu unmenschlich. Nachdem die Evolution so lange schon an ihnen und ihren Eltern arbeitet, hat sich das Konzept… Weiterlesen »
[…] Ron, ich stimme dir zu: Oft sind es Kinder, die heute den Mittelpunkt der Familie bilden. Aber Prinzen und Prinzessinnen brauchen Aufmerksamkeit, lassen sich wenig sagen und kosten viel Energie. Die Anzeichen mehren sich, dass ein Wunderland mit Königskindern und beruflich eingespannten Eltern besonders in den Städten mehr Kraft einfordert, als Eltern aufbringen können. Erschöpft, verzweifelt: Magazine für Eltern sprechen immer offener von dem Kraftakt, Kinder zu haben. […]
„Denn die Menschen werden sich selbst lieben, geldgierig sein, prahlerisch, überheblich, Lästerer, den Eltern ungehorsam…“ – 2 Tim 3:2
Erfüllung der Prophetie. Gut, dass der Staat uns das „Problem“ immer mehr abnimmt und unsere Kinder am besten selbst erzieht. Wem das trotzdem noch zuviel Arbeit ist, der darf sein Kind auch gerne töten – jedenfalls solange es noch im Mutterleib ist. Willkommen in der Endzeit.
@Rami A.
Ich glaube, dass es – mutatis mutandis – doch schon immer so war. Heute ist man da nur industrialisierter. Und war nicht der Mutterleib immer schon der gefährlichste Ort der Welt?
Endzeit? Ja, sicher: für die westliche Welt. Zeit wird es. Oder nicht? Der Westen hat seine Chance gehabt. Am Ende siegt der Teufel. Es wird Zeit für den Osten.
Nein, so darf die „Endzeit“ nicht sein: Am Ende muss der Geist Gottes siegen, denn ein Ende mit Schrecken, das als Sieg zu bezeichnen gebührte doch nur einem: dem Satan.
Oder meinst Du anders?
@Schandor
Auch die Kreuzigung Jesu war den Menschen vorausgesagt. Erschien es den Jüngern erst als eine Niederlage, erkannten sie später den großen Sieg in seinem Opfertod. Die Zeichen der Zeit zu erkennen ist das eine, den Sieg Jesu Christi zu erfassen und zu feiern das andere.
@Rami, wenn Du sagst, ‚willkommen in der Endzeit‘, heisst das fuer Dich, eine Besserung der Zustaende (Erweckung) ist ausgeschlossen?
Wie war es dann mit den Erweckungen in der Kirchengeschichte – die haetten dann ja auch dem von Dir zitierten Bibeltext widersprochen, oder? (Woran erkennst Du, dass heute die ‚endgueltige Endzeit‘ ist und wir nicht vor einer neuen Erweckung aus Gottes Gnade stehen? Und wie kannst Du vermeiden, dass Deine Sicht nicht zu einem Fatalismus fuehrt – ‚wir koennen eh nichts mehr machen, also lassen wir es‘.?)
Nein, ich glaube Paulus hat den Text an Timotheus geschrieben, um ihm zu sagen: Timotheus, willkommen in der Endzeit. Sie ist schon jetzt. Lass Dich dadurch nicht abschrecken – sondern evangelisiere weiter froh und setze Dich fuer Gottes Gerechtigkeit u. Gottes Reich ein!
(‚Endzeit ist seit Jesu Kommen).
Zu dem eigentlichen Artikel: vielen Dank. Und volle Zustimmung an RaSchu ! Danke, RaSchu, fuer die guten Beobachtungen.
Das man selbst beim Thema Kindererziehung innerhalb weniger Kommentare zum Thema „Endzeit“ kommen kann…. 😉 Ich möchte diesem Fetisch eigentlich nicht weiter huldigen, aber doch daran erinnern, dass der letzten „Endzeit“ eine Generation wohl-gezüchtigter und mit strengem Gehorsam erzogener Kinder zur Hand gingen. Mich würde dazu interessieren, ob einer der Kommentatoren eigene Kinder hat? Ich würde auf ‚Nein‘ tippen. Dann wäre es auch besser mal nichts zu kommentieren, wenn man dazu keine Erfahrung hat. (Bei Kommentatoren, die bei ‚biblischer Erziehung‘ immer zuerst und unreflektiert Züchtigung kommen, überkommt mich der Wunsch nach Züchtigung. Es gibt ja nun wohl wesentlichere Lektionen, die man von biblischer Erziehung lernen kann. Das das Wort Torah im Begriff ‚fähigmachen das Leben zu meistern‘ wurzelt, soll hier genügen.) Kinder erziehen ist schön und anstrengend. Es bringt an Grenzen. Manchmal steht man an so einer Grenze vor einem erschöpften Nichts – ein ander Mal vor einer unerwartet inspirierenden Aussicht. Der Realismus des Kinderhabens bildet einen unheimlich weiten Horizont… Weiterlesen »
@markus
Du hast Recht. Aber soviel Freiheit muss sein im Internet.
Gute Ansage das übrigens mit der wohl-gezüchtigten Generation!
Zum Glück hast Du nicht auf ,Nein’ getippt (hast ja den Konjunktiv gebraucht ;-). Ich weiß, was Kindererziehung ist. Angefangen vom berühmt-berüchtigten Pearl-Buch über Ellen Gould White bis hin zu Lou Priolo (eine ausgezeichnete Handreichung) habe ich so einiges an Edukationsliteratur in mich hineingelesen. Und muss sagen: Schön, wenn’s wem gegeben ist.
Was was Du da über die „Kommentatoren“ schreibst, die bei ,biblischer’ Erziehung sofort an Züchtigung denken, gefällt mir (aber nicht das ,Gefällt mir’ auf Fäz[es]buck 😉 ). Ich kenne jemanden, der hat 10 Kinder. Alle nach Pearl abgerichtet. Folgen aufs Wort wie streng abgerichtete Schäferhunde. Da bleibt einem die Spucke weg. Aber als ich gefragt habe, wie die das machen, ist mir die Spucke dann erst recht weggeblieben. 🙁
Salomo würde heute wegen Aufruf zu einer Straftat im Knast sitzen;-)
Die Zeiten ändern sich.
p.s. und im Knast würde er vermutlich gemobbt werden.
@Markus: Dass das Thema Erziehung ein weiter Bereich ist, aus dem ich ein Thema mit Blick auf gegenwärtige Einseitigkeiten herausgegriffen habe, schrieb ich. Auch der Einordnung der Züchtigung in den viel größeren Rahmen der Erziehung bin ich mir bewusst. Schon Luther konnte die Erziehung seiner Eltern als zu hart kritiseren, obgleich er sie liebte.
Ich stimme dir bezüglich der Beschränkungen einer (Lebens-)konzept- oder gar lieblosen Züchtigung zu.
Auch wenn ich (d.v. noch) keine Kinder habe, werde ich weiter darüber nachdenken, erinnere dich bescheiden 😉 an Paulus u.a. und öffne selten – ich bemühe mich – auch den Mund beim Denken – es muss ja Luft ans Gehirn :-).
Grüße
@Christian & Raschu: Züchtigen bezieht sich doch sicher auf disziplinieren, d.h. heute Internetzugang sperren, Papa-Taxi fällt aus oder eine Woche Spüldienst.
Liebe Grüße, Ron
@Christian Beese
LOL!
Ron
DoppelLOL!
Ach, es ist ein unruhiges System an Bestechungen und Erpressungen, Lockungen, Streichungen … ja –ungen halt, was eine Erziehung ausmacht.
Aber EINES kann ich mit Sicherheit sagen, und zwar: Man möge bedenken, was der 5fache Vater Rousseau gesagt hat (er selbst hat freilich seine 5 Kinder weggegeben, um Zeit zu haben, den „Emile“ zu schreiben 🙂 ):
„Der erste Schrei an der Mutterbrust ist eine Bitte; wenn ihr nicht achtgebt, wird alsbald ein Befehl daraus“ – oder so ähnlich 🙂
Ich schließe mich Ron an: „züchtigen“ ist ein missverständliches Wort. Der eine versteht „disziplinieren“ und der andere „schlagen“. Als Vater von 3 Kindern kann ich dazu soviel sagen, dass es unglaublich wichtig ist, die Kinder konsequent zu „züchtigen“ i.S.v. ihnen deutlich zu verstehen geben, was die Regeln sind und was passiert, wenn die Regeln eingehalten bzw. nicht eingehalten werden. Die leichter verständlichen Worte dafür sind „belohnen“ und „bestrafen“. Dabei lehne ich Schlagen als Bestrafung ab – aus dem einfachen Grund, weil wir Erwachsenen für die Kinder Vorbilder sind und die Kinder uns als Modell nehmen für ihr eigenes Verhalten. Und wenn wir Erwachsenen schlagen, lernen die Kinder, dass Schlagen „normal“, tolerierbar, an Schwächeren anwendbar, etc… ist. DIESES Vorbild möchte ich meinen Kindern nicht geben. Vor 2000 Jahren (wie vor 100 Jahren auch) war Schlagen allgemein kulturell stärker akzeptiert und ich finde, die Ächtung von Schlägen als Erziehungsmaßnahme ist ein echter Fortschritt. Das hat auch etwas mit „Würde“ und zwar der… Weiterlesen »
@Ron: ja, ich meinte damit in erster Linie disziplinieren. Für den weiteren Rahmen ist das Wort Erziehung heute sicherlich verständlicher. Obgleich in beiden (deutschen) Worten der Gedanke enthalten ist, etwas zu stärken bzw. wachsen zu lassen, zum Wachstum zu befreien.
Diese Gesprächsrunde über die Art und Weise wie Gnade/das Evangelium unsere Beziehungen verändert, besonders die Eltern-Kind-Beziehung, ist sehr hörenswert:
http://liberatenet.org/2012/06/conversation-with-paul-tripp-and-elyse-fitzpatrick/
Grüße