Der Philosoph Norbert Bolz erklärte 2008 FOCUS online, warum er nach den Werten der Familie jene der Religion verteidigt
Irgendetwas muss Gott sein. Das ist evident beim Kult ums moderne Ich. Das ist auch evident bei der grünen Religion, wo Gottvater durch Mutter Erde ersetzt wird. Die Sozialreligion wiederum, in welcher der Staat quasi die göttliche Rolle einnimmt, ist sicher die wichtigste und immer noch folgenreichste. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass wir immer tiefer in den Staatsgötzendienst steuern – und jede Menge Theologen sind bereit, aus Gründen der Anpassung an dieser Sozialoffenbarung mitzuwirken. Das Traurige ist eben, dass solche Ersatzreligionen gerade von denen praktiziert und vorangetrieben werden, von denen man eigentlich erwarten sollte, dass sie denken können.
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Wenn der Antichrist auftritt, heißt es bei Paulus, dann wird er an seiner Rhetorik von Sicherheit und Friede erkennbar sein. Ich glaube, das ist die Befreiung, wenn es so pathetisch sein darf, die Deutschland fehlt: Wir sind immer noch gebannt von der Rhetorik des Gutmenschentums und müssen einfach erkennen, das ist die Rhetorik des Antichristen. Es ist meine stille Aufklärungshoffnung, dass man wenigstens den intelligenten Leuten hierzulande diesen Zusammenhang noch mal klarmachen kann.
Mehr: www.focus.de.
„Wenn der Antichrist auftritt, heißt es bei Paulus“ – aha? Ich wusste gar nicht, dass Paulus vom Antichristus gesprochen hat. Könnte mir bitte mal wer sagen, wo?
@Schandor: Gut gebrüllt, Löwe! Ich würde sagen, 2Thess 2 passt schon, auch wenn der Begriff fehlt.
Da aber für Dich der 2Thess ein Pseudepigraph ist, sei es Dir verziehen (nicht ernst gemeint!).
Liebe Grüße, Ron
🙂 Weiß ich doch! 2Thess 2: Ok. Nur: Über wen hat Paulus den Thessalonichern geschrieben? Die Thessalonicher wussten jedenfalls, was „ihn“ aufgehalten hat (oder präsentisch „aufhält“). Projiziert man diese ominöse Figur in die Zukunft, müssen freilich alle alle Konstanten zu Variablen werden (wer [oder was!] hält wen genau auf?). Vermutung: „Den“ Antichristen gibt es nicht. Johannes schreibt seinen Geschwistern: „Ihr habt gehört, dass der Antichristus kommt“. Vom wem aber haben sie das gehört? Wer hat ihnen das gesagt? Jemand, der Autorität hat, etwa ein Apostel? Dann hätte Johannes das bestätigt: „… Und ja, er wird kommen (oder ähnlich)“. Jedenfalls wissen wir nicht, von wem sie das gehört hatten. Aber Johannes relativiert seine Aussage sofort wieder, so als wolle er das maligne Gerücht wieder zerstreuen und sie vor einer größeren Gefahr warnen: Nicht einer, sondern viele kommen! Die Geschwister sollten also nicht ängstlich nach dem Antichristus Ausschau halten, sondern das wahre Kriterium der Antichristen (Plural) erkennen, nämlich ALLE diejenigen, die die… Weiterlesen »
@ Schandor:
Selbst Jesus hat vom Antichristen gesprochen. Selbst das alte Testament spricht davon. Die Juden haben ja den Messias verworfen, aber den Antichristen werden sie annehmen, wobei das widerum ein bestimmter Teil der Juden Jesus doch noch als Christus anerkennen. Ich hätte da noch einen Link, der dich interessieren könnte.
Zum Thema 2. Thess. 2 empfehle ich das Vorwort zu Über den biblischen und kirchlichen Begriff der Anrechnung.
Ich war überrascht, solche Töne von Bolz zu hören. Ich habe noch sein „Konsumistisches Manifest“ im Kopf. Mit dieser Kapitalismuskritik-Kritik klang er im Bezug auf Religion doch prinzipiell religionskritisch – und trotzdem nicht links.
„Der Konsumismus ist das Immunsystem der Weltgesellschaft gegen den Virus der fanatischen Religionen. “
Interessant!
@mark.us: Ich empfehle auch diesen Vortrag von Bolz:
http://theoblog.de/norbert-bolz-die-krise-des-bildungssystems/21232/
Liebe Grüße, Ron