Zitate

Ostern – das Ereignis

Kevin DeYoung und Greg Gilbert schreiben in ihrem Buch Was ist der Missions-Auftrag der Gemeinde Jesu? (3L  Verlag, 2015, S. 72–73) zum Osterereignis:

Wenn man die Geschichte der Bibel von Anfang bis Ende verstehen will, sollte man eigentlich in der Mitte anfangen: beim Tod und der Auferstehung Jesu. Ist Ihnen aufgefallen, dass alle Evangelisten, auch wenn sie die Geschichte von Jesu Leben und Lehren anhand unterschiedlicher Ereignisse und aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen, ihren Bericht darin gipfeln lassen, dass Jesus am Kreuz hängt, stirbt und dann von den Toten aufersteht? Jemand hat einmal gesagt, alle vier Evangelien seien in Wirklichkeit Passionsgeschichten mit einer längeren Einleitung! Das ist vielleicht eine leichte Übertreibung, doch es ist eine zutreffende Beobachtung. Die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi bilden unbestreitbar den Höhepunkt aller vier Evangelien.

Das Gleiche könnte man über die Bibel als Ganzes sagen. Die Kreuzigung und Auferstehung ist immerhin in Jesu Leben nicht einfach ein Ereignis unter vielen. Es ist das Ereignis, dem das gesamte Alte Testament entgegenblickt. Angefangen damit, dass Gott für Adam und Eva Kleidung aus Tierhäuten macht, über das Opfersystem unter dem mosaischen Gesetz, das stellvertretende Leiden von Israels König und Jesajas Prophezeiung von einem leidenden Gottesknecht, bis hin zu Sacharjas Prophezeiung eines geschlagenen Hirten sehnt sich das Alte Testament nach seiner Erfüllung in einem König, der leiden, sterben und triumphieren würde.

Doch warum? Warum konzentrieren sich die Evangelien so direkt auf Jesu Tod und seine anschließende Auferstehung? Warum deuten das Gesetz und die Propheten so unnachgiebig auf den Tod des Messias hin? Und warum sagen die Apostel solche der Logik zuwiderlaufenden und gefährlichen Dinge wie: „Denn ich hatte mir vorgenommen, unter euch nichts anderes zu wissen als nur Jesus Christus, und zwar als Gekreuzigten“ (1.Kor 2,2)?

Die Antwort auf diese Frage, meinen wir, erschließt sich, wenn wir die eine Frage verstehen, die ganz im Kern der Gesamtgeschichte der Bibel steht: Wie können hoffnungslos rebellische, sündige Menschen in der Gegenwart eines vollkommen gerechten Gottes leben? Die Frage: „Wie können gerechte Menschen in der Gegenwart eines gerechten Gottes leben?“, oder auch: „Wie können sündige Menschen in der Gegenwart eines gleichgültigen Gottes leben?“, wäre leicht zu beantworten. Doch die Frage, wie sündige Menschen in der Gegenwart eines gerechten Gottes leben können, ist keineswegs einfach – insbesondere, wenn die Bibel selbst uns sagt: „Wer den Gottlosen gerechtspricht …, [ist] dem Herrn ein Gräuel“ (Spr 17,15; siehe auch 24,24). In der Tat sind wir der Ansicht, dass diese Frage die gesamte biblische Geschichte von Anfang bis Ende vorantreibt. Sie definiert den ursprünglichen Sinn der Schöpfung, sie beschreibt das Problem, das uns alle zu zerstören droht, sie ruft nach dem Heilmittel des Evangeliums, und sie deutet voraus auf das große Finale, wenn das Rätsel endgültig und restlos aufgelöst und Gottes Volk für immer in Gottes Gegenwart leben wird.

Seelsorge als Zeichen

Rudolf Bohren schreibt über Seelsorge im Angesicht des kommenden Gottesreiches (Dem Worte folgen, 1969, S. 100–101):

Wenn wir in der Fleischwerdung die Mitte und das Wesen göttlicher Seelsorge erblicken, so sehen wir im Reich das Ziel und die Vollendung aller Seelsorge. Jesus stellt den einzelnen vor das nahende Reich. Seine Seelsorge ist völlig bezogen auf dieses Reich. — Zwei Dinge sind hier deutlich zu machen.

Dieses Reich bedeutet einmal das Ende dieser Welt, das Ende nicht der Leiblichkeit, aber das Ende unserer fleischlichen Existenz. Dieses Reich bedeutet Weltuntergang, Weltende einerseits, Schöpfung einer neuen Erde und eines neuen Himmels andererseits. Das Ende des alten Menschen und die Vollendung des neuen Menschen. Und darum können Fleisch und Blut das Reich nicht ererben (1 Kor 15,50). Dieser welterneuemde Charakter des kommenden Reiches hat seine Konsequenz für die Seelsorge: weil die Heraufkunft des Reiches das vorläufige Ende aller Dinge bedeutet, darum ist die Seelsorge Jesu nicht Seelenpflege in dem Sinne, daß sie bloß seelische oder religiöse Bedürfnisse zu befriedigen sucht, denn die Welt der Seele gehört zu der Welt, die mit ihrer Lust und ihrem Weh vergeht. Darum finden wir bei Jesus so wenig seelsorgerischen Takt: da ist der arme Kerl, der von seinem Bruder übervorteilt wird, da ist der junge Mensch, der Kindespietät an seinen Eltern üben möchte; sie führen einen ganzen Reigen an von Fordernden und Fragenden, die abgewiesen werden. Der wahre Seelsorger kann merkwürdig »unseelsorgerlich« mit den Menschen umgehen. Der gute Hirte verhält sich vollkommen »unpastoral«. – Seelsorge Jesu ist nicht Seelenbedienung, ist vielmehr Konfrontation des Menschen mit dem Reich Gottes.

Weiterhin gilt es zu beachten: dieses Reich, dieses Ende aller Dinge, diese Neuschöpfung Himmels und der Erde, Jesus sagt es ausdrücklich, ist nahe herbeigekommen! Das steht jetzt vor der Tür. Das Kommen völliger Gerechtigkeit, völligen Friedens, völliger Freude, ist nun nicht mehr fern, nicht auf übermorgen zu erwarten, sondern schon auf morgen. Die Wiederkunft Christi ist unmittelbar zu erwarten; »denn jetzt ist uns die Rettung näher als zu der Zeit, in der wir gläubig wurden« (Röm 13,11). Weil das Reich kommt, darum gibt es Seelsorge. Seelsorge ist Zeichen der Reichsnähe.

Und damit haben wir den Ort unserer Seelsorge umschrieben: unsere Seelsorge kommt erst, nachdem die Seelsorge Gottes in der Fleischwerdung schon geschehen ist. Sie geschieht daraufhin, daß Gott bald universale Seelsorge üben und alle Tränen abwischen wird. Sie kann darum nur vorläufige Seelsorge sein, eine Unterhaltung im Vorzimmer gleichsam mit angespanntem Blick, das baldige Öffnen der Tür erwartend. Unsere Seelsorge ist dadurch bestimmt, daß die Zukunft des Himmelreiches auf uns zukommt, uns schon nahegerückt ist. Unsere Seelsorge ist eine Gestalt der Hoffnung, ein brüderlicher Gang in Gottes Zukunft hinein. Rechte Seelsorge ist darum immer »reichsunmittelbar«.

Augustinus: Vom Wert der Familie

In dem bemerkenswerten Vortrag „Der Gottesstaat Augustins – Maßgabe für heutige Staaten“ (in: Christof Müller (Hg.), Kampf oder Dialog?, Echter 2015, S. 548-558, hier: S. 557) sagt Ludwig Schick:

Im Gottesstaat wird auch auf die Familie hingewiesen. Der erste und wichtigste Ort der Entfaltung des Menschenseins ist die Familie. Sie fördert die Menschenwürde, richtet auf Gott hin aus, vermittelt Religion, ist Ort des Kennenlernens und Einübens der Tugenden (cf. ciu. 19,16). Augustinus nennt auch bereits „die menschliche Familie den Anfang oder ein Teilchen des staatlichen Gemeinwesens“ (ib.). Augustinus würde heute sicher fordern, dass die Familie viel mehr Gewicht in der Gesellschaft hat, vom Staat gefördert wird und den ersten und vorzüglichsten Platz bei allen Entscheidungen hat.

Wenn gute Werke dem Glauben im Weg stehen

In seiner Römerbriefvorlesung von 1515/16 sagte Martin Luther:

Wohl finden sich viele, die die Güter zur Linken, die zeitlichen, um Gottes willen für nichts achten und gerne preisgeben, wie Juden und Ketzer tun; aber die auch die Güter zur Rechten, die geistlichen Güter und die rechtschaffenen Werke für nichts achten, um Christi Gerechtigkeit zu erlangen, deren sind es wenige. Das vermögen Juden und Ketzer nicht. Und doch wird, es sei denn, dass dies geschehe, niemand selig werden. Immer wollen und hoffen sie darauf, dass ihre eigenen Werke vor Gott geachtet und belohnt werden. Aber unverrückbar fest steht der Satz: „Es liegt nicht an jemandes Wollen und Laufen, sondern an Gottes Erbarmen“ (Röm. 9,16).

Anm.: „Jude“ ist hier im Sinne von „Werkgerechtigkeit“ zu verstehen und nicht antisemitisch gemeint.

Überwindung des Todes heißt Auferstehung

Bonhoeffer schrieb am 27. März 1944:

Wie wir mit dem Sterben fertigwerden, ist uns wichtiger, als wie wir den Tod besiegen. Sokrates überwand das Sterben. Christus überwand den Tod als ἔσχατος ἐχθρὸς (1. Kor 15, 26; Anm.: „der letzte Feind“). Mit dem Sterben fertigwerden bedeutet noch nicht mit dem Tod fertigwerden. Die Überwindung des Sterbens ist im Bereich menschlicher Möglichkeiten, die Überwindung des Todes heißt Auferstehung.

Der Kampf gegen die menschliche Trägheit

Johannes S. hat mich auf ein Zitat der Schriftstellerin und Historikerin Ricarda Huch (1864–1947) aufmerksam gemacht:

NewImage

Der schwerste Kampf
ist der gegen die menschliche Trägheit,
die unter der Maske der Nachgiebigkeit, Versöhnlichkeit und Milde
das Böse und Unwahre vertuscht und
sich dem Kampf entziehen will.

Ist christliche Liebe eine Entscheidung?

John Piper zeigt in dem nachfolgenden Videobeitrag auf der Grundlage vom Hohenlied der Liebe (1Kor 13), dass Liebe mehr ist als eine Entscheidung (obwohl wir das heute oft gesagt bekommen). Gleichwohl mir die Hintergrundmusik etwas auf die Nerven geht und die Liebe m.E. (indirekt) leicht übertrieben in die Nähe des Gefühlsreichtums gerückt wird, stimme ich Piper zu. Liebe ist mehr als eine Entscheidung. Sie kommt zu uns durch Gottes Sohn, als Gabe des Geistes füllt sie uns aus und bevollmächtigt uns zu Taten der Liebe.

Vor dem Video ein längere Abschnitt zum Thema aus der großen Arbeit Die Liebe im Neuen Testament von Wilhelm Lütgert zum Liebesgebot im 1. Johannesbrief:

Die Liebe, die in der Gemeinde ist, ist also aus Gott entstanden, [1. Joh] 4, io. Das Wort geht von der Tatsache aus, daß Liebe da ist und zwar Liebe zu Gott; denn nur so versteht sich der folgende verneinende Satz, er sagt, wodurch diese Liebe da ist. Liebe zu Gott entsteht nicht dadurch, daß der Mensch Gott liebt und Gott diese Liebe erwidert, sie geht nicht vom Menschen aus. Der Mensch vermag von sich aus Gott nicht zu lieben. Ein solcher Gedanke wäre für Johannes eine Verleugnung der Gottheit Gottes. Nicht der Mensch erzeugt in Gott die Liebe, sondern Gott erweckt sie im Menschen, sie geht von oben nach unten. Liebe ist für Johannes nicht etwas Menschliches, sondern etwas Göttliches. Alle menschliche Liebe ist Gegenliebe. Derselbe Gedanke wird 4, 19 ausgedrückt: wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.

Die Liebe Gottes ist auch nicht durch das, was der Mensch ist, motiviert, sondern sie entspringt in Gottes eigenem Willen, er liebt, weil er Liebe ist, 4, 8. 16, oder weil er Licht ist, 1, 5, denn beides ist für Johannes dasselbe, es bedeutet: er ist nichts als Liebe. Man darf gegen diese Auffassung des Bildes nicht einwenden, daß damit etwas Selbstverständliches gesagt sei. Daß Gott Liebe ist und nichts als Güte, ist für Johannes so wenig selbstverständlich, daß es vielmehr ein Glaubensurteil ist. Diesem Bekenntnis widerspricht die Finsternis. » Da in der Welt Finsternis ist, so entspricht es dem natürlichen Gottesgedanken, auch in Gott Finsternis zu sehen. Man schließt aus dem Werk auf den Schöpfer. Dem setzt Johannes sein Bekenntnis entgegen, daß Gott nichts ist als Licht, Liebe. Das Eigentümliche des Gedankens besteht darin, daß Liebe nicht nur als Eigenschaft Gottes, als Tat Gottes, sondern als sein Wesen bezeichnet wird. Er hat und übt nicht nur Liebe, sondern er ist Liebe. Liebe ist nicht eines seiner Ziele, eine seiner Eigenschaften, sondern sein ganzer Wille ist nichts als Liebe.

Der Beweis dafür liegt für Johannes nicht im Lauf der Welt, der dieses Bekenntnis eben zu widerlegen scheint. Die Liebe Gottes ist verborgen, wie Gott selbst. Offenbar geworden, in die Welt getreten, aus dem Willen zur Tat geworden ist sie durch die Sendung des einzigen Sohnes. Genau wie im Evangelium wird die Vollkommenheit der Liebe Gottes an der Vollkommenheit seiner Gabe gemessen. Johannes spricht jedoch von der Sendung des Sohnes nicht wie von einer stummen Tatsache, aus der er durch eigenen Gedanken Gottes Liebe erschlossen habe, sondern daß Gott Licht ist, das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben. Er nennt also auch nicht Jesu Werk, sondern sein Wort als den entscheidenden Beweis für die Liebe Gottes. Der Erweis der Liebe Gottes wird nicht in äußeren Dingen gesehen, nicht in sachlichen Gaben, überhaupt nicht in äußerer Erfahrung; vielmehr gilt als der höchste Erweis der Liebe Gottes der Name der Gotteskinder, 3, 1. Daß Johannes nur vom Namen spricht und schon in ihm die Offenbarung vollkommener Liebe sieht, zeigt, daß es ihm nur auf die Liebe Gottes und nicht auf die aus ihr folgenden sachlichen Gaben ankommt. Diese Schätzung der Liebe Gottes ist selbst wieder Liebe. Die Gotteskindschaft besteht jedoch bei Johannes nicht nur im Namen, sondern im Besitz des Geistes Gottes. In der Gabe des Geistes besteht für Johannes der höchste Erweis der Liebe Gottes. In dieser Beziehung steht die Gabe des Geistes Gottes neben der des Sohnes Gottes. Er ist insofern die höchste Gabe Gottes, als Gott mit dem Geist sich selbst gibt. Sich selbst geben, das ist nach Johannes auch für Gott die höchste Form der Liebe. Darum erkennt die Gemeinde an der Gegenwart des Geistes die Gegenwart Gottes, 3, 23f; 4, 13. Eben weil im Geist Gott im Menschen ist, so wird der Geist nicht etwa als eine Kraft geschätzt, die ihren Wert darin hätte, daß sie zu irgend einem Ziel führte, er hat seinen Wert nicht als Mittel für irgend einen über ihn hinausliegenden Zweck, sondern er ist an sich die höchste Gabe Gottes. Geist Gottes zu empfangen, ist das Ziel der Gemeinde. Dieselbe Anschauung liegt im Evangelium vor. Wen der Vater liebt, zu dem kommt er und wohnt bei ihm, 14, 23, und gegenwärtig ist er im Menschen durch den Geist, v. 17 ff. Dieses Wohnen Gottes im Menschen, welches ihn zum „Tempel“ macht, ist die Gemeinschaft mit Gott — das Ziel der Liebe Gottes, genau so wie der höchste Erweis der Liebe Gottes zu seinem Sohne darin besteht, daß er den Sohn nicht allein läßt, sondern nicht nur äußerlich bei ihm, sondern inwendig in ihm ist. Dabei liegt im Geistgedanken des Johannes niemals, wie etwa in der Mystik Philos, der Anspruch der Vermischung mit Gott. DerGeist bleibt „heilig“, d. h. göttlich, er bleibt Gottes Geist. Das ewige Leben (und das ist doch nichts anderes als der Geist), das Gott der Welt gegeben hat, ist in seinem Sohne, 1. Joh. 5, 11. Johannes denkt nicht an Vermischung des Geistes mit dem Menschen, sondern an Unterscheidung und Gemeinschaft, d. h. an Liebe.

Weil Gott sich als Liebe offenbart, so haftet bei Johannes unmittelbar an der Kenntnis Gottes Trieb und Kraft zur Liebe. Wer liebt, beweist damit, daß er Gott kennt, und wer nicht liebt, beweist, daß er ihn nicht kennt, 4, 8. Ein kraftvolleres Liebesmotiv als die Erkenntnis Gottes und eine Erkenntnis Gottes, die nicht diese Wirkung unmittelbar ‚ in sich schlösse, gibt es nicht.An den Hinweis auf die Liebe Gottes schließt Johannes nicht das Gebot der Liebe zu Gott, sondern unmittelbar das Gebot der Bruderliebe. Gott lieben heißt ihm gehorchen, seine Gebote halten, 5> 3- Liebe ist, so gut Gott wie den Menschen gegenüber, nicht Stimmung und Empfindung, sondern Tat. „Geliebte, wenn uns Gott so geliebt hat, so müssen auch wir uns unter einander lieben.“ Denselben Sinn hat das Wort 1, 7 : „Wenn wir im Lichte wandeln, so haben wir Gemeinschaft unter einander“. Aus dem Wandel in der Güte Gottes folgt die Liebe. Ebenso stehen 2, 9 der Wandel in der Finsternis, d. h. die Ge-schiedenheit von Gottes Liebe, und der Haß gegen den Bruder neben einander. Die Liebe Gottes erweckt für Johannes ohne weiteres die Liebe zu den Brüdern, freilich nicht mit Naturnotwendigkeit — denn dieser Zusammenhang kann versagen, aber damit erlischt dann auch die Gemeinschaft mit Gott. Nur wer den Bruder liebt, der bleibt auch im Licht 2, 10.

Nun aber der Beitrag von John Piper, der uns zur Quelle der Liebe und Freude führt:

Barths Schriftverständnis

D.A. Carson erzählt in dem TGC-Beitrag „What Should Evangelicals Make of Karl Barth?“ folgende Anekdote über die dialektische Arbeitsweise des Schweizer Theologen:

Es gibt da eine sehr berühmte Geschichte – ich weiß nicht, ob sie authentisch ist oder nicht – in der jemand an Barth schrieb und sagte: Professor Barth, ich habe folgende Widersprüche in Ihren Schriften entdeckt. Was sagen Sie zu diesen Widersprüchen? Barth schrieb angeblich zurück: „Nun, hier sind noch einige andere.“ Und er listete noch ein paar Widersprüche mehr auf. „Hochachtungsvoll.“

Auf  das Schriftverständnis von Karl Barth kommt Carson auch zu sprechen. Dazu ergänzend ein Abschnitt aus „Kritik der Bibelkritik“ (in: Facius, Daniel (Hg.), Der Bibel verpflichtet: Mit Herz und Verstand für Gottes Wort, Dillenburg: CV, 2015, S. 245–286, hier S. 258–259):

Barth kann durchaus davon sprechen, dass die Heilige Schrift Gottes Wort ist. Aber sie ist Wort Gottes nur in dem Sinn, wie es die kirchliche Verkündigung ist. „Die Bibel ist Wort Gottes, sofern Gott sie sein Wort sein lässt.“ Die Bibel wird genau dann Wort Gottes, wenn Gott sich durch sie offenbart. Das Ereignis der sich offenbarenden Rede Gottes ist uns Menschen nicht verfügbar, sondern allein Gottes Sache. Dass die Bibel als Zeuge der geschehenen Offenbarung uns zur Offenbarung wird, dass können wir nur im Glauben gegen unseren Unglauben „für uns wahr sein lassen und als wahr bekennen“. Die Inspirationslehre, wie sie im Anschluss an die Reformation entwickelt wurde, ist deshalb für Barth eine Irrlehre, die angegriffen und abgelehnt werden muss. Er sieht die Gefahr, dass die Offenbarung durch dieses Inspirationsverständnis zu etwas Natürlichem wird. Sie müsste dann nämlich eine göttliche und unfehlbare Geschichte bieten und in allen Teilen „feststellbare und griffbereite göttliche Wahrheit aussprechen“. Wie für Brunner ist für Barth die Schrift keine direkte Mitteilung Gottes, sondern wirklich nur Zeugnis. „Die Menschen, die wir als Zeugen reden hören, reden als fehlbare, als irrende Menschen wie wir selber.“ Die Propheten und Apostel sind auch „im Akt der Niederschrift ihres Zeugnisses wirkliche, geschichtliche und also in ihrem Tun sündige und in ihrem gesprochenen und geschriebenen Wort irrtumsfähige und tatsächlich irrende Menschen, wie wir alle.“

Jede Umdeutung des Wortes Gottes „in ein unfehlbares biblisches Menschenwort oder jede Umdeutung des biblischen Menschenwortes in ein unfehlbares Gotteswort“ ist eine Auflehnung gegen „die Wahrheit des Wunders“ und damit eine Auflehnung „gegen die Souveränität der Gnade“.

Die Wort-Gottes-Theologie hat der historisch-kritischen Bibelkritik Grenzen aufgezeigt, überwunden hat sie sie leider nicht.

Empfohlen sei ebenfalls „Barth in Chicago“ von John Warwick Montgomery.

Gefühle evangelisieren

Bei Hanniel habe ich diesen schönen Satz gefunden:

Wir haben unser Bestes getan, sie stets wissen zu lassen, dass der Glaube aus Gefühlen besteht und ihnen nie gesagt, dass auch unsere Gefühle „evangelisiert“ werden müssen.

Ich hoffe, Evangelisten und Seelsorger prägen sich den Gedanken ein. Ja, auch unsere Gefühle sind erlösungsbedürftig!

Die Heilige Schrift im Gottesdienst

51RpUg8sIcL SX308 BO1 204 203 200Michael Lawrence schreibt in  Biblische Theologie für die Gemeinde über die Wortzentriertheit christlicher Gottesdienste:

Nicht jeder ist damit einverstanden, den Schwerpunkt [im Gottesdienst; Anm. R.K.] derart auf das Wort Gottes zu legen. Kürzlich hatte ich die Möglichkeit, einen Beitrag zu einem Buch über den Gottesdienst zu schreiben, in dem verschiedene Autoren eine von fünf Ansichten über den Gemeindegottesdienst beisteuerten. Außerdem hatte jeder von uns die Möglichkeit, den anderen Autoren zu entgegnen, worin man mit ihnen übereinstimmt oder nicht. In dem Kapitel, das ich zusammen mit Mark Dever schrieb, betonten wir, dass das Wort Gottes in den wöchentlichen Versammlungen der Gemeinde im Mittelpunkt stehen muss. Alles, was wir in unseren Gemeindeversammlungen sagen, singen, beten und tun, muss, so argumentierten Mark und ich, aus der Bibel abgeleitet sein.

Einer der anderen Verfasser meinte in seiner Entgegnung auf unser Kapitel, wir würden die Rolle des Wortes Gottes überbetonen. Er schreibt wortwörtlich, er glaube nicht, dass „das klassische ‚predige das Wort‘ die einzige (geschweige denn vorrangige) Weise sei, wie Menschen zum Glauben kommen und darin erbaut werden.“ Wachstum, so schreibt er, geschehe nicht vorrangig durch das Hören, sondern durch das Sehen: „zu beobachten, wie andere ihren Glauben durch ihr tägliches Handeln ausleben, ist das Hauptmittel zur Transformation.“ Die Ansicht, dass Menschen dadurch verändert werden, dass sie das gesprochene oder gepredigte Wort hören, mache aus der Predigt des Wortes, so sagt er, „etwas Magisches“.

Nun hoffe ich sehr, dass dieser Bruder Gottes Wort wertschätzt und in seinem Dienst anwendet, und ich kann nur zustimmen, wie wichtig es ist, dass die Gemeinde ihre Worte auch durch ihre Taten unterstreicht. Dennoch fürchte ich, dass er übersieht, was die Bibel über sich selbst bezeugt. Gott sagt uns, sein Wort werde „bewirken, was mir gefällt, und ausführen, wozu ich es gesandt habe“ (Jes 55,11). Es ist nicht allein so, dass sein Wort ins Dasein „ruft, was nicht ist, als wäre es da“ (Röm 4,17), sondern anschließend erhält es auch alles (Hebr 1,3). Michael Horton fasst dies sehr treffend zusammen: Gottes Wort enthält nicht nur Informationen, sondern schafft vielmehr Leben. Es ist nicht nur beschreibend, sondern auch wirksam. Wenn Gott redet, dann heißt dies: Gott handelt.

Evangelikale haben den Lehrcharakter des Wortes Gottes gegenüber Modernisten und liberalen Theologen verteidigt, die die Glaubwürdigkeit der Bibel untergraben. Was aber ist mit dem Pragmatismus in unserem eigenen evangelikalen Lager, der die Allgenugsamkeit der Schrift untergräbt? Wir müssen nicht nur betonen, dass das Wort Gottes belehrend ist, sondern auch mächtig und wirksam, weil der Geist Gottes das Wort benutzt, um genau das auszuführen, was er damit beabsichtigt. Die ganze Schöpfung ist „durch Gottes Wort bereitet worden“ (Hebr 11,3; vgl. Ps 33,6), und durch eben dieses Wort sind wir eine neue Schöpfung (Röm 10,17; 2Kor 4,6). Wir wurden „wiedergeboren … durch das lebendige und bleibende Wort Gottes“ (1Pet 1,23). Aus diesem Grund sprechen die Apostel, wenn sie zu den Gemeinden reden, von dem Wort, „das in euch eingepflanzt worden ist und das die Macht hat, euch zu retten“ (Jak 1,21), von dem Wort, „das in euch bleibt“ (1J0h 2,14) und das „reichlich unter euch wohnen“ soll (Kol 3,16).

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner