Die Entdemokratisierung Europas

Die Idee einer losen Währungsunion ist gescheitert, die Finanzmärkte spielen verrückt – jetzt soll die Wirtschaftsunion kommen. Weil sie nicht organisch entstehen wollte, wird sie eben zentral von oben durchgesetzt. Hier ein wichtiger Kommentar von Thomas Gutachter:

Und trotzdem sind es lauter Paukenschläge, mit denen die Staats- und Regierungschefs ihr Wetterten seit einem Jahr orchestrieren. Nicht mehr Beethovens Hymne an die Freiheit, sondern Richard Strauss‘ titanisch-dröhnende Eröffnung des Zarathustra ist der Sound der Zeit. Die Wettretter bauen an einer Europäischen Union, genauer: einer Euro-Union, die nichts zu tun hat mit all den Verträgen, um die sie zwanzig Jahre lang so mühsam gefeilscht haben. Nachdem die Idee einer losen Währungsunion gescheitert ist und die Finanzmärkte verrückt spielen, soll jetzt die Wirtschaftsunion kommen, aber richtig.

Mehr: www.faz.net.

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16 Kommentare
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13 Jahre zuvor

die „Europäische Wirtschaftsregierung“ ist nur eine Seite der Medaille. Es wird ja auch vom „Europäischen Rettungsschirm“ gesprochen. Seit einigen Tagen ist bekannt, wie die institutionalisierte Belohnung der planmäßigen Mißwirtschaft in Form des Rettungsschirms aussehen soll. Hier findet man konkret, was den Bundestagsabgeordneten bald zur Abstimmung vorgelegt wird: http://localchange.files.wordpress.com/2011/07/entwurf_vertrag_esm.pdf So etwas Unverschämtes habe ich bisher selten gesehen. In kurzen Worten: Es wird ein neues Finanzinstitut gegründet, das „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ heißt. Der Name ist schon irreführend, denn eine Rechtspersönlichkeit ist kein (automatischer) Mechanismus, wie man bestätigt findet, wenn man den Rest des Vertrags liest. Da tun sich also alle Euro-Länder zusammen, siehe Präambel. Das Institut hat einen „Gouverneursrat“ und ein „Direktorium“, das einen „Geschäftsführenden Direktor“ sowie „Mitarbeiter“ anstellt, A4(1). Die Gouverneure und Direktoren werden nicht etwa gewählt, sondern von der Verwaltung der Mitgliedsstaaten bestimmt, A5 bis 7. Das Institut hat alle Rechte einer Rechtspersönlichkeit, was an sich in Ordnung ist. Aber. Die im Institut tätigen Personen genießen rechtliche und sachliche Immunität und… Weiterlesen »

13 Jahre zuvor

nun hat auch der oberste Chef aller Banken den Mut gefasst, seine pessimistischen Erkenntnisse zu veröffentlichen: hier http://www.n24.de/news/newsitem_7215323.html Ich sehe es anders als er immer noch positiv. Die Lage ist die: wir haben sehr bald ein ernsthaftes Problem. Es geht nun anders als in den letzten Jahren nicht mehr um eine unterschiedliche Ansicht der Tatsachen. Es geht nun nur noch darum, was man daraus macht. Die Griechen wurden nun offiziell aufgegeben. Wenn die einen Euro für ein Jahr ausleihen möchten, dann kostet die das 50 Cents Zinsen. Der Herrscher von Italien sagt öffentlich, daß er in seinem Land nicht mehr leben möchte Die Spanier machen innert weniger Tage eine Änderung der Verfassung dergestalt, daß Sie zukünftig sparen wollen. Der Obama hat bekannt, daß seine Politik dem Land schadet. Die Deutschen glauben zu erkennen, daß es nur mit einem mächtigen, zentralistischen Europa weitergehen kann. Im Internet kursieren Meldungen mit 25 Anzeichen, warum der Crash bevor steht: http://www.propagandafront.de/182290/panik-macht-sich-breit-die-welt-steht-vorm-nachsten-grosen-finanz-crash.html?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+Propagandafront+%28PROPAGANDAFRONT%29&utm_content=Google+Reader Heute 03.09.2011 kann wirklich… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

Ich glaube, es wissen die meisten nicht, was gespielt wird. Die meisten. Also schlittern wir da hinein, ohne irgend etwas tun zu können. Ich sehe nicht, inwiefern dies noch aufgehalten werden könnte. Könnte es nicht sein, dass — weltgeschichtlich betrachtet — die Zeit des Westens irgendwann vorübergeht, und wie es aussieht, damit beginnt? Könnte es sein, dass der Westen — wie Spengler prophezeite — untergeht?

13 Jahre zuvor

und nun hat héute auch das Bundesverfassungsgericht etwas dazu gesagt, zum Download hier http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20110907_2bvr098710.html Es ging bei dem Urteil nicht um das ESM-Gesetz, sondern um den derzeit noch gültigen Vorgänger, die „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“, brauchbar dokumentiert hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Finanzstabilisierungsfazilit%C3%A4t#Europ.C3.A4ische_Finanzstabilisierungsfazilit.C3.A4t Die „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ ist an sich schon ein Witz: eine eilig zusammengezimmerte und daher windige Aktiengesellschaft in Luxemburg, ohne Bankzulassung und unter der Leitung eines deutschen Verwaltungsbeamten möchte in der Königsklasse mitspielen, bei der professionellen Verwaltung der Staatsschulden. Auch wenn alle Euro-Staaten Aktionäre sind, wenn man so etwas gesetzestreu durchführen will, dann muß dieses Projekt fehlschlagen oder es wird langfristig sehr teuer. Kein Wunder, wenn die Experten raten, diese Fehlgeburt zu verstaatlichen und ein suprantionales Institut zu gründen, da ist man bezüglich der Gesetze auch etwas variabler, denn statt luxemburger Strafrecht gilt europäisches Verwaltungsrecht, was immer das ist. Das geplante ESM-Gesetz wird durch das BVerfG-Urteil aber offen zur Makulatur, die Verfassungsrichter haben es ganz klar auch gelesen, bevor sie entschieden haben. Das ESM-Gesetz… Weiterlesen »

Alexander
13 Jahre zuvor

Eine etwas weniger optimistische Einschätzung des heutigen BVerfG-Urteils hier:
http://www.faz.net/artikel/S30638/urteil-des-bundesverfassungsgerichts-weg-frei-fuer-ungehemmtes-euro-retten-30498659.html

13 Jahre zuvor

lieber Alexander, ich habe lange ueberlegt, ob ich etwas zu der dankenswerterweise von Dir eingestellten Einschaetzung (und zu vielen anderen im Internet kursierenden, aehnlichen Einschatzungen) schreiben soll. Im Ergebnis ist zu den darin betrachteten Perspektiven aber nichts zu sagen, denn diese betrachten die Entscheidung des BVerfG aus einer falschen Perspektive. Was viele Leute nicht verstehen ist, dass das BVerG nichts inhaltliches zu dem Sachverhalt sagen kann und soll, sondern nur dazu, ob die beanstandeten Handlungen und Gesetze unseren demokratischen Masststaeben genuegen. In anderen Worten: wenn das Parlament Beschluesse fasst, die moeglicherweise zum Staatsbankrott = Buergerbankrott fuehren, dann ist das fuer das BVerfG in Ordnung, solange es auf demokratische Weise erfolgt. Bei den in den konkreten Verfassungsklagen beanstandeten Regelungen und Handlungen der “Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität” war das in Ordnung, denn diese waren vom Bundestag beschlossen, klar umrissen sowie zeitlich und inhaltlich beschraenkt. Alle Beteiligten haben vorher gewusst oder zumindest geahnt, dass die “Europäische Finanzstabilisierungsfazilität” verfassungsgemaess ist. Womit bei Klageerhebung im letzten Jahr… Weiterlesen »

13 Jahre zuvor

Nachtrag 16.9.2011

Und wie das BVerfG-Urteil nun doch gewirkt hat, es ist erheblicher Sand im Getriebe der Feinde der Demokratie:

http://www.n-tv.de/politik/ESM-Abstimmung-wird-verschoben-article4321546.html

Die eigentlich für Ende September 2011 vorgesehene deutsche Entscheidung über die Einrichtung des „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ ESM verschiebt sich also ins kommende Jahr. In der FDP läuft derzeit ausserdem eine Initiative des Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, der einen Mitgliederentscheid über den ESM erzwingen will. Schäffler benötigt 3300 Unterschriften für seine Initiative, am 15.9.2011 hatte er bereits die Hälfte davon zusammen. Wenn sich die FDP offen gegen den „ESM“ ausspricht, wie koennen da die anderen Parteien noch ins Risiko gehen und fuer den „ESM“ sein?

Das mit ESM in der urspruenglich geplanten Form kann also nichts mehr werden.

Danke, Herr Jesus, fuer Deinen Segen und Deine Hilfe in dieser schwierigen Zeit!

Schandor
13 Jahre zuvor

Ja, danke Herr Jesus!

Auch Dir danke, Martin!

lg.
S.

13 Jahre zuvor

und wie das BVerfG da durchgreift.

heute hat es eine einstweilige Verfügung erlassen, gemäß dem das mit nur neun Abgeordeneten besetzte Bundestagsgremium vorerst keine Entscheidungen über den Einsatz des Euro-Rettungsschirms EFSF fällen darf.

Es braucht also eine ordentliche Abstimmung im Plenum.

Wie als Obiter Dictum in der ESFS-Entscheidung des BVerfG angekündigt.

Eine handfeste Schlappe für die Feinde der Demokratie, Danke, Herr!

Hoffen wir, daß unsere Abgeordneten nun nicht einfach das Grundgesetz ändern.

13 Jahre zuvor

hier noch ein Link auf einen Bericht über die Entscheidung
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,794537,00.html

Sobald ich die Entscheidung selbst habe, kommt natürlich der Link darauf.

13 Jahre zuvor

Hier der Link auf die Entscheidung des BVerfG, inklusive dem beanstandeten Gesetzestext.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/es20111027_2bve000811.html

Nur zur Dokumentation: derzeit überschlagen sich die Ereignisse, nicht unmittelbar in Deutschland, sondern mehr in den südlichen Staaten der EU/Euro-Zone. Aussagen von Politikern haben nur noch eine Halbwertszeit von einem Tag. In Frankreich gibt es bereits drastische Kapitalverkehrskontrollen. In Griechenland will die Regierung einem Militärputsch zuvorkommen. Alles nicht sehr demokratische Maßnahmen. Da geht es den Deutschen schon noch besser.

Alles in allem hat dieses Euro-Projekt schon sehr viel Unfrieden gestiftet und dabei sehr viel Geld gekostet.

Wie gut zu wissen, daß unser Gott die Kontrolle behält, auch wenn er die Menschen von sich weglaufen lässt. Wie wäre die Situation wohl verlaufen, wenn man ihn vor dem Anstoßen des Eur-Projekts ernsthaft um Rat und Beistand gebeten hätte?

12 Jahre zuvor

seit November 2011 hat sich einiges verändert, in nur vier Monaten haben sich im Zusammenhang mit der Eurorettung deutsche Risiken in Höhe von 1,7 Billionen (=1700 Milliarden) aufgetürmt, etwa das fünffache des jährlichen Staatshaushalts. Mich interessiert das Thema seit letzter Woche nicht mehr, denn wir können nun den unvermeidlichen Crash in Zeitlupe betrachten. Das ist ungefähr so spannend wie ein Krimi, bei dem man den Mörder schon auf der ersten Seite mitgeteilt bekommt.

Letzte Woche hat sich aber im Sinne des ursprünglichen Titels „Die Entdemokratisierung Europas“ dieses Beitrags doch etwas Neues ereignet.

Die Geschäftsordnung des Bundestags wird entscheidend geändert. Eine kleine aber hochwirksame Änderung des Rederechts soll Außenseiter und Kritik zum Schweigen bringen. Künftig sollen Abgeordnete mit abweichender Meinung im Regelfall nur eine kurze schriftliche Erklärung abgeben dürfen.

Mehr dazu hier im Focus
http://www.focus.de/magazin/kurzfassungen/focus-15-2012-gauweiler-will-vor-verfassungsgericht_aid_733763.html

Nun hängen wir innerhalb weniger Monate schon zum zweiten Mal entscheidend vom BVerfG ab.

Das ist doch ein schönes sekuläres Gebetsanliegen für die nächste Zeit.

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