Die Tage Noahs werden am Ende wiederkehren

Hermann Bavink sagt über das Ende der irdischen Zeit (Dogmatik, Bd. 4, S. 674):

Die Gläubigen, von denen nicht viele weise, mächtig oder von edler Geburt sind (1Kor 1,26), haben auf Erden nichts anderes zu erwarten als Leid und Unterdrückung (Röm 8,36; Phil 1,29). Sie sind Fremdlinge und Fremde (Hebr 11,13); ihr Bürgerrecht ist in den Himmeln (Phil 3,20); sie schauen nicht auf das Sichtbare (2Kor 4,18), sondern auf das, was droben ist (Kol 3,2). Sie haben hier keine bleibende Stadt, sondern warten auf die künftige Stadt (Hebr 13,14). Sie sind in Hoffnung gerettet (Röm 8,24) und wissen, dass sie, wenn sie mit Christus leiden, auch mit ihm verherrlicht werden (Röm 6,8; 8,17; Kol 3,4). Deshalb warten sie mit der ganzen seufzenden Schöpfung sehnsüchtig auf die Zukunft Christi und auf die Offenbarung der Herrlichkeit der Kinder Gottes (Röm 8,19.21; 1Kor 15,48ff.), eine Herrlichkeit, mit der die Leiden der gegenwärtigen Zeit nicht zu vergleichen sind (Röm 8,18; 2Kor 4,17). Nirgendwo im Neuen Testament gibt es einen Hoffnungsschimmer, dass die Kirche Christi wieder zu Macht und Herrschaft auf Erden kommen wird. Sie darf höchstens darauf hoffen, dass sie unter Königen und allen, die ein hohes Amt bekleiden, ein ruhiges und friedliches Leben in aller Frömmigkeit und Würde führen kann (Röm 13,1; 1 Tim 2,2). Deshalb empfiehlt das Neue Testament nicht in erster Linie die Tugenden, die den Gläubigen befähigen, die Welt zu erobern, sondern nennt als Früchte des Geistes die Tugenden „Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Großzügigkeit, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung“ (Gal 5,22–23; Eph 4,32; 1Thess 5,14ff.; 1Petr 3,8ff.; 2Petr 1,5–7; 1Joh 2,15; usw.).

Es ist eine ständige neutestamentliche Erwartung, dass in dem Maße, in dem das Evangelium vom Kreuz in der Welt verbreitet wird, auch die Feindseligkeit der Welt zum Ausdruck kommen wird. Christus ist dazu bestimmt, viele aufzurichten, aber auch dafür, viele zu Fall und ihre feindseligen Gedanken an den Tag zu bringen. Er ist zum Gericht (κρισις, krisis) in die Welt gekommen, damit die, die nicht sehen, sehen und die, die sehen, blind werden (Mt 21,44; Lk 2,34; Joh 3,19–21; 8,39; Röm 9,32–33; 1Kor 1,23; 2Kor 2,16; Hebr 4,12; 1Petr 2,7–8). In der Endzeit, der Zeit vor der Wiederkunft Christi, wird die Bosheit der Menschen ein furchtbares Ausmaß annehmen. Die Tage Noahs werden wiederkehren. Wollust, Sinneslust, Gesetzlosigkeit, Habgier, Unglaube, Hochmut, Spott und Verleumdung werden in furchtbarer Weise ausbrechen (Mt 24,37ff.; Lk 17,26ff.; 2Tim 3,1ff.; 2Petr 3,3; Judas 18). Auch unter den Gläubigen wird es zu einem weitreichenden Glaubensabfall kommen. Die Versuchungen werden so stark sein, dass, wenn es möglich wäre, sogar die Auserwählten zu Fall gebracht würden. Die Liebe vieler wird erkalten, und die Wachsamkeit wird so weit nachlassen, dass die klugen wie die törichten Jungfrauen einschlafen werden. Der Abfall wird so allgemein sein, dass Jesus fragen kann, ob der Menschensohn bei seinem Kommen noch Glauben auf der Erde finden wird (Mt 24,24.44ff.; 25,1ff.; Lk 18,8; 1Tim 4,1).

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8 Kommentare
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Alex aus Cloppenburg
6 Monate zuvor

Vielleicht waren die Tage Noahs nie „weg“. Dann bräuchten sie eigentlich auch nicht wiederkommen. Bereits als der nackte betrunkene Noah von seinem eigenen Sohn gedemütigt wurde, war klar, dass alles beim Alten, d.h. beim Schlechten, bleiben wird. Das Reden von der Endzeit ist genauso „zielführend“ wie die Sinflut selber.

Schandor
6 Monate zuvor

Die Tage Noahs, das ist ein Konzept, das die Hörer alarmieren sollte. Unter den Juden dürfte das so gewirkt haben wie eine stehende Wendung – Achtung, höchste Vorsicht ist geboten! Bavincks Gedanken sind natürlich stark von seiner pessimistischen Weltanschauung geprägt, wonach das Hüben systemisch-integral vom Bösen durchdrungen immer nur durch ein dimensionales Eindringen vom Drüben erlöst werden kann. Die Umformung der Gesellschaft auf breiter Front durch eine Kraft (Kraft hier als Aspekt, nicht als Wesen gedacht) wie den Heiligen Geist ist von vornherein ausgeschlossen. In gewisser Hinsicht sind die Tage Noahs freilcih immer. Aber ich denke nicht, dass Jesus Christus dies so gemeint hat. Vielmehr wollte er wie so oft in den Evangelium seine Hörer auf das baldige Ende der Weltzeit vorbereiten und warnen. Wenn man das übersieht, besteht die Gefahr, Aussagen, die sich auf eine ganz bestimmte Situation bezogen, von ihrer historischen Gebundenheit „befreit“ unds zu einem Prinzip verallgemeinert. „Nirgendwo im Neuen Testament gibt es einen Hoffnungsschimmer, dass die… Weiterlesen »

Schandor
6 Monate zuvor

@Ben

Deinen Link sehe ich erst jetzt – Dr. White hat ja eine spannende geistliche Reise angetreten! Ich war sehr erstaunt, als ich dies erfahren hatte.

Alex aus Cloppenburg
6 Monate zuvor

@ Schandor:
die komparative Frage nach der Größe von Himmel und Hölle“ wird von vielen Christen auch recht eindeutig beantwortet.
Ich kann ansonsten allem zustimmen – allerdings führen solche Debatten leider immer in die Sackgasse, weil wir am Ende beim Bibelverständnis landen, d.h. wie „wörtlich“ können wir die Texte nehmen bzw. sind wir überhaupt in der Lage zu verstehen, was Paulus, Jesus usw. tatsächlich aussagen wollten.

Udo
6 Monate zuvor

Wer lesen kann, könnte auch Jesus verstehen, wenn er wollte. Zu Paulus hat sich ja bereits Petrus im 2. Petrusbrief (3,16) geäußert. Da muss man sich dann etwas mehr anstrengen. Ansonsten hilft, wie schon Jesus im Johannes Evangelium ausgeführt hat, der Heilige Geist, der aber offensichtlich Anhänger der historisch-kritischen Methode meidet.

Alex aus Cloppenburg
6 Monate zuvor

Udo, der Heilige Geist scheint gerade bei den Gegnern der HKM nicht unbedingt wirkungsvoll zu sein – zumindest schafft er kaum Einheit. Vor allem und gerade in Fragen der Bibelauslegung. Und ja, die Bibeltreuen strengen sich sehr an und wirken auch entsprechend. Da ist es doch sympathischer, wenn man sagt, dass einem das Allermeiste, was in der Bibel steht, uns fremd bleibt.

Robert Renk
5 Monate zuvor

Ein Gegenentwurf zu der weit verbreiteten „Illussion“ einer zu erwartenden großen Erweckung, die ist vorrangig in charismatischen Kreisen anzutreffen, aber deren Einfluss wächst ja Tag für Tag. Woher die Erwartungsvollen diese „Vison“ hernehmen erschließt sich mir nicht. Wünschen darf und soll man sich eine Welle göttlichen Wirkens natürlich, schließlich geht es um verlorene Seelen, aber sind wir realistisch, wir wollen doch den Preis dafür gar nicht bezahlen oder ?
Also freuen wir uns auch über die kleinen gebackenen Brötchen und halten fest was wir haben ! Das ist in diesen letzten Tagen auch nicht immer einfach !

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