Die Kosten der Selbstoptimierung

Longevity – dieser Begriff ist in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft immer präsenter geworden. Sicherlich ist er auch Ihnen schon begegnet. Man kann sogar fast von einer Longevity-Bewegung sprechen. Gemeint ist Langlebigkeit einschließlich zweier Aspekte: lange Lebensspanne und hohe Lebensqualität im Alterungsprozess. 

Dazu sind in den letzten Jahren unzählige Produkte, Behandlungen und Angebote auf den Markt gekommen: Anti-Aging-Superfoods, Biohacking, Kältekammern oder hyperbare Sauerstofftherapien. Die Fachärzting Jenifer Blythe hat für die FAZ herausgearbeitet, dass bei dem Trend der Wert von stabilen und liebevollen Beziehungen leider vernachlässigt wird:

Damit wird deutlich, Gesundheit unterliegt nicht bloß der individuellen Verantwortung, sondern ist ein Produkt des sozialen Miteinanders. Die Bedeutung von zwischenmenschlichen Beziehungen für unsere Gesundheit kann deshalb nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Auch die prominenteste und umfassendste Langzeitstudie, die „Harvard-Studie über das Leben“ mit einer Laufzeit von mehr als 75 Jahren zeigt, dass die besten Prädiktoren für ein langes und gesundes Leben nicht Reichtum, Selbstoptimierung oder Erfolg sind, sondern stabile, liebevolle Beziehungen. Je mehr wir uns in reale, echte soziale Netzwerke einbinden, desto besser ist unsere körperliche und geistige Gesundheit.

Mehr: www.faz.net.

Das Ebenbild Gottes und seine Not

Die Lehre vom Ebenbild Gottes ist für die christliche Theologie und Ethik von grundlegender Bedeutung und bildet die Grundlage für Gerechtigkeit und das Gedeihen des Menschen in der Gesellschaft. Diese Lehre wird jedoch heute von antichristlichen Kräften scharf angegriffen.

Fazit:

Der Patristiker Robert Louis Wilken argumentiert in seinem Buch „The Spirit of Early Christian Thought“, dass „die biblische Lehre vom Ebenbild Gottes das christliche Denken auf einen anderen Kurs gebracht hat“ – in der Tat auf einen Kurs, der die Welt neu gestalten sollte. Diese Lehre wird in der Lehre von Gregor von Nyssa in seinem Werk „Über die Erschaffung des Menschen“ wunderbar zusammengefasst, wo er sagt: „Denkt daran, wie viel mehr ihr vom Schöpfer geehrt werdet als der Rest der Schöpfung. Er hat weder den Himmel noch den Mond, die Sonne, die Schönheit der Sterne oder irgendetwas anderes, das du in der Schöpfung sehen kannst, nach seinem Bild geschaffen. Du bist nach dem Abbild jener Natur geschaffen, die das Verständnis übersteigt … Nichts in der Schöpfung kann mit deiner Größe verglichen werden.“ 

Das ist es, was der christliche Glaube der Welt zu geben hat: die Menschenwürde im Abbild Gottes. Als evangelikale Christen müssen wir aber auch lehren, dass Gottes Schöpfung des Menschen nach seinem Bild als Mann und Frau ebenso grundlegend für die Menschenwürde und das göttliche Abbild ist, indem wir unerschrocken die Institutionen Ehe und Familie fördern. Denn dagegen führt die Welt Krieg: Männlichkeit, Weiblichkeit, natürliche Ehe und Familie. Aber was Gott geschaffen und offenbart hat, ist nicht nur gut, sondern sehr gut. Und es ist gut für uns – für die Erholung des Westens, ja – aber auch für die Regeneration und Erneuerung jedes Menschen, ob Mann oder Frau, durch den persönlichen Glauben an Christus, der das vollkommene Abbild des unsichtbaren Gottes ist (Kol 1,15).

Mehr (nur in Englisch): www.thegospelcoalition.org.

Renaissance der Männlichkeit ist überfällig

Lange galt der westliche Mann als Auslaufmodell, wurde als gestrig oder gar „toxisch“ gescholten. Jetzt erleben alte Muster eine Renaissance. Das hat auch mit einer bestimmten Zukunftsangst zu tun – und weltanschaulicher Grenzenlosigkeit, meint Matthias Politycki. Er schreibt:

Dreißig, vierzig Jahre lang hatten die Befürworter einer neuen, differenzierten, emanzipierten – man möchte fast sagen: einer feministisch verstandenen – Männlichkeit alle guten Argumente auf ihrer Seite. Männer, die sich nicht als „neue“, sondern als herkömmliche Männer begreifen wollten, hatten es „noch immer nicht begriffen“, man unterstellte ihnen, daß sie „abgehängt“ waren und sich deshalb „in patriarchale Ersatzklischees flüchten“ mußten. Selbstredend galten sie als misogyn, sprich, als erledigt. Und wer es anders sah, war gut beraten, den Mund zu halten – habe den Mut, dich deiner eigenen Feigheit zu besinnen.

So hat sich die Diskussion über Männlichkeit im Lauf der Jahre auf „toxische“ Männlichkeit fokussiert; die Beschäftigung mit „herkömmlicher“ Männlichkeit (in all ihrer Ambivalenz) ist hingegen fast ganz aus dem öffentlichen Gespräch verschwunden. „Man darf nicht einmal das Wort Männlichkeit verwenden, ohne als Faschist zu gelten“, sagte der französische Philosoph Michel Onfray vor gar nicht so langer Zeit im Interview.

Doch das ändert sich gerade. Angesichts der Kriege, die gefährlich nah an unseren Alltag herangerückt sind, und einer immer häufiger sichtbaren maskulinen Gewalt im Inneren wankt der ideologische Überbau, den sich der Westen auf zunehmend selbstzerstörerische Weise verordnet hat, lösen sich jahrzehntelang dekretierte Selbstverständlichkeiten wie von selbst auf.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Universitäten als „Safe Spaces“?

Mit einem „Hochschulsicherheitsgesetz“ will Nordrhein-Westfalen unter einer schwarz-grünen Regierung Hochschulangehörige vor Diskriminierung schützen. Keine gute Idee! 

Maria-Sibylla Lotter schreibt in der NZZ: 

Bei der Vision der Hochschule als „Safe Space“ scheint das Ministerium eines vergessen zu haben: Menschen können nicht nur Opfer von Übergriffen, sondern auch von Falschbeschuldigungen oder übertriebenen Empfindlichkeiten werden. Und Machtmissbrauch gibt es nicht nur von Autoritäten gegenüber Abhängigen. Macht kann heute über die Opferrolle sehr effektiv ausgeübt werden. Die Berliner Grünen haben das gerade vorgeführt. Die Verfassungsjuristen fürchten, dass das Gesetz im politischen Meinungskampf instrumentalisiert wird.

Viele Formulierungen im Gesetzesentwurf sind vage, missverständlich und laden geradezu zum Missbrauch ein. Garantiert werden soll nicht nur der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung, sondern auch der „soziale Geltungsanspruch“ und die freie „persönliche Lebensgestaltung“. Das mag gut klingen. Aber wann wird eine kritische Auseinandersetzung zur „Anfeindung“, zur „Infragestellung des sozialen Geltungsanspruchs“ oder zur Abwertung der „persönlichen Lebensgestaltung“? Und wer entscheidet darüber?

Es kommt oft vor, dass ein Thema oder ein Gedankenexperiment Studierende irritiert. Solche Irritationen können produktive Diskussionen und Lerneffekte auslösen. Wenn man sich als Gesprächspartner gegenseitig ernst nimmt, werden solche Diskussionen vielleicht auch hitzig und führen zu Kritik an persönlichen Haltungen. Ist es in Zukunft eine «Infragestellung des sozialen Geltungsanspruchs», wenn eine Studierende einer anderen «Überempfindlichkeit» oder «Fanatismus» vorwirft? Die Gefahr besteht. Und dann wird es solche Diskussionen nicht mehr geben.

Schon vor Weihnachten 2024 veröffentlichten 46 Erstunterzeichner, vor allem Verfassungsrechtler, auf der Plattform Verfassungsblog.de Protestschreiben an Ministerin Ina Brandes, den Entwurf zurückzuziehen (vgl. hier). „Der Gesetzentwurf verlässt den Boden des verfassungsrechtlichen Schutzes der Wissenschaft und rechtsstaatlicher Verfahrensvorgaben“, heisst es darin.

Mehr: www.nzz.ch.

Der moralische Gottesbeweis bei Kant

Rüdiger Safranski schreibt in Romantik: Eine deutsche Affäre (2007, S. 137):

Kant hatte die alte Metaphysik mit ihren Gottesspekulationen destruiert. Die theoretische Vernunft, so lehrte er, kann Gott nicht erkennen. Kant vertrieb die theoretische Vernunft damit rigoros aus den seligmachenden Gefilden, wo sie nichts zu suchen, jedenfalls nichts zu finden hat. Ubriggeblieben war die Gotteshypothese für die praktische Vernunft, also für die Moral. Kant erklärt die Sittlichkeit zum einzig verbleibenden religiösen Organ. Dabei ist, genaugenommen, die Religion nicht das Fundament der Moral, sondern es wird umgekehrt die Religion auf die Moral gegründet. Das ist sehr bedeutsam. Würde Moral auf Religion begründet sein, wäre sie gottgegeben, also heteronom [d.h. von fremden Gesetzen/Gesetzgebern abhängend, Anm. R.K.]. Sie soll aber autonom sein. So will es der Kantsche Freiheitsbegriff.

Für jüdische Studenten wird es in Deutschland eng

Heike Schmoll liefert einen Lagebericht über den Antisemtismus an den deutschen Hochschulen. Die Situation darf nicht mehr beschönigt werden. Vielmehr muss gehandelt werden. Zu dieser Einschätzung kommen das Ramer Institute for German-Jewish Relations des American Jewish Committees Berlin (AJC Berlin) und die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) in ihrem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Lagebericht „Antisemitismus an Hochschulen“. Am Schlimmsten ist die Lage übrigens in Berlin, einer links-grünen Hochburg. 

Hier: 

Es gebe kaum noch einen universitären Raum, der frei von antisemitischer Gewalt sei, die Betroffenen isolierten sich zunehmend und mieden den universitären Raum. Zufällige Begegnungen, Freundschaften, Hochschulgruppen oder Bekanntschaften seien für jüdische Studenten ausgeschlossen. Seit dem 7. Oktober 2023 befinden sie sich nach eigenem Bekunden in einer „Ausnahmesituation“. Häufig könnten sie nicht einmal die Universität betreten, ohne mit antisemitischen Schmierereien konfrontiert zu werden. Allein im Jahr 2023 haben die Meldestellen von RIAS 151 Vorfälle an Hochschulen dokumentiert, drei Viertel davon nach dem 7. Oktober. Davon betroffen waren 38 Juden oder Israelis.

Für 2024 gibt es noch keine belastbaren Zahlen, doch keine Anzeichen dafür, dass die Vorfälle abgenommen haben. Im Jahr 2021 waren es noch 16 Vorfälle, die als antisemitisch bewertet wurden, im Jahr 2022 insgesamt 23. Erfasst werden nur Vorfälle am Campus selbst, antisemitische Beleidigungen und Bemerkungen in Chatgruppen, auf Onlineseiten sind gar nicht erfasst. Als traurige Höhepunkte werden der gewaltsame Angriff auf den jüdischen FU-Studenten in Berlin genannt, der dabei schwer verletzt wurde, sowie die Hörsaalbesetzungen an FU und Alice Salomon Hochschule.

An der TU Berlin haben Unbekannte einen Schornstein und eine Wolke mit einer Israelfahne an eine Wand gezeichnet und dazu geschrieben: „Sechs Millionen waren nicht genug“. Veiler meinte, Berlin sei bisher sicher ein „Hotspot“ antisemitischer Vorfälle an Hochschulen gewesen. Die FU Berlin könne die Bezeichnung „Freie“ in ihrem Namen streichen, jüdische Studenten könnten sich dort nicht mehr frei bewegen.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Sind Rechte und Pflichten immer nur Verträge?

Der Geschichtsprofessor Yuval Harari hat einmal über die Menschenrechte gesagt: 

Mit den Menschenrechten verhält es sich wie mit dem Himmel und Gott: Sie sind nur eine fiktive Geschichte, die wir erfunden haben und verbreiten. Vielleicht eine sehr schöne Geschichte, das mag sein. Eine attraktive Geschichte, die wir gerne glauben würden. Aber es handelt sich eben doch nur um eine Geschichte, nicht um die Realität. Menschenrechte sind keine biologische Realität. So wie Quallen, Spechte und Strauße keine Rechte haben, hat auch der Homo sapiens keine Rechte. Nehmen Sie einen Menschen, schneiden sie ihn auf und schauen Sie hinein: Sie finden sein Blut, das Herz, die Lunge und die Nieren, aber Sie finden dort keine Rechte. Der einzige Ort, an dem man Rechte findet, ist in den fiktiven Geschichten, die Menschen erfunden und verbreitet haben. Und das Gleiche gilt auch im politischen Bereich. Staaten und Nationen sind – genau wie die Menschenrechte und Gott und der Himmel – auch nur Geschichten. Ein Berg ist eine Realität: Sie können ihn sehen, ihn anfassen und sogar riechen. Israel oder die Vereinigten Staaten sind nur Geschichten. Sehr mächtige Geschichten. Geschichten, die wir vielleicht sehr gerne glauben würden, aber trotzdem nur Geschichten. Die Vereinigten Staaten kann man nicht wirklich sehen – man kann sie nicht anfassen, man kann sie nicht riechen.

Sind also Dinge wie Himmel, Hölle, Nationen und sogar „Menschenrechte“ nur nette Geschichten, die wir uns erzählen, um mit der Welt zurechtzukommen? Derek Rishmawy, der sich mit den Sichtweisen von Jordan Peterson, Tom Holland und Yuval Harari auseinandergesetzt hat, ist da anderer Meinung. 

Mehr hier: www.evangelium21.net.

Schleiermachers Theologie ohne persönlichen Gott

Ernst Ludwig von Gerlach, der in einer persönlichen Verbindung zu Schleiermacher stand, bemerkte rückblickend über dessen Einfluss (zitiert aus: Hans Christof Kraus, Ernst Ludwig von Gerlach, Bd. 53, Teilbd. 1, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1994, S. 80):

Sein [Schleiermachers, d. Vf.] Pantheismus, dem ,Universum‘ und ,Gott‘ identisch ist, und seine Theologie ohne persönlichen Gott, ohne den Begriff der Sünde und der Buße, ohne Engel und Teufel, ohne Dogmen und Wunder, aber durchdrungen vom unmittelbaren, lebendigen, anregenden Universums-(Gottes-)Bewußtsein und -Gefühl, von lebendiger Liebe zu Christo, als der Blüte der Menschheit, beherrschen noch weit und breit Deutschland und üben mächtigen Einfluß aus auf viele Gläubige. Ich stehe in stetem Kampfe wider seinen Einfluß auf mich.

Wie Russland seine Schriftsteller verfolgte

Der russische Schriftsteller Viktor Jerofejew erinnert daran, dass Russland viele große Schriftsteller hervorgebracht hat, dieses aber oft unter der Obrigkeit zu leiden hatten: 

Der russische Staat war oft gnadenlos gegenüber Schriftstellern, angefangen bereits im 18. Jahrhundert, als die russische weltliche Literatur entstand und stärker wurde. Ihr erstes Opfer war Radischtschew, der Autor des Romans «Reise von Petersburg nach Moskau», in dem er die Leibeigenschaft scharf kritisierte und die französische Libertinage jener Zeit befürwortete. Er musste in die Verbannung.

Nach ihm waren noch viele andere Schriftsteller in der Verbannung, einschliesslich Puschkin, Lermontow und Turgenjew. Dostojewski sass gar vier Jahre lang in einem sibirischen Straflager. Einzig dafür, dass er bei einer Versammlung von liberalen Freunden einen Brief des Kritikers Belinski vorgelesen hatte, welcher darin Gogols Buch «Ausgewählte Stellen aus dem Briefwechsel mit Freunden» verriss. Doch damit nicht genug. Zunächst hatte Zar Nikolai I. Dostojewski zum Tode verurteilt.

Der Kampf mit Schriftstellern, Gegnern der Sowjetmacht, begann sofort nach der Revolution. Verhaftet wurde der grossartige Dichter Nikolai Gumiljow wegen Beteiligung an einer Verschwörung gegen das Regime. Er wurde trotz den Bemühungen Gorkis erschossen. Die Sowjetunion unter Stalin wurde zu einer wahren Hölle für Schriftsteller. Wir haben viele Prosaautoren, Dichter, Dramatiker verloren. Die einen wurden zum Schweigen gezwungen, die anderen umgebracht.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.nzz.ch.

Predigt-Notizen für Kinder

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Wie können wir Kindern helfen, Predigten aufmerksam zu folgen und etwas daraus für sich mitzunehmen? Wie können sie herangeführt werden, die Predigt nicht nur „auszuhalten“, sondern sich selbst als Teil der Gemeinde zu sehen? 

Mithilfe der Predigt-Notizen soll genau das gelingen: Neben Platz für Notizen oder Zeichnungen gibt es auch Platz für Fragen, schwierige Wörter, für Gebetsanliegen und Dinge, die sie über Jesus gelernt haben. Kinder werden so angeleitet, die Predigt zu reflektieren. Für Eltern ist das Blatt eine Hilfe, mit ihren Kindern über das Gehörte ins Gespräch zu kommen.

Das Predigtblatt kann gratis heruntergeladen werden: verbum-medien.de.

Keith A. Mathisons Kritik an Cornelius Van Til

Im reformierten Kreisen wird derzeit intensiv über die Kritik an der „voraussetzungsbewussten Apologetik“ nachgedacht. Die „Presuppositional Apologetics“ ist ein Ansatz in der christlichen Apologetik, der darauf basiert, dass jeder Mensch mit bestimmten weltanschaulichen Voraussetzungen (Präsuppositionen) denkt und argumentiert. Dieser Ansatz wurde besonders durch Cornelius Van Til entwickelt und geprägt. Keith A. Mathison hat nun mit dem Buch Toward a Reformed Apologetics eine Kritik des Denkens von Cornelius Van Til vorgelegt. Das Buch von Mathison ist in mancherlei Hinsicht hilfreich. Aber es enthält auch gravierend Schwächen, die bei der Darstellung von Van Tils Ansatz beginnen und besonders dort deutlich werden, wo er einen „präpositionale Einfluss des Idealismus“ bei Van Til behauptet.

Ein sehr hilfreiche Besprechung gibt es beim Reformed Forum durch Carlton Wynne, Lane Tipton und Camden Bucey. Zur inhaltlichen Orientierung die Themen: 

00:00:07 Introduction
00:07:17 Points of Appreciation for Mathison’s Book
00:13:04 Must Man Know All Things to Knowing Anything about Anything?
00:33:14 The Covenantal-Ethical Nature of Knowledge
00:51:11 The Influence of Idealism upon Van Til
01:01:54 Propositional Jenga
01:12:25 Borrowed Capital
01:18:42 Correlativism or One-Circle Thinking
01:23:10 The Coherence Theory of Truth
01:34:09 Conclusion

Doppeltes Hören bei John Sott und Tim Keller

Auf der TGC-Konferenz 2023 sprach Christopher Watkin über Tim Kellers Vermächtnis und Vision für kulturelles Engagement und kommt dabei auf das sogenannte „Doppelte Hören“ zu sprechen. 

Watkin beginnt seinen Vortrag ab Minute 27: 

Habeas Corpus gilt auch für die Organspende

Wilfried Härle äußerte sich am 6. Februar kritisch zur angestrebten Widerspruchslösung bei der Organspende (FAZ vom 06.02.25, Nr. 31, S. 6):

Mit der Widerspruchsregelung wird eines der frühesten anerkannten Menschenrechte – nach dem Recht der Religionsfreiheit – in subtiler Weise aufgeweicht, ja ausgehebelt: das Menschenrecht, das in der Habeas-Corpus-Akte von 1679 allen Bürgern Englands vom König verbrieft wurde und das seitdem als ein Grundpfeiler jedes Rechtsstaates gilt. Dieses Menschenrecht besagt, dass die Regierung eines Landes keinen Rechtsanspruch auf die leibliche Existenz ihrer Bürger hat, es sei denn, sie hätten dieses Recht durch einen schweren, richterlich festgestellten Verstoß gegen die gesetzliche Ordnung verwirkt. Aber unter der Bedingung der Widerspruchsregelung gehört mein Körper zunächst nicht mir, sondern meinem Staat oder meiner Gesellschaft, und wenn ich mich dem verweigern will, muss ich das ausdrücklich dokumentieren. Die Besitzverhältnisse im Blick auf den menschlichen Leib werden damit umgekehrt.

Sollte die Widerspruchsregelung im Blick auf die Organentnahme auch bei uns in einem erneuten Anlauf doch Rechtskraft erhalten, so würde ich am selben Tag meinen Spenderausweis vernichten und meinen Widerspruch gegen die Organ„spende“ erklären, weil sie dann keine Spende mehr wäre. Das glaube ich meinen Kindern und Enkeln, ja meinem Land schuldig zu sein.

Mehr: zeitung.faz.net.

Das andere Geschlecht

Simone de Beauvoir schrieb 1949 (Das andere Geschlecht [#ad], 2018, S. 484–485):

Es ist nicht schwer, sich eine Welt vorzustellen, in der Männer und Frauen gleich wären, denn genau diese Welt hatte die russische Revolution versprochen: Die Frauen, in der gleichen Weise erzogen und ausgebildet wie die Männer, würden bei gleichem Lohn unter den gleichen Bedingungen arbeiten. Die erotische Freiheit wäre sittlich zugelassen, aber der Geschlechtsakt würde nicht mehr als ein „Dienst“ betrachtet, der sich auszahlt. Die Frau wäre gezwungen, sich einen anderen Broterwerb zu sichern. Die Ehe wäre ein freier Zusammenschluß, den beide Partner zu jedem beliebigen Zeitpunkt aufkündigen könnten. Auch die Mutterschaft wäre frei, daß heißt, Geburtenkontrolle und Abtreibung wären erlaubt, und umgekehrt würden allen Müttern – ob ledig oder verheiratet – und ihren Kindern unterschiedslos die gleichen Rechte zuerkannt. Der Schwangerschaftsurlaub würde von der Kollektivität bezahlt, und dieser fiele auch die Sorge für die Kinder zu, was nicht heißt, daß die Kinder den Eltern entzogen würden, sondern daß man sie ihnen nicht überließe.

Aber genügt es, die Gesetze, die Institutionen, die Sitten, die öffentliche Meinung und den ganzen gesellschaftlichen Kontext zu verändern, damit Frauen und Männer wirklich Gleiche unter Gleichen werden? „Frauen bleiben immer Frauen“, sagen die Skeptiker, und andere Hellseher prophezeien, daß es den Frauen, wenn sie ihre Weiblichkeit ablegen, nicht gelingen wird, sich in Männer zu verwandeln, und daß sie dann zu Ungeheuern werden. Das wiederum setzt die Annahme voraus, die Frau von heute sei eine Schöpfung der Natur. Es mus noch einmal wiederholt werden, dais es in der menschlichen Kollektivität nichts gibt, was natürlich wäre, und daß auch die Frau ein Produkt der Zivilisation ist. Das Eingreifen anderer in ihr Schicksal war von Anfang an da, und es würde, anders gelenkt, zu einem ganz anderen Ergebnis führen. Die Frau wird weder durch ihre Hormone noch durch geheimnisvolle Instinkte bestimmt, sondern durch die Art und Weise, wie sie ihren Körper und ihre Beziehung zur Welt über das fremde Bewußtsein der anderen wiedererfaßt. Der Abgrund, der zwischen dem jungen Mädchen und dem jungen Mann liegt, ist seit der frühesten Kindheit im allseitigen Einvernehmen gegraben worden. Später ist dann nicht mehr zu verhindern, daß die Frau das ist, wozu man sie gemacht hat. Ihr Leben lang wird sie diese Vergangenheit hinter sich her schleppen, und wenn man deren Gewicht ermißt, wird endgültig klar, daß das Schicksal der Frau nicht in Ewigkeit geschrieben stehen kann.

Gewiß, man darf nicht glauben, es reiche aus, die ökonomischen Bedingungen des Frauseins zu verändern, um eine Umwandlung der Frau herbeizuführen. Dieser Faktor war und bleibt zwar der wichtigste Motor ihrer Evolution, doch solange er nicht die ethischen, gesellschaftlichen, kulturellen und sonstigen Konsequenzen nach sich gezogen hat, auf die er verweist und die er verlangt, kann die neue Frau nicht in Erscheinung treten. Bis zum heutigen Tag sind diese Voraussetzungen nirgendwo verwirklicht, weder in der Sowjetunion noch in Frankreich, noch in den USA. Und darum ist die heutige Frau zwischen der Vergangenheit und der Zukunft hinund hergerissen. Meistens erscheint sie als eine „wahre Frau“ in Männerkleidung, und sie fühlt sich in ihrem weiblichen Fleisch ebenso unwohl wie in ihrer männlichen Aufmachung. Sie muß sich häuten und sich ihre eigenen Kleider schneidern. Dahin aber kann sie nur dank einer kollektiven Evolution gelangen. Kein einzelner Erzieher vermag heute einen „weiblichen Menschen“ zu formen, der eine genaue Entsprechung des „männlichen Menschen“ wäre.

Ein junges Mädchen, das wie ein Knabe aufgewachsen ist, empfindet sich als ungewöhnlich und erfährt dadurch eine neue Art der Spezifizierung. Stendhal hat dies sehr gut verstanden, als er sagte: „Man muß gleich einen ganzen Wald pflanzen.“ Wenn man aber umgekehrt eine Gesellschaft unterstellt, in der die Gleichheit der Geschlechter konkret realisiert wäre, müßte diese Gleichheit sich in jedem Individuum neu bestätigen.

Wenn man das heute liest, gewinnt man schnell den Eindruck, dass sich ihre Wünsche durchgesetzt haben. Die Ehe wird als Vertrag auf Zeit verstanden. Geburtenkontrolle und Abtreibung sind normal geworden. Den staatlich verbürgten Schwangerschaftsurlaub gibt es. Der Essentialismus, die Vorstellung also, dass Mann und Frau ein jeweils in bestimmten Bereichen unterschiedliches, inhärentes Wesen (o. Essenz) besitzten, ist eine Außenseiterposition.

Abigail Favale, deren Buch Die geleugnete Natur [#ad] ich hier vorgestellt habe, erläutert in einem Interview mit Public Discurs auf faire und interessante Weise die Anliegen von Das andere Geschlecht. So sagt sie: 

Man kann „Das andere Geschlecht“ nicht verstehen, ohne de Beauvoirs existenzialistisches Framework zu verstehen. Dieser Bezugsrahmen postuliert einen starken Kontrast zwischen Transzendenz und Immanenz. Für sie haben wir nicht wirklich eine Natur. Wir sind nicht von Natur aus Menschen. Wir müssen Menschen werden. Wir müssen uns aus unserem ursprünglichen Zustand erheben. Wir müssen unsere tierische Natur – unsere Immanenz, unsere Faktizität – transzendieren, indem wir unsere Freiheit in der Welt durch kreatives Handeln ausüben.

Für sie bedeutet das, zu transzendieren. Sie spielt hier nicht auf irgendeine Art von Gott an. Es geht nur darum, unsere Immanenz und unseren Status als Objekt zu transzendieren, um ein selbstverwirklichtes Subjekt in der Welt zu werden. In ihrem Rahmen verbindet sie Transzendenz mit dem, was wir als Männlichkeit betrachten. Sie verbindet Frauen mit Immanenz, weil sie biologische Prozesse nicht als fähig ansieht, Transzendenz zu erreichen.

Deshalb lehnt sie Mutterschaft so ab. Für sie bedeutet Mutterschaft einfach nur die Wiederholung der menschlichen Existenz. Sie zählt nicht als Transzendenz, weil die menschliche Existenz an sich nicht bedeutungsvoll ist. Sie muss bedeutungsvoll gemacht werden. Ein Baby zu bekommen, ist also nicht wirklich wichtig, denn so verwirklicht man nicht seine eigene Transzendenz. Und dieses Baby ist auch noch nicht wirklich menschlich. Er oder sie muss später im Leben die Initiative ergreifen, um menschlich zu werden. Für sie ist Fortpflanzung dieser sich wiederholende, fast vegetative Prozess.

Mehr hier: www.thepublicdiscourse.com.

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