Anti-Intellektualismus ist keine Lösung

David Clark schreibt in To Know and Love God (2003, S. 208–209): 

Zu oft in der Kirchengeschichte haben Christen kritisch auf akademische Formen der Theologie reagiert, weil sie meinten, durch sie würde das geistliche Leben abgetötet. Beispiele wie die Great Awakenings, das Aufkommen des Pietismus, Kierkegaards Ablehnung des staatskirchlichen Luthertums und die charismatischen Erneuerungsbewegungen kommen mir in den Sinn. Allzu oft ersetzen Evangelikale heute tote Orthodoxie durch anti-intellektuellen Aktivismus oder Moralismus und nicht mit theologisch vitaler Geistlichkeit. Das unter Evangelikalen am meisten geschätzte Frömmigkeitsmodell betont typischerweise die innere moralische Heiligkeit und den äußeren christlichen Dienst, der im Gegensatz zum reflektierenden Denken steht. Diese Abkoppelung von der säkularen akademischen Welt trug dazu bei, einige Werte zu bewahren: den Vorrang der Bibel und den Respekt vor dem Übernatürlichen. Aber diese Werte überlebten nur innerhalb einer konservativen Subkultur. Der Fundamentalismus überstand den Ansturm der theologischen Moderne, indem er sich zurückzog und eine Festungsmentalität pflegte, die sich gegen die Welt richtete und sich von ihr abgrenzte. Da die akademische Welt als Teil dieser gefallenen Welt angesehen wurde, überließen die Fundamentalisten und später die Evangelikalen die universitäre Welt weitgehend den liberalen Protestanten, die sowohl Traditionalisten als auch Katholiken ausschlossen.

Das Ergebnis ist, dass sich die evangelikale Theologie nicht nur von der akademisch orientierten Universität, sondern auch von einer pragmatisch orientierten Kirche entfremdet hat. Der letztgenannte Punkt ist vielleicht der schädlichste, weil eine der Hauptaufgaben der Theologie als sapientia darin besteht, den Glauben, die Erfahrung und den Charakter der Christen zu formen und zu lenken. Und dies ist sicherlich von zentraler Bedeutung für das Leben und den Auftrag der Kirche. Die Theologie definiert den Gegenstand des christlichen Glaubens. Als solche muss sie sowohl den dreieinigen Gott verherrlichen als auch eine echte persönliche Transformation des einzelnen Gläubigen, der Kirchengemeinschaft und letztlich der Welt bewirken. In der Tat kann die Kirche die Theologie nicht umgehen, wenn sie versucht, ihren Auftrag zu erfüllen. Auch wenn einige meinen, sie könnten die Theologie außer Kraft setzen, die akademische Stratosphäre vermeiden und praktische Relevanz erreichen, gelingt es ihnen nur, eine wohlüberlegte Theologie durch ein Sammelsurium theologischer Bruchstücke zu ersetzen, die wahllos mit kulturellen Ideen verwoben werden.

Plädoyer für einen Staatsverlag?

Tatsächlich liegt im Verlagswesen in Deutschland vieles im Argen. Es werden Bücher hergestellt, die niemand braucht. Es stehen Gewinne im Vordergrund. Gute Manuskripte finden keinen Verleger. Und es ist eine Verlagskonzentration zu beobachten, die langfristig Meinungskorridore einengen könnte.

Aber viel schlimmer als all diese Entwicklungen finde ich es, dass der Schriftsteller Martin Ahrends glaubt, durch einen planwirtschaftlich geführten Staatsverlag diese Probleme lösen zu können.

Hier der Beitrag des Kulturradios:

Ayaan Hirsi Ali: Über Gewalt

Im Westen ist eine Mehrheitskultur entstanden, die Gewalt in der Erziehung ablehnt. Weshalb das in anderen Kulturen anders ist und was das für Europa bedeutet, beschreibt Ayaan Hirsi Ali in einem Gastbeitrag für DIE WELT:

In muslimischen Gesellschaften ist Gewalt nicht nur impulsiv und reaktiv. Sie wird auch kalkuliert und geplant eingesetzt als Mittel zur Wiederherstellung der Ehre durch die Bestrafung unehrenhaften Verhaltens. „Ehrgewalt“ soll öffentlich sein – sie soll nicht nur den Makel der Schande von der betreffenden Familie entfernen, sondern auch anderen signalisieren, dass „unehrenhaftes“ Verhalten nicht toleriert wird. Gewalt im Namen der Ehre trifft daher nicht nur den mutmaßlichen Übeltäter, sondern auch seine Angehörigen. Sie führt häufig zu einem brutalen Kreislauf aus Vergeltungsakten, der nur durch die Vermittlung anderer Familien und durch Wiedergutmachung seitens des Täters beendet werden kann.

Sowohl in Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit als auch in muslimischen Gemeinschaften in westlichen Ländern ist die „Ehrgewalt“ ein immer häufigeres Mittel zur Kontrolle des weiblichen Verhaltens. Eine junge Frau mit einem westlichen Freund muss damit rechnen, geschlagen, zu Hause eingesperrt, entführt, in eine arrangierte Ehe gezwungen oder sogar getötet zu werden. Je härter die Strafe, desto deutlicher die Botschaft an den Rest der Welt: Schande über diese Familie wird nicht toleriert. Und natürlich lautet die Botschaft an die Frauen in der Familie: Wenn du aus der Reihe tanzt, werden wir das auch mit dir tun.

Und dann gibt es natürlich noch die religiöse Gewalt. Ich würde sie im weitesten Sinne als transzendente Gewalt bezeichnen. Diese Art von Gewalt scheinen die Menschen im Westen am schwersten zu verstehen. Die modernen westlichen Nationen sind religiös pluralistisch. Seit langem legen ihre Mitglieder rechtlich, gesellschaftlich und moralisch Wert darauf, religiöse Unterschiede friedlich zu lösen. Es ist eine Grundvoraussetzung der westlichen Gesellschaftsordnung, dass transzendente Gewalt undenkbar ist: Töten in Gottes Namen gilt als altmodisches, rückständiges Verhalten.

Historisch gesehen ist diese Haltung jedoch nicht normal. Während des größten Teils der Menschheitsgeschichte und in weiten Teilen der heutigen Welt – vor allem in muslimischen Gesellschaften – ist es nicht nur denkbar, sondern sogar erstrebenswert, im Namen Gottes und des Landes gewaltbereit zu sein. Gewalt ist nicht nur ein übliches Mittel, um auf Konflikte zu reagieren, den Makel der „Unehre“ zu beseitigen oder Macht zu erlangen. Sie ist auch ein Weg, Gott näher zu kommen, tugendhaft, edel und heilig zu sein.

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Francis Schaeffer: Die unverzeihliche Sünde

Nachdem eine Pastorenfrau Markus 3,28–30 gelesen hatte, überkam sie der Eindruck, dass sie einmal den Heiligen Geist verflucht und damit die unverzeihliche Sünde der Lästerung des Heiligen Geistes begangen hatte. Sie hat dies gebeichtet und Buße getan, aber sie fand keinen Frieden. In ihrer Not bat sie Francis Schaeffer, der damals in Huémoz (Schweiz) lebte, um einen seelsorgerlichen Rat. Ich zitiere aus seinem Antwortbrief (Letters of Francis A. Schaeffer: Spiritual Reality in the Personal Christian Life, 1985, S. 145–146):

Wenn wir die Passagen in den Evangelien über die unverzeihliche Sünde untersuchen, bezieht sich das nur auf eine Sache, nämlich auf diejenigen, die sagen, dass Christus sein Werk in der Macht des Teufels verrichtet hat. Wenn es sich nur um diese Stellen in den Evangelien handeln würde, dann gäbe es eigentlich überhaupt kein Problem, denn das hat eindeutig keinen Bezug zu Ihnen. Es gibt jedoch eine Stelle in einem der Briefe, in der von einer unverzeihlichen Sünde die Rede ist und die über das hinauszugehen scheint, was in den Evangelien steht [vermutlich ist 1Joh 16–17 gemeint, Anm. R.K.].

Dennoch glaube ich, dass die Antwort, die von den meisten aufmerksamen Theologen, die das Wort Gottes lieben, gegeben wurde, die richtige und die einzig mögliche biblische Antwort ist, nämlich dass die Sünde gegen den Heiligen Geist ein fortwährender, nicht endender und beständiger Widerstand gegen das Wirken des Heiligen Geistes im Leben eines Menschen ist, der ihn zum Heil führen will.

Ich möchte Ihnen von ganzem Herzen ans Herz legen zu erkennen, dass die Art des Studiums von „Beweistexten“, die wir alle in gewisser Weise betreiben, nicht wirklich die richtige Art ist, die Bibel zu lesen. Die gesamte biblische Lehre zu einem Thema ist immer reichhaltiger als ein einzelner Abschnitt. Die Bibel spricht zu uns in Gleichgewichten – und es ist die Fülle des Gesamtgleichgewichts der Schrift, die uns die Fülle der Lehre Gottes vermittelt.

Wenn wir die Frage der unverzeihlichen Sünde im Licht der gesamten Lehre des Neuen Testaments betrachten, bin ich sicher, dass die Erklärung, die ich oben gegeben habe, die einzige biblische ist. Die unverzeihliche Sünde ist nicht etwas, das man einmal getan hat und das, wenn man es getan hat, nicht mehr zu ändern ist. Sie ist der ständige, unablässige Widerstand gegen das gnadenvolle Wirken des Heiligen Geistes zur Erlösung. Dies ist eindeutig nicht Ihr Fall: Was Sie getan haben, war falsch, aber es ist nicht falscher, als wenn ich und andere Christen gegen Gott murren, was wir alle tun. Sowohl in Ihrem als auch in meinem Fall sollte die Sache unter das Blut Christi gebracht, dort belassen und vergessen werden – mit einem „Dankeschön“ an den liebenden Vater, der den liebenden Sohn in den Tod geschickt hat, damit wir diese Vergebung erhalten können.

Sobald wir diese oder eine andere Sünde unter das Blut Christi gebracht haben, ist es eine Entwertung des Werkes Christi, wenn wir uns weiter damit beschäftigen. Sein Tod hat unendlichen Wert, weil er Gott ist und jede Sünde bedeckt. Daher sollte ein Christ nichts auf seinem Gewissen haben. Sobald wir wissen, dass wir gesündigt haben, sollten wir diese spezielle Sünde unter das Blut Christi bringen. Und wenn sie einmal da ist, ist es entehrend für den unendlichen Wert des Werkes Christi, sie noch auf dem Gewissen zu haben.

Ich bitte Sie, diese Sache ein für allemal unter das vollendete Werk Christi zu stellen; und wenn Satan Sie danach mit Sorgen darüber verführt, weisen Sie ihn zurück, indem Sie in Ihrem Kopf oder laut sagen: „Lass mich in Ruhe. Das ist vergeben aufgrund des Werkes Christi, als er am Kreuz starb.“

800 Jahre Thomas von Aquin

Im Januar 1225, also vor 800 Jahren, wurde Thomas von Aquin geboren. Er war zweifelsohne einer der einflussreichsten christlichen Philosophen. In einer turbulenten Epoche entwickelte er ein Denken, das das Abendland lange prägte. Richard Kämmerlings stellt uns den „Nicht-Revolutionär“ vor und schreibt über die Entdeckung von Aristoteles im 12. Jahrhundert:

Die entscheidende Konstellation jener Jahrzehnte war die Begegnung mit der Aristotelischen Philosophie in seiner ganzen Breite: Zwar gehörten etwa dessen logische Schriften schon zuvor zum Kanon, vor allem im Studium der Artes liberales, der freien Künste, dem „Vorstudium“ zur Theologie. Aristoteles’ Hauptwerke aber waren in der christlichen Welt unbekannt. Erst die sogenannte „Renaissance des 12. Jahrhunderts“ hatte eine intensive Auseinandersetzung mit der arabischen Philosophie ausgelöst, in der Aristoteles umfangreich überliefert und kommentiert worden war.

Das muslimische Andalusien, speziell Cordoba, war eine Drehscheibe des Austauschs und der Übersetzung. Schriften wie die „Nikomachische Ethik“ oder „Über die Seele“ werden erst jetzt bekannt, zusammen mit ihren scharfsinnigen arabischen Kommentatoren wie Ibn Sina (Avicenna) oder Ibn Ruschd (Averroes) oder auch dem jüdischen Denker Moses Maimonides, der sich ebenfalls intensiv an Aristoteles abarbeitete.

In diesem komplexen geistesgeschichtlichen Prozess der Aneignung oder Umschmelzung dieser nichtchristlichen, antik-paganen, islamischen oder auch jüdischen Wissenskomplexe spielen Albertus und Thomas eine entscheidende Rolle – im zähen Widerstand gegen Traditionalisten und Autoritäten (mehrfach werden aristotelische Lehrsätze in Paris verboten), aber auch im Kampf gegen allzu direkte, problematische Übernahmen, die ans Eingemachte christlicher Grundüberzeugungen gingen. Die Hauptfrage lautete: Lassen sich religiöser Glaube und Wissenschaft, Offenbarungswahrheit und weltliche Philosophie verbinden? Und wenn ja, wie?

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„Feuer auf dem Dach“

Ich vermute, der Historiker Philipp Blom kommt der Wahrheit näher als er es selbst für möglich hält. Wir kämpfen im Westen mit den Folgen der Gottlosigkeit. 

Blom schreibt:

Es ist Feuer am Dach. Aber hier muss man auch unterscheiden. Die Sinnkrise hat nicht ursächlich etwas mit diesen Phänomenen zu tun, obwohl sie einander sicher verstärken. Die Sinnkrise hat damit angefangen, dass wir, wie Nietzsche gesagt hätte, Gott ermordet haben und seitdem ein Loch in unserem Weltbild und unserer Sehnsucht nach Sinn und Sicherheit haben.

Im 20. Jahrhundert gab es gigantische Massenversuche, dieses Loch mit -Ismen zu stopfen: Faschismus, Sozialismus, Bolschewismus, Kapitalismus, etc. Keiner davon hat es wirklich geschafft, dieses Loch zu füllen, aber wir scheinen ein Bedürfnis danach zu haben, an etwas glauben zu können, an eine objektive Wahrheit, eine letztgültige Ordnung, ein kosmisches Gesetz. Nur ist das in der Metaphysik eben schwerer als in der Physik.

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Walter Künneth: Aufblähung ideologischer Tendenzen

Walter Künneth meint, dass die Anfälligkeit für Ideologien wächst, wo der Glaube schwindet (Fundamente des Glaubens, 1977, S. 32–33):

Ohne Frage stehen wir heute vor einem rapiden Anschwellen, vor einer erstaunlichen Eskalation der Ideologien. Diese Aufblähung ideologischer Tendenzen erscheint charakteristisch für die gegenwärtige Weltlage. Das Zeitphänomen einer zunehmenden und universalen Ideologisierung ist zutiefst eine Frucht der ungelösten Existenzkrise des Menschen. Das Unbefriedigtsein des Menschen von einem bloßen ökonomischen Pragmatismus reiner Zweckmäßigkeit treibt ihn zur Öffnung für immer eine ideologische Verbrämung und Rechtfertigung, ist aber unsachlich einseitig in der Beurteilung der Verhältnisse und Vorgänge und polarisiert die Standpunkte immer mehr. Das spezifische Daseinsverständnis der Ideologie drückt sich in der Behauptung aus, sie besitze die Antwort auf die Frage nach der Sinngebung der menschlichen Gesellschaft und damit auch des individuellen Schicksals, das von diesem Kollektiv abhängig ist. Dabei geht es um die Setzung einer Sinnmitte des Lebens, eines Weltmittelpunktes, und damit um die Ausrufung einer Zielvorstellung, deren Verwirklichung einen totalen Lebenseinsatz lohnt! In einer Ideologie vollzieht ich die Ausprägung eines bestimmten menschlichen „Wertbewußseins“. Es kennzeichnet und konkretisiert sich anschaulich und bei spielhaft in einem System von Vorstellungen, wie die Probleme der Gesellschaft am besten zu lösen seien. So entsteht ein gedanklich geordneter Komplex von geistigen, deutenden, regelnden Leitlinien, die das Denken, die irrationalen Vorstellungen und Phantasieprodukte, das Sichverhalten und die Entscheidungen der einzelnen Menschen wie der Gesellschaft in bestimmte Bahnen lenken sollen. Ideologie stellt sich als ein geistiges Koordinatensystem dar, in dem die Fragen der Zeit eingeordnet werden sollen. Wir haben es also mit einem „Antriebs- und Steuerungssystem der menschlichen Gesellschaft und ihrer Gruppen“ zu tun). Eine Ideologie versteht sich als ein wesentliches Angebot einer Lebenshilfe, einer Sinndeutung der Menschheitsgeschichte und ihrer Entwicklung und damit als Motor zur praktischen Bewältigung der Daseins- und Zukunftsaufgaben der menschlichen Gesellschaft.

Frohe Weihnachten!

Damit war die Distanz, die Sünde zuvor zwischen dem schuldigen Mensch und seinem heiligen Gott geschaffen hatte FÜR IMMER überwunden. Ein Schuldloser war an die Stelle des Schuldigen getreten, um dessen Urteil anzunehmen. Jetzt ist der Schuldige – ich und du – frei. Aus Gnade.

Ich wünsche allen frohe Weihnachten! 

Der moderne Mann – außen weich und innen ganz leer

Franziska Zimmerer nimmt den Gegenentwurf zum alten, weißen Mann aufs Korn:

Selbstreflexion ist eine Superkraft für den modernen Mann. Der reflektierende Mann muss keine Verantwortung übernehmen, denn er reflektiert ja. Wie der Internet-Schreck Sebastian Hotz, bekannt als El Hotzo, zum Beispiel. Der Witzeschreiber von Jan Böhmermann wünschte Donald Trump den Tod, macht Witze gegen Andersdenkende.

Zuletzt veröffentlichte Hotz auf X ein Geständnis, das zeitgenössischer nicht sein könnte: „Ich habe gelovebombt, gegaslighted, manipuliert und von Exklusivität gesprochen, Frauen hingehalten und Beziehungen verheimlicht, um nicht aufzufliegen. Ich habe damit meine Position und mein Image als reflektierter Medienmann ausgenutzt, und viele damit verletzt.“
Auffallen mit Bescheidenheit

Übersetzt heißt das: Er hat Frauen beschissen behandelt, obwohl er permanent über toxische Maskulinität philosophiert und darüber ein Buch geschrieben hat.

Ebendieser moderne, reflektierte Medienmann nannte vor drei Monaten in einem Artikel auf „Zeit Online“ das Wort „Entschuldigung“ das „Gaffer-Tape“ des deutschen Wortschatzes: „Man sollte nie unterschätzen, wie phänomenal nützlich dieses Wort ist. Und es ist ja wirklich so, dass mir jede winzige Unannehmlichkeit, die ich bereite, entsetzlich leidtut. Garantiert für den kurzen Zeitraum, den es braucht, um ein ‚Entschuldigung‘ auszusprechen. Eventuell sogar lang genug, um eines Tages mein Verhalten zu ändern. Wer weiß!“ Sorry, not sorry.

Was den modernen Mann vom viel gescholtenen alten, weißen Mann unterscheidet? Er ist unehrlich. Er gibt vor, etwas zu sein, was er nicht ist. Er reflektiert öffentlich, um andere schlecht behandeln zu können. Er möchte auffallen, mit Bescheidenheit. Er fördert Frauen. Solange er die Kontrolle über sie hat. Der moderne Mann hat es leicht, aber macht es sich schwer. Außen weich und innen ganz leer.

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Francis Schaeffer: Sichtbare Liebe zwischen Christen

Francis Schaeffer schreibt über die Liebe zwischen wahren Christen (Die Kirche Jesu Christi, 1981, S. 65):

Ich bitte euch deshalb inständig, daß, wenn der Augenblick für euch kommen sollte, ihr es möglich macht, sichtbare Liebe zwischen wahren Christen in eurer Nähe vor den Augen der Welt auszuüben. Teilt euch nicht in häßliche Parteien auf. Dann nämlich sieht die Welt etwas Häßliches, was sie abstößt. Eure Kinder werden die Häßlichkeit sehen, und ihr werdet einige von euren Söhnen und Töchtern verlieren. Sie werden solche harten Dinge von euren Lippen gegen die Menschen hören, die sie als eure Freunde kannten, daß sie sich von euch abwenden werden. Werft eure Kinder nicht so einfach weg, werft andere Menschen nicht so einfach weg, indem ihr vergeßt, mit Gottes Hilfe zwei Prinzipien gleichzeitig in die Praxis umzusetzen: Liebe zu erweisen und die Reinheit der christlichen Kirche zu erhalten.

Schließlich dürfen wir auch nicht vergessen, daß die Welt in Flammen steht. Wir verlieren nicht nur unsere Kirche, sondern auch unsere gesamte Kultur. Wir leben in einer nachchristlichen Welt, die unter Gottes Gericht steht. Ich glaube, daß wir heute wie der Prophet Jeremia sprechen müssen. Manche Leute scheinen zu denken, daß – bloß weil Amerika Amerika ist oder Großbritannien Großbritannien ist – dieses Land nicht unter das Gericht Gottes fallen kann. Das ist ein Irrtum! In Nordeuropa haben wir seit der Reformation einen Einblick in die Wahrheit Gottes besessen, wie es wenige andere Völker je gehabt haben. In unserer Kultur haben wir das mit Füßen getreten. Unsere Kinos, unsere Romane, unsere Kunst schreien zum Himmel, weil sie das mit Füßen treten – und am schlimmsten von allem ist die Tatsache, daß die moderne Theologie die Wahrheit mit Füßen getreten hat. Glaubt ihr, daß Gott unsere Länder deshalb verschonen wird, weil es unsere Länder sind? Glaubt ihr, daß der heilige Gott nicht richten wird?

Bach – Ein Weihnachtswunder

Ich gestehe: Die ARD-Produktion „Bach – Ein Weihnachtswunder“ habe ich bisher nicht gesehen. Trotzdem verweise ich hier mal auf eine Besprechung von Jan Brachmann, die ein allgemeines Problem der Filmindustrie im Umgang mit historischen Ereignissen anspricht. Ständig wird versucht, zu demonstrieren, dass wir heute alles besser wissen:

Als Zudringlichkeit unserer Gegenwart gegenüber der Vergangenheit muss man die Rebellion der kleinen Elisabeth verbuchen: „Warum dürfen Frauen in der Kirche nicht singen?“ Später wird Carl Philipp Emanuel trotzig-feministisch einfordern, dass es nicht nur Mutters, sondern auch Vaters Aufgabe wäre, für die Kinder da zu sein. Also Elternzeit für Papa anno 1734, bitte schön! Schließlich liest Anna Magdalena (Verena Altenberger gibt ihr Züge einer duldsamen Schmerzensfrau) ihrem Komponistengatten die Leviten: Er sähe bei aller Musik „den Menschen nicht“.

Neben der anrührend erzählten, aber arg ausgestellten „Inklusion“ des geistig beeinträchtigten Gottfried – den German von Beug mit engelhaft leuchtender Eindringlichkeit spielt – gehören solche Sätze heute zu den üblichen Ergebenheitsadressen, ohne die kein Drehbuch bei der ARD mehr akzeptiert wird.

Was für ein Elend! Da sind einige der besten Schauspieler des deutschen Gegenwartskinos versammelt; da bietet man mit Sten Mende einen Kameramann auf, der Sinn für Licht, Komposition und kindliche Perspektive hat – und dann fehlt es an Respekt für die Andersartigkeit alter Mentalitäten. Hält man historische Persönlichkeiten sonst einem Publikum für nicht mehr zumutbar? Muss die Gegenwart ständig die Vergangenheit belehren, wie man anständig lebt?

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Tim Keller: Richter

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Das Buch der Richter im Alten Testament steckt voller Gewalt und bietet Bibellesern keinen einfachen Zugang. Deshalb lassen wir es in unserem Bibelstudium gern außen vor. Dabei passt das biblische Buch so gut in unsere Zeit: „Jeder tat, was ihn recht dünkte“. In diesem neuen Kommentar der Reihe „Die Bibel erklärt“ hilft Tim Keller uns, die Bedeutung der Erzählungen über die fragwürdigen Helden zu verstehen. Er zeigt, wie das wiederholte Versagen der Richter uns auf den wahren Helden Jesus hinweist und wie das unser Herz und unser Leben verändern kann. Neben dem Kommentar ist ein Arbeitsheft für Gruppen und Leiter erhältlich, um das Buch in einer Kleingruppe zu studieren.

Hier gibt es eine Leseprobe: VM-Keller-RichterKommentar-Inhalt-Leseprobe.pdf. Und hier noch ein dazugehöriges Arbeitsheft. Zusammen lassen sich diese Materialien hervorragend in Hauskreisen etc. einsetzen. 

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Das Recht auf Leben aus der EKD-Perspektive

Seit einigen Jahren wird bekanntlich über eine mögliche Neufassung der Regelung zum Schwangerschaftsabbruch diskutiert. Im Fokus stehen die Fristen und Voraussetzungen, die strafrechtliche Regelung und die Pflicht zur Konfliktberatung. Die neue EKD-Schrift Stellungnahme des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) fasst evangelisch-ethische Überlegungen dazu zusammen, und will einen Kompromiss formulieren. Dass das nicht gelungen ist, zeit schon dieser Abschnitt:

Im Zentrum der theologisch-ethischen Argumentation steht die Überzeugung, dass der Schwangerschaftskonflikt aus der Kollision zweier unvereinbarer Ansprüche entsteht, in denen Christinnen und Christen jeweils ein göttliches Gebot sehen können: Dem Anspruch des ungeborenen Lebens, zur Welt gebracht zu werden, stehen die Ansprüche und Verpflichtungen gegenüber, die die Lebensführung an die betroffene Frau stellt: berufliche Verpflichtungen, soziale und psychische Notlagen, familiäre Pflichten oder die Sorge, den Ansprüchen eines zukünftigen Kindes nicht gerecht werden zu können. Aus dieser Kollision entsteht für die Schwangere ein unauflösbarer Konflikt, da sie sich nicht in der Lage sieht, beiden Ansprüchen und Verpflichtungen zugleich zu folgen. Die evangelische Kirche anerkennt diesen Konflikt als unauflösbar und lehnt eine einseitige Privilegierung einer der beiden Ansprüche ab. Ausgehend von der Schöpfungslehre hebt die evangelische Kirche die besondere Rolle der Schwangeren bei der Weitergabe des Lebens hervor: Gottes Ruf ins Leben kann nur mit der Hilfe einer Frau Realität werden. Diese Mitwirkung am Schöpfungsauftrag bringt es mit sich, dass die Frau die Entscheidung für oder gegen ein Kind letztlich nur alleine in verantworteter Freiheit treffen kann und treffen muss.

Das Lebensrecht einen Ungeborenen wird hier auf die gleich Stufe gestellt wie z.B. berufliche Verpflichtungen. Solche Vergleiche sind unfassbar zynisch. David Wengenroth kommentiert für IDEA treffend: 

Die EKD-Stellungnahme scheitert schon daran, diesen Konflikt überhaupt auch nur angemessen zu beschreiben. So heißt es in dem Text, der Schwangerschaftskonflikt entstehe aus einer „Kollision zweier unvereinbarer Ansprüche, in denen Christinnen und Christen jeweils ein göttliches Gebot sehen können: Dem Anspruch des ungeborenen Lebens, zur Welt gebracht zu werden, stehen die Ansprüche und Verpflichtungen gegenüber, die die Lebensführung an die betroffene Frau stellt: berufliche Verpflichtungen, soziale und psychische Notlagen, familiäre Pflichten oder die Sorge, den Ansprüchen eines zukünftigen Kindes nicht gerecht werden zu können.“

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Kann man also unter anderem in „beruflichen Verpflichtungen“ ein „göttliches Gebot sehen“, das die Tötung eines ungeborenen Menschen rechtfertigt? Das ist entweder erschreckend zynisch gedacht – oder erschreckend ungeschickt formuliert. In beiden Fällen verfestigt es das Bild einer Kirche, die in zentralen ethischen Fragen nicht mehr sprachfähig ist.

Freud – jenseits des Glaubens

Soweit ich weiß, sind sich Sigmund Freud (1856–1939) und C.S. Lewis (1898–1963) nie persönlich begegnet. Was aber wäre passiert, wenn sie miteinander über den Glauben diskutiert hätten? Der Film „Freud – jenseits des Glaubens“ sucht genau darauf eine Antwort. Dietmar Dath schreibt in seiner Filmbesprechung: 

Die professionelle Umgebung macht Hopkins sichtlich gute Laune: „I spent most of my life examining fantasies“, raunzt sein Freud, jetzt werde es Zeit „to make sense of . . . reality“, was immer das sei, die Wirklichkeit. Lewis kennt sie auch nicht, er gehört schließlich zu einer besonders realitätsresistenten Autorengruppe, den Inklings, genau wie Tolkien, der einen kurzen Gastauftritt hat. Hopkins hätte ihm gefallen, denn der genießt mit exquisit moribunder Betonung das Wörtchen „spooky“, als hätte er es soeben erfunden.

Die Redeschlacht zwischen Lewis und Freud leidet etwas darunter, dass die einschlägigen Positionen der historischen Vorbilder durch allgemeinmenschliche Motivationen ersetzt sind (Verbitterung, Hoffnung und so weiter). Als Lewis behauptet, per biblischem Quellenstudium zu seinem Bekenntnis gefunden zu haben, erwidert Freud keineswegs mit dem für ihn naheliegenden Verdacht, es könne sich um das handeln, was er „Rationalisierung“ getauft hat. Umgekehrt fällt Lewis, als Freud obstinat die bittere Impraktikabilität des Nächstenliebegebotes anprangert, verblüffenderweise die soteriologisch korrekte Antwort nicht recht ein: Eben weil niemand so selbstlos und gut ist wie der barmherzige Samariter, brauchen wir Christi Sühnopfer und können uns nicht durch Werke selbst erlösen.

Hier mehr und ein Trailer: 

Die „sittliche Reife“ und das Lebensrecht

Ausgerechnet Olaf Scholz meint, in der Frage „sittlicher Reife“ Noten verteilen zu können. Wer mit größter Lockerheit den Schutz des Lebensrechtes der Ungeborenen in Frage stellt und noch kurz vor Toresschluss eine Parlamentsentscheidung durchsetzen möchte, sollte sich hüten, auf dem moralisch hohen Ross zu reiten, meint Sebastian Sasse. Sehe ich auch so: 

Scholz verfährt nach einer Taktik, die die Linke in den letzten 50 Jahren so sehr verinnerlicht hat, dass sie wahrscheinlich mittlerweile selbst für Wahrheit hält, was tatsächlich ein Kampagnentrick ist: Wir sind die Guten, denn wir sind auf der Seite des Fortschritts, haben also die Vernunft auf unserer Seite. Dieses Mantra, durch willige Medien parallel in den letzten fünf Jahrzehnten in die Öffentlichkeit posaunt, war die geistige Basis, auf der sich die linke Deutungshoheit aufgebaut hat. Die ist nun zwar mit dem Zusammenbruch der Ampel endgültig Geschichte, aber die Arroganz – siehe Scholz – bleibt. Das Gefühl, moralische Avantgarde zu sein, ist der Klebekitt, der dieses Lager von links-liberal bis links-außen zusammenhält. Man braucht nur so etwas wie eine negative Projektionsfläche. Dazu dient auch der Vorstoß in Sachen 218. Das Narrativ dazu: „Die bösen, alten, reaktionären Männer beharren auf dem Alten, aber mit uns marschiert die neue Zeit, wir bringen das Patriarchat ins Wanken.“ 

Mehr: www.die-tagespost.de.

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