Ein Gutachten stellt dem Vorzeigeprojekt Gemeinschaftsschule ein vernichtendes Urteil aus. Vor allem das individuelle Lernen erweise sich als denkbar ineffektiv. Heike Schmoll, die in den letzten Jahren zu Unrecht viel Verriss ertragen musste, schreibt für die FAZ:
Landesregierung in Stuttgart schlechthin. Sie soll nicht nur das gemeinsame Lernen ganz unterschiedlich begabter Schüler ermöglichen, sondern dient angesichts der sinkenden Schülerzahlen an vielen Orten des Flächenlandes Baden-Württemberg dazu, den Schulstandort zu sichern. Viele Gemeinschaftsschulen finden sich deshalb im ländlichen Raum, ganz gleich, welche Partei den Gemeinderat gerade regiert.
Nun wurde ein vernichtendes Gutachten über die Gemeinschaftsschule bekannt, das vom Kultusministerium bisher unter Verschluss gehalten wird, den Vermerk „nur intern verwenden“ trägt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegt. Danach gelingt weder die neue Unterrichtsform des selbständigen Lernens mit Lehrern als Lernbegleitern noch die Inklusion oder die besondere Förderung der Schwächsten und Stärksten. Auch die Leistungsbeurteilung ist mehr als fragwürdig. In den Fremdsprachen kommt das Sprechen zu kurz.
Mehr: www.faz.net.
Was Lehrer „unter der Hand bemängelten“, wird endlich offiziell…
Es passt aber nicht in die Grün-Rote Gleichmacherei und wird wohl, aufgrund ideologischer Interessen ignoriert.
Da sollte man sich die Ursachen genauer anschauen: Schulpolitische Änderungen greifen erst nach 10 bis 15 Jahren nach der Einführung (Lehrer können sehr ‚reaktionär‘ sein). Sätze wie „Auch die Lehrer unterstützen in den Arbeitsphasen wenig.“ zeigen konzeptionelle Mängel in der Umsetzung. Wochenplanarbeit heißt nicht, dass die Schüler sich selbst überlassen sind. Individualisierung heißt gerade, dass jeder Schüler die Unterstützung bekommt, die er braucht. Ein weiterer Satz ist „… um den völlig unterschiedlichen Begabungen ihrer Schüler entgegenzukommen. Selten gibt es auch Aufgaben für die leistungsstarken Schüler, häufig sehen sie identische Aufgaben für die gesamte Lerngruppe vor.“ Auch hier liegt der Fehler an einer mangelhaften Umsetzung des Konzeptes. Um die Sache abzukürzen: Damit ist nicht das Konzept „Gemeinschaftsschule“ infrage gestellt, sondern deren konkrete Umsetzung. Und das ist eine Binsenweisheit. Als Konzept kann hier jeder Begriff eingesetzt werden, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, ist er zum Scheitern verurteilt. Gilt übrigens auch für einen strengen, hierarchischen Frontalunterricht im Gleichschritt. Auch der scheitert, wenn die… Weiterlesen »
Erwähnt werden muss allerdings, dass sich das Gutachten auf eine bestimmte Gemeinschaftsschule in Tübingen bezieht. Anhand eines solchen Gutachtens eine gesamte Schulart zu kritisieren entspricht keinen wissenschaftlichen oder repräsentativen Kriterien. Um ein Schulmodell als Ganzes kritisieren zu können, müssen allgemeine Gutachten über diese Schulart oder eine Vielzahl von weitgehend übereinstimmtenden Einzelgutachten vorliegen. Ansonsten setzt man sich einem Ideologieverdacht aus.
@Johannes
Ich stimme dir voll zu. Leider ist Bildungsforschung (empirisch, durch Beobachtung, Statistik …) noch ein Stiefkind in Deutschland.
@Johannes: Erwähnt werden sollte dann auch, dass es sich nicht um irgendeine Gesamtschule, sondern um ein Vorzeigeprojekt handelt.
Liebe Grüße, Ron
@ peterG: „Damit ist nicht das Konzept „Gemeinschaftsschule“ infrage gestellt, sondern deren konkrete Umsetzung.“ – Naja, so kann man sich natürlich vor jeder kritischen Auseinandersetzung drücken. In den 70/80er Jahren hieß es zB. häufig, nicht der Marxismus sei gescheitert, sondern nur dessen ´konkrete Umsetzung´… (das erledigte sich dann zumindest teilweise 1989).
Aber was sagt ein solcher Satz inhaltlich? Was soll denn ein Konzept, wenn dessen Umsetzung scheitert? Wenn ´Konzepte´ nicht angenommen werden, könnte zumindest mal darüber nachgedacht werden, ob wesentliche Faktoren dann eben nicht passen.
Anstatt zu lamentieren, dass finstere Mächte (´reaktionäre Lehrer´???) das schöne neue Konzept torpedieren (=Verschwörung??) , sollte man sich mal fragen, ob ein
´Konzept´ womöglich nicht zuviele Mängel hat, als dass es hilfreich für die Praxis wäre.
Aber in der Bildungspolitik gibt´s seit ca. 40 Jahre halt eine Konstante: die Ideologen werden aus Schaden nicht klug: „Damit ist nicht das Konzept „Gemeinschaftsschule“ infrage gestellt, sondern deren konkrete Umsetzung.“
usw. usw.
Naja, so kann man sich natürlich vor jeder kritischen Auseinandersetzung drücken. Nein, ganz im Gegenteil! Wenn ´Konzepte´ nicht angenommen werden, könnte zumindest mal darüber nachgedacht werden, ob wesentliche Faktoren dann eben nicht passen. Richtig, vielleicht passen wesentliche Faktoren nicht. Hier im Beispiel passt der Faktor Lehrkraft nicht. Liegt das am Konzept? Aus deiner sehr vorurteilsbehafteten Sicht wohl ja. Im Hinblick aus einer kritischen Auseinandersetzung wohl nein. Anstatt zu lamentieren, dass finstere Mächte (´reaktionäre Lehrer´???) das schöne neue Konzept torpedieren (=Verschwörung??) , sollte man sich mal fragen, ob ein ´Konzept´ womöglich nicht zuviele Mängel hat, als dass es hilfreich für die Praxis wäre. Ich weiß nicht, wer dich beim Formulieren dieses Satzes geritten hat. Verstand kann es aber nicht gewesen sein. Ich habe auf das empirisch nachweisbare Faktum der verzögerten Umsetzung bildungspolitischer Neuregelungen hingewiesen. Das hat nichts mit „lamentieren“ oder „torpedieren“ noch mit einer „Verschwörung“ zu tun! die Ideologen werden aus Schaden nicht klug Der Ideologe bist allerdings in diesem Fall… Weiterlesen »
@ peterG:
ach so, ja, ich vergaß es, es stimmt, der Ideologe bin ich, bin auch total vorurteilsbehaftet (Mist, dass Du´s gemerkt hast), realitätsfern, pflege Feindbilder, ohne Verstand …
Wie schön, dass es da noch so aufgeklärte, differenzierte und um sachlichen Diskurs bemühte Zeitgenossen gibt wie Dich!
Darum geht’s? Dann lies noch mal deinen Beitrag vom 17. August, 2015 um 23:07!!!