Andreas Boppart, Missionsleiter von Campus für Christus in der Schweiz, hat in einem aktuellen idea-Kommentar dafür Partei ergriffen, in der Verkündigung einem Trend zu folgen, den die postmoderne Gesellschaft vorgebe. Viele junge Menschen empfänden Scham und sehnten sich danach, angenommen zu sein. Die Kirche erreiche solche Leute nicht mehr, wenn sie in der Verkündigung eine Schuldorientierung voraussetze. Unsere Kultur sei – so wie die griechische Kultur zur Zeit des Paulus (wirklich?) – eher schamorientiert. Die „Kreuzreduktion“ mit ihrer Schulddynamik müsse sich von daher zurücknehmen und einer Verkündigung Raum geben, die die Sehnsüchte der Menschen in einer Schamgesellschaft ernst nehme und durch eine angepasste Verkündigung sowie Gemeinschafts- und Gruppenzugehörigkeitserfahrungen auffange.
Zitat:
Wir mümmeln seit Jahren nun in irgendwelchen ethischen und moralischen Ecken und versuchen, die Schrauben zwischen falsch und „fälscher“ zu drehen. Die Fragen gehen immer in die Richtung: „Was heißt das jetzt für die sexuelle Moral?“ etc. Natürlich sind diese Fragen nicht unwesentlich – aber die Fragen, die wir uns als Kirche übergeordnet einmal stellen müssten, wären: „Was heißt das jetzt für das Evangelium? Was heißt das für unseren Auftrag als Kirche? Was heißt das für Christus-Nachfolge?“ Menschen, die sich nicht schuldig fühlen, brauchen keinen Christus, der am Kreuz für ihre Schuld stirbt. Alle Erklärungsversuche sind ebenso erfolglos, wie wenn ich dem grünen Männchen, das soeben vom Uranus her in meinem Vorgarten gelandet ist und mich mit singenden Klicklauten begrüßt, in Schweizerdeutsch zu erklären versuche, dass sein Ufo meine Tomaten plattdrückt. Der falsche Rückschluss wäre nun zu meinen, dass das Kreuz für eine kommende Generation keine Bedeutung mehr haben könnte. Vielmehr aber müssen wir wegkommen von der Verkürzung der Kreuzesdimension und ihrer Reduktion auf reine Schuldvergebung. Was Christus am Kreuz getan hat, übersteigt das reine Schuldvergeben bei weitem – nur leben wir seit Jahrhunderten mit einer Schmalspurversion des Kreuzes. Die Reduktion auf Schuldvergebung hatte nicht nur im mittelalterlichen Ablasshandel ihren Höhepunkt, sondern zieht sich ziemlich konsequent durch die vorherrschende Theologie hindurch. So ist auch „Umkehr“ immer gleichgesetzt mit „sich seiner Schuld bewusstwerden“. Es wäre spannend, sich nur schon mal der Frage anzunähern, was wäre, wenn eine Gesellschaft vielleicht gar nicht bis zu einem Punkt vordringt, an dem sie eine Schuldeinsicht hat? Wäre es möglich, dass Umkehr auch mit der Erkenntnis beginnt, dass man Christus als Entschämer benötigt, um die eigene Scham zu überwinden und in eine Gottesbeziehung hineinzukommen?
Nun sind solche Fragen nicht neu. Im Kontext der jüngeren deutschen Missionsforschung haben sich etwa Klaus W. Müller, Hannes Wiher, Lothar Käser oder Thomas Schirrmacher damit beschäftigt (das Buch Scham- oder Schuldgefühl? ist frei als PDF-Datei zu haben). Erst 2018 erschien das Buch Mit anderen Augen von Jayson Georges in deutscher Sprache, das den Blick für scham- und angstorientierte Kulturen weiten möchte (siehe dazu die hilfreiche Rezension von Tanja Bittner). Es gibt einen weitreichenden Konsens darüber, dass in der Heiligen Schrift sowohl Gerechtigkeit (Schuld), Ehre (Scham) als auch Macht (Furcht) eine Rolle spielen und eine angemessene Verkündigung diese Aspekte berücksichtigt.
Warum also das Thema nicht auch für die Missions- und Jüngerschaftsarbeit in Europa aktivieren? Ich kann einigen Fragen und Impulsen von Andreas Boppart etwas abgewinnen. Ich selbst halte beispielsweise eine Verkündigung, die sich einseitig an das Gewissen wendet, für defizitär.
Doch ich sehe gleichzeitig mehrere Problemfelder. So frage ich mich etwa (auf der rein empirisch-pragmatischen Ebene), ob die Verkündigung heute tatsächlich so sehr auf die Wahrheits- und Schuldfrage abzielt, wie Boppart das voraussetzt? Hören wir denn das Wort von dem heiligen Gott und der Vergebung der Sünden tatsächlich noch oft? Anders gefragt: Sind die Kirchen voll, in denen ein „ganzheitliches Evangelium“, das die Schuldfrage in den Hintergrund schiebt, angeboten wird? Auf den Kanzeln und christlichen Medien-Kanälen wimmelt es von „Du bist wertvoll“- und „Du bist so angekommen, wie Du bist“-Botschaften. Trotzdem stecken die Kirchen in einer geistlichen Krise. Es scheint so, also ob die Versicherung, „du bis ok und gehörst dazu“, die Sehnsucht der Menschen nicht stillen kann. Offensichtlich trägt diese Botschaft nicht durchs Leben. Und ich frage mich auch, ob es stimmt, dass wir in einem schamorientierten Europa leben? Vielleicht leidet Europa ja in einem gewissen Sinn mehr an seiner Schamlosigkeit als an der Schamsättigung?
Wie dem auch sei. Das eigentliche Problem einer „schamorientierten“ Jugendarbeit scheint mir noch tiefer zu liegen.
Was denken die Leser des TheoBlogs so darüber?
Hier der vollständige Kommentar (nur für Abonnenten): www.idea.de.
VD: BS
Nach meiner Beobachtung überwiegt eine schamorientierte Auslegung der Schrift bei weitem gegenüber einer schuldorientierten Auslegung. Und da pflichte ich bei, dass es eine Ausgewogenheit in der Theologie zwischen den 3 von Dir genannten Faktoren zur Schriftauslegung braucht. Es nützt z. B. nichts, jemand seine Schuld vor den Latz zu knallen, ohne ihm mit Wertschätzung zu begegnen und ich erkenne dieses Prinzip auch in der Schrift: Z.B. gut zusammengefasst ist das aus meiner Sicht in Römer 2,4b: Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet? Für mich bleibt es dabei: ohne echte Buße gibt es keine echte Umkehr. Nur warum kehren so wenige um? Weil viele Christen, auch ich, als Basis der Verkündigung die Güte Gottes nicht zeigen. Die heutige oft schamorientierte Auslegung hat einen Nachteil. Sehr oft ist der Schwerpunkt bei mir: Ich bin wertvoll usw. Was bei dieser Botschaft vergessen wird ist, dass dies auch für den Mitmenchen gilt: Auch er ist wervoll in Gottes Augen. Es… Weiterlesen »
So ist auch „Umkehr“ immer gleichgesetzt mit „sich seiner Schuld bewusstwerden“. Es wäre spannend, sich nur schon mal der Frage anzunähern, was wäre, wenn eine Gesellschaft vielleicht gar nicht bis zu einem Punkt vordringt, an dem sie eine Schuldeinsicht hat? Wir treffen nicht nur (bei uns selbst und anderen) auf fehlendes Schuldbewusstsein, sondern auf ein defizitäres Menschen- und Weltbild. Wozu bin ich geschaffen und berufen? Wenn ich dabei nicht Gottes Maßstab anlege, muss ich meinem Gegenüber als Ankläger aufzeigen, dass er seinen eigenen Ansprüchen (an Gerechtigkeit, Nächstenliebe, etc.) nicht genügt, damit er dann die Notwendigkeit von Vergebung und Umkehr sieht. Das mag mal mehr, mal weniger „funktionieren“; auch, weil das „wohin“ dieser Umkehr nicht klar ist … Was mir fehlt, ist der Blick auf Gottes Herrlichkeit, die sich in einem erlösten Leben widerspiegelt: „denn alle haben gesündigt, und in ihrem Leben kommt Gottes Herrlichkeit nicht mehr zum Ausdruck.“ (Rö 3,23 NGÜ) Das ist natürlich erst ein Anfang, denn diese Herrlichkeit… Weiterlesen »
Ich besuche, allerdings noch nicht so lange, eine evanglisch-lutherische Brüdergemeinde, (natürlich?) russlandsdeutschen Ursprungs. Und dort wird durchaus die Schuldfrage und unsere „Mickrigkeit“ thematisiert und auch die Lieder sind so christuszentiert, und voll von Dank und Lob ob Seines Opfers, Seiner Liebe und unserer Erlösung und das Flehen um Schutz und Bewahrung das setzt natürlich auch das Bewusstsein der Schuld voraus. So mancher würde diese Gemeinde natürlich „gesetzlich“ heissen: Frauen Röcke und Kopfbedeckung (für mich kein Problem, ich lese das bez. Kopfbedeckung in Kor 11 ebenso. Und doch beten dort die Frauen laut, manchmal.) Männer und Jungs im Anzug. Mädchen Kleider oder Röcke. Sündenbekenntnis, Glaubensbekenntnis und Vaterunser werden als Gemeinde gesprochen, es werden Predigten von Luther verlesen. Interessanterweise empfinde ich das dort weder gesetzlich, und dort ist eindeutig der Heilige Geist am Wirken und also der Herr anwesend. Ich erlebe zum ersten Mal, dass ich in einem Gottesdienst zur Ruhe komme, und ausreichend „bepredigt“ werde … und nicht mit dem Blick… Weiterlesen »
Die Gesellschaft ist voll von Leuten, die wissen, was die jeweils anderen falsch machen. Der Mensch ist und bleibt ein moralisches Wesen. Und leider: Wenn es eine Gruppe von Leuten gibt, die Jesus nicht annimmt, dann sind das die Selbstgerechten.
Zunächst stellt sich mir bei dieser Diagnose die Frage, ob es sich dabei um ein grundsätzlich neues Problem handelt. Luther schreibt: „Die Schrift (…) schildert uns den Menschen als einen solchen, der nicht nur gebunden, elend, krank und tot ist, sondern der unter dem Einfluß seines Fürsten, des Satans, zu all diesem Jammer noch den der Blindheit hinzufügt, indem er sich für frei, glücklich, erlöst, mächtig, gesund und lebendig hält. Denn Satan weiß wohl, daß er, wenn der Mensch sein Elend erkennen würde, keinen in seinem Reich behalten könnte, weil Gott sich dessen, der seinen Jammer sieht und zu ihm schreit, sofort erbarmen und ihm helfen muss.“ Das war schon immer so und wird auch bis zum Ende der Tage so bleiben. Die klassische reformatorische Antwort auf dieses Problem ist freilich GERADE die Predigt des Gesetzes, durch die der Heilige Geist die verstockten Herzen der Sünde überführt (usus elenchticus): „Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun… Weiterlesen »
Mir kommt es so vor, als ob durch das fehlende Fundament – unser Schöpfer – die Vernunft keine Basis mehr hat. Alle Diskussionen beginnen heute mit 30 cm Luft unter den Füßen, irgendwo halt.
Warum können die Menschen heute nicht mehr glauben, daß Gott in der Jungfrau Maria ein Kind zeugen kann? Sie haben das Ganzheitliche Denken verloren.
Die Fortsetzung: Wenn Gott seinen Sohn in der Jungfrau Maria übernatürlich zeugt, dann kann das Göttliche Kind auch auf übernatürliche Weise aus ihr hervorgehen.
Mit solch einer Argumentation kann man die Wenigen stärken und den Rest ein wenig nachdenklich machen.
Schamorientiert ist mein Verhalten, wenn ich mich vor der Beichte drücke.
Treffend analysiert aber eine falsche Schlussfolgerung Treffend analysiert A. Boppart, dass junge Menschen heute dazu neigen dialektisch zu denken, indem sie Gegensätze in einer Synthese aus These und Antithese zusammenzufassen. Das findet man in einer Generation, wo man nicht mehr auf einheitliche Erkenntnis bzw. universelle Wahrheit hofft. Dieses Denken ist in den letzten Jahrzehnten (oder Jahrhunderten) erst in die Theologie und später in die Evangelikale Community eingedrungen. Dabei ist das Christentum nicht dialektisch. „Ich bin der Weg, die Wahrheit….“ dabei bleibt es nicht stehen und lässt weitere Wege zu Gott zu, sondern Jesus sagt weiter „niemand kommt zum Vater, denn durch mich“. Letztlich steht auch die Existenz Gottes in Antithese zu seiner nicht-Existenz. Wir haben also ein Problem in einer jungen Generation, dass wir lösen müssen, um das Evangelium so zu verkündigen, dass es das Problem trifft. Seiner Folgerungen sind aber m.E. eine gefährliche Umdeutung des Kreuzes. Der Grund, der Verbannung aus dem Paradies, ist SCHULD des Menschen vor dem… Weiterlesen »
Hier noch der Kommentar von Olaf Latzel während der Bibelstunde letzte Woche ab Minute 34:50!
https://www.youtube.com/watch?v=ECBOB0kYLrU&t=2802s
Ich kann der Analyse etwas abgewinnen. Ich bin so ganz ohne Glauben aufgewachsen und habe mich erst mit 18 Jahren bekehrt. Das wenige, was ich vom Christentum wußte, waren die Hollywood-Jesus-Filme, die es früher zu Ostern oder anderen Feiertagen gab. Später habe ich viel Bibel gelesen. Zuerst die Evangelien. Jesus fand ich cool, wie er sich für die Schwachen einsetze. Eine Kreuzestheologie findet man da nicht. Das kommt erst später in den Briefen. Da ich aber auch in einen Hauskreis und zu einer Jugend ging, wurde ich auch mit der Botschaft vom Kreuz konfrontiert. Und ich konnte damit gar nicht viel anfangen. Nach ein paar Monaten, ich war mit der Jugend auf einer Osterfreizeit, habe ich das mit dem Kreuz eingermaßen verstandesgemäß nachvollziehen können und ich habe mich allein zu Jesus bekehrt (später meinte ein Erwachsener, er müßte mit mir noch ein Übergabegebet sprechen, obwohl ich ihm sagte, daß ich Monate vorher dies schon getan hatte. Naja, wenn er Spaß… Weiterlesen »
Schamlos oder Schamhaft? Als Teil der Generation Z möchte ich gern anmerken, dass man durchaus von der Realität einer “Schamkultur“ innerhalb der Jugend in Deutschland reden kann. Ja, ein großer Teil ist nach wie vor sehr schamlos, ich meine aber zu beobachten, dass der Anteil an jungen Menschen, die stark von ihrer Schamhaftigkeit getrieben sind, nicht klein ist. Natürlich sieht man die Schamlosen schneller als die Introvertierten, Schüchternen und Selbstzweifelnden. Ich nehme mir aber die Zeit die zweite Gruppe zu suchen und egal in welchem Kreis und welchem Raum der Uni oder Klassenraum der Schule ich mich bewege, ich finde sie jedes Mal, weshalb ich persönlich den Eindruck habe, dass die Scham ein sehr relevantes Thema ist. Davon zu reden, dass die ganze deutsche Gesellschaft schamorientiert wäre, bzw. sich dahin entwickle, wäre aber eine Übertreibung. Die Tatsache, das nicht unbedeutende aber wenig beachtete Teile der Gesellschaft von dieser Scham betroffen sind, darf aber nicht unbeachtet bleiben, weshalb ich einem Evangelium… Weiterlesen »
Dies ist ein Kommentar zu der Aussage im 3. Absatz am Ende: Es gibt einen weitreichenden Konsens darüber, dass in der Heiligen Schrift sowohl Gerechtigkeit (Schuld), Ehre (Scham) als auch Macht (Furcht) eine Rolle spielen und eine angemessene Verkündigung diese Aspekte berücksichtigt. Meine Meinung ist: 1. Die „Gerechtigkeit Gottes“ ist ein wichtiges Thema im Buch Römer. In dem Buch: Das Neue Testament erklärt und ausgelegt Band 4, Matthäus – Römerbrief, Walvoord, Zuck (1992) http://www.buch-vorschau.de/das-neue-testament-erklärt-und-ausgelegt-4-matthäus-römerbrief steht in dem Kommentar zum Buch Römer von John A. Witmer ab der Seite 557 unter „GLIEDERUNG“: I. Einführung (1,1-17) II. Gottes Gerechtigkeit offenbart sich in der Verdammnis (1,18-3,20) III. Gottes Gerechtigkeit offenbart sich in der Rechtfertigung (3,21-5,21) IV. Gottes Gerechtigkeit offenbart sich in der Heiligung (Kap. 6-8) V. Gottes Gerechtigkeit offenbart sich in seiner Erwählung (Kap. 9-11) VI. Gottes Gerechtigkeit offenbart sich in einem neuen Leben (12,1-15,13) VII. Schlußbemerkungen (15,14-16,27) Anmerkung: 1. Das Thema des Buches Römer hat mit dem Evangelium und der Gerechtigkeit Gottes… Weiterlesen »
Ich habe nicht verstanden, wofür sich (heutige) Jugendliche schämen, was ist Inhalt und Bedeutung der Scham? Man schämt sich, weil man sich schuldig fühlt? Woran hat man sich schuldig gemacht? Man schämt sich, weil man nicht gut genug ist, aber was ist der Maßstab? Das „Vergleichsparameter“? Dank an Theophil Isegrim für die Schilderung. In so manchem ging es mir ähnlich und ich bin erst mit 47 zum Glauben gekommen. Zum Perfektionismus veranlagt habe ich mich mein ganzes Leben lang geschämt … weil ich nie gut genug war. Und jung war ich vor 40 Jahren.(Ich bin jetzt 56) Auch heute noch, als Gläubige schäme ich mich für meine Fehler und für die begangenen Sünden, falschen Verhaltensweisen, wenn ich jemandem weh getan habe und es nicht gemerkt habe, und muss mich prüfen. Ist denn Scham so zu verurteilen? Könnte das denn nicht ein Hinweis sein darauf, dass wir aus uns heraus eben nicht leben können? Warum halten wir hier im Westen so… Weiterlesen »
Vielen Dank für Eure Beträge! Ich finde viele Gedanken sehr hilfreich. Ich erwähne mal kurz, was mir besonders wichtig scheint (und von Euch eigentlich schon genannt wurde). Die anderen Dinge lasse ich mal weg. Scham-, Angst- oder Schuldkultur gibt es nie in Reinform, sondern immer nur vermischt. So verschwindet etwa in einem orientalischen Kulturkreis, wo die Ehre der Sippe wichtiger genommen wird als die moralische Norm, die Schuldthematik und „Wertethematik“ nicht (und umgekehrt). Insofern kann ich @Jan gut verstehen. Scham ist ein Thema unter Jugendlichen und nicht nur dort. Die Tatsache, dass junge Leute die Wahrheit nicht mehr so wichtig nehmen (oder anders verstehen, nämlich im Sinne: in Übereinstimmung mit den Gefühlen leben, mit der Peergroup auf Kurs sein etc.) oder das Paradoxe lieben, darf kein Grund dafür sein, das christliche Wahrheitskonzept an diesen Trend anzupassen. Ganz im Gegenteil (danke @Michael). Nehmen wir mal an, die Leute interessierten sich in 10 Jahren nur von für Ästhetik, nicht mehr für Erkenntnistheorie… Weiterlesen »
Victoria Rationi („Das Religionsparadox“) vermutet, dass nunmehr eine Generation herangewachsen ist, die keine Vatersehnsucht mehr (die Gott ausfüllen könnte) hat, weil sie liebevollere, präsentere Väter hatte. Aber das ist natürlich eine gewagte These …
MfG Wolfgang
@ Ron: Selbstverständlich können wir die Wahrheit nicht an die aktuellen Lebenskonzepte der Welt anpassen. Natürlich müssen wir auf die Situation der Menschen hinweisen (Sünde, getrennt von Gott). Und es ist auch keine Frage, ob ich Jesus am Kreuz brauche. Selbstverständlich ist das so. Aber, wenn die heutige Generation durch die immer weiter fortschreitende Relativierung, das nicht mehr verstehen, was bringt es? Gut und Böse ist doch für viele nur ein sozio-kulturelles Konstrukt, so wie Geschlecht etc. Es gibt nur eine Wahrheit und das ist die Naturwissenschaft etc. Das wird den Leuten doch über viele Jahre vermittelt. Das wird dann zu ihren Überzeugungen. Zu Hause im stillen Kämmerlein fühlen sie ihr leeres Herz und wissen es nicht zu füllen. Da helfen ihnen ihre Überzeugungen auch nicht weiter. Der gewöhnliche Mensch von heute, hat einen weiten Weg zu Christus. Ich habe von George Whitfield gelesen, der hat mit nur einer Predigt Massen bekehrt. Und es war sogar nachhaltig. Viele haben sich… Weiterlesen »
[…] Vortrag „Und wo ist die Buße geblieben?!“ kann auch im Blick auf die aktuelle Debatte über Evangelisation unter Jugendlichen heute weiterhelfen. Meine […]
[…] Ron Kubsch hat einen Kommentar von Andreas Boppart, Leiter Campus für Christus im deutschsprachigen Raum, aufgenommen und hinterfragt: […]
@Theophil: Ja, ich verstehe sehr gut, dass es diese Herausforderungen gibt. Sie bestätigen eher meine Thesen als dass sie für eine stärker schamorientierte Arbeit sprechen. Was Du im ersten Absatz schreibst, sollte mit der Verkündigung des Gesetzes aufgefangen werden. Damit meine ich nicht, dass den Menschen Bibelstellen aus dem 5. Buch Mose um die Ohren gehauen werden. Ich meine damit, dass deutlich gemacht wird, dass Gott einen Anspruch auf unser Leben hat, dass die Welt geordnet ist, dass es Gebote gibt, dass Wahrheit nicht von uns erschaffen wird, sondern uns vorgegeben ist usw.
Ich habe immer betont, dass zu diesem Dienst auch die praktische Zuwendung und Begleitung usw. gehören. Das war und ist mir sehr wichtig. Aber ohne Herzensumkehr und -Erneuerung durch das Evangelium kann die Nähe zu den Menschen geistlich nicht wirklich helfen.
Liebe Grüße, Ron
Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Scham, Sündenerkenntnis und Buße wird bereits auf den ersten Seiten der Schrift deutlich. Dort wird der grundsätzliche Zusammenhang zwischen der Heiligkeit Gottes und unserer Sündhaftigkeit das erste Mal und eigentlich auch sehr anschaulich erklärt.
Den Menschen heute ist in der Tat fast nichts mehr peinlich, für absolut nichts meinen sie sich „schämen“ zu müssen. Wen überrascht, das dies auf eine anthropozentrische Theologie abfärbt?
Menschen die meinten „aufrecht vor Gott mit ihrer Sünde stehen zu können“ sind der Bibel zufolge von der Heiligkeit Gottes durch Sein verzehrendes Feuer verbrannt.
Wo die Scham aufgrund von Sünde nicht mehr gekannt wird, existiert auch keine Sündenerkenntnis.
@Theophil Isegrim: Also, da ich momentan im Arbeitslosengeld2 Bezug bin (Hartz4) kann ich mitreden. „Gut versorgt“ ist ein bisschen zwiespältig. Man kann das nur diefferenziert betrachten. Ich bin dankbar, mir wird es reichen …. aber wenn ich neue Schuhe brauche, oder etwas zum Anziehen, wird es happig. Das was ich gespart habe in besseren Zeiten und mir auch gelassen wurde (Freibetrag/Jahr) muss ich weiterhin sparen für für wirkliche Probleme: Zahnarzt, Augenarzt, Unvorhergesehenes(kaputte Waschmaschine usw). Ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich muss nicht ins Kino, aber worauf ich Wert lege, ist eine gute Ernährung. Da schaue ich zwar schon auch nach Preiswertem, auch bei der Kosmetik (achja, ich schminke mich auch nicht und brauche auch keinen Schmuck oder teure Parfums) oder muss jeden Tag Fleisch oder Käse essen, Bratkartoffeln oder Tomaten und ein Butterbrot tuns auch), aber eine Freizeit zB könnte ich mir grade nicht leisten. Der Strom wird teurer. Ich habe das große Glück, eine absolut bezahlbare Wohnnung zu… Weiterlesen »
@ Ron:
Ich denke, wir reden etwas aneinander vorbei. Die schamorientiere Arbeit ist nicht mein Standpunkt. Ich kann nur der Analyse von „Boppi“ in einigen Punkten zustimmen. Ich bin auch nicht für eine Botschaft light.
Egal, wir können ruhig unterschiedliche Standpunkte habe. Ich wollte nur nochmal klar stellen, daß ich kein Evangeliums-/Wahrheitsverwässerer bin. Mit der Schlußfogerung von „Boppi“ will ich nichts zu tun haben.
Heute ist vor allem Fremdschämen angesagt…
Ich denke es wird Grund und Konsequenz verwechselt. Die Versöhung in und durch das stellvertretende Opfer von Jesus Christus am Kreuz hat viele Konsequenzen, wie Schuld vergeben, Schande loswerden, von Ängsten befreit sein, wiedergeboren in eine neue Gemeinschaft, etc. Natürlich ist der jeweilige Zugang um einer Person das Evangelium zu verkündigen, weiterzugeben immer wieder verbunden mit der jeweiligen gefühlten Not/Herausforderung des Menschen. Das ist der Anknüpfungspunkt. Da darf man aber nicht stehen bleiben… sondern eben auch erklären was das Problem dahinter ist und warum Jesus am Kreuz sterben musste. Noch zwei interessante Beobachtungen zu dem Artikel: 1. Ich denke Boppart hat sich nicht wirklich tief mit Scham und Schuldkulturen beschäftigt. Das Menschen in Schamkulturen haben ein sehr hohes Verständnis von dem was richtig und falsch ist und klare ethische Vorstellungen und oft einen sehr hohen Gerechtigkeitssinn… von daher ist der Ansatz von Deutschland ist/wird Schamkultur = in der Gemeinde keine klaren Regeln mehr zwecks der Jesusnachfolge (zumindest nicht sexualethisch, vielleicht… Weiterlesen »
Das ist ein wichtiges, lebenswichtiges Thema… wie erreichen wir die nächste Generation für Jesus… wie finden wir Anknüfungspunkte, wie können sie Jesus und sein Werk besser verstehen? Wie gestalten wir Nachfolge?…. Boppart ist da mitten drin… an der Front … und kämpft… hier ist Dank und Fürbitten angebracht… Lehrer und Evangelisten hatten es kirchengeschichtlich nicht immer leicht mit einander klar zu kommen… Trotzdem brauchen wir einander und müssen gemeinsam darum kämpfen ein gesundes Evangelium zu verkündigen… Ich denke hier wird Grund und Konsequenz verwechselt. Die Versöhung in und durch das stellvertretende Opfer von Jesus Christus am Kreuz hat viele Konsequenzen: Schuld vergeben, Schande loswerden, von Ängsten befreit sein, wiedergeboren in eine neue Gemeinschaft, etc. Natürlich ist der jeweilige Zugang um einer Person das Evangelium zu verkündigen immer wieder verbunden mit der jeweiligen gefühlten Not/Herausforderung des Menschen. Das ist der Anknüpfungspunkt. Da darf man aber nicht stehen bleiben… sondern eben auch erklären was das Problem dahinter ist und warum Jesus am… Weiterlesen »