Zitate

Predigt ist Anrede an die Menschen

Rudolf Bohren hat schon herausgearbeitet, dass bei aller notwendigen Exegese und Textreue der Verkündiger die Hörer im Blick haben muss (Dem Worte folgen, 1969, S. 43–44):

Die Predigt ist auch Anrede an die Menschen. Und es ist wichtig, daß wirkliche Menschen angeredet werden, daß das Wort bis zum Menschen kommt. Wir müssen in diesem Zusammenhang noch einmal bedenken, daß Predigen ein Fischen ist.

Es sei gestattet, hier ein kleines Erlebnis zu erzählen: Wie mich letzthin ein Freund zum Fischfang einlädt, gehen wir an einem kleinen von Hasel umsäumten Bächlein entlang. Zum erstenmal seit zehn Jahren halte ich die Rute in der Hand. Mit schönem Schwung will ich die Angel auswerfen. Aber o weh, sie bleibt an den Haseln hängen. – So haben wir schon viel mit schönem Schwung gepredigt. Allein das Wort erreichte die Menschen nicht. Wenn die Angel nicht ins Wasser fällt, kann ich meine Rute lange in die Luft strecken. Es hilft nicht, daß ich den Text sauber exegesiert und dogmatisch richtig interpretiert habe, ja es nützt mir nichts, wenn ich mein eignes Fleisch an die Angel stecke, solange ich nicht die Angel ins Wasser halte, und zwar dahin halte, wo die Fische sind, solange ist alle Mühe vergeblich. Bei klarem Wasser sieht man die Forellen, und die Kunst ist die, den Köder dem Tier so vorzusetzen, daß es beißen kann. Und das gilt besonders für den Menschenfischer. Er muß dahin gehen, ihnen die Botschaft vorsetzen, sie mundgerecht machen, daß sie entweder zuschnappen oder sich bewußt abwenden. Und hier passiert viel Mißgeschick. Viele Prediger können wohl die Rute in die Luft strecken und Würmer baden; aber sie locken die Fische nicht.

Wo die Predigt den Menschen nicht erreicht, stimmt auch mit dem Inhalt der Predigt etwas nicht. Gottes Wort wird dann nur scheinbar verkündet; der Christus incarnatus, der Christus praesens, der kommt, um zu richten die Lebendigen und die Toten, wird nicht gepredigt. Wenn der Prediger die Menschen nicht findet, dann ist das ein Zeichen, daß seine Botschaft selber doketisch verseucht ist, daß er bloß Ideen, Abstraktionen ausbreitet. Aller Doketismus aber ist antichristlich. Man mag da meinetwegen streng orthodox, hochkirchlich, dialektisch, fein lutherisch oder nüchtern reformiert reden. Das Wort, das nicht zum Menschen kommt, ist nicht Gottes Wort. Es ist seinem Wesen nach doketisch, also antichristlich. Und das heißt also, der Hörer gestaltet die Predigt mit. »Die Hörer gehören zum Redner notwendig als seine andere Hälfte.«?

Spurgeon mahnt: »Paßt euch euren Zuhörern an. Das ist sehr wichtig. Der Prediger, der zu einer gebildeten Gemeinde redet, als hielte er eine Straßenpredigt, ist ein Tor; und umgekehrt: wer unter Bergleuten und Kohlenträgem mit wissenschaftlichen Ausdrücken und vornehmen Redensarten um sich wirft, ist erst recht ein Narr.« »Denkt euch in eure Zuhörer hinein.«

Zugpferd einer Auflösung?

Klaus Bockmühl in „Die Diskussion über Homosexualität aus theologischer Sicht“ (Leben nach dem Willen Gottes, BWA Bd. II/3, Gießen: Brunnen, 2006, S. 31–32, erstmals erschienen in: Evangelische Theologie, Jg. 24/1964, S. 242–266):

Allem nach ist zu sagen: Die christliche Gemeinde muß sich dagegen wehren, daß sie zum Zugpferd einer Auflösung ihrer ethischen Maßstäbe gemacht werden soll, einer Relativierung, zu der das Alte wie das Neue Testament nicht die geringste Handhabe bieten. Die biblischen Urteile sind gerade deshalb relevant, weil sie das homosexuelle Verhalten, die Praxis, betreffen. Eben diese ist heute das Problem. Es ist also nicht einzusehen, wieso die Regel der Herrschaft Gottes – wie für jeden anderen Fall menschlicher Unzulänglichkeit und Verirrung auch – für die Frage der Homosexualität nicht gültig und heilbringend sein sollte. Paulus hat in 1.Korinther 6 gerade hierzu Erschöpfendes und Vorbildliches gesagt, indem er sowohl die Norm als auch die Kraft des neuen Lebens beschrieb.

Leider bekommen solche klaren Rufer im öffentlichen Diskurs heute wenig Raum. Deshalb müssen sie gelesen werden!

Die Entschlossenheit von Jonathan Edwards

Jonathan Edwards wurde keine 60 Jahre alt. Dennoch hat der Theologe und Erweckungsprediger trotz schwierigster Arbeitsbedingungen ein unglaubliches Schaffenswerk hinterlassen. Caroline Schröder schreibt über seinen Fleiß und seine Entschlossenheit (Glaubenswahrnehmung und Selbsterkenntnis, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998, S. 20–21):

„Entschlossen, mit all meiner Kraft zu leben, solange ich lebe“ — dies kann geradezu als die Devise verstanden werden, nach der Edwards sein Leben gestaltet. Selbstkontrolle und Willensstärke zeigt er u.a. da, wo er der schwachen Konstitution seines Körpers mit äußerster Disziplin begegnet. Er beginnt sein Tageswerk an Sommertagen um vier Uhr morgens und erlaubt sich im Winter, eine Stunde länger zu schlafen. Täglich verbringt er dreizehn Stunden in seinem Studierzimmer. Doch immer wieder werden ihn Krankheiten zu längeren Unterbrechungen zwingen. Die Entschlossenheit, mit der Edwards sein Leben in die Hand nimmt, ist bemerkenswert für jemanden, der später einmal alle seine intellektuellen Möglichkeiten in Bewegung setzen wird, um die Freiheit des Willens als Absurdität darzustellen. Immer wieder fällt auf, wie unvermittelt und spannungsvoll Edwards’ eigene systematische Anstrengung neben seinem Abhängigkeitsbewußtsein Gott gegenüber stehen bleibt. So klingt der Grundton seiner Theologie bereits in seinen frühen „Resolutions“ an. Alles ist da: die ganzheitliche Konzentration auf „Gottes Ehre“, auf die alle Lebensäußerungen ausgerichtet werden; die gründliche Ursachenforschung, mit der das Böse auf seinen Ursprung zurückverfolgt und aus dem eigenen Leben hinausgetrieben werden soll; das Ringen um eine Intensivierung der religiösen Erfahrung in überschaubaren Zeiträumen; die Offenheit, mit der diese Erfahrung Gott gegenüber darlegt werden soll; das Erschrecken vor der Möglichkeit, Zeit zu vergeuden, sowie die Abscheu vor einem Leben, das sich im Rückblick als vertan erweist — und: die Orientierung an einer Wirklichkeit, als habe er sie bereits gesehen?

David Brooks wünscht sich mehr Theologie

NewImageDavid B. Brooks ist jüdischer Journalist, der sich als konservativer Wirtschaftskommentator einen Namen gemacht hat. Sarah Pulliam Balley hat kürzlich für THE WASHINGTON POST mit ihm über sein neues Projekt gesprochen. In dem Buch mit dem Titel The Road to Character setzt sich Brooks vor allem mit christlichen Autoren auseinander. Er hat für das neue Werk eine Menge theologische Bücher gelesen und nach eigenen Angaben sehr davon profitiert. Obwohl Brooks kein Christ ist und seine innersten Glaubensüberzeugungen nicht öffentlich machen möchte, besticht er als genialer und akribischer Beobachter.

Zum Beispiel:

Die Besonderheit der biblischen Weisheit:

Es gibt in der Bibel eine moralische Weisheit, die im Kontrast zur herkömmlichen Kultur steht … Was ich biblische Metaphysik nenne, was uns die Bibel als Bilder der Tugend gibt, beruht mehr auf Sanftmut und Liebe als auf Kühnheit. Es basiert nicht darauf, Gutes zu tun, nicht auf Heldentaten, wie im klassischen Wertesystem, sondern auf dem Zustand im Inneren der Seele.

Die Zerstreuungskraft der modernen Kommunikationstechniken:

Ich finde es sehr schwer, sich hinzusetzen und Bücher sowie wichtige Dinge zu lesen, weil ich so viel Zeit für das Beantworten von E-Mails und Twitter-Nachrichten verschwende. Es ist wie ein Bonbon, das ständig greifbar ist, eine geistige Süßigkeit; die einen seichter macht, weil du dir nicht die Zeit herausnimmst, etwas zu lesen, was dich spirituell reicher machen würde.

Aurelius Augustinus:

Ich betrachte Augustinus als intelligentesten Menschen, den ich je in irgendeiner Form erlebt habe. Seine Beobachtungen über die menschliche Psychologie und Erinnerungen sind erstaunlich, vor allem, wenn man die Entstehungszeit bedenkt. Was noch erstaunlicher ist: er kombiniert sie mit gefühlvollen Stürmen. Er ist eine intellektuell einzigartige und zugleich emotional so reiche Persönlichkeit.

Nochmals Brooks: „Ich wünschte, es gäbe mehr Theologie und mehr Religion im öffentlichen Raum für Gläubige und für diejenigen, die nicht glauben.“

Alles hier zu finden: www.washingtonpost.com.

Dem Worte folgen

Wo ist der Mut zum Bibelwort in der Seelsorge? Rudolf Bohren sagte einst (Dem Worte folgen, 1963, S. 120):

Wird die Seelsorge geübt in einer Welt, deren Gestalt vergeht, in einer Zeit, da Christus bald kommt, dann wird die Seelsorge den Mut zum Wort haben, den Mut, das Bibelwort zu sagen. – Der Seelsorger ist Botschafter. Eine hoffnungslose Seelsorge schämt sich, den Mächtigen und Gebildeten das Wort zu sagen, und meint, ihnen gegenüber das Wort in einer besonderen Emulsion servieren zu müssen. O diese Emulsionen, diese plötzliche Scheu vor Doktortiteln und Industrieaktien! O diese Ritter von der traurigen Gestalt, die es im Männersaal nicht wagen, ein Wort zu sagen. Man beachte, wie feierlich und volltönend der 2. Timotheusbrief gegen diese falsche Scham kämpft: »Ich beschwöre dich vor Gott und Christus Jesus, der die Lebendigen und die Toten richten wird, und bei seiner Erscheinung und bei seinem Reich: Predige das Wort, tritt dafür ein zu gelegener und ungelegener Zeit, überführe, weise zurecht, ermahne, mit aller Langmut und Belehrung« (4,1—2). – Wenn das Reich kommt, muß gerade auch den Mächtigen das Wort gesagt werden! Darum appelliert ein Paulus an den Kaiser!

Pascal über die Erleuchtung

Blaise Pascal (Gedanken: Eine Auswahl, Reclam, 1956, S. 143, Fragment 258):

Nichts versteht man von den Werken Gottes, wenn man nicht als Grundsatz annimmt, daß er die einen blind machen und die andern erleuchten wollte.

Betörte Anbetung

Starke Aussage, ungefähr so: „Betörte Anbetung ist nicht so sehr ein Problem der falschen Methode oder des falschen Stils, sondern das eines falschen Gottes.“

Ohne Auferstehung wäre alles eitel Stückwerk.

Calvin zur Auferstehung (Institutio, II, 16, 13):

Nun folgt im Glaubensbekenntnis: „Am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten …“ Ohne die Auferstehung wäre alles, was wir bisher gesagt haben, eitel Stückwerk. Denn in der Kreuzigung, im Tode, im Begräbnis Christi wird ja lauter Schwachheit offenbar, und der Glaube muss also über das alles hinwegkommen, um zu rechter Kraft zu gelangen. Wir haben in seinem Tode wahrhaftig bereits die ganze Erfüllung des Heilswerks, weil wir durch ihn mit Gott versöhnt sind, weil durch ihn Gottes gerechtem Urteil genuggetan, der Fluch aufgehoben, die Strafe getragen ist. Und doch heißt es in der Schrift nicht, dass wir durch seinen Tod, sondern „durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten“ „wiedergeboren“ sind „zu einer lebendigen Hoffnung!“ (1Petr. 1,3). Denn wie er in seiner Auferstehung als der Sieger über den Tod hervorkam, so beruht auch der Sieg unseres Glaubens letztlich auf seiner Auferstehung. Wie das zugeht, lässt sich besser mit den Worten des Paulus ausdrücken: „Er ist um unserer Sünden willen dahingegeben und um unserer Gerechtigkeit willen auferweckt“ (Röm. 4,25). Damit will er doch wohl sagen: Durch seinen Tod ist die Sünde abgetan, aber durch seine Auferstehung ist die Gerechtigkeit uns erworben und wiederhergestellt. Wie aber hätte er uns im Tode vom Tode freimachen können, wenn er ihm selbst unterlegen wäre? Wie hätte er uns den Sieg erringen können, wenn er selbst den Kampf verloren hätte? Unser Heil ist also auf Tod und Auferstehung Christi gleichermaßen begründet, und zwar so: Durch den Tod ist die Sünde abgetan und der Tod überwunden, durch die Auferstehung ist uns die Gerechtigkeit wiedererworben und das Leben geschenkt. Dabei ist aber zu beachten, dass uns erst durch die Gabe der Auferstehung die Kraft und Wirkung seines Todes zukommt. Deshalb betont auch Paulus, dass Christus durch seine Auferstehung „kräftig erwiesen“ sei als „Sohn Gottes“ (Röm. 1,4); denn erst da hat er erstmalig seine himmlische Macht bewiesen, die der klare Spiegel seiner Gottheit ist und auf der unser Glaube sicher ruhen kann. Auch an anderer Stelle lehrt Paulus: „Und ob er wohl gekreuzigt ist in der Schwachheit, so ist er doch auferstanden in der Kraft des Geistes“ (2. Kor. 13,4; nicht Luthertext). Im gleichen Sinne redet er an anderer Stelle von der Vollkommenheit: „… zu erkennen ihn und die Kraft seiner Auferstehung.“ Da schließt er denn freilich gleich an: „… und die Gemeinschaft seiner Leiden, auf dass ich seinem Tode ähnlich werde“ (Phil. 3,10). Dazu passt ganz ausgezeichnet das Wort des Petrus: „Gott hat ihn auferweckt von den Toten und ihm die Herrlichkeit gegeben, auf dass ihr Glauben und Hoffnung an Gott haben möchtet“ (1Petr. 1,21); das bedeutet nicht, dass der Glaube, der sich auf Christi Tod verlässt, etwa wanke, sondern es hat seinen Grund darin, dass die Kraft Gottes, die uns im Glauben bewahrt, sich in der Auferstehung am deutlichsten geoffenbart hat. Deshalb müssen wir im Auge behalten: Wo vom Tode allein die Rede ist, da ist zugleich auch die Kraft der Auferstehung mit einbegriffen; dieses gleiche Miteinbegreifen findet statt, wo von der Auferstehung ohne ausdrückliche Nennung des Todes gesprochen wird: Auch da sind die Wirkungen des Todes mit bedacht. Aber in der Auferstehung hat er die Palme erstritten, so dass er „die Auferstehung und das Leben“ geworden ist; deshalb sagt Paulus, der Glaube sei abgetan, eitel und trügerisch sei das Evangelium, wenn wir die Gewissheit der Auferstehung nicht fest im Herzen tragen dürften (1. Kor. 15,17). An anderer Stelle preist er den Tod Christi als festes Bollwerk gegen alle Schrecken der Verdammnis, und fährt dann doch, um den Lobpreis zu erhöhen, fort: „der gestorben ist, ja vielmehr, welcher auch auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns“ (Röm. 8,34).

Der neue Sündenbegriff

Michael Herbst zitiert in seiner Seelsorgelehre bei Marianne Gronemeyer einen spätmodernen Sündenbegriff (Michael Herbst, Beziehungsweise  2012, S. 569):

„Ich werde an meinem einzigen Leben schuldig, wenn ich nicht ein Optimum an persönlicher Erfüllung erreiche.“

Jesus Christus schafft die Mitte

Blaise Pascal:

Das Wissen von Gott ohne Kenntnis unseres Elends zeugt den Dünkel. Das Wissen unseres Elends ohne Kenntnis von Gott zeugt die Verzweiflung. Das Wissen von Jesus Christus schafft die Mitte, weil wir in ihm sowohl Gott als unser Elend finden.

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