Als ich in Samstagabend auf der Autobahn einen Radiobericht über die mutigen Worte des Papstes in der Camorra-Hochburg Caserta hörte, erklärte der Moderator selbstsicher, Papst Franziskus habe kürzlich in einer Predigt die Mafia exkommuniziert. Schon als ich das erste Mal von der Exkommunikation hörte, meldeten sich bei mir einige Fragen: Kann der Papst ohne Anhörung und Verfahren exkommunizieren? Kann er eine juristische Organisation oder gar eine Geheimorganisation aus der Kirche ausschließen? Was meint er mit „Mafia“, denkt er beispielsweise auch an die vielen minderjährigen Kinder (vgl. Can. 1323), die im Auftrag der Camorra unterwegs sind, oder nur an die Chefs? Was sagt das katholische Kirchenrecht dazu? Wie kann so ein allgemeiner Ausschluss überprüft werden?
Also: Das Kirchenrecht unterscheidet zwischen zwei Arten von Exkommunikation, nämlich der Exkommunikation als Tatstrafe „poena latae sententiae“ und der als Spruchstrafe „poena ferendae sententiae“.
Im ersten Fall tritt die Exkommunikation automatisch ein, zum Beispiel bei einer Abtreibung. Im Can. 1398 lesen wir: „Wer eine Abtreibung vornimmt, zieht sich mit erfolgter Ausführung die Tatstrafe der Exkommunikation zu.“ Die allermeisten Strafen sind jedoch Spruchstrafen (vgl. Can. 1314). Spruchstrafen werden durch einen ausdrücklichen Urteilsspruch seitens des Bischofs oder des Papstes nach einem ordentlichen Prozess verhängt.
Die Machenschaften der Mafia verlangen eine Spruchstrafe. Der Papst hat demnach die Mafiosi nicht aus der Kirche ausgeschlossen, sondern sie zur Umkehr aufgerufen.
Radio Vatikan stellt klar:
Um zu verstehen, was der Papst meint, muss der erste Teil des Satzes in den Blick genommen werden: Wer so handelt, ist nicht in Gemeinschaft mit Gott! Es geht also vor allem um den moralischen Charakter der Sünde, und – zumindest zuerst einmal – nicht um die Rechtsfolgen. Der Papst wollte also sagen: Mafiosi stellen sich außerhalb der Gemeinschaft der Kirche, die die Familie Gottes ist. Das mindert aber keineswegs die Schärfe des Appells. Denn höchstwahrscheinlich hatte der Papst nicht so sehr kirchenrechtliche Spitzfindigkeiten im Blick (siehe unten), sondern es ging ihm um die Ungeheuerlichkeit der Verbrechen der Mafia und ihre absolute Unvereinbarkeit mit dem Glauben. Mutig hat er die Menschen aus dem Glauben heraus zum Widerstand gegen dieses Krebsgeschwür nicht nur der süditalienischen Gesellschaft aufgerufen.