Zwischen einem lockeren Gespräch und theologischen Verlautbarungen zu unterscheiden, ist eine gute Sache. Trotzdem finde ich es beunruhigend, mit was für einer Selbstverständlichkeit Redakteur Guido Horst den amtierenden Papst Franziskus verteidigt, der kürzlich wieder davon sprach, dass alle Religionen zu Gott führen und jeder Mensch ein Kind Gottes ist. Wie kann ich einem Papst vertrauen, der dies offensichtlich glaubt und dennoch hinter den Dekreten der Kirche stehen muss? Furchtbar! Zumal solche Äußerungen ja keine Versehen sind (vgl. hier und hier).
Trotzdem meint Guido Horst:
Auf Deutsch klingt der entscheidende Satz von Franziskus auf der offiziellen Homepage des Vatikans so: „Alle Religionen sind ein Weg, um zu Gott zu gelangen. Sie sind – ich mache einen Vergleich – wie verschiedene Sprachen, verschiedene Idiome, um dorthin zu gelangen. Aber Gott ist Gott für alle. Und weil Gott der Gott für alle ist, sind wir alle Kinder Gottes.“
Ja, kann man missverstehen. Besonders dann, wenn man Papst Franziskus schon seit geraumer Zeit böse Absichten unterstellt. Die „sprungbereite Feindseligkeit“, über die sich schon Benedikt XVI. beklagte, muss Franziskus besonders aus dem Lager der Konservativen und Traditionalisten erfahren. Aber bitte: einmal durchatmen und sich abregen – es war nur ein Gespräch! Kein theologischer Vortrag und erst recht kein „ex-cathedra“-Spruch. Zumal Franziskus kein Theologe, sondern ein Mann der Seelsorge ist. Er hat mit mehreren Jugendlichen gesprochen – so wie vielleicht vier vernünftige Leute in einem Zugabteil sitzen, feststellen, dass ein Hindu, ein Christ, ein Muslim und ein Buddhist zusammen sind, und anfangen, über das Miteinander der Religionen zu reden. Da wird der Christ auch nicht aufstehen und die anderen ultimativ zu Bekehrung und Taufe auffordern.
Mehr: www.die-tagespost.de.
Was Guido Horst da schreibt ist schon ziemlicher Unsinn. Angefangen vom Vergleich mit Benedikt (bzgl. Feindseligkeit gibt es wohl nur Gemeinsamkeiten, was den Kampf gegen die korrupte Kurie betrifft) bis hin zur Besänftigung, dass es ja nur ein Gespräch war (dass dann aber veröffentlicht wurde). Der Irrtum, dass man in seelsorgerischen Situationen oder anderen Alltagssituationen irgendetwas religiöses erzählen sollte, was den Menschen möglicherweise gut tut und bloß keine schlechten Gefühle oder Dissonanzen erzeugt, ist wahrscheinlich weiter verbreitet als man meint. Die Wohlfühlpredigten, die den Anspruch des Evangeliums und andere unangenehme biblische Wahrheiten unter den Tisch fallen lassen, haben auch in evangelikalen Gemeinden Hochkonjunktur. Hier klingt das dann z. B. so: „Gott liebt alle Menschen bedingungslos.“, was dann auch so klingt wie der päpstliche „Gott für alle“ Satz. Menschen, die an den Gott glauben, der in der Bibel beschrieben wird, sollten sich nicht schämen, von ihm freundlich und gemäß der biblischen Offenbarung zu reden, anstatt ein nettes Bild eines Götzen zu… Weiterlesen »
Hardcore-Katholiken sehen das nunmal so: der Papst sagt oder tut manchmal etwas, was gegen die bisherige Kirchenlehre geht, aber es war ja nicht „ex-cathedra“, ändert also an der Lehrmeinung nichts. Und damit ist alles schick, denn damit ist der Widerspruch nicht da.
Wen stört es schon, dass das Heil angeblich nur in der katholischen Kirche zu finden ist, und dann gesagt wird, dass alle Religionen zu Gott führen? War ja nicht „ex-cathedra“ gesagt. Damit würgt ein in der Lehre fester Katholik alle Diskussionen und Argumente ab.
Ehrlichkeit sähe anders aus. Gut, dass ich nicht mehr dem Verein angehöre, das Gewissen sagte irgendwann „Nein, da kannst du nicht bleiben“.
Welch grosses Wort, Häretiker!! Wenn wir dies zu Grunde legen, gibt es aber in der EAD genug Häretiker. Wie oft mir in der letzten Zeit in Allianzkreisen Allversöhnungslehre in verschiedenen Ausführungen begegnet ist !!!
Man sollte immer erst vor der eigenen Tür zu kehren beginnen…..
@Matze:
Natürlich gibt es auch immer wieder Irrlehrer in der evangelischen Welt. Und natürlich bekommen die ihren Gegenwind, und teilweise auch Anhänger.
Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen kath. und ev.: während die einen von festen (und sei es noch so falschen) Lehrmeinungen nicht mehr weg können, können die anderen ihre Lehrmeinungen korrigieren.
Maria Himmelfahrt / Unfehlbarkeit des Papstes: das sind Dogmen, die nie wieder korrigiert werden können.
Luthers Verhältnis zu gewissen Bevölkerungsgruppen: da haben und leben wir (hoffentlich) andere Erkenntnisse als er.
Keine Sorge. Ihr hier, die Anhänger des theoblogs, seid die Einzigen, die in den Himmel kommen.
@Nik
So ist es. Denn unser Retter hat gesagt: ICH bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand (!) kommt zum Vater außer durch MICH.
Den Meister als Lügner bezichtigen wirst Du ja nicht wollen, oder?
@Stephan
Ich spüre keinen großen Gegenwind und wenn meistens von Leuten ausserhalb der EAD wie z.B. Wolfgang Nestvogel. Meinst Du wirklich, dass den normalen Christen es interessiert ob etwas ein Dogma ist oder nicht? Die meisten Katholiken im Westen z.B. werden die Wandlung also das Fleischwerden Jesu in der Eucharistie doch nur symbolisch verstehen. Und so zieht es ganz breit durch, ob evangelisch, katholisch oder freikirchlich. Das biblische Wissen nimmt immer mehr ab und die Info über zentrale Glaubensinhalte.
@Matze Gerade weil das biblische Wissen abnimmt klammern sich viele Kirchgänger an Dogmen, frei nach dem Motto: wenn das eine Autoritätsperson sagt, dann wird das schon stimmen. Vergleichbar sieht man ja auch bei weltlichen Fragestellungen, sei es das Thema Klima, Gesundheit, Kriegskonflikte und welche Position jeweils die richtige sei, und die Diskussionen darüber nehmen religiöse Züge an. Als Evangelische haben wir es vergleichsweise leicht: wir prüfen anhand der Schrift (wie die Beröer), ob die jeweilige Lehre gesund ist. Im Katholischen gibt es darüber hinaus Tradition, Überlieferung, …, die als i.d.R. gleichberechtigt neben der Bibel stehen. Schon wird es schwierig: die „Autorität“ entscheidet, was zur Überlieferung mit welcher Wichtung dazu gehört, während in den weltlichen Dingen andere Autoritäten entscheiden, wer oder was zur „Wissenschaft“ dazu gehört. Ich sehe in der evangelikalen Welt durchaus mehr Lehrdiskussionen als im Katholizismus. Und manchmal natürlich auch die Haltung, dass, wenn es von Gott gegeben ist, es sich bewähren wird, im anderen Fall nicht. Die sieben… Weiterlesen »
Hallo Stephan,
Es ehrt Dich wenn Du so als evangelischer Christ an die Sache ran gehst. Meine Beobachtung ist, dass eben viele Evangelikale nicht hinterfragen, weil man auch den Pastor nicht hinterfragen soll ( wer mich antastet tastet meinen Augapfel an). So wird zum Beispiel von Pfingstlern der 2. Segen theologisch nicht hinterfragt, das Wohlstandsevangelium und extreme Heilungslehren. So gibt es dann ein pfingstliches Dogma, das obwohl es nicht so heisst, vielerorts nicht reflektiert wird. So zieht es sich aber durch sehr viele evangelikale Gemeindebewegungen. Und wenn Du noch ein praktisches Beispiel brauchst: schau Dir das Video zur Berliner Erklärung von Maria Prean an zur Aufhebung der Berliner Erklärung bei einer Konferenz in Berlin im Augustan Dann schau mal nach der Faktenlage und lese einige der Kommentare……
@Matze Beim Bund der Pfingstler bin ich wohl mit Dir einer Meinung, auch was manche leitende oder angesehene Leute dort gesagt / getan haben und / oder immer noch tun. Tatsächlich hatte ich dieses Jahr aber auch mehrfach Anlass zum Besuch einer pfingstlichen Gemeinde. Was ich dort vor Ort gehört und mitbekommen habe war tatsächlich gesunde Lehre, und Jesus steht dort im Mittelpunkt, der kleine Literaturtisch war aus meiner Sicht theologisch unbedenklich. Die besonderen „Auswüchse“ wie Zungenrede usw. hielten sich in sehr engen Grenzen am Rande des zu Anfang stattfindenden Lobpreises. Ich hatte keinen Zweifel, dass ich da unter Geschwistern im Herrn sitze. Damit ergeht es mit mit denen wie mit der Evangelischen Landeskirche: wenn ich deren Leitung sehe und das, was dort gesagt wird und geschieht, dann kann ich mich auch nur noch wundern. Allerdings gibt es eine Reihe von Gemeinden, vor vor Ort die Lehre gesund, wenngleich auch einfach ist. Vielleicht wäre es günstiger, wenn die Gemeinden, gleich… Weiterlesen »
Hallo Stephan,
Interessante Gedanken. Die enge Verbundenheit einer Gemeinde zu einem Bund hat viele Vorteile, die Gemeinden halt nicht missen wollen. Man kann das auch anders machen wie viele russlanddeutsche Gemeinden, die auf diese Vorteile verzichten. Das muss man als Gemeinde/als einzelner dann auch wollen.
Ist Franziskus nur ein Opportunist oder gar ein Häretiker?
Ich befürchte er ist beides! Ein lebendes Beispiel dafür wie traurig eine Abkehr von der gesunden Lehre der Bibel enden kann. Nämlich in der Beliebigkeit, im Synkretismus und in der Allversöhnung. Nicht wenige Katholiken registrieren das mit Sorge, ich vermute und hoffe, dass evangelikale Gemeinden davon „profitieren“ könnten, wie auch von frustrierten „Evangelischen“. So wiederhole ich mein Mantra, „die Zukunft der Kirche ist freikirchlich“ immer vorrausgesetzt man bleibt an Christus und seinem Wort !