Reformation

500 Jahre Reformation

Flyer Reformationsjubilaum 2017 web Seite 1Die STH in Basel (Schweiz) organisiert 2017 eine Ringvorlesung zum Thema „500 Jahre Reformation“. Es heißt dazu:

Im Jahr 2017 werden 500 Jahre Reformation gefeiert: am 31. Oktober 1517 hat Luther seine Ablassthesen in Wittenberg veröffentlicht. Die Reformation von Luther, Zwingli, Menno Simons und vielen anderen war keine rein akademische Angelegenheit. Sie wollte eine Erneuerung von Kirche und Gemeinde durch Rückbesinnung auf die Bibel. Was ist daraus heute geworden? Die STH Basel versteht die Anliegen der Reformatoren als aktuellen Auftrag. Was würden die Reformtoren heute, auf der Grundlage der Bibel stehend, zu sagen haben? Die Dozenten der STH Basel stellen sich diese Frage in einer Ringvorlesung und an einem Studientag, dem «STH-Reformationstag». Und sie wollen, wie die Reformatoren, für die Gemeinde und vor Menschen aus den Gemeinden sprechen. Dazu laden wir herzlich ein.

Hier der Flyer: Flyer-Reformationsjubilaum-2017-web.pdf.

Neue Thesen braucht die Kirche

Was uns die „neuen Thesen für die Kirche“ über die „evangelikale“ Theologie und Frömmigkeit der Gegenwart verraten, geht – so hoffe ich wenigstens – aus einer Behauptung hervor, die die Beraterin und Autorin Veronika Schmidt mit Berufung auf das Ehepaar Luther aufgestellt hat:

Sex, Rollenbilder und Gleichstellung haben einen direkten Zusammenhang. Vor allem für die Frau ist befreite Sexualität entscheidend für ihre ganzheitliche Entwicklung. Wer’s nicht glaubt, schaue über den Tellerrand in andere Teile der Welt um festzustellen, wie das Leben von Frauen ohne sexuelle Selbstbestimmung aussieht. Sie haben weder Bildung noch Entwicklungschancen. Eine sexuell freie Frau hingegen ist in ihrer Persönlichkeit, ihrer Partnerschaft und Gesellschaft frei.

Mehr Klischee geht nicht!

Hier der „reformatorische Weckruf“ zu sexueller Selbstbestimmung: www.livenet.de.

Der Atlas zur Reformation in Europa

Rezension zum Buch:

  • Tim Dowley: Der Atlas zur Reformation in Europa, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Aussaat, 2016, Euro 19,90.

978 3 7615 6331 1„Eine Karte erschließt Welten und erschafft Bedeutung. Sie formt eine Brücke zwischen dem Hier und dem Dort“, hat Reif Larsen, der Schriftsteller, einmal gesagt (vgl. S. 3). Da uns die Welten der Reformation heute so fremd sind, hat der in London lebende Tim Dowley einen außergewöhnlichen Atlas entwickelt. Entstanden ist eine reizvolle Brücke zu „dem Dort“, die zu Überqueren so viel Vergnügen macht, dass man gar nicht mehr aufhören möchte, sie zu beschreiten.

Der Atlas informiert auf seinen 160 Seiten über Ursprünge, Hintergründe und die Ausbreitung der Reformation und ihre Folgen für Europa und den Rest der Welt. Nun existieren freilich schon etliche Atlanten zur Kirchengeschichte. Aber keines der mir bekannten Werke ist so explizit der Reformation gewidmet und so wunderschön gestaltet wie diese Sammlung.

Der erste Teil des Atlas behandelt den Zeitabschnitt vor der Reformation einschließlich diverser vorreformatorischer Bewegungen wie die Waldenser oder die Hussiten. Der zweite Teil beginnt mit dem Beginn der Reformation unter Martin Luther und endet mit den reformarischen Aufbrüchen in England, Schottland und Polen. Der dritte Teil dreht sich um die Gegenreformation und die Konfessionalisierung. Der letzte Teil veranschaulicht die Ausbreitung der Reformation in der Frühmoderne bis hin nach Nordamerika oder Japan.

Die großen Reformatoren werden jeweils auf zwei Buchseiten vorgestellt. Auf der dazugehörigen Karte sind immer die wichtigsten Wirkungsstätten eingezeichnet. Dabei ist vorteilhaft, dass große Ereignisse direkt eingetragen sind, in Marburg beispielsweise die Diskussionen um die Bedeutung des Abendmahls zwischen Zwingli und Luther im Jahre 1529. Erfreulicherweise wurden oft vernachlässigte Themen wie die Täuferbewegungen, die radikalen Reformer oder die Judenverfolgungen aufgenommen. Auf der Karte 19 (S. 63) sind sowohl die Routen der vertriebenen Juden, die größeren Verfolgungen und eingerichtete Ghettos sowie Neubesiedelungen zu finden. Im Verlauf des Mittelalters wurden die Juden immer wieder verfolgt, nicht nur von der Inquisition.

Inhaltlichen Schwerpunkten wie der Schweizer Reformation oder die Ausbreitung des Calvinismus sind ein bis drei Seiten gewidmet. Mitunter erfährt der Leser feine Details, über die von Johannes Calvin gegründete Akademie wird berichtet, dass sie bereits 1559 162 Studenten hatte. 1564 waren es bereits mehr als 1500 Studenten, die meisten von ihnen stammten aus dem Ausland. Die Akademie muss damals allein logistisch unvorstellbar viel geleistet haben.

Der Atlas zur Reformation enthält 60 liebevoll angelegte Karten, die durch meist farbige Abbildungen und Zeitstrahlen ergänzt werden. Ein Orts- und Stichwortverzeichnis ist ebenfalls enthalten. Das Buch ist was für Liebhaber der Kirchengeschichte und eignet sich vorzüglich zum Verschenken an Leute, die sich für die Geschichte der Reformation begeistern.

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Die Rezension erschien zuerst in Glauben und Denken heute und kann in der PDF-Version heruntergeladen werden: AtlasRef.pdf.

Das Reformationsportal

Anlässlich des Reformationsjubiläums wurde von mehreren Archiven ein digitales Archiv zur Reformation zusammengestellt.

Ziel des Projekts ist es, ausgewählte Quellen aus den mitteldeutschen Kernlandschaften der Reformation für eine breite Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen. Die beteiligten Archive sind zentrale Anlaufstellen für die Erforschung der Reformation. Sie betreuen herausragende schriftliche Überlieferung gerade zu den Anfängen dieses gesamtgesellschaftlichen Erneuerungsprozesses.

Mit einem Ausstellungsmodul (Schaufenster) und einem Forschungsmodul (Visitationsprotokolle) richtet es sich sowohl an Bildungseinrichtungen, kirchliche Gruppen sowie interessierte Laien als auch an die Fachwissenschaft und die Orts- und Heimatforschung.

Die gemeinsame Präsentation im Internet ermöglicht es, Dokumente über die historisch und überlieferungsgeschichtlich gewachsenen Länder- und Archivgrenzen hinweg zusammenzuführen. Sie wurden hochauflösend digitalisiert, wissenschaftlich erschlossen und innerhalb des Reformationsportals Mitteldeutschland bereitgestellt.

Gefördert wurde das Projekt durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen sowie durch die beteiligten Bundesländer Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Kooperationspartner waren darüber hinaus das Sächsische Staatsarchiv/Hauptstaatsarchiv Dresden, das Brandenburgische Landeshauptarchiv Potsdam und das Hessische Staatsarchiv Darmstadt.

Das sind sehr feine Dokumente zu finden. Zum Beispiels das Dokument, in dem Martin Luther seine Position in der Abendmahlfrage vor dem Kasseler Gespräch Melanchthons mit Bucer unterstreicht. Leider ist der Server hin und wieder überlastet.

Hier: www.reformationsportal.de.

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Allein durch den Glauben

In der Osterzeit des Jahres 1515 begann Martin Luther gemäß einer Notiz des Studenten Oldecop mit der Vorlesung über den Brief des Paulus an die Römer. Diese Vorlesung, die sich bis in den Herbst 1516 hinzog, ist eine Frucht der stillen Jahre nach dem Durchbruch der Gnadenlehre und vor Ausbruch der Reformation.

Zu Römer 1, 17 lehrte Luther damals:

In menschlichen Lehren wird die Gerechtigkeit der Menschen geoffenbart und gelehrt, d. h. wer und auf welche Weise einer gerecht ist und wird vor sich selbst und vor den Menschen. Einzig im Evangelium wird die Gerechtigkeit Gottes geoffenbart, (d.h. wer und auf welche Weise einer gerecht ist und gerecht wird vor Gott), nämlich allein durch den Glauben, mit dem man dem Worte Gottes glaubt, wie es bei Markus am Schluss heißt: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubet, der wird verdammet werden“ (Mk 16,16). Denn die Gerechtigkeit Gottes ist die Ursache des Heils, …

Berner Thesen

Die sogenannten 10 Berner Thesen von 1528 belegen den vorläufigen Abschluss der Reformation in Bern. Hier die ersten drei Thesen:

  1. Die heilige christliche Kirche, deren einziges Haupt Christus ist, ist aus dem Worte Gottes geboren und hört nicht die Stimme eines Fremden [vgl. Joh 10,5].
  2. Die Kirche Christi macht nicht Gesetze und Gebote ohne Gottes Wort. Deshalb binden alle Menschensatzungen, die man Kirchengebote nennt, uns nicht weiter, als sie im göttlichen Wort begründet und geboten sind.
  3. Christus ist unsere einzige Weisheit, Gerechtigkeit, Erlösung und Bezahlung für aller Welt Sünde. Deshalb bedeutet, einen anderen Verdienst zur Seligkeit und eine andere Genugtuung für die Sünde zu bekennen, Christus zu verleugnen.

Luther und die Fürsten

Zwischen Dresden, Leipzig und Wittenberg liegt die Renaissancestadt Torgau. Als kursächsische Residenz war Torgau das politische Zentrum der Reformation. Für Martin Luther selbst sind über 40 Besuche in der Residenzstadt seiner Landesfürsten, den Kurfürsten zu Sachsen, nachgewiesen. Hier weihte er auch den ersten nach seinen Vorstellungen erbauten protestantischen Kirchenneubau ein.

Eine Sonderausstellung im Schloss Hartenfels, in der Kurfürstlichen Kanzlei und der Superintendentur lässt am historischen Ort mit einzigartigen Kunstwerken, Dokumenten und Kostbarkeiten die Zeit der Reformation wiedererstehen. Nachfolgend ein Deutschlandradio-Beitrag zur Ausstellung, in dem auch die komplizierte Verkettung von Reformation und Fürstentümern zur Sprache kommt:

 

Die Ausstellung „Luther und die Fürsten“ geht noch bis zum 31. Oktober 2015. Wohnte ich in Leipzig oder Dresden, schaute ich gewiss mal vorbei.

Calvin: Die letzten 15 Jahre

Nach dem Tod seiner Frau stürzte sich Johannes Calvin noch mehr in die Arbeit. Dazu zählte vor allem die Durchsetzung seiner Lehre in Genf. In der letzten Folge der DLF-Serie über Calvin rückt die Auseinandersetzung mit Michael Servet in den Vordergrund. Der Arzt Servet leugnete die Dreieinigkeit und wurde deshalb zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Dieses Vorgehen entsprach dem damaligen Reichsrecht (Codex Justianus), das die Todesstrafe sowohl für das Leugnen der Trinität als auch der Taufe vorsah. Außerhalb von Genf wäre Servet deshalb ebenso verurteilt worden.

Trotzdem bin ich dankbar, dass die reformierten Kirchen sich später für die Religionsfreiheit geöffnet und die Zuständigkeit von staatlicher Obrigkeit und Kirchen noch schärfer auseinandergehalten haben. So wurde beispielsweise unter dem Einfluss von Abraham Kuyper und anderen 1905 der Artikel 36 des Niederländischen Glaubensbekenntnisses (Confessio Belgica von 1561) geändert. Früher hieß es dort:

Deshalb hat er die Obrigkeiten selbst mit dem Schwerte bewaffnet, damit sie die Bösen strafen, die Guten aber schützen. Ihres Amtes ist es ferner, nicht nur für die bürgerliche Verfassung besorgt zu sein, sondern auch, sich zu bemühen, dass der Gottesdienst erhalten werde, aller Götzendienst und falscher Gottesdienst entfernt werde, das Reich des Antichrists zerstört, Christi Reich aber ausgebreitet werde. Endlich ist es ihres Amtes zu bewirken, dass das heilige Wort des Evangeliums überall gepredigt werde und dass jeder Gott auf reine Weise nach Vorschrift seines Wortes frei verehren und anbeten könne.

Hier der die Folge:

Die reformierte Kirchenordnung in Genf

„Dieser Mann ist, wie du weißt, von tiefer Bildung und reicher Kenntnis verschiedener Wissenszweige, von durchdringendem Geist, großer Belesenheit und er hat viele Tugenden“, schrieb Calvin in einem Brief an einen Freund.  Bucer, der ehemalige Dominikaner, war nach Luther und Melanchthon der bedeutendste Reformator im deutschen Sprachraum. Neben Wittenberg und Zürich hatte er Straßburg, das mit etwa 25.000 Einwohnern zu den größten Städten im Römischen Reich Deutscher Nation gehörte, zum dritten Zentrum der Reformation gemacht.

Nachdem Calvin Genf verlassen musste, hatte Bucer ihn nach Straßburg geholt. Dort betreute Calvin die französischsprachige Gemeinde und wurde für seine Rückkehr nach Genf zugerüstet.

Hier der freilich recht kritische DLF-Bericht über Calvins Zeit in Straßburg und die erneute Berufung nach Genf:

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