„Dein Name werde geheiligt“

Helmut Thielicke sagt über „Dein Name werde geheiligt“ aus dem Vaterunser (Das Gebet, das die Welt umspannt, 1983, S. 41–42): 

Luther sagt einmal in seiner Auslegung des Vaterunsers über diese Bitte das erschütternde Wort: „Ich weiß in der ganzen Schrift keine Lehre, die unser Leben mächtiger und mehr schwächt und vernichtet als dieses Gebet“; und als Begründung fügt er hinzu: „Wir leben alle ein Leben, in dem Gottes Name und Ehre ständig gelästert werden, wir haben andere Götter und wollen selber die Herren unseres Lebens sein.“ So ist die erste Bitte des Vaterunsers ein heimliches Bußgebet, ein Sündenbekenntnis von zermalmender Wucht, und keiner kann beten, der nicht diese Instanz des Gerichts, diesen Abgrund des Am-Ende-Seins durchläuft.

Denn zu jedem Gebet gehören zwei Voraussetzungen: Einmal: Ich muß wissen, zu wem ich rede. Darüber belehrt uns Jesus ja auch als allererstes. Wir dürfen sagen: „Unser Vater!“ Diese Anrede ist recht eigentlich ein stilles, gleichsam nur angedeutetes Dankgebet. Wenn ich dieses Dankgebet in Worte fassen sollte, würde ich sagen: „Gottlob, daß du da bist und uns hörst; gottlob, daß wir dir alles sagen dürfen – von den größten Dingen, die unsere Vernunft ausdenken kann, bis zu den alltäglichen Bagatellen, die unser Leben bedrängen. Gottlob, daß wir dir sagen dürfen von unserer Sehnsucht nach deinem Reich und zugleich von etwas so Kleinem wie unserer täglichen Brotration, die du deinen Kindern nicht versagen wirst; gottlob, daß wir so mit dir reden dürfen, und daß wir durch Jesus Christus deine lieben Kinder sind.“

Nicht wahr, das ist die erste Voraussetzung alles Betens: Wir müssen wissen, mit wem wir reden – und daß es der Vater ist, der uns hört.

Die zweite Voraussetzung aber, die erfüllt werden muß und ohne die es kein echtes Beten gibt, besteht darin, daß wir auch wissen, wer wir selber sind. Im Gebet appellieren wir ja nicht nur an das Herz des Vaters, sondern wir schlagen auch an unsere Brust. Niemand kann „Vater“ sagen, der nicht gleichzeitig sagt: „Ich komme aus einer großen Fremde und bin nicht wert, daß ich dein Sohn heißen soll. Vater, dein Name ist mir nicht heilig gewesen, ich habe ihn hundertfältig verleugnet.«

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Pascal ist schlauer

Blaise Pascal, der berühmte französische Philosoph und Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts, ist vielleicht am besten für seine „Wette“ bekannt. Pascal argumentiert, dass es immer die bessere „Wette“ ist, an Gott zu glauben, weil der Erwartungswert des Gewinns, der durch den Glauben an Gott erzielt werden kann, in jedem Fall größer ist als der Erwartungswert des Unglaubens. Doch Pascal und seine Brillanz haben  viel mehr zu bieten als diese Wette. Douglas Groothuis, ein ausgewiesener Pascal-Experte, der ein wichtiges Buch (#ad) über den Janseiten geschrieben hat, nimmt uns in diesem Gespräch mit hinein in das Denken Pascals.

Interviewt wird er unter anderem von Carl Trueman: 

 

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Päivi Räsänen: Ein folgenreicher Tweet

Päivi Räsänen hat für das Witherspoon Institute einen Aufsatz geschrieben, den jeder lesen sollte, der besser verstehen möchte, was für eine tiefgreifende Abkehr von den christlichen Wurzeln wir in Europa derzeit durchmachen:

Ich bin seit neunundzwanzig Jahren Abgeordnete des finnischen Parlaments. In dieser Zeit habe ich einen dramatischen Wandel des unserer modernen Gesellschaft zugrunde liegenden Wertesystems miterlebt. Vom Schutz des Lebens bis zur Verteidigung der Ehe – die Veränderungen, die wir erleben, sind unbestreitbar und haben weitreichende Folgen für uns alle. Und es ist offensichtlich, dass die allgemeine Atmosphäre gegenüber dem Christentum von Tag zu Tag feindseliger wird. Noch vor zehn Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich bald vor den Obersten Gerichtshof meines Landes gerufen werden würde, um meine religiösen Überzeugungen zu verteidigen.

„Hat jemand Finnland besetzt?“ Das fragte mich mein sechsjähriger Enkel im Juni 2019, als er eine riesige Regenbogenflagge – die größte, die wir bis dahin gesehen hatten – über unserer Heimatstadt Riihimäki in Finnland wehen sah. Zur gleichen Zeit veröffentlichte die Mehrheitskirche unseres Landes, die Finnische Evangelisch-Lutherische Kirche, offiziell ihre Unterstützung für eine „Pride“-Veranstaltung in Helsinki, was viele (auch mich) enttäuschte und schockierte.

Vor unseren Augen nahm die Kirche eine Position ein, die im Widerspruch zu ihrem eigenen Bekenntnis stand, dass Gott die Ehe für einen Mann und eine Frau geschaffen hat. Wenn die Autorität des Wortes Gottes untergraben wird, geht es nicht mehr nur um die Ehe oder das Geschlecht, sondern auch um den Weg zum Heil und zum ewigen Leben. Jeder Mensch, auch die LGBT-Gemeinschaft, hat das Recht, die ganze Wahrheit des Wortes Gottes zu hören. Ich habe zwar kurz überlegt, meine Kirche zu verlassen, war dann aber überzeugt, dass es besser ist, an Bord zu bleiben und zu versuchen, diejenigen zu wecken, die eingeschlafen sind, und nicht aus einem sinkenden Boot zu springen.

Aus diesem Grund schrieb ich einen Tweet, in dem ich eine Frage an meine Kirchenleitung richtete. Ich wollte mein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen und öffentlich fragen, wie sie ihre Aktivitäten mit der biblischen Lehre in Einklang bringen. Der Hauptinhalt meines Beitrags war ein Foto der Verse 24-27 aus Römer Kapitel 1, wo der Apostel Paulus lehrt, dass homosexuelle Beziehungen sündhaft sind. Ein Bürger erstattete als Reaktion auf meinen Tweet Strafanzeige, und weitere Anzeigen folgten schnell.

Diese Beschwerden führten zu achtzehnmonatigen polizeilichen Ermittlungen und dreizehnstündigen Vernehmungen. Als ehemalige Ministerin, amtierende Parlamentarierin und Großmutter fand ich die Situation durch und durch unwirklich. Nur wenige Jahre zuvor war ich als Innenminister für die Polizei zuständig gewesen, und nun saß ich auf dem Polizeirevier und wurde verhört, mit der Bibel vor mir auf dem Tisch liegend.

Die Fragen drehten sich schamlos um die Bibel und ihre Auslegung. Ich wurde gefragt: „Was ist die Botschaft des Römerbriefs und seines ersten Kapitels?“ und „Was meine ich mit den Worten ‚Sünde’ und ‚Schande’?“ In den sozialen Medien verbreitete sich der Witz, dass Päivi Räsänen sich wieder einmal zu einer Bibelstunde auf der Polizeiwache traf. Die Polizei fragte mich, ob ich mich bereit erklären würde, meine Schriften innerhalb von zwei Wochen zu löschen. Ich lehnte ab und bekräftigte meinen Glauben an die Lehren der Bibel, ungeachtet der Konsequenzen. Ich werde mich nicht für das entschuldigen, was der Apostel Paulus gesagt hat, erklärte ich.

Nach der Untersuchung wurde ich wegen meines Beitrags über die biblische Lehre zur Ehe strafrechtlich angeklagt. Eine zweite Anklage bezog sich auf eine Broschüre mit dem Titel „Male and Female He Created Them“ (dt. Als Mann und Frau erschuf er sie“), die ich 2004 für meine Kirche geschrieben hatte. Bischof Juhana Pohjola wurde ebenfalls als Verantwortlicher für die Veröffentlichung der Broschüre angeklagt. Eine dritte Anklage bezog sich auf meine biblischen Ansichten, die ich 2019 in einem Radiointerview dargelegt hatte. Zu diesem Zeitpunkt trat die ADF International an meine Seite und wir begannen, meinen Fall zu verteidigen.

Das mögliche Strafmaß für das Verbrechen der „ethnischen Agitation“, dessen ich beschuldigt wurde, beträgt bis zu zwei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Nach finnischem Recht fällt es unter den Abschnitt „Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ des Strafgesetzbuchs. Das „Hassreden“-Gesetz hatte das Parlament einstimmig und ohne wirkliche Debatte verabschiedet. Ich war damals Mitglied des Parlaments, und ich kann sagen, dass damals niemand die Gefahr dieser Zweideutigkeit erkannte.

Die Kriminalisierung religiöser Äußerungen durch so genannte „Hate-Speech“-Gesetze verhindert wichtige öffentliche Debatten und stellt eine ernste Bedrohung für unsere Demokratien dar. Als Parlamentarierin finde ich das besonders gefährlich. Wir müssen in der Lage sein, anderer Meinung zu sein und mit beleidigenden Äußerungen umzugehen. Anstatt den Hass zu bekämpfen, schafft die Kriminalisierung von Äußerungen auf der Grundlage subjektiver Kriterien eine Kultur der Angst und Zensur.

Je mehr wir über die Lehren der Bibel zu den schwierigen Fragen unserer Zeit schweigen, desto energischer und vollständiger wird die Ablehnung der biblischen Wahrheit sein. Ich habe es als ein Privileg und eine Ehre betrachtet, die Rede- und Religionsfreiheit zu verteidigen, die in einem demokratischen Staat zu den Grundrechten gehören. Und während dieser ganzen Tortur habe ich die Unterstützung von Tausenden von Menschen konkret gespürt, die mir aus der ganzen Welt ermutigende Nachrichten geschickt haben.

Ohne die gegen mich erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe hätte ich schließlich nicht die außergewöhnliche Chance gehabt, auf Polizeistationen, in Gerichtssälen und durch Live-Übertragungen und Pressekonferenzen, die in der ganzen Welt gehört wurden, die Wahrheit zu bezeugen. Ich bin allen dankbar, die sich an meiner Seite für das Recht, die Wahrheit zu leben und zu sagen, eingesetzt haben, und ich freue mich auf den Tag, an dem dieses Grundrecht für alle, die ihren Glauben zum Ausdruck bringen wollen, gewahrt wird.

Mehr (nur in Englisch): www.thepublicdiscourse.com.

Für die freie Presse wird es noch schwerer

In einem Kommentar habe ich mal gelesen, dass der Journalismus in Deutschland so schlecht aufgestellt ist, dass es sich lohnt, über die ausländische Presse Informationen darüber einzuholen, was in unserem Land passiert. Es könnte bald noch schlimmer kommen. Denn die Ampelregierung möchte einen „gemeinnützigen“ Journalismus fördern. Als „gemeinnützig“ gelten journalistische Einrichtungen, wenn sie „ohne Gewinnerzielungsabsicht“ arbeiten und die Bildung fördern, indem sie „der Allgemeinheit Informationen durch Wissensvermittlung, Aufklärung, Aufbereitung oder Beschaffung von Nachrichten zugänglich machen“. Solche Organisationen sollen dann finanziell unterstützt werden, so wie jetzt schon „Correctiv“ mit öffentlichen Geldern gesponsert wird.

Das wäre eine weitere Schwächung des freien Journalismus, den wir so sehr brauchen, gerade, wenn man sich die Entwicklungen im ÖRR anschaut. 

Michael Hanfeld kommentiert: 

Was „gemeinnütziger“ Journalismus ist, wissen wir damit allerdings immer noch nicht, es könnte sich auch Lobbyismus dahinter verbergen oder ein Gemischtwarenladen wie „Correctiv“, der sich durch viele kleine und ein paar große Spenden und durch direkte öffentliche Zuwendungen finanziert. Für das Projekt „noFake“ zum Beispiel nimmt „Correctiv“ gemeinsam mit der Ruhr-Universität Bochum und der Technischen Universität Dortmund 1,33 Millionen Euro vom Bundesbildungsministerium ein. Und das ist nur ein öffentlicher Geldposten in der Bilanz von „Correctiv“.

Apart ist auch Schravens Hinweis, der „Markt“ könne es nicht mehr richten. Wer macht dem pejorativ so bezeichneten „Marktjournalismus“, also der vom Staat unabhängigen Presse, denn das Leben schwer? Da sind die Öffentlich-Rechtlichen, denen es mit dem Rundfunkbeitrag finanziell glänzend geht und die im Netz immer größere Textmengen zusammenschreiben. Hinzu kommen Organisationen, die der Staat direkt oder wie jetzt per Steuererleichterung fördert.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Fünf Antworten des Glaubens

Wie sollen Christen auf die fortschreitende Säkularisierung reagieren? Andrew Wilson gibt fünf hilfreiche Antworten – nicht aus Verzagtheit, sondern aus Glauben heraus:

Wie auch immer wir die religiöse Haltung unserer Gesellschaften nennen – Säkularismus, Post-Säkularismus, Post-Christentum oder ganz anders –, die Menschen stehen dem Christentum skeptisch und in einigen Fällen geradezu feindlich gegenüber.

Die heidnischen Götter Mammon, Aphrodite, Apollo, Ares, Gaia und Dionysos plagen die Moderne noch immer und in unterschiedlichster Erscheinungsform. Sich von ihnen abzukehren, um Christus zu folgen, ist immer noch kostspielig. Es ist immer noch leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt (vgl. Mt 19,24). Die Gemeinde hat nach wie vor viele Schwachstellen, und der kulturelle Einfluss des Christentums hat diese Schwachstellen für diejenigen, die nicht zu ihr gehören, oft noch vergrößert.

Zu den externen, kulturellen Herausforderungen kommt eine innere, psychologische hinzu: Manche Christen haben das Gefühl, eine Niederlage einzustecken. In manchen Ländern entsteht dieser Eindruck bereits, wenn man nur auf die Zahlen schaut. Aus verschiedensten Gründen (darunter Wohlstand, Fruchtbarkeit und die Privatisierung des Lebens in der Nachkriegszeit) ist der Prozentsatz der Menschen, die sonntags in den Gottesdienst gehen, in vielen westlichen Ländern seit dem Zweiten Weltkrieg stetig gesunken (während er in Teilen der Dritten Welt im gleichen Zeitraum erheblich gestiegen ist). Sogar in Amerika (das oft als Ausnahme betrachtet wird) sind über zwei Drittel der Gemeinden zahlenmäßig rückläufig. Gleichzeitig herrscht die weitverbreitete Auffassung, dass christliche Überzeugungen im öffentlichen Leben immer mehr an den Rand gedrängt werden, was in vielen Fällen eindeutig zutrifft.

Mehr: www.evangelium21.net.

„Und hat sie gereinigt durch das Wasserbad“

Johannes Calvin schreibt über die Reinigung durch das „Wasserbad“ in Eph 5,26 (Die Briefe an die Epheser und Galater):

Neben der inneren und verborgenen Heiligung nennt der Apostel deren äußerlich greifbares Bestätigungszeichen. Damit will er sagen: das Unterpfand für diese Heiligung ward in der Taufe gegeben. Doch ist hier eine besonnene Auslegung nötig, damit die Menschen nicht, wie es oft geschieht, in schlechtem Aberglauben aus dem Sakrament sich einen Götzen machen. Wenn Paulus sagt, dass wir durch die Taufe abgewaschen werden, so meint er, dass Gott uns darin ein Bild unserer Abwaschung vorstellt, zugleich aber innerlich wirkt, was er äußerlich abbildet. Denn wenn die bezeichnete Sache selbst nicht mit dem Bilde verbunden wäre, so könnte die Taufe nicht ein Bad der Seele heißen. Indessen muss man sich hüten, dass man nicht das, was Gott allein zukommt, auf das Zeichen oder auf den Diener übertrage, indem man den Diener für den Urheber der Reinigung hält oder das Wasser für das Mittel, welches die Unreinigkeit der Seele fortnimmt. Dieses kommt allein dem Blute Christi zu. Endlich muss man sich hüten, dass der Glaube in keiner Weise an dem Element oder an dem Menschen haften bleibe, denn der eigentliche Zweck des Sakraments ist, uns geradewegs zu Christo zu führen und uns auf ihn zu stellen. Andere versehen sich, wenn sie bemüht sind, diese Empfehlung der Taufe abzuschwächen, damit dem Zeichen nicht zu viel zugeschrieben werde, wenn es das Bad der Seele genannt wird. Erstens lehrt Paulus nicht, dass das Zeichen es ist, das da reinigt, sondern er versichert, dass dieses allein Gottes Werk ist. Es ist also Gott, der da reinigt, und es ist nicht recht, diese Ehre auf das Zeichen zu übertragen oder mit dem Zeichen zu vereinigen. Doch ist es nicht widersinnig, dass Gott das Zeichen gleichsam als Werkzeug benutzt. Nicht als ob die Kraft Gottes im Zeichen eingeschlossen wäre: aber sie wird uns, wegen der Schwäche unseres Verständnisses, durch ein solches Hilfsmittel mitgeteilt. Manche nehmen daran zwar Anstoß, weil sie meinen, dass hierdurch dem heiligen Geiste etwas genommen werde, was ihm eigentümlich ist, und was die heilige Schrift ihm an verschiedenen Stellen zuschreibt. Aber sie irren sich, denn Gott wirkt durch die Zeichen in einer solchen Weise, dass trotzdem die ganze Kraft des Zeichens vom heiligen Geist abhängt. Es wird dem Zeichen nichts weiter zugeschrieben, als dass es ein untergeordnetes Werkzeug ist, da es, an und für sich wertlos, seine Kraft anderswoher bekommt. Auch der Einwand, dass Gottes Freiheit nicht gebunden werden dürfe, ist oberflächlich, denn freilich hat sich Gottes Gnade nicht so an das Zeichen gebunden, dass sie sich nicht auch über den Bereich dieses Hilfsmittels hinaus vollkommen frei mitteilen könnte. Dann empfangen auch viele das Zeichen, ohne an der Gnade Anteil zu erlangen, da das Zeichen allen gemein ist, d. h. den Guten und Bösen ohne Unterschied, während der Geist nur den Erwählten erteilt wird. Das Zeichen ist aber ohne den Geist wirkungslos.

 

Treu und gewöhnlich

Eric Brown beschreibt in dem Artikel „Treu und gewöhnlich“, wie sehr er und seine Familie auf Gottes Barmherzigkeit angewiesen sind. Das Gemeindeleben ist herausfordernd, die Organisation des Familienlebens noch herausfordernder. Doch Gott zeigt seine Treue oft dann besonders leuchtend, wenn man den Eindruck hat: es geht nicht mehr weiter:

Vor ein paar Jahren schrieb ich in einer schrecklich dunklen Nacht 2. Korinther 1,8–9 auf einen Notizzettel:

„Denn … wir hatten übermäßig schwer zu tragen, über unser Vermögen hinaus, sodass wir selbst am Leben verzweifelten; ja, wir hatten in uns selbst schon das Todesurteil, damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt.“

In der Tat, wir sind mit unseren Kräften am Ende. Wir haben am Leben selbst verzweifelt. Manchmal haben wir das Gefühl, dass Gott uns ein Todesurteil auferlegt hat. Aber wir wissen auch, dass er derjenige ist, der uns von den Toten auferwecken wird.

Ja, die Erziehung von Kindern mit Behinderungen ist anstrengend. Eine kleine Gemeinde zu leiten ist überwältigend. Aber diese Herausforderungen lassen uns nach dem guten Hirten rufen, dessen Güte und Barmherzigkeit uns alle Tage unseres Lebens begleiten, und der uns den ganzen Weg nach Hause führen wird.

Mehr: www.evangelium21.net.

„Digitales Lernen hat im Klassenzimmer nichts zu suchen“

Das baltische Land Estland ist Europas PISA-Champion. Bildungsministerin Kristina Kallas hat in einem Interview erklärt, was in ihrem Land anders läuft als in Deutschland. Dabei geht sie auch auf das digitale Lernen in den Klassenzimmern ein.

Nachfolgend drei Zitate:

Unser Lehrplan in der Schule ist sehr ambitioniert. Wir sehen den Schulbesuch als Arbeit an. Schule ist nicht einfach ein Prozess, den man durchläuft. Es ist Arbeit, und es wird erwartet, dass die Kinder diese Anstrengung aufbringen können, wenn sie in die Schule kommen. Dafür brauchen sie die sozialen Fähigkeiten, die sie im Kindergarten lernen.

Ja, aber anders als oft angenommen. Man denkt ja bei dem Thema meistens zuerst an das Lernen im Klassenzimmer. Aber in Estland glauben wir: Digitales Lernen hat im Klassenzimmer nichts zu suchen, weil der Lehrer dort ist, um eine soziale Interaktion mit den Kindern zu haben. Der Unterricht ist die Zeit für das Lernen von Person zu Person. Aber außerhalb des Klassenzimmers können Werkzeuge intelligent eingesetzt werden, um das Lernen zu verbessern. Deshalb haben wir ein digitalisiertes Bildungssystem, bei dem alle Schul- und Bildungsdaten auf einer einzigen Plattform zugänglich sind – und das schon seit 24 Jahren.

Nein, den Kindern geben wir keine. Die Schulen haben Tablets und Computer. Die Fähigkeiten der Schüler müssen im Unterricht entwickelt werden, das ist seit 2011 Teil des Lehrplans. Das Entscheidende besteht für uns aber nicht darin, einem Kind einen Laptop oder ein iPad zu geben. Das Entscheidende ist, die digitalen Kompetenzen der Lehrer zu entwickeln. Ein Kind, das Papier und Notizbuch verwendet, lernt ganz anders als durch das iPad. Das Gehirn arbeitet anders, wenn auf Papier gelernt wird.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Olympia 2024: Die „Todeswerke“ der Eröffnungsfeier

Die gestrige Eröffnungsfeier für die Olympischen Sommerspiele in Paris war gewiss ein kreatives Feuerwerk. Verschiedenste Leitmedien sind regelrecht ins Schwärmen geraten. MARCA aus Spanien schreibt zum Beispiel: „Paris beendet die beste Zeremonie in der Geschichte der Spiele“ (Beleg und andere Pressestimmen hat der Standard hier aufgeführt). 

Natürlich gab es auch Kritik, insbesondere aus christlichen Kreisen. Und das zu Recht. Die Zeremonie war nämlich gespickt mit Symbolen, die sich direkt gegen den christlichen Glauben richteten. Die Einehe wurde etwa ins Lächerliche gezogen und durch eine Dreierbeziehung überboten. Offensichtlicher Höhepunkt der blasphemischen Inszenierungen war eine queere Abendmahlsfeier, über die das Nachrichtenmagazin IDEA wie folgt berichtet:

Auf scharfe internationale Kritik ist die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Paris gestoßen. Am 26. Juli wurde dort auf einer Brücke über der Seine eine Art „queeres Abendmahl“ inszeniert. Dabei gruppierten sich mehrere Vertreter sexueller Minderheiten, insbesondere männliche Transvestiten, um eine Tafel herum, sodass die Szenerie stark an das Gemälde „Das Letzte Abendmahl“ von Leonardo Da Vinci (1452–1519) erinnerte.

X- und Tesla-Chef Elon Musk nannte die Inszenierung „extrem respektlos“ gegenüber den Christen. Auf seinem Kurznachrichtendienst äußerten sich bereits mehrere Journalisten und Kirchenvertreter aus verschiedenen Ländern dazu.

Der römisch-katholische Erzbischof von San Francisco, Salvatore Cordileone, stellte in einem Beitrag fest, dass der „säkulare Fundamentalismus“ nun die Olympischen Spiele infiltriert habe und sogar so weit gehe, „die Religion von über einer Milliarde Menschen“ zu lästern. „Würden sie das auch mit jeder anderen Religion tun?“ Er bitte alle Bürger, für „die Wiederherstellung von Wohlwollen und Respekt“ zu beten.

Ob sich die Evangelische Kirche in Deutschland noch meldet? Ich bin skeptisch.

Was ich eigentlich sagen möchte: Die Eröffnungsfeier eignet sich hervorragend dafür, zu verstehen, was mit den subversiven „Todeswerken“ gemeint ist, von denen der jüdische Soziologe Philip Rieff gesprochen hat. Kulturen, die sich vom „Heiligen“ verabschiedet haben, also säkulare Kulturen wie Frankreich, entwickeln gegenüber dem „Heiligen“ keine Toleranz, sondern zielen darauf ab, es zu zerstören. Und um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten sie mit „Todeswerken“, die besonders im Raum der Künste anzutreffen sind.

Ich zitiere Carl Trueman ausführlich aus seinem Buch Der Siegeszug des modernen Selbst (2023, S. 110–111):

Wie aber wurde der intellektuelle Umsturztrieb von Leuten wie Voltaire, Rousseau und Hume zu dem, was die breite Masse wollte? Für Rieff liegt die Antwort in dem, was er »Todeswerke« nennt. Er definiert das Konzept wie folgt: »… einen umfassenden Angriff auf etwas, das für die bestehende Kultur von Bedeutung ist. Jedes Todeswerk stellt einen bewundernswerten finalen Angriff auf die Objekte seiner Bewunderung dar: die heiligen Ordnungen, die sie in ihrer Kunst in gewisser Weise selbst zum Ausdruck bringen, im repressiven Modus.«

Um Rieff hier genau zu verstehen, erinnern wir uns an sein prinzipielles Einvernehmen mit Freud über das Wesen der Kultur und Zivilisation: Kultur definiert sich durch das, was sie verbietet. Die Frustration, die solche Regeln hervorrufen, findet ein Ventil in der Kunst. Kunstwerke sind also konstitutiv für die Kultur und spiegeln in gewisser Weise die bestehenden Verbote wider. Ein Todeswerk stellt nun umgekehrt einen Angriff auf die etablierten kulturellen Kunstformen dar. Es zielt darauf ab, die tiefere moralische Struktur der Gesellschaft auszuhebeln. Man könnte hinzufügen, dass Todeswerke eine mächtige Wirkung haben, weil sie ein bedeutsamer Faktor bei der Veränderung des gesellschaftlichen Ethos sind. Sie beeinflussen das soziale Vorstellungsschema, mit und nach dem wir leben. Todeswerke lassen die alten Werte lächerlich erscheinen. Sie bringen weniger Argumente gegen die alte Ordnung vor, sondern unterwandern sie vielmehr geschickt. Sie zielen darauf ab, den ästhetischen Geschmack und die Sympathien der Gesellschaft so zu lenken, dass die Gebote, auf denen sie beruht, untergraben werden.

Eines von Rieffs Kernbeispielen ist Andres Serranos berüchtigtes Werk Piss Christ. Dort wird ein Kruzifix gezeigt, das in den Urin des Künstlers getaucht ist. In vielerlei Hinsicht ist dies ein Paradebeispiel für das, worauf Rieff hinweist: Ein Symbol für etwas, das der zweiten Welt zutiefst heilig ist, wird in einer Form präsentiert, die es entwürdigt und gänzlich abstoßend macht. Serrano belustigt sich mit diesem Kunstwerk nicht nur über die heilige Ordnung. Er hat sie in etwas Schmutziges, Ekelhaftes und Abscheuliches verwandelt. Die höchste Instanz der zweiten Welt, Gott, wird buchstäblich in die Kloake, in das Allerniedrigste, geworfen. Das Sakramentale wird zum Exkrementalen. Dies ist kein schlichter Angriff auf die privaten religiösen Gefühle von Katholiken. Es ist eine Attacke auf die Autorität selbst. Ein Angriff auf die heilige Ordnung, durch die die zweite Welt legitimiert wird. Seine Kraft liegt nicht in einem Argument, das vorgebracht wird, sondern vielmehr in der Art und Weise, wie das Reine durch das Schmutzige subversiv untergraben wird. Die Religion wird nicht als unwahr hingestellt, sondern als geschmacklos und abstoßend.

Die Abendmahlsfeier bei der Eröffnungszeremonie war genau so ein Todeswerk.

Es gäbe noch viel mehr über diese Veranstaltung zu sagen. Zum Beispiel, dass hier der Sport offen mit dem Thema Sexualität und Identität verknüpft wurde. Die große Bühne von rund 23 Millionen Zuschauern wurde also von einer Elite genutzt, um die Kultur der sexuellen Vielfalt im Gedächtnis der Sportinteressierten zu verankern.

Ich kann nur empfehlen, zur Vertiefung dieser Thematik das Buch Der Siegeszug des modernen Selbst zu lesen oder als Hörbuch zu hören.

Schließen möchte ich mit einem Gebet, dass ich bei Chris Steyn, einem befreundeteten Arzt aus den Niederlanden (Healthcare Christian Fellowship International), gefunden habe:

Our Father, have mercy on France for the horribly blasphemous way they have dishonoured Your Holy Son and despised Your Holy Word. In Jesus Name, Amen

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Der Brief, der das Leben von Augustinus, Luther und Wesley veränderte

John V. Fesko stellt drei Grundwahrheiten des Römerbriefes heraus und zeigt, wie diese herausragende Persönlichkeiten der Kirchengeschichte „erweckt“ haben. Ein Punkt lautet: Wenn Gott uns allein aus Gnade durch den Glauben an Christus rettet, dann mit einem Ziel:

Wenn Gott uns allein aus Gnade, allein durch den Glauben und allein in Christus rettet, dann tut er das mit dem Ziel, damit wir in einem neuen Leben wandeln können, in Heiligkeit und Gerechtigkeit. Die Gabe des Evangeliums und der Glaube an Christus sind kein Freibrief zur Sünde, wie Paulus nachdrücklich betont: 

„Sollen wir in der Sünde verharren, damit das Maß der Gnade voll werde? Das sei ferne! Wie sollten wir, die wir der Sünde gestorben sind, noch in ihr leben? Oder wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir in Christus Jesus hinein getauft sind, in seinen Tod getauft sind? Wir sind also mit ihm begraben worden durch die Taufe in den Tod, damit, gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln.“ (Röm 6,1–4)

Gott konfrontierte Augustinus mit dieser Wahrheit, als er die Kinder „Nimm und lies“ singen hörte und Römer 13,13–14 öffnete. Augustinus wusste, dass er von seinen Sünden umkehren musste, und nur die Gnade Gottes in Christus konnte ihn befähigen, in Heiligkeit zu leben.

Mehr: www.evangelium21.net.

Autogene Training – eine dunkle Entstehungsgeschichte

Seit vielen Jahren ist das autogene Training ein Renner. Die These: Mit Hilfe der eigenen Vorstellungskraft könne man sich durch autogenes Training in einen Zustand der Entspannung versetzen, Stress abbauen und sogar Schlafstörungen lindern. Die sanfte Form der Selbsthypnose wird nicht nur von verschiedensten Krankenkassen empfohlen (vgl. hier), sondern hat sich hin und wieder auch in christliche Seelsorgeangebote eingeschlichen. Und Jesusnachfolger, die einst Esoteriker waren und heute vor der Methode warnen, werden nicht selten schief angeschaut.

DIE WELT präsentiert den Artikel eines Arztes, der dem autogenen Training abgeschworen hat, nachdem er auf die dunkle Geschichte des deutschen Erfinders Johannes Heinrich Schultz gestoßen ist. Schultz, als „international herausragende Persönlichkeit der Neuropsychiatrie und Psychotherapie“ gefeiert, war ein echter Nazi und Förderer des „Euthanasie“-Programms.

Zitat: 

Das Autogene Training wurde vor rund hundert Jahren von dem deutschen Psychiater Johannes Heinrich Schultz (1884 – 1970) entwickelt. Schon als junger Arzt begann Schultz, der Medizin in Lausanne, Breslau und Göttingen studiert hatte, sich für Hypnose zu interessieren und hierzu seine eigene Methode zu entwickeln. Zunächst hatte er, der 1924 nach Berlin gezogen war, sie als „autogene Organübungen“ benannt, aber in seinem Buch von 1932 änderte er dann den Namen in „Autogenes Training“, ein Begriff, der so viel bedeutet wie ein Training, das aus sich selbst heraus entsteht.

Schultz kann als überzeugter Nazi gelten. Er war zwar in erster Ehe mit einer jüdischen Kinderärztin verheiratet gewesen, machte dennoch rasch Karriere. Schultz wurde 1933 Vorstandsmitglied der Deutschen Medizinischen Gesellschaft für Psychotherapie unter Matthias Heinrich Göring, Arzt und Cousin des Reichsmarschalls Hermann Göring.

Von 1936 an war er Vorstandsmitglied des Deutschen Instituts für Psychologische Forschung und Psychotherapie. Er trat dem Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK) bei, das 1935 in der SA aufging, und war Mitglied der Nationalsozialistischen Ärztekammer.

Schultz war ein aktiver Befürworter der Zwangssterilisation von Personen, die damals als genetisch belastet eingestuft wurden, und des „Euthanasie“-Programms der Nazis, das die Vernichtung von Behinderten und anderen „lebensunwerten“ Menschen betrieb. Durch seine Diagnosen fällte Schulz zahlreiche Todesurteile und er prägte sogar den Begriff „Todesurteil in Form einer Diagnose“. Schultz wurde schließlich stellvertretender Direktor des Göring-Instituts in Berlin. 

Mehr: www.welt.de.

Entzauberung des bedingungslosen Grundeinkommens

Es ist der Traum der Linken: das bedingungslose Grundeinkommen. Nachdem ein zugeschnittenes Experiment in Finnland bereits gescheitert war (vgl. hier), zerstört nun auch ein großangelegter Versuch in den USA den Traum von einem zufriedenen Leben ohne viel Arbeit.

Johannes Pennekamp schreibt für die FAZ:

Auch auf dem Arbeitsmarkt gab es keine positiven Effekte. Obwohl sie sehr genau nachgefragt haben, hätten sie keinerlei Verbesserungen der Arbeitsplatzqualität feststellen können. Die Bezieher nutzten die größere finanzielle Unabhängigkeit also nicht, um sich bessere Jobs zu suchen oder sich weiterzubilden. Ihre Löhne stagnierten deshalb im Vergleich zu den Menschen in der Kontrollgruppe. Anders als vom Grundeinkommensbewerber Dieter in Deutschland angekündigt, machten sich die Bezieher auch nicht vermehrt selbständig, um selbstbestimmter leben und arbeiten zu können.

Stattdessen beobachteten die Forscher einen negativen Effekt: Die Bezieher, die arbeitslos waren, blieben es länger. Im Schnitt bewarben sie sich auf weniger Stellen als die Personen in der Kontrollgruppe. Ökonomin Eva Vivalt bilanziert: „Insgesamt scheinen die negativen Auswirkungen auf das Arbeitskräfteangebot nicht durch andere produktive Aktivitäten ausgeglichen zu werden, und es ist nicht zu beobachten, dass die Menschen während der dreijährigen Laufzeit des Programms bessere Arbeitsplätze bekommen.“

Das Grundeinkommen hilft den Daten zufolge auch nicht nachhaltig der Gesundheit der Bezieher. Kurzfristig konnten die Beobachter in einer zweiten Untersuchung zwar feststellen, dass die Bezieher etwas mehr Geld für ihre medizinische Versorgung ausgaben und häufiger zum Arzt gingen. Kurzfristige positive Effekte verschwanden aber wieder, so die Forscher. Das gelte sowohl für die körperliche als auch für die mentale Gesundheit, fassen sie zusammen. Und, um alle Träume zu zerstören: Nicht einmal besser geschlafen haben die Bezieher des Grundeinkommens, zeigen die Daten der Forscher.

Meine Meinung: Um herauszufinden, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen weder Wohlstand noch Wohlbefinden fördert, reicht der gesunde Menschenverstand und ein wenig Bibelkenntnis (vgl. 2Thess 3,10–12).

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Taylor Swift: Ambivalenz von Inszenierung und Authentizität

Hanna Sellheim zeigt in ihrem Beitrag „Die Ambivalenz von Inszenierung und Authentizität“, wie geschickt sich Taylor Swift vermarktet, indem sie Selbstbezügliches und Fiktion vermischt:

Der Glaube, dass Popmusik uns Bekenntnisse schuldet, scheint gesellschaftlich tief verankert zu sein. Die Verbindung zur persönlichen Erfahrung wird dabei von den Künstlern häufig bewusst gesetzt – um Spekulationen anzuheizen. In Reinform erlebten wir das bei „Flowers“, dem Hit von Miley Cyrus, der im Januar 2023 veröffentlicht wurde und prompt Tiktok und Instagram dominierte – eben wegen der Frage, inwiefern sie in diesem Lied ihre Scheidung von dem Schauspieler Liam Hemsworth verarbeitete. Die Ich-Bezogenheit ist hier Masche.

Diese beherrschte lange niemand so gekonnt wie Taylor Swift. Googelt man „about who is“, erscheinen oben in der Suchleiste ausschließlich Songs dieser Sängerin. Videos auf Youtube, Tiktok und Instagram erklären, über wen welches Lied geschrieben ist. So dient der autobiographische Bezug als Vermarktungstrick: Die Trennung von ihrem Freund Joe Alwyn, die darauffolgende kurze Romanze mit dem Sänger Matty Healy und die aktuelle Beziehung zum Footballspieler Travis Kelce erhöhten die Aufmerksamkeit für Swifts „Eras Tour“.

Warum schadet die Werbestrategie der Glaubwürdigkeit der Künstlerin nicht? Die Annahme, die Kunst von Frauen sei maßgeblich von den Männern in ihrem Leben inspiriert, ist im Kern misogyn. Swift streut entsprechende Informationen und gibt zugleich zu verstehen, dass man ihre Werke auf eine solche Veranlassung nicht reduzieren dürfe.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

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Die Uno ist kein Weltgewissen

Benedict Neff hat Recht, wenn er darauf hinweist, dass in der UNO inzwischen autokratisch regierte Staaten den Ton angeben. Sie nutzen die Organe der Weltorganisation subversiv, um den Westen zu schwächen:

Die Uno spielt sich als Hüterin der Moral auf, was sie nicht ist. Eher ist sie der Spiegel eines Weltgeists, der alles andere als sympathisch ist. Das Kräfteverhältnis innerhalb der Weltorganisation hat sich seit der Gründung von demokratischen und westlichen Ländern hin zu autokratisch regierten Ländern verschoben. Diese sehen im Gründungsmythos der Uno primär eine neokolonialistische Idee. Anstatt diese einfach zu bekämpfen, gehen sie subversiver vor: Sie engagieren sich in der Uno, spielen das Spiel des Westens mit und pervertieren so die Ideale, denen sich die Vereinten Nationen verschrieben haben.

Mehr: www.nzz.ch.

Nietzsche – kein guter politischer Lehrmeister

Pete Nicholas warnt vor einer Politik, die einzig auf Macht ausgerichtet ist – und stellt dieser ein augustinisches Konzept gegenüber:

Nietzsche lehrte eine Hermeneutik (Weltanschauung), die von der Macht ausgeht: „Meine Vorstellung ist, daß jeder spezifische Körper darnach strebt, über den ganze Raum Herr zu werden und seine Kraft auszudehnen (— sein Wille zur Macht:) und Alles das zurückzustoßen, was seiner Ausdehnung widerstrebt“ (eKGWB/NF-1888,14[186] —Nachgelassene Fragmente Frühjahr 1888).

Die politische Linke sieht die Welt zunehmend auf diese Weise. Sie ist sehr darauf bedacht, Machtungleichgewichte auszugleichen und die Freiheit zu fördern, indem sie gesellschaftliche Gruppen, denen es an Macht mangelt, von entsprechenden Hindernissen befreit. Diese Ziele mögen bewundernswert sein, aber daneben sind Theorien entstanden, die in der Philosophie von Nietzsche und Marx verankert sind und die Menschen durch die Schnittpunkte der Macht betrachten und für eine Umkehrung der gesellschaftlichen Machtdynamik eintreten.

Die politische Rechte mag sich zwar in Opposition zu einem solchen Ansatz sehen, doch der Aufstieg des Populismus spricht dagegen. Für Nietzsche war die Verkörperung des Willens zur Macht der Übermensch, der die Ideale verkörperte, die wir heute in populistischen Führern wiederfinden.

Der Populismus stellt „das Volk“ (Populus) als geschwächt durch korrupte Mächte – „Eliten“ an der Spitze der Gesellschaft – und durch diejenigen dar, die von außen in das Volk eindringen. Komplexe gesellschaftliche Probleme werden in der Regel auf dieses Narrativ von Korruption und Schwächung reduziert, wobei der Übermensch die einzige Person ist, die „sagt, wie es ist“, und anbietet, die Dinge zu bereinigen und die Stärke des Volkes wiederherzustellen. Wenn Dir das bekannt vorkommt, dann ist das der Punkt.

Selbst wenn es einen gewissen Erklärungswert hat, kann die Betrachtung der Dinge durch die Brille der Macht keinen konstruktiven Weg nach vorne aufzeigen. Macht reduziert alles auf ein Nullsummenspiel. Wir täten gut daran, über die blutigen Regime des 20. Jahrhunderts nachzudenken, die, ob sie nun von Nietzsche oder Marx gestützt wurden, die Welt auf diese Weise sahen.

Wir täten gut daran, Augustins Warnung und Ermahnung zu beherzigen (ich zitiere ohne Auslasssungen aus De Civitate Dei, XII,1):

„Denn die einen verharren standhaft bei dem allen gemeinsamen Gut, das für sie Gott selber ist, und bei seiner Ewigkeit, Wahrheit und Liebe; die andern, von ihrer eigenen Macht berauscht, fielen, als könnten sie ihr eigenes Gut sein, von dem höheren, allen gemeinsamen, beseligenden Gute auf sich selbst zurück, tauschten dünkelhafte Selbstüberhebung ein für die hoch erhabene Ewigkeit, nichtsnutzige Schlauheit für gewisseste Wahrheit, parteiische für allgemeine Liebe und wurden hochmütig, trügerisch, neidisch. Gott anhangen, das ist für die einen Grund der Seligkeit, so ergibt sich als Grund der Unseligkeit der anderen das Gegenteil: Gott nicht anhangen.“

Mehr: www.thegospelcoalition.org.

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