Von Menschen und Mensch*innen

41jgBNzGHEL SX350 BO1 204 203 200Die Debatte um eine geschlechtergerechte Sprache hat das Potential, die Gesellschaft noch weiter zu spalten. Einerseits wird das Gendern von öffentlichen Behörden, Universitäten und bei manchen Medien „verordnet“, andererseits empfinden immer mehr Menschen diese verordneten Eingriffe in die Sprache als Bevormundung. Die Progressiven machen freilich einfach weiter und gehen davon aus, dass sich die Mehrheit an die neue Sprache gewöhnen wird. Nur dann, wenn die Sprache verändert werde, könnten patriarchische Strukturen durchbrochen und Frauen endlich sichtbar gemacht werden, meinen sie.

Die Debatte wird oft sehr emotional geführt. Ich bin Fabian Payr dankbar, dass er ein Buch geschrieben hat, das sich sachlich und zugleich kritisch mit den Denkvoraussetzungen des feministischen Sprachumbaus auseinandersetzt. Seine linguistischen Argumente sind überzeugend. Ich hoffe, sie finden Gehör.

Er schreibt in Von Menschen und Mensch*innen: 20 gute Gründe, mit dem Gendern aufzuhören:

Deutlicher als noch vor 40 Jahren sehen wir heute, dass es keine belastbare wissenschaftliche Grundlage für die geschlechtergerechte Sprache gibt. Das Fundament der gendergerechten Sprache ist vorrangig ideologischer nicht wissenschaftlicher Art. Das betrifft die angebliche Unsichtbarkeit der Frau im Deutschen, die sich weder sprachwissenschaftlich noch mit „psycholinguistischen“ Studien belegen lässt, aber auch die bei Sprachaktivisten verbreitete Überzeugung, dass sich gesellschaftliche Verhältnisse durch Spracheingriffe ändern lassen. Kaum eine der zentralen Prämissen des Genderns hält einer wissenschaftlichen Überprüfung stand.

Vielleicht endet die Geschichte des geschlechtergerechten Sprachumbaus mit all seinen grotesken Auswüchsen eines Tages wie Andersens Märchen vom Kaiser und seinen neuen Kleidern. Dort ist es bekanntlich ein Kind, das am Ende ausruft: „Aber der Kaiser hat ja gar nichts an!“ und dem Spuk damit ein Ende macht. Zuvor wollte in dem Märchen niemand eingestehen, dass er überhaupt keine Kleider sieht, weil er Angst hatte, in diesem Fall für dumm zu gelten. Beim Gendern ist es unsere Angst, von den anderen für „frauenfeindlich“ gehalten zu werden oder nicht auf der Höhe der Zeit zu sein, die viele mitlaufen lässt. Dabei ist die geschlechtergerechte Sprache noch nicht einmal ein „neues Kleid“, sondern ein über 40 Jahre altes Konzept, bei dem die Frage erlaubt sein soll, was es heute noch für ein gleichberechtigtes Miteinander der Geschlechter zu leisten vermag.

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3 Kommentare
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Theo
2 Jahre zuvor

Ich kann das Buch auch nur wärmstens empfehlen. Die Auseinandersetzung findet auf einem Niveau statt, das in so mancher Kritik am Gendern nicht erreicht wird. So werden die Thesen der feministischen Linguistik erst einmal einzeln sachlich dargelegt, was allein schon mal ungemein hilfreich ist. Wer gegenüber Verfechtern und Mitläufern des Genderns, die in der Regel immer einen akademischen Hintergrund haben, begründen möchte, warum er nicht gendert, oder sich selbst vergewissern möchte findet hier das nötige Rüstzeug.

2 Jahre zuvor

[…] Da diese Verwechslung zwischen Sexus und generischem Maskulinum immer wieder angeführt wird, um die angebliche Unsichtbarkeit der Frau in der deutschen Sprache zu belegen, zitiere ich nachfolgend einmal aus dem schon vorgestellten Buch Von Menschen und Mensch*innen: […]

1 Jahr zuvor

[…] Germanist und Buchautor Fabian Payr (Autor des Buches Von Menschen und Mensch*innen, vgl. hier) ist Initiator des Aufrufs. Er teilte der Zeitschrift WELT mit: „Die Sender des […]

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