Frank Schirrmacher hat am 17. September bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein desillusionierendes Klagelied eingereicht. Nach ihm erleben wir derzeit nicht nur eine Finanzkrise, sondern eine »brutale Vernunftkrise«, eine Sinnkrise der Gesellschaft überhaupt.
Es ging in all den Talkshows und Reden nie darum, einen Zukunftsentwurf von verbindender Kraft zu verwirklichen, sondern ein Triebverlangen abzureagieren, in dem Eitelkeit und messianische Sendung, hemmungslose Idealisierung der globalisierten Rationalität bei gleichzeitiger emotionaler Bevormundung einer ganzen Nation (»Risiken eingehen!«) eine Horror-Ehe eingingen. Die Ergebnisse sind nicht fiktiv, sie liegen vor Augen: Demoralisierung der nachwachsenden Generation, Zerstörung der Universitäten und Bildungsgänge, Zerstückelung von Biographien, Betrug über Alterssicherheit und Rente und so weiter – kurzum: Bedrohung oder Vernichtung des traditionellen Lebenszyklus in fast allen seinen Details.
Schirrmacher neigt gelegentlich zur Dramatisierung, wird aber im Großen und Ganzen richtig liegen. Wir steuern auf schwere Zeiten zu und das Unglück, von dem man reden muss, ist ein von uns selbst konstruiertes.
In einem Punkt denke ich anders als der Mitherausgeber der FAZ: Es gab viele Stimmen, die vor den irgendwo herumlaufenden »Verrückten« gewarnt haben. Es wollte niemand auf sie hören! Das »geniale Schuldumwälzungsmodell« machte die Aktivierung der schmerzarmen Verdrängungsmechanismen vergleichsweise leicht. Nun sind die Kredite aufgebraucht, die Strohalme geknickt. Die Krisis, in der wir stecken, ist keine finanzielle, sondern eine geistliche.
Hier der Kommentar von Frank Schirrmacher: www.faz.de.