Christenverfolgung wurde zu lange verschwiegen

Die Politische Akademie der ÖVP (Wien, Österreich) hat in dieser Woche eine Tagung zum Thema »Christenverfolgung« veranstaltet. Es heißt dazu in einer Mitteilung:

Dramatische Worte fand Pater Athanasios, Vorsitzender der Koptischen Gemeinde in Griechenland. »Christen dürfen sich nie daran gewöhnen, dass Kirchen brennen und Kinder im Orient zwangsislamisiert werden.« Muslime und Araber, denen das Konzept der Trinität und die jüdisch-christliche Diversität fremd sei, müssten endlich den kulturellen Genozid an den Christen stoppen. In Ägypten zerstöre der radikale Islam die Essenz der christlichen Gemeinschaft. Zur Zeit kämpfe die christliche Minderheit in Ägypten schlicht um ihr Überleben. Das sei keine Dramatisierung, sondern eine Tatsachenbeschreibung.

Hier die vollständige Meldung: www.polak.at.

Robert Spaemann entzaubert den Biologen Richard Dawkins

Nietzsches Übermensch ist wieder da – in den Werken eines Peter Sloterdijk und Richard Dawkins. Robert Spaemann hält den beiden Gottesleugnern sein christliches Menschen- und Gottesbild entgegen. Der Rheinische Merkur hat mit dem Mann gesprochen, der zu den den profiliertesten Philosophen der Gegenwart gehört. Wie zu erwarten, ist das Ergebnis eine spannende Lektüre:

Nietzsche musste eingestehen, dass »auch wir Aufklärer, wir freien Geister des 19. Jahrhunderts, noch an dem festhalten, was der Glaube Platons war und was der Glaube des Christentums ist, dass Gott die Wahrheit und dass die Wahrheit göttlich ist«. Wenn wir aber nicht mehr an Gott glauben können, wie er meint, dann können wir auch nicht mehr an Wahrheit glauben. Dann gibt es nur die subjektive Perspektiven: Jeder hat seine eigene Perspektive auf die Welt. Der vollkommene Relativismus. Niemand kann sagen, wie es wirklich ist. Das gibt es nur, wenn es Gott gibt. Nietzsche geht noch einen Schritt weiter, wenn er sagt: Mit dieser Erkenntnis zerstört die Aufklärung sich selbst; denn sie lebte von dem Pathos der Wahrheit; sie wollte die Menschheit über die Wahrheit belehren und aufklären, weg von Illusionen, weg vom Aberglauben. Aber nun führe die Aufklärung dazu, die Idee Gottes zu beseitigen, womit sie ihre eigenen Voraussetzungen beseitigt.

Deshalb sah Nietzsche in seinem Nihilismus, mit dem man nicht auf die Dauer leben könne, ein Durchgangsstadium. Jenseits des Nihilismus erwartete er eine Welt mit neuen selbst geschaffenen Mythen, die mit Wahrheit nichts zu tun haben. Der von ihm propagierte heroische Nihilismus, der dem Schicksal ins Auge sieht und so lebt, dass er in unendlichen Wiedergeburten immer wieder so leben möchte. Er muss am Ende scheitern und in der Spaßgesellschaft enden. Das hatte Nietzsche vorausgesehen, wenn er das Volk sagen lässt: »Ach Zarathustra, gib uns den letzten Menschen, und wir schenken dir den Übermenschen.«

Hier das Gespräch: www.merkur.de.

Christus in der Mitte

Das christliche Magazin Christianity Today (CT) hat ein Interview mit Michael Horton publiziert. Horten erklärt dort allgemeinverständlich, wie er sich ein vom Evangelium getriebenes Leben vorstellt:

Become a recipient again. Mary and Martha, the two sisters and disciples of Jesus, had different relationships with Jesus. Martha busied herself with many tasks, and she was getting mad at Mary for making her do all the work. Mary was sitting at Jesus‘ feet, learning from him. Jesus rebuked Martha for criticizing her sister and said Mary had chosen the better part.
First and foremost, disciples are recipients of Jesus Christ’s teaching. His teachings are really teachings concerning his person and his work. He has accomplished our salvation. He has accomplished our redemption. So first, allow the gospel to soak in again.
Then allow the imperatives that arise out of that to be our reasonable service. Instead of trying to live the victorious Christian life, instead of trying to get into God’s favor by following tips and formulas, let’s receive the gospel and then follow the commands of God’s law when it comes to directives. Then our sailboat is perfectly equipped. Now we have the wind in our sails—the gospel—and we also have God’s own wisdom to guide us in that gospel-driven life.

Hier das vollständige Interview: www.christianitytoday.com.

Warum gibt es so viel Übel in der Welt?

Donald Carson antwortet in ungefähr vier Minuten auf eine weitere große Frage.

Hier:

How can God allow suffering and evil in the world? from A Passion for Life on Vimeo.

Kierkegaards Sprung (Teil 3)

Wider die leidenschaftslose Theologie

Dass existentielle Wahrheit etwas anderes ist als eine ›objektive Wahrheit‹ oder ›Wahrheit an sich‹, leuchtet ein. Problematisch allerdings ist, dass existentielle Wahrheit jeweils nur Wahrheit ›für mich‹ sein soll. Subjektive Wahrheit ohne intersubjektive oder transsubjektive Aussagekraft oder Gültigkeit schneidet das Erlebnis von der Welt der Tatsachen und des Wissens ab. Glaube in diesem Sinn kann von der Bezugnahme auf historisches Heilsgeschehen suspendiert werden. Dem Zugleich von historisch-kritischer Denkweise und einem innerlichen beseligten Glauben steht hier nichts mehr im Weg, da man springen kann. Geradezu kierkegaardianisch hat Rudolf Bultmann (1884–1976) dieses existentialistische Glaubensverständnis schon im Alter von 29 Jahren formuliert:

Der evangelische Glaube ist etwas anderes. Er ist die Hingabe an Gott, die sich nicht auf Wissen und nicht auf einem Willensentschluß gründet, sondern auf die Überwindung unseres Ich dadurch, daß Gott in unser Leben tritt: durch ein Erlebnis, das uns völlig demütigt und doch beseligt und erhebt, uns in eine neue Welt versetzt. Dies Erlebnis nennen wir Offenbarung Gottes.

Wir werden Kierkegaard allerdings nicht gerecht, wenn wir seine Subjektivierung der Wahrheit einseitig dämonisieren. Christwerden ist kein reiner Verstandesakt. Die Bekehrung oder Wiedergeburt eines Menschen bleibt, so exakt unsere theologischen Begriffe und Systeme auch sein mögen, geheimnisvoll. Wenn jemand Christ wird, dann ist das ein Werk des Heiligen Geistes, dass sich einem erschöpfendem menschlichen Zugriff entzieht. Kierkegaard betont wohltuend, dass Gott keine Idee ist. Während Hegels spekulativer Idealismus den Eindruck er­weckt, man könne durch bürgerliche Bildung oder logisches Denken fromm werden, besteht Kierkegaard im Einklang mit der biblischen Botschaft auf dem Spannungsverhältnis von weltlicher Bildung und christlichem Glauben. Je »mehr Bildung und Wissen – desto schwieriger« ist es, Christ zu werden. Für den Klugen ist es schwerer zu glauben als für den Einfältigen (vgl. Lk 10,21).

Kierkegaards Würdigung der Andersartigkeit Gottes ist ein notwendendes Korrektiv zur immanenten Geistphilosophie Hegels oder zu einer rationalistischen Theologie. Seine leidenschaftliche Rede von der Aneignung des Glaubens klingt wie ein prophetischer Bußruf. Allerdings hat Kierkegaard die Verborgenheit Gottes und die Antithese von Glaube und Vernunft so überzogen, dass über Inhalte des Glaubens kaum mehr gesprochen werden kann.

Interview mit Justin Taylor

Justin-Taylor-721591-199x300.jpgHinter dem erfolgreichen Projekt ESV Study Bibel steckt natürlich ein großartiges Team. Einer hat sich allerdings besonders engangiert: Der Koordinator für die Herausgabe der Studienbibel Justin Taylor vom Crossway Verlag.

Trevin Wax hat sich mit ihm unterhalten: trevinwax.com.

P.S. Die ESVSB ist ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk (ich jedenfalls habe mich 2008 riesig gefreut) und kann hier bestellt werden: theoblog.de.

Kierkegaards Sprung (Teil 2)

Der Sprung als leidenschaftliche Entscheidung

Schon früh lässt sich im Werk Kierkegaards das alles durchdringende Leitmotiv seines Lebens erkennen. Nicht »Theorie und bloßes Wissen, sondern Tun und Leben, nicht teilnahmslose, neutrale Objektivität, sondern Einsatz und Entscheidung«, sind seine Themen. Kierkegaard vertritt einen strengen Fideismus und hat damit die Bahnen für den europäischen Existentialismus vorgezeichnet. Der in Bonn lehrende Theologe Hans Emil Weber (1882–1950) beschrieb 1917 den dänischen Philosophen euphorisch als einen Irrationalisten:

Kein Ausdruck scheint Kierkegaard zu stark zu sein für die Irrationa lität des Glaubens. Hier gibt es kein »Wissen«, kein »Beweisen«; der Glaube ist keine »Erkenntnis«. Die Gründe, mit denen man das Christ liche beweisen wollte, haben gerade den Zweifel aus sich erzeugt. Man »beweist Gottes Dasein durch Anbetung«, und »in der absoluten Anbetung der Unwissenheit« »stürzt« der Unterschied zwischen Wissen und Nichtwissen »zusammen«. Wir hören scharfe Worte reden wider die »Anmaßung« der »Erweckten«, die sich »des Schauens« oder eines »höheren Verstandes« rühmen. Der Gegenstand des Glau­bens ist ein Geheimnis, ja mehr, die »Unwahrscheinlichkeit«, das (absolute) »Paradox«, Kreuzigung des Verstandes, »das Absurde«.

Nach Kierkegaard haben sich Vernunft und Glaube gegenseitig nichts zu sagen. Religiöser Glaube kann weder bewiesen noch widerlegt werden, er ist vernunftblindes Vertrauen. Kierkegaard schreibt:

Wäre es nicht doch am besten, beim Glauben stehenzubleiben, und ist es nicht empörend, dass ein jeder weitergehen will? … Wäre es nicht besser, dass man beim Glauben stehen bliebe und dass der, der dort steht, zusähe, dass er nicht falle; denn die Bewegung des Glaubens muss ständig kraft des Absurden gemacht werden.

Christentum ist das Absurde, das den Einzelnen auffordert, »darin zu existieren und seine Zeit nicht mit einem spekulativen Verstehenwollen zu vergeuden«. Kierkegaard strapaziert seinen Fideismus bis auf das Äußerste. Wir werden ihm am ehesten gerecht, wenn wir uns den Raum des Wissens und den Raum des Glaubens als zwei Kreise vorstellen, die nebeneinander liegen und sich dabei nicht berühren. Es fehlt jede Kontinuität zwischen Glaube und Verstehen. Da ist weder Übergang noch Vermittlung, da das »Christwerden im Gegenteil der qualitative Sprung ist«

Sprung

Abbildung 1: Der Sprung des Glaubens bei Kierkegaard.

Aber was meint Kierkegaard, wenn er den Sprung fordert? Der Sprung ist bei Kierkegaard leidenschaftliche Entscheidung, der Augenblick, der über Nicht-Sein und Da-Sein entscheidet. Der Sprung ist Wiedergeburt, das Christwerden. Kierkegaard hat den Begriff von Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) übernommen. Lessing behauptete, »daß zufällige Geschichtswahrheiten nie der Beweis von ewigen Vernunftwahrheiten werden können«. Der Übergang von einer historischen Nachricht zu einer ewigen Seligkeit könne nur durch einen Sprung gelingen. Kierkegaard sagt dazu:

So verstanden ist der Übergang, durch den etwas Geschichtliches und das Verhältnis zu diesem für eine ewige Seligkeit entscheidend wird, eine metabasiß ei\ß a\llo genoß [Lessing sagt sogar: wenn dies nicht eine solche ist, dann weiß ich nicht, was Aristoteles darunter verstanden hat], ein Sprung, sowohl für den Zeitgenossen als auch für den Späteren. Es ist ein Sprung, und gerade dieses Wort hat Lessing innerhalb der zufälligen Einschränkung gebraucht, die durch einen illusorischen Unterschied zwischen Gleichzeitigkeit und Nichtgleichzeitigkeit bezeichnet wird. Die Worte lauten so: Das, das ist der garstige breite Graben, über den ich nicht kommen kann, sooft und ernstlich ich auch den Sprung versucht habe.

Ein objektiver Glaubensinhalt steht dem Glaubensvollzug im Weg. Je weniger Evidenz für die objektive Wahrheit, desto besser für die leidenschaftliche Innerlich keit, den Glauben. Denn: Für den Glaubenden »bedeuten drei Gründe nicht mehr als drei Flaschen oder drei Hirsche«.

Da Kierkegaard den Glauben für ein Ärgernis oder für »absurd« erklärt, folgt, dass sich theoretisches Denken und Glaube notwendig ausschliessen. Apologetik ist für ihn ein Judasdienst an Christus, denn Welt und Glauben sind Paradox und nur im Wagnis des Sprungs zugänglich.

Darum ist es gewiss und wahr, dass derjenige, der zuerst erfand, in der Christenheit das Christentum zu verteidigen, de facto ein Judas Nummer zwei ist; auch er verrät mit einem Kuß, nur daß sein Verrat aus Dummheit geschieht.

Nicht nur die vernünftige Glaubensverteidigung, auch die Beantwortung der Frage, ob es diesen Gott, der uns nach dem Sprung auffängt, überhaupt gibt, tritt bei ihm weit zurück. Die leidenschaftliche In­nerlichkeit ist Wahrheitskriterium der Gottesfrage.

Wenn einer, der mitten im Christentum lebt, zu Gottes Haus hinauf steigt, zu des wahren Gottes Haus, mit der wahren Vorstellung von Gott im Wissen, und dann betet, aber in Unwahrheit betet; und wenn einer in einem heidnischen Lande lebt, aber mit der ganzen Leidenschaft der Unendlichkeit betet, obgleich sein Auge auf einem Götzenbild ruht: wo ist dann am meisten Wahrheit? Der eine betet in Wahrheit zu Gott, obgleich er einen Götzen anbetet; der andere betet in Unwahrheit zu dem wahren Gott, und betet daher in Wahrheit einen Götzen an.

Diese Betonung der subjektiven Wahrheit, die eine Klärung der objektiven Wahrheitsfrage verdrängt und verdeckt, qualifiziert den Dänen als Vordenker des Existentialismus. Kierkegaard inspirierte Denker wie Martin Heidegger, Albert Camus, Emil Brunner, Karl Barth oder Reinhold Niebuhr. Er galt ihnen als jemand, der nicht die Wahrheit an sich, sondern sich selbst in der Wahrheit seiner Existenz zu verstehen sucht. Wahrheit in diesem Sinne kann nur im Augenblick tiefer persönlicher Betroffenheit und Entscheidung offenbar werden. Denn: »die objektive Ungewißheit, festgehalten in der Aneignung der leidenschaftlichsten Innerlichkeit, ist die Wahrheit, die höchste Wahrheit, die es für einen Existierenden gibt«.

Gender Konfusion

Perry.jpgDanny Burk hat auf seinem Campus (Boyce College, U.S.A.) zwei interessante und aufschlussreiche Vorträge über die Gender-Diskussion gehalten.

Burk steigt mit der ›Erfolgsgeschichte‹ von Katy Perry, die zweimal hintereinander die MTV European Music Awards moderiert hat (2008 u. 2009), ein. Die US-amerikanische Sängerin und Songschreiberin ist die Tochter eines Pastorenehepaars. Sie hat sich bewusst von ihren christlichen Wurzeln gelöst und tritt inzwischen als Protagonistin der Gender-Ideologie innerhalb der Popkultur auf.

Anschließend stellt Burk die Ideologie des Gender Mainstream (mit Betonung der sexuellen Aspekte) sehr allgemeinverständlich vor und zeigt, wie stark sie bereits Werteeinstellungen in christlichen Kreisen prägt. Im zweiten Teil enwickelt er einige Leitgedanken für eine christliche Gegenkultur.

Hier die Mitschnitte der Vorlesung als mp3-Dateien:

Mission im ZDF-»nachtstudio«

Die ZDF-Talksendung »nachtstudio« widmete sich am Sonntagabend dem Thema »Gehet hin in alle Welt… Was heißt Mission heute?« Als Gast war unter anderen eingeladen der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Jürgen Werth. Der Direktor des Evangeliums-Rundfunks (ERF) versuchte, häufige Vorurteile gegenüber »Evangelikalen« zu entkräften. Im Zentrum stünde die Botschaft von Jesus Christus, und nicht so sehr Fragen um Homosexualität und Evolutionstheorie.

Hier der vollständige Bericht des Medienmagazins pro: www.pro-medienmagazin.de.

Ein Dilemma: Darwin und die Sklaverei

imagesHenning Ritter geht in einem für die FAZ geschriebenen Artikel der Frage nach, warum Charles Darwin seinen moralischen Quietismus in der Sklavenfrage aufgegeben hat.

Es geht dabei verkürzt um Folgendes: Die biologische Theorie Darwins versuchte durch Verweis auf sehr langsame Anpassungsprozesse die Grausamkeit des Evolutionsgeschehens abzumildern. Kritische Begleiter des Darwinismus mahnten jedoch an, dass der mörderische Daseinskampf, sei er denn notwendig, gewaltige Auswirkungen für die Moralvorstellungen haben müsse. Etwa so: »Wenn die Natur alles ist, was ist, und der Tod als Gärtner auftritt, muss das Recht des Stärkeren akzeptiert werden.« Der moralischen Verunsicherung wich Darwin aus, indem er über Moral schwieg. Aber warum hat Darwin in der Sklavenfrage deutlich Stellung gegen die Sklaverei bezogen? Der Naturforscher erklärte, dass es »in der Natur Erscheinungen gab, die, im Unterschied zur natürlichen Auslese, tatsächlich die Bezeichnung Grausamkeit verdienten«. Das heißt soviel wie: Die Natur lehrt selbst eine Moral.

Meine Frage: Hatte Darwin vielleicht mit der Grausamkeit der Natur in der Sklavenfragen vor allem deshalb Probleme, weil er persönlich betroffen war, also die Grausamkeit mit eigenen Augen gesehen hat?

Hier der packende Artikel: www.faz.net.

Kritik der Pseudo-Opferkultur

Friedrich Nietzsche :

Der Weinende will, dass mitgeweint werde, so übt er Herrschaft aus und freut sich.

Wissenschaft: Reine Glaubenssache

Hans-Joachim Neubauer hat ein allgemeinverständliches und antipositivistisches Essay über die Wissenschaftstheorie der neuen Priester geschrieben:

Karl Popper glaubte noch, dass die Wissenschaft Hypothesen entwickeln sollte, um sie durch Forschungen zu widerlegen. In der medial zugerichteten Expertenwissenskultur dieser Tage fände er damit wohl kaum Gehör. »Unter dem Etikett der Wahrheit lässt sich jede These besser verkaufen«, sagt Luca Giuliani, der Direktor des Berliner Wissenschaftskollegs: »Es ist schwer, einen Zweifel so zu vermitteln, dass es spannend wird. Die Wahrheit ist immer ein strahlendes Angebot.« Gebannt hängen die Bürger der Bildungsrepublik an den vor Wahrheit strahlenden Lippen der Experten.

Hier mehr: www.merkur.de.

Twitter- und Facebook-Theologie

Geistliche nutzen den Internet-Kurznachrichtendienst Twitter (Gezwitscher) vor allem dazu, sich über Sport auszutauschen. Dagegen seien Fürbitte oder Gebete um Gottes Hilfe in einer schwierigen Situation kaum zu finden, meldet die Nachrichtenagentur idea mit Verweis auf einen Beitrag, den Scot McKnight für das Online-Magazin Out of Ur geschrieben hat. McKnight sagt dort:

Pastors tweet quotes from their reading, and inform us of what they are reading. Sunday tweets tend to be gratitude tweets. We also regularly discover who is meeting with whom (and the »whom« is always a notch above the »who«), or where someone is traveling. We hear about accomplishments but almost never any failures or disappointments, making the Twitter world largely a happy face community.

Meiner Erfahrung mit Twitter und Facebook entspricht das nicht. Ich entdecke bei meinen Twitter-Partnern häufig Verweise auf geistliche Texte und Anliegen. Zudem fände ich es furchtbar, wenn so öffentliche Medienkanäle wie Twitter oder Facebook für den regelmäßigen Austausch von Gebetsanliegen, Sündenbekenntnissen oder Leidensgeschichten genutzt werden würden. Erstens klärt man solche Dinge nicht über Kurzbotschaften und zweitens ist hier die Achtung der Privatsphäre, wie sonst auch, geboten!

Nicht jedes Medium ist eben für jede Sache geeignet. Noch immer liebe ich Alan Jocobs Leitspruch:

Right now, and for the foreseeable future, the blogosphere is the friend of Information but the enemy of thought.

nachtstudio: Gehet hin in alle Welt!

In der kommenden Nacht strahlt das ZDF um 00:55 Uhr eine Sendung zum Thema »Mission« aus. In der der Ankündigung des öffentlich-rechtlichen Senders heißt es:

Während sich in Deutschland die Kirchenaustritte häufen, erleben christliche Prediger in Afrika, Lateinamerika und Asien ungeahnten Zuspruch. Auch evangelikale Jugendorganisationen in Deutschland, wie z. B. „Jugend mit Mission“ werben erfolgreich junge Gläubige, die bereit sind das Evangelium weltweit zu verkünden. Dass sie sich dabei in Lebensgefahr begeben, wie die Ermordung zweier junger Frauen im Jemen zeigte, ist die tragische Kehrseite ihres missionarischen Auftrages. Welche Formen von Mission heute können sich auf den Missionsauftrag in der Bibel berufen und welche sind kritisch zu betrachten?

Die Ursprünge der Mission standen im Zeichen der Kolonisierung: Sie diente dem politischen Kalkül der Kolonialmacht. Aber gleichzeitig setzte mit den Missionsschulen auch ein Bildungsprozess ein, der gerade in Afrika die Befreiungsbewegungen in Gang setzte. Heute begreifen die Missionswerke der katholischen Kirche und der evangelischen Kirchen Mission als tätige Hilfe: Wie erlebte eine deutsche Nonne die Nachwirkungen des Kolonialismus, während sie ein Krankenhaus in Tansania aufbaute? Wie kann Mission, eine Botschaft der Nächstenliebe transportieren in einer Welt des Hungers und des Krieges?

Stimmt es, dass »die Ursprünge der Mission« im Zeichen der Kolonisierung standen? Für die Neuzeit mag zutreffen, dass bei einigen (überwiegend katholischen) Projekten Mission und Kolonisierung Hand in Hand gearbeitet haben. Man denke aber an die kleine Gemeinde in Jerusalem. Die christliche Mission begann im ersten Jahrhundert, ganz ohne politisches Kalkül.

Wenn die Sendung zu einer angenehmeren Zeit ausgestrahlt würde, wäre ich wohl dabei. So werde ich das Bett bevorzugen. Morgen ist ein ganz normaler Arbeitstag.

Hier mehr: www.zdf.de.

Kierkegaards Sprung (Teil 1)

Das kurze Leben eines Genies

Kierkegaard2.jpgSören Kierkegaard wird am 5. Mai 1813 als jüngstes von sieben Kindern geboren. Sein Vater, ein wohlhabender Wollwarenhändler, ist bereits 57 Jahre alt. Seine Mutter und fünf seiner Geschwister sterben innerhalb weniger Jahre.

Von 1830 bis 1840 studiert Kierkegaard an der Universität Kopenhagen Philosophie und protestantische Theologie. 1841 hört er auch Vorlesungen bei Friedrich Schelling (1775–1854) in Berlin, wendet sich nach anfänglicher Begeisterung jedoch schnell wieder von ihm ab. Kierkegaard lernt gemächlich (über zwanzig Semester bis zu seinem Examen) und genießt das Kulturleben in vollen Zügen. Bei seinen Kommilitonen ist er für seine Schlagfertigkeit und den »bissigen Witz« bekannt. Gern besucht er die Theater und Salons Kopenhagens. Am 8. Dezember 1937 schreibt er in sein Tagebuch: »Ich denke, wenn ich einmal ein ernster Christ werde, dann werde ich mich am meisten darüber schämen, dass ich dies nicht früher geworden bin, sondern alles andere versuchen wollte.«

1837 verliebt sich Sören in die fünfzehnjährige Regine Olsen (1823–1904). Eine 1840 eingegangene Verlobung wird von Sören 1841 überraschend aufgelöst. Der genaue Grund liegt bis heute im Dunkeln. Die gescheiterte Liebesbeziehung wirkt katalysierend auf Kierkegaard’s einsamen Kampf gegen das etablierte Christentum.

Während dieser Zeit beschäftigt sich Kierkegaard intensiv mit den Werken von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) und promoviert über das Thema »Über den Begriff der Ironie mit mit steter Bezugnahme auf Sokrates«.

Als sein Vater 1838 starb, hinterließ er seinem Sohn ein beträchtliches Erbe. Bis Ende der 40er Jahre kann Kierkegaard so ein gut situiertes Leben als freier Schriftsteller führen. 1843 veröffentlicht er unter dem Pseudonym Victor Eremita sein Hauptwerk Entweder – Oder. Das Buch, das ihn über Nacht (in Kopenhagen) berühmt macht, enthält das berüchtigte »Tagebuch eines Verführers«, in dem er mittelbar seine unglückliche Liebe zu Regine aufarbeitet. Im Verlauf der nächsten zwölf Jahre publiziert er pseudonym oder unter eigenem Namen zahlreiche Bücher, Streitschriften, erbauliche Predigten und Flugblätter. Kierkegaard verwickelt sich dabei in erbitterte Auseinandersetzungen mit der lutherischen Kirche Dänemarks, die für ihn augenfällig durch den Bischof Jakob Peter Mynster (1775–1854) verkörpert wird.

Am 2. Oktober erleidet Kierkegaard einen Schlaganfall und bricht in Kopenhagen auf der Straße zusammen. Da sich sein Zustand nicht bessert, wird er in das Frederiks Hospital überführt. Die Ärzte ahnen, dass das Ende gekommen ist. Der letzte verbliebene Freund, Emil Boesen, darf ins Sterbezimmer und fragt Kierkegaard, ob er im Frieden zu Gott beten könne. Kierkegaard bejaht: »Ja, das kann ich; ich bitte denn zuerst um die Vergebung der Sünden, daß alles vergeben sein möge.« Er gibt Boesen noch eine Bitte mit auf den Weg: »… grüß alle Menschen, ich bin ihnen allen insgesamt sehr zugetan gewesen …«.

Als einen Tag später sein Bruder Peter Christian eintrifft, verweigert Sören ihm das Gespräch. Auch das Abendmahl will er im Sterbebett nicht aus der Hand eines Geistlichen empfangen. Am 11. November 1855 stirbt er, bereits im Koma liegend, im Alter von nur 42 Jahren.

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