Die beiden Hauptpunkte im Programm der heutigen Pädagogik

Sigmund Freud schrieb 1927 in Zukunft einer Illusion:

Verzögerung der sexuellen Entwicklung und Verfrühung des religiösen Einflusses, das sind doch die beiden Hauptpunkte im Programme der heutigen Pädagogik, nicht wahr?

Freud hat es geschafft, die Kultur auf den Kopf zu stellen. Denn heute gilt:

Verzögerung des religiösen Einflusses und Verfrühung der sexuellen Entwicklung, das sind doch die beiden Hauptpunkte im Programme der heutigen Pädagogik, nicht wahr?

Craig: Sühne und der Tod Christi

Craig AntonementDonald Macleod hat William Lane Craigs Buch Atonement and the Death of Christ: An Exegetical, Historical, and Philosophical Exploration gelesen. Er schreibt:

Zudem betont Craig die Tatsache, dass es innerhalb der göttlichen Regierung keine solche Gewaltenteilung gibt, wie wir sie in modernen westlichen Demokratien kennen. Gott übt selbst die drei Funktionen des Gesetzgebers, des Richters und der Exekutive aus. Daher besitzt er das Vorrecht, zu verkündigen, was Gesetz ist, über Verstöße gegen das Gesetz zu richten und Gesetzesbrecher zu bestrafen. An keiner Stelle haben wir das Recht, ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Und am allerwenigsten haben wir ein Recht, von ihm zu fordern, er müsse Sünde einfach so vergeben. Worauf Craig hier nicht eingeht: Letzteres würde auf einen Schlag jedes menschliche Rechtssystem zunichtemachen und zu dem absurden Schluss führen, dass zwar Gott kein Recht hätte, ein Geschöpf zu bestrafen, während ein Geschöpf aber durchaus berechtigt wäre, ein anderes zu bestrafen.

Menschlich gesprochen stand Gott vor einem Dilemma: Sünde straflos durchgehen zu lassen würde bedeuten, das Universum an das uneingeschränkte Böse auszuliefern. Dem Gesetz strikt zu folgen würde bedeuten, die gesamte Menschheit zum ewigen Tod zu verurteilen. Die einzige Möglichkeit, um diesem Dilemma zu entkommen, bestand darin, eine Lockerung des Gesetzes zuzulassen. Im Rahmen der christlichen Versöhnungslehre bedeutet Lockerung, dass Gott dem Einen (Christus) erlaubt, den Platz der Vielen einzunehmen. Mit anderen Worten: die Strafe stellvertretend auf sich zu nehmen, stellvertretende Sühne zu leisten.

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Florida: Keine queeren Themen mehr an den Grundschulen

Sigmund Freud hat mit seinen Abhandlungen zur Sexualtheorie zur Pansexualisierung der westlichen Welt beigetragen. Es gibt – so sagte er – keinen Abschnitt im Leben eines Menschen, in dem sexuelles Begehren und seine Befriedigung nicht grundlegend für das Menschsein überhaupt sei.

Konsequenterweise ist so der Sexualkundeunterricht mit seinen Aufklärungsansprüchen sogar in den Kindergärten und Grundschulen gelandet. Es ist allerdings interessant und meines Erachtens erfreulich, dass in der Gesellschaft auch Gegenbewegungen angekommen sind. Florida (USA) will von der Vorschule bis zur dritten Klasse das Unterrichten zu Themen wie Genderidentität und sexuelle Orientierung verbieten.  Möglicherweise hat zu diesem Schritt beigetragen, dass immer mehr Kinder und Jugendliche ihr Geschlecht wechseln wollen. Auch in England hat der Transkids-Trend einen Umdenkprozess angestoßen (siehe hier).

Die FAZ meldet zu Entscheidung in Floria:

An Grundschulen in Florida soll nicht länger über Genderidentität und sexuelle Orientierung diskutiert werden. Der Senat des Sunshine State verabschiedete am Dienstag eine umstrittene Gesetzesvorlage, die queere Themen für Kinder von Vorschule bis dritter Klasse verbietet. Sobald auch der republikanische Gouverneur Ron DeSantis den Entwurf zu „Parental Rights in Education“ wie erwartet unterzeichnet, werden Bücher über Kinder mit homosexuellen Eltern oder Textaufgaben in Mathematik, die nicht-traditionelle Familien zum Inhalt haben, aus dem Unterricht verbannt.

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Die Ehe ist ein Anker

Zwei Redakteurinnen der FAZ haben mit der Soziologin Doris Lucke über die Ehe gesprochen. Ich widerspreche Frau Lucke gern und auch an diesem Interview könnte ich herumnörgeln. Doch gibt es einen schönen Abschnitt, den ich mal gern wiedergeben möchte:

Die Zahl der Ehescheidungen gilt seit jeher als ein Indikator für eine zunehmende Instabilität von Gesellschaften. Allerdings muss man dazu sagen, dass hierbei statistische Irrtümer eine große Rolle spielen. Wenn es heißt, in Großstädten würde inzwischen schon jede dritte Ehe geschieden, dann ist das bis zu einem gewissen Grad irreführend, weil nur die Zahl der Eheschließungen mit der Zahl der Ehescheidungen im selben Jahr gegengerechnet werden – die Bestandsehen werden dabei nicht berücksichtigt. Nun ist außerdem noch eine andere These aufgekommen, die ich auch vertreten würde: Aus der steigenden Zahl von Eheschließungen kann man ableiten, dass Frauen sich das in aller Regel erstens heutzutage einfach finanziell leisten können. Und zweitens kann man Elisabeth Beck-Gernsheim folgen. Sie schrieb: Früher gab man die Hoffnung auf, jetzt gibt man die Ehe auf. Das zeigt im Umkehrschluss, dass der Ehe ein höherer Wert zugeschrieben wird, wenn man sagt: Das ist keine Ehe, wie ich sie führen will – also lasse ich mich scheiden. Auch ohne Ehesakrament und religiösen Hintergrund wird die Ehe heute abermals überhöht und bekommt fast schon wieder etwas Heiliges. Allein die Aussicht auf Kontinuität und Stabilität ist ein beruhigender Gedanke in einer Welt, in der sonst alles aus den Fugen geraten ist. Da kommen wir wieder auf die vorherige Frage zurück: In einer insgesamt instabilen Welt ist die Ehe für viele Leute ein Anker.

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War Augustinus der erste Calvinist?

Der Theologe Ken Wilson behauptet in seinem Buch War Augustinus der erste Calvinist?, dass Calvinisten einen heidnischen Gott anbeten. Können die Begründungen für diese steile These überzeugen? Mario Tafferner, Dozent für Altes Testament am Tyndale Theological Seminary in den Niederlanden, hat das Buch gelesen und dabei überraschendes zutage gefördert.

Hier ein Auszug: 

Die Frage ist nicht, welche frühchristlichen Theologen von den sie umgebenden Philosophien beeinflusst wurden und welche „sauber“ blieben. Die Frage ist viel mehr, welche frühchristlichen Theologen die Denkkategorien ihrer Zeit dem biblischen Befund entsprechend verwendet haben.

Aus dieser Perspektive wird auch Wilsons Karikatur des Augustinus als Stoiker oder Manichäer fragwürdig. Wie Origenes ist Augustinus kein heidnischer Philosoph, sondern ein christlicher Theologe, der damit ringt, die biblische Lehre in den ihm zur Verfügung stehenden Denkkategorien zu fassen. So schreibt z.B. Mark Edwards, Wilson’s Doktorvater an der Universität Oxford, dass Augustinus zwar die stoische Willenslehre in seiner Definition des freien Willens aufnimmt, diese aber in einen den Stoikern vollkommen fremden christlichen Denkrahmen einbettet:

„Das Fehlen einer Lehre vom Sündenfall bei den Stoikern muss jede Parallele, die zwischen dem stoischen und augustinischen Verständnis des Willens gezogen werden kann, qualifizieren … Die Stoiker haben kein Konzept eines ursprünglichen Fehlers, der die Macht der Vernunft, dass Gute zu erkennen, und die Macht des Willens, dass Gute zu tun, einschränkt, selbst wenn das Gute erkannt wird. Sie hätten Augustins Lehre, dass wir ohne Gnade zwischen einer oder der anderen Sünde wählen müssen, da keine Handlung, die nicht in Liebe gründet, nichts anderes als sündig sein kann, weder erwogen noch verstanden.“

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Putin widerlegt Nietzsche

Wladimir Putin ist ein lebendiger Beweis dafür, dass Nietzsche mit seiner Philosophie des Stärkeren völlig falsch lag. Nietzsche sagte (Der Antichrist, § 17, KSA, Bd. 6, S. 183; § 7, S. 174):

Wo in irgend welcher Form der Wille zur Macht niedergeht, giebt es jedes Mal auch einen physiologischen Rückgang, eine décandence.

Nichts ist ungesunder, inmitten unsrer ungesunden Modernität, als das christliche Mitleid.

Sonst: Ich bin erschüttert über die Ereignisse in der Ukraine. Eines der größten Länder der Welt – mit einer der größten Armeen, die es gibt – zieht in einen brutalen Angriffskrieg. Meine Gedanken und Gebete sind bei den Ukrainern. Sie sind auch bei den vielen friedliebenden Russen, die sich für die Allmachtsphantasien Putins schämen und gegen seine Kriegspolitik Stellung beziehen. Und sie sind bei den Menschen in den Anliegerstaaten. Besonders sind sie bei den Bürgern und Freunden im Baltikum. Ich habe dort sechs Jahre gelebt und erinnere mich an die Tage, als sich die baltischen Länder von der russischen Besatzung befreien konnten. Was für Freudentage. Ich bin fassungslos, dass nun die alten Ängste zurückkehren. Möge Gott das Schlimmste verhindern.

Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera freigesprochen

Eine wichtige Botschaft: Der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera wurde vom Vorwurf der Homosexuellen-Beleidigung freigesprochen. Ich hätte ja nicht erwartet, mich einmal über den Erfolg von Ulrich Kutschera herzlich zu freuen. Hier ist das aber der Fall. Seine Kritik des Adoptionsrechts im Rahmen der „Ehe für alle“ (Efa) ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die FAZ schreibt:

Der Kasseler Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera ist endgültig vom Vorwurf freigesprochen, er habe Homosexuelle beleidigt. Wie das Frankfurter Oberlandesgericht am Dienstag mitteilte, hat es die Revision der Staatsanwaltschaft Kassel gegen den Freispruch des Kasseler Landgerichts für Kutschera verworfen. Der frühere Professor der Uni Kassel hatte sich 2017 auf dem Onlineportal kath.net zur „Ehe für alle“ und einem möglichen Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare geäußert … Das Landgericht habe zutreffend geurteilt, dass Kutscheras Aussagen nicht auf die persönliche Ehre Einzelner durchschlügen und von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Auch könnten im Fall des Interviews die wertenden Bestandteile nicht von Tatsachenbehauptungen getrennt werden, ohne dass der Sinn von Kutscheras Worten verfälscht werde.

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VD: TJ

Bullinger: Ist es der Obrigkeit erlaubt, Krieg zu führen?

Ist es der Obrigkeit erlaubt, in einen Krieg zu ziehen? Darf auch ein Christ das Schwert führen? Was, wenn die Obrigkeit einen unrechten Krieg führt? Der Reformator aus Zürich gibt in der 9. Predigt seiner Dekaden herausfordernde Antworten. Hier einige kurze Auszüge (Schriften, Bd. 3, S. 390 ff.):

Zu dem Recht, vom Schwert Gebrauch zu machen, das der Obrigkeit von Gott verliehen wurde, gehört auch das Recht, Krieg zu führen. In meiner letzten Predigt habe ich gezeigt, dass der Gebrauch des Schwertes in den Händen der Obrigkeit ein doppelter ist: Entweder bestraft sie Schuldige, oder sie schlägt einen Feind zurück, der angreift oder angreifen will, oder sie schlägt widerspenstige oder aufrührerische Bürger nieder.

Viele ziehen nun aber in Zweifel, ob es der Obrigkeit erlaubt sei, Krieg zu führen. Es ist erstaunlich, dass man in einer gar klaren Sache so blind sein kann. Wenn die Obrigkeit nämlich nach göttlichem Recht Schuldige straft, Räuber oder andere Straftäter, wobei es nichts zur Sache tut, ob es wenige oder viel sind – wie ich in meiner gestrigen Predigt ausgeführt habe –, so kann sie widerspenstige und aufständische Bürger auch nach demselben Recht wie einen von außen angreifenden Feind bekriegen, zurückschlagen und aufreiben, wenn er unter dem Vorwand eines Feldzuges das versucht, was die Straßenräuber heimlich zu tun pflegen.

Nun sagte der göttliche Prophet, der über die Christen weissagte, unter anderem [Jes 2,4]: »Sie werden ih Schwerter zu Pflugscharen und ihre Lanzen zu Sicheln umschmelzen.« Christen leben doch mit allen Menschen in Fried‘ und brauchen keine Waffen: Denn jeder verhält sich gegenüb dem anderen so, wie er es auch vom anderen erwartet. Weil aber nicht alle Menschen so gesinnt sind, sonde zahlreiche Störenfriede, verbrecherische Wegelagerer und Unterdrücker unter den ehrbaren und umgänglichen Bürgern leb wie wilde Tiere unter friedlichen Tieren, hat Gott der Obrigkeit vom Himmel das Schwert zum Schutz der Unschuldigen gegeben. Nirgends steht nämlich zu lesen, es sei verboten, Wölfe Eber, Bären und andere wilde Tiere dieser Art, die Mensch und Vieh anfallen, zu erlegen und zu töten. Warum soll es da untersagt sein, in einem Krieg, der zu Recht begonnen wurde, die unrechtmäßige Gewalt von Räubern abzuwehren? Unterscheiden sich doch Wegelagerer, Räuber, feindliche Soldat und aufständische Bürger nur wenig oder in nichts von wilden Tieren! Sie werden ja auch von der Heiligen Schrift nicht anders denn als Tiere bezeichnet. Dem entspricht auch das allgemeine menschliche Empfinden, und ebenso stimmt die Glaubenslehre damit überein. Der Apostel Paulus sagt [Röm 12,18f.]: »Ist möglich, soviel an euch liegt, haltet mit allen Menschen Fried rächt euch nicht selbst!« Siehe, er sagt: »Soviel es an euch liegt« und »ist es möglich«, anderswo ergänzt er [Röm 13,4]: »Die Obrigkeit trägt das Schwert nicht umsonst«; sie führt es nämlich all jener wegen, welche die Friedfertigen behelligen und alles verwirren.

Aus dem Gesagten schließe ich auch, dass die Untertanen das Recht auf ihrer Seite haben und keine Schuld auf sich laden, wenn sie in den Krieg ziehen und kämpfen, sofern sie es aus Anordnung der Obrigkeit tun. Wenn die Obrigkeit jedoch weiterginge und Unschuldige töten wollte, dann — das habe ich in früheren Predigten gezeigt – ist ihren gottlosen Anweisungen nicht zu gehorchen. Die Obrigkeit achte also darauf, das Rech nicht zu missbrauchen.

Obwohl es der Obrigkeit aus gerechtem und zwingenden Anlass erlaubt ist, Krieg zu führen, ist der Krieg doch etwas sehr Gefährliches, da er meist eine unsägliche Kette von Leid und Übeln nach sich zieht. Zwar werden auf diese Weise dem gerechten Urteil Gottes gemäß all jene bestraft, die keine väterliche Ermahnung beeinflussen konnte, aber vielfach werden auch Unschuldige in Mitleidenschaft gezogen. Es kommt immer wieder vor, dass Soldaten ihr Recht missbrauchen und selbst den heftigen Zorn des Herrn auf sich ziehen. Beinahe alle Übel und alles Böse dieser Welt haben ihren Ort und Ursprung im Krieg. Aus dem Krieg entsteht sogleich eine allgemeine Teuerung und in der Folge eine todbringende Hungersnot. Verkehrswege werden belagert, Saaten niedergetreten, Häuser stehen in Flammen, Nahrungsmittel werden mutwillig verschleudert, alles Handwerk und Gewerbe kommt zum Erliegen, der Arme stirbt ebenso wie der Reiche. Gerade die Mutigsten fallen in der Schlacht, während die Furchtsamen an Flucht denken und dadurch lediglich erreichen, durch noch schwerere und grausamere Qualen zerfleischt zu werden. Denn die Übelsten werden erhöht, solche, die andere Menschen wie Vieh missbrauchen. Dann seufzen alle, Witwen und Waisen trauern, Reichtümer und Vermögen, die für künftige Notzeiten zusammengetragen worden sind, werden geplündert, Städte brennen zu Asche nieder, junge Frauen und Mädchen werden geschändet, jeder Scham wird Gewalt angetan, alte Männer werden misshandelt, Recht und Gesetz schweigen, Gottesfurcht und Wissenschaften hegen danieder, Gesetzesverächter und Frevler herrschen. Deshalb wird der Krieg in der Bibel als Geißel Gottes bezeichnet [vgl. Jes 10,26].

Das Wohlstandsevangelium in Deutschland kontextualisieren

Frank Liesen hat sich mit konkreten Ausprägungen des Wohlstandsevangeliums in Deutschland auseinandergesetzt. Das Ergebnis ist „Contextualizing the Prosperity Gospel in Germany: A Theological Assessment“. Der Artikel ist in der Zeitschrift ems Vol. 2 (1), 2022 erschienen. Darin heißt es (Übers. R.K.):

Jedes Gemeindegründungsprojekt in dieser Fallstudie übersetzte das Evangelium von Gesundheit und Reichtum anders, während sie gleichzeitig ein evangelikales Verständnis von Bekehrung und Transformation bewahrten. Der Hintergrund und die theologische Ausbildung der Gemeindeleiter und der soziale Kontext der einzelnen Gemeinden bestimmten die unterschiedlichen Ansätze der Kontextualisierung. Die Konvertiten wandten die Interpretation des Wohlstands auf ihre Veränderungsprozesse an und folgten dabei der Weisung ihrer jeweiligen Kirchen.

Die Wohlstandslehre mit ihrer Behauptung, Gesundheit und Reichtum seien ein christliches „Geburtsrecht“, muss freilich als Synkretismus zurückgewiesen werden. Dennoch sollten sorgfältige theologische Bewertungen eine vorschnelle Verurteilung von Variationen in der Kontextualisierung verhindern. Christliche Führungspersönlichkeiten in Deutschland stehen vor der Herausforderung, die theologischen Ausdrucksformen der neuen evangelikalen Bewegungen, wie sie von den drei Fallstudienkirchen repräsentiert werden, zu bewerten und ihre Gemeinden in Richtung zunehmender Bibeltreue bei Veränderungsprozessen  (Eph 4,13) zu führen.

Der Aufsatz kann hier heruntergeladen werden: journal-ems.org.

Evangelikaler Feminismus

Die Evangelikalen in Deutschland entdecken nun auch den Feminismus. Sie sind etwas spät dran. Dafür sind sie aber forsch. Gefordert wird zum Beispiel eine 50:50 Quotenregelung. Und ich zitiere mal die Theologin Daniela Mailänder (erinnert so ein bißchen an das „Mutterherz Gottes“):

Ich bin 1982 geboren und im Bereich Theologie bin ich sicherlich stärker von Männern geprägt worden. Wir sprechen seit Jahrtausenden von Gott, dem Vater, und eben nicht von Gott, der Mutter, und werden noch lange brauchen, bis wir diese Einseitigkeit aufbrechen.

Interessant finde ich, wer sich alles hinter das Projekt „Gleichstellung“ stellt, darunter Christine und Steffen Kern (Gnadauer Verband), Agnes und Matthias Brender (BibelTV) sowie Mareike und Jörg Dechert (ERF).

Wer ein gutes Buch zum Thema „feministische Exegese“ sucht, sollte sich Jesus and the Feminists: Who Do They Say That He Is? von Margaret E. Köstenberger mal anschauen.

Hier geht es zur Meldung von PRO: www.pro-medienmagazin.de.

Der Missionsbefehl – heute?

Die bekenntnisorientierten Kirchengemeinden Deutschlands brauchen deshalb nicht nur ein Herz für die Weltmission, sondern auch für die Inlandsmission. Die Gründung und geistliche Neuausrichtung von Gemeinden wird in den nächsten Jahrzehnten eine der größten Herausforderungen für die Christen in Zentraleuropa werden. Ein paar Gedanken dazu habe ich in dem Beitrag „Der Missionsbefehl – heute?“ geäußert: 

Mitte und Haupt der Gemeinde ist unser Herr Jesus Christus. Er ist Gottes Antwort auf unsere menschliche Not. Die Frohbotschaft von seinem Kommen, der von ihm erwirkten Erlösung, von seiner Herrschaft und seiner Wiederkunft, soll seine Gemeinde ausfüllen. Eine Kirche, die von diesem Evangelium erfüllt ist, will – ja, muss! – davon erzählen und Menschen einladen, zu diesem Christus zu kommen. Wer so einen Schatz entdeckt hat, will nichts anderes mehr haben (vgl. Mt 13,44–46). Die Frohbotschaft vom Reich der Himmel ist das Einzige, was die Welt sich nicht selbst geben kann, was ihr also jemand bringen muss. Deshalb gehört es zum Auftrag der Gemeinde, sich selbst die Botschaft von der freien Gnade Gottes zu predigen und sie zu allen Völkern zu tragen.

Mehr: www.evangelium21.net.

Das Ende des „bequemen“ Christentums

Der Lutheraner Matthew C. Harrison, Präsident der Missouri Synode (USA), ist überzeugt: Das Ende des „bequemen“ Christentums ist eingeläutet. Er ist darüber nicht nur traurig. Es könnte die Kirche nämlich geistlich wachrütteln.

Matthew C. Harrison schreibt:

Die Kirche ist kein Country Club und war es auch nie – auch wenn sie im letzten Jahrhundert, vor allem in Nordamerika, mit einem solchen verwechselt werden konnte … Pfarrer konnten in Einzelhandelsgeschäften einen „Geistlichen-Rabatt“ erhalten. Das waren die „guten alten Zeiten“, als die Zugehörigkeit zu einer christlichen Konfession erwartet wurde, normal und sogar amerikanisch war.

Diese Zeiten sind vorbei. Gott sei Dank.

Während ich dies schreibe, stehen unsere guten Freunde, Bischof Juhana Pohjola von der Evangelisch-Lutherischen Missionsdiözese Finnlands (ELMDF) und Dr. Päivi Räsänen, ein Mitglied des finnischen Parlaments, wegen „Hassreden“ vor Gericht, weil sie sich zu dem bekennen, was die Heilige Schrift einfach und klar über Gottes Plan für die Ehe und die sündige Natur der Homosexualität lehrt. Sie haben den großen „Fehler“ begangen, zu zitieren, was die Bibel in Römer 1 und anderen Passagen sagt.

Das Christentum war noch nie bequem. Wenn die Kirche es sich in der Kultur bequem macht, wird ihr Bekenntnis verwässert. Die Verkündigung des Gesetzes wird abgeschwächt, und die Verkündigung des Evangeliums geht verloren.

Nordamerika wird Europa bald folgen. In Kanada gibt es bereits ähnliche Gesetze gegen Hassreden wie in Finnland. Wahrscheinlich nicht in dieser Generation, aber vielleicht in der nächsten, werden Christen in Amerika vor Gericht stehen müssen wie unsere finnischen Brüder und Schwestern. Was werden wir sagen? Wir werden wie unsere Freunde in Finnland bei jeder Gelegenheit bekennen, dass alle Menschen wertvoll und nach dem Bild Gottes geschaffen sind und dass wir alle sündig sind und einen Erlöser, Jesus, brauchen.

Wir predigen Christus, den Gekreuzigten. Die Kirche ist „kreuzförmig“. Das ist nicht bequem. Das war es noch nie. Aber wir haben eine Hoffnung, die über die Annehmlichkeiten dieses Lebens hinausgeht. Jesus hat Verfolgung versprochen. Und er versprach die Auferstehung.

Mehr: reporter.lcms.org.

Der Evangelist Klaus Vollmer – eine Aufarbeitung

Da ich hier im TheoBlog schon mehrfach wohlwollend aus Büchern des Evangelisten Klaus Vollmer zitiert habe, weise ich auf die Untersuchung einer „Aufarbeitungskommission der Evangelischen Geschwisternschaft“ hin. Die Anfänge der Geschwisterschaft gehen auf das Wirken von Klaus Vollmer (1930–2011) zurück, damals Pastor der Ev.- luth. Landeskirche Hannovers. Die Weggemeinschaft schreibt rückblickend über das Wirken von Klaus Vollmer: 

Das besondere Charisma Klaus Vollmers sowie verbindliche und durchaus elitäre Strukturen verliehen der Bruderschaft in den Anfangsjahren für viele eine große Dynamik und Anziehungskraft. Viele richteten ihre Berufs- und Lebenspläne danach aus, der Idee einer engen Glaubens- und Lebensgemeinschaft folgend. Heute werfen wir auf diese Zeit auch einen kritischen Blick: Es kam in diesen Jahren zu einem übersteigerten Verständnis von Berufung, von Verpflichtung und von persönlicher Bindung zum Leiter. Unzulässige Übergriffe in einzelne Biographien, unzureichender Abstand zwischen Seelsorge und Beeinflussung sowie die Abwertung von Frauen in Rede und Umgang sind zu beklagen.

Auch von Klaus Vollmer selbst mit angestoßen, begann Mitte der 1980er Jahre ein langer Prozess der Wandlung. Etliche Brüder der Anfangszeit verließen die Gemeinschaft. Klaus Vollmer trat als Leiter immer mehr in den Hintergrund, ein Nachfolger in dieser Funktion wurde bewusst nicht eingesetzt. Ein demokratisch gewähltes Gremium (Konventsrat) übernahm die Leitung der Gemeinschaft. In den 1990er Jahren traten Frauen in den Konvent ein, die Tagungen wurden auch für Familien ausgerichtet. Es begann ein Miteinander aller Generationen. Nach Ablauf einer Dekade der Diskussion wurde 2011 der Name in „Evangelische Geschwisterschaft“ geändert und so der faktischen Veränderung Rechnung getragen.

Im Frühjahr 2017 erfuhren alle Geschwister, dass es in früheren engen Vertrauensverhältnissen mit Meister-Jünger-Charakter neben Abhängigkeiten auch sexuelle Übergriffe sowie längerfristige sexuelle Beziehungen gab. Das betrifft die Anfangszeit bis zum Beginn der 1990er Jahre. Es zeigte sich die Notwendigkeit einer umfassenden Aufarbeitung.

Die Nachrichtenagentur Idea schreibt

Der 2011 im Alter von 80 Jahren gestorbene Evangelist Klaus Vollmer (Hermannsburg) hatte jahrelang homosexuelle Beziehungen zu Mitgliedern der von ihm gegründeten Bruderschaft „Kleine Brüder vom Kreuz“. Er habe dabei seine Leitungsposition und charismatische Wirkung genutzt, um diese Beziehungen einzugehen. So heißt es in dem am 18. Februar veröffentlichten Bericht einer von der „Evangelischen Geschwisterschaft“ eingesetzten Kommission.

Die Geschwisterschaft ist 2011 aus der Bruderschaft hervorgegangen. 2017 waren erste Informationen über Vollmers Verhalten bekanntgeworden. Daraufhin hatte die Geschwisterschaft, der aktuell 58 Mitglieder angehören, eine Aufarbeitungskommission eingesetzt. Aus dem Bericht geht hervor, dass alle jungen Männer mit sexuellem Kontakt zu Vollmer älter als 18 Jahre gewesen seien. Es gebe keine Hinweise auf „strafrechtliche relevante Sachverhalte“. Als geistlicher Leiter und Pastor habe Vollmer aber „massiv und fortdauernd kirchliches Recht verletzt“.

Darüber hinaus gibt es dem Bericht zufolge inzwischen auch glaubhafte Hinweise, dass Vollmer einen sexuellen Übergriff gegenüber einem Minderjährigen begangen habe, der nicht der Geschwisterschaft angehörte.

Der Bericht der Aufarbeitungskommission kann hier eingesehen werden: Bericht_der_Aufarbeitungskommission_2022-02-17.pdf.

Alle lieben Bavinck

James Eglinton, Autor der besten Bavinck-Biographie, geht in einem Artikel, den er für CT geschrieben hat, der Frage nach, weshalb Bavinck auch heutzutage noch gelesen wird:

Manche sagen, ein theologischer Gigant zeichne sich dadurch aus, dass er die Vorstellungskraft von Lesern fesseln kann, die weit von ihrer eigenen historischen Epoche, ihrem kulturellen Kontext und vor allem ihrer theologischen Tradition entfernt sind. In der Geschichte des Christentums ist die Liste der Persönlichkeiten, die diese Art von Reichweite genießen, klein – und sie wächst auch nicht schnell.

In den letzten zehn Jahren ist jedoch ein neuer Stern am Firmament aufgegangen: der niederländische neokalvinistische Theologe Herman Bavinck (1854-1921). In den Niederlanden war Bavinck zu seiner Zeit ein bekannter Name. Bavinck war nicht nur der beste niederländische Theologe seiner Generation, sondern auch eine bemerkenswerte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in einer Zeit enormer gesellschaftlicher Umwälzungen – er hinterließ seine Spuren in den Bereichen Politik, Bildung, Frauenrechte und Journalismus. Im ganzen Land wurden Straßen und Schulen nach ihm benannt. Darüber hinaus war Bavinck auch als Person von internationalem Rang bekannt. Auf einer Reise in die Vereinigten Staaten im Jahr 1908 wurde er zum Beispiel von Theodore Roosevelt im Weißen Haus empfangen. Obwohl solche Ehrungen viel aussagen, geriet Bavincks Erbe im Inland in den Jahrzehnten nach seinem Tod immer mehr in Vergessenheit.

Das änderte sich in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts – dank der Bemühungen von John Bolt und John Vriend, deren englische Übersetzung von Bavincks Reformierter Dogmatik zwischen 2003 und 2008 in vier Teilen veröffentlicht wurde. Bis heute wurden von diesen Bänden über 90.000 Exemplare verkauft – eine erstaunliche Leistung für ein Werk dieser Art. Ganz zu schweigen von den portugiesischen und koreanischen Versionen oder den spanischen, russischen und chinesischen Übersetzungen, die derzeit in Arbeit sind. Es wäre jedoch falsch, von der Veröffentlichung von Bavincks Dogmatik in englischer Sprache bis zu seiner heutigen Popularität vorzuspulen und einfach zu sagen: „Der Rest ist Geschichte“. Damit würde man die wichtige Frage übersehen, warum diese Figur für so viele Menschen heute zur ersten Adresse für Theologie wurde – von Peking bis São Paulo, von New York bis Seoul. Wie konnte Herman Bavinck ein so vielfältiges globales Publikum gewinnen?

Mehr: www.christianitytoday.com.

Jihadismus in Frankreich

Der Schriftsteller und Philosoph Pascal Bruckner lebt in Paris und beobachtet mir großer Sorge, wie sich der Islamismus in Frankreich ausbreitet und die linken Eliten nicht nur zuschauen, sondern sich sogar unheilige Allianzen bilden. Er baut seinen Kommentar, der in der NZZ in deutscher Sprache veröffentlicht wurde, um die Roubaix-Affäre auf. Im Januar hatte der Fernsehsender M6 eine Reportage ausgestrahlt, die sich dem radikalen Islam befasst und zu Teilen in Roubaix gedreht wurde. Der Beitrag sorgte für Furore. Die Moderatorin und ein Jurist, der sich zu den Zuständen in Roubaix äußerte, stehen inzwischen unter Polizeischutz. 

Pascal Bruckner schreibt: 

Schockierend an der Roubaix-Affäre sind nicht zuletzt auch die lauen Reaktionen. Es ging zehn Tage, bis sich 160 Persönlichkeiten entschlossen, eine Petition in der Zeitung «Le Figaro» zu publizieren und ihre Empörung zum Ausdruck zu bringen. Ein Teil der Linken wiederum hat es vorgezogen, den «unseriösen» Charakter (Jean-Luc Mélenchon) der M6-Reportage anzuprangern. Diese Haltung ist inzwischen bekannt: Nachdem die Linke alles verloren hat – die Arbeiterklasse, die UdSSR, China, die Dritte Welt –, meinen heute manche ihrer Vertreter, dass der Islam, und sei es der extremste, das neue Proletariat verkörpere. Aus dieser Warte tragen nunmehr die Muslime, und sie alleine, das revolutionäre Versprechen, von dem die Arbeiter nichts mehr wissen wollen.

Die unheilige Allianz zwischen Trotzkisten, Ökologisten oder Neo-Feministen auf der einen und Islamisten auf der anderen Seite ist verblüffend, denn die Linke muss ihre eigenen Werte mit Füssen treten, um diese Verbindung aufrechtzuerhalten. Der Islam gilt als «Religion der Unterdrückten», und folglich hütet man sich vor jeder Kritik an ihm, um nicht als «islamophob» oder «rassistisch» zu gelten. Gewisse linke Strömungen verfallen gar in eine veritable Vergötterung des Kopftuchs oder des Hijabs – auch dann, wenn ihn Mädchen ab sieben Jahren tragen müssen.

Seit 200 Jahren ist die Kritik an religiöser Eiferei und Intoleranz ein Kernanliegen der laizistischen Linken. Aber mit dem Islam macht sie heute eine Ausnahme. Auf dem Katholizismus und dem Protestantismus darf man nach Belieben herumtrampeln, doch wenn es um die Religion des Propheten geht, werden die Münder geschlossen, die Blicke wenden sich ab.

Mehr: www.nzz.ch.

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